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  1. Wird der Nato-Gipfel einen unendlichen Krieg in Europa eröffnen?
  2. Zu Friedensverhandlungen und der Rolle des Globalen Südens: Nur Baerbock rafft es nicht
  3. Zeitenwende – Aufrüstung und Militarisierung in Deutschland
  4. Berliner Verfassungsschutz im Kampfmodus: Extrem ist, gegen Krieg zu sein
  5. Sinkende Energiepreise auf Erzeuger- und Verbraucherstufe – was sollte eine weiter anhaltende Inflation speisen?
  6. Nicht so wichtig: »Heizungsgesetz« aufgeschoben.
  7. „Ausnahmezustand“ – Tafeln fordern Hilfe von der Politik
  8. “Sechs große Probleme” bei der Klinikreform
  9. Dramatische Unterschiede: Gesetzliche Rente: So ungleich ist sie verteilt
  10. Jetzt kommt neue Bewegung in die Aufklärung der „Cum-Ex“-Affäre
  11. Auf dem Weg zur Eigenständigkeit
  12. Medien ist es egal: Hunderte Migranten hätte man retten können
  13. Fukushima: Japan will radioaktiv kontaminiertes Wasser ins Meer leiten
  14. Der 243-Millionen-Euro-Mann
  15. Zu guter Letzt: Bombastischer Kollateraleffekt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Wird der Nato-Gipfel einen unendlichen Krieg in Europa eröffnen?
    Der Druck wächst, der Ukraine in Vilnius eine Beitrittsperspektive zu geben. Hardliner und einige osteuropäische Staaten wollen ein klares Zeichen. Warum das keine gute Idee ist.
    In einem Artikel der New York Times wird erklärt, dass auf Biden Druck ausgeübt wird, auf dem Nato-Gipfel in Vilnius am 11. und 12. Juli einen Zeitplan für die ukrainische Nato-Mitgliedschaft bekannt zu geben.
    Angeblich ist Biden mit seiner Zurückhaltung bezüglich eines Zeitplans unter den Nato-Verbündeten “isoliert”, obwohl diese Behauptung durch den letzten Absatz des Artikels selbst widerlegt wird (jener Absatz also, von dem Noam Chomsky einmal sagte, man solle ihn zuerst lesen), in dem eingeräumt wird, dass “andere leiser argumentieren”, dass die Nato-Mitgliedschaft “Putin mehr Anreize geben könnte, den Krieg fortzusetzen oder ihn zu eskalieren”.
    Da Moskau die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine bereits als völlig inakzeptabel und existenzielle Bedrohung bezeichnet hat – und ihre Verhinderung eines der russischen Hauptkriegsziele ist –, würde eine Erklärung in Vilnius, wonach die Ukraine der Nato beitreten wird, wenn der Krieg zu Ende ist, effektiv dafür sorgen, dass der Krieg für immer weitergeht.
    Damit wäre auch das zentrale Druckmittel des Westens zur Erreichung des Friedens, nämlich eine neutrale Ukraine, vom Tisch.
    Quelle: Telepolis

    dazu: Die Debatte um »Sicherheitsgarantien« für die Ukraine
    Deutsche Denkfabriken dringen auf NATO-Beitritt der Ukraine und »Sicherheitsgarantien« durch eine europäische Koalition der Willigen. Die Ukraine könne sich nuklear bewaffnen wollen.
    Die zwei größten deutschen Denkfabriken auf dem Gebiet der Außenpolitik dringen vor dem NATO-Gipfel in Vilnius auf die Aufnahme der Ukraine in das westliche Militärbündnis. Zwar habe USA-Präsident Joe Biden dem Schritt zumindest für die nähere Zukunft eine Absage erteilt, heißt es in aktuellen Stellungnahmen aus der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und aus der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Alternative »Sicherheitsgarantien« für Kiew seien jedoch entweder nicht ausreichend oder nicht wünschenswert bzw. nicht realistisch. Die DGAP bringt die Bildung einer »Koalition der Willigen« aus europäischen Staaten ins Gespräch, die sich zu aktivem militärischen Beistand für die Ukraine verpflichten. Dies dürfe aber nur als Übergangslösung bis zu einem formalen ukrainischen NATO-Beitritt gelten. In einer aktuellen Stellungnahme aus der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zur derzeitigen Debatte über mögliche »Sicherheitsgarantien« für die Ukraine heißt es, jenseits einer formalen NATO-Mitgliedschaft gebe es lediglich zwei Optionen, die Kiew wirklich »Sicherheit« gewährten. »Die erste« bestehe »in der Demilitarisierung Rußlands«. Dazu sei »eine Reduzierung der Streitkräfte und der Rüstungsindustrie« des Landes »auf ein Maß« notwendig, das zur Verteidigung genüge, aber »keine Offensivoperationen« erlaube, erklärt die SWP in einem Artikel unter der Überschrift »Dauerhafte Sicherheit für die Ukraine« von 29. Juni.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

    dazu auch: Krieg und Wahrheit – Der Westen hätte den Ukraine-Krieg vermeiden können
    Grundsätzlich muss gelten: Wer zuerst Gewalt anwendet, darf nicht ungestraft davonkommen. Wer geforderte und berechtigte Sicherheitszusagen verweigert, aber auch nicht. Dieser Beitrag ist der Versuch, der weitgehend emotional geführten Meinungskampagne westlicher Parteien und Mehrheitsmedien einige bisher kaum bekannt gewordene Fakten entgegenzusetzen.
    Quelle: Globalbridge

  2. Zu Friedensverhandlungen und der Rolle des Globalen Südens: Nur Baerbock rafft es nicht
    Kommt da Bewegung in die Diskussion um mögliche Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine? In der vergangenen Woche war Narendra Modi derjenige, der die Debatte voranzutreiben suchte. Soeben erst zurück von seinem Staatsbesuch in den USA, rief der indische Premierminister Wladimir Putin an. Er berichtete dem russischen Präsidenten über die Gespräche, die er in Washington geführt hatte, und schob dann noch eines nach: dass „der Ukraine-Konflikt“ beendet werden müsse, und zwar mit „Dialog und Diplomatie“. Daran führe, betonte Modi, kein Weg vorbei. Lange Zeit waren es ausschließlich nichtwestliche Staaten, die sich öffentlich für ein Ende der Kämpfe in der Ukraine und für die Aufnahme von Friedensverhandlungen zwischen den beiden Kriegsparteien einsetzten. […] Am 24. Juni fand in Kopenhagen ein erstes Treffen statt, auf dem die Ukraine und Gastgeber Dänemark mit Repräsentanten der G7 sowie von fünf Staaten des Globalen Südens zusammenkamen, um Friedensverhandlungen anzustoßen; die fünf Staaten des Globalen Südens hatten alle bereits Vermittlungsversuche zwischen Moskau und Kiew unternommen. (…)
    In Kopenhagen diktierte nicht mehr der Westen den Gang der Dinge. Wollen die USA die Kämpfe in der Ukraine zum Stillstand bringen, werden sie Länder des Globalen Südens wohl als Vermittler akzeptieren müssen. Die Zeiten, in denen der Westen entweder eigene Kriege gewann oder in fremden Kriegen in Afrika, im Nahen und im Mittleren Osten, sofern er Interesse daran hatte, als Schiedsrichter auftrat, sind womöglich vorbei. Der Aufstieg des Südens hat begonnen.
    Quelle: Jörg Kronauer in unsere zeit
  3. Zeitenwende – Aufrüstung und Militarisierung in Deutschland
    Der Autor ist Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Herausgeber der Kasseler Schriften zur Friedenspolitik und arbeitet mit in der Berliner Friedenskoordination.
    Kein Thema bei Scholz, daß die NATO Anfang 2022 insgesamt 3,2 Millionen Soldaten unter Waffen hatte, Rußland lediglich 900 000, davon in Europa 540 0002, während es hier zwei Millionen NATO-Soldaten gibt. Somit sind knapp viermal so viele NATO-Soldaten in Europa wie russische. Bei schweren konventionellen Waffensystemen von Heer, Luftwaffe und Marine ist das Verhältnis entsprechend. Scholz formulierte diese Sichtweise Mitte September auf einer Bundeswehrtagung so: Putin wolle „Rußland in Europa als imperiale Macht etablieren – und zwar mit den Landkarten des Zarenreichs oder der Sowjetunion im Kopf“. Daraus schlußfolgert der Kanzler: „Unsere Armee muß zum Grundpfeiler konventioneller Verteidigung in Europa werden, zur am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa!“ (…) Für 2023 hat der Bundestag 50,1 Mrd. Euro für den Einzelplan 14 beschlossen, jedoch erstmals die Entnahme von 8,5 Mrd. Euro aus den Sonderschulden angekündigt, so daß nominal die deutschen Ausgaben zunächst auf 58,6 Mrd. Euro hochschnellen werden (+ 17 %). Aber schon Ende März bewilligte der Bundestag zusätzlich 1,3 Mrd. Euro für Waffen an die Ukraine und für Waffenersatz für die Bundeswehr, womit in diesem Jahr 60 Milliarden erreicht werden dürften. Eine offizielle Schätzung der NATO für die deutschen Ausgaben in diesem Jahr liegt noch nicht vor. Wenn er wieder um 7,3 Milliarden über dem nominellen Ansatz liegt, wie im Vorjahr, und davon ist auszugehen, kommen wir nach NATO-Kriterien auf 67 Mrd. in diesem Jahr. Wie hoch der prozentuale Anteil am BIP 2023 sein wird, hängt natürlich von der Höhe des BIP selbst ab.
    Quelle: Lühr Henken in RotFuchs; Juni 2023 (Teil 1), Juli 2023 (Teil 2)
  4. Berliner Verfassungsschutz im Kampfmodus: Extrem ist, gegen Krieg zu sein
    Der Inlandsgeheimdienst hat nicht nur “Putin-Freunde” im Visier. In Berlin eckte sogar eine Gruppe mit einer Aktion gegen Gazprom an. Das sind die Hintergründe.
    Heftige Kritik übt Jan Hansen an dem Ende Juni veröffentlichten Berliner Verfassungsschutzbericht. “Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich vom Beginn der russischen Invasion an gegen den verbrecherischen Angriffskrieg stellt”, moniert der Aktivist der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab) gegenüber der Tageszeitung Neues Deutschland.
    Die Gruppe junger Antimilitaristen und Pazifisten hat wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine unter dem Motto “Gaz Off” eine Protestaktion vor der Gazprom-Dependance in Berlin-Kreuzberg organisiert. Sie forderten die Schließung der damals noch funktionierenden Erdgas-Pipeline Nordstream 1 und den Stopp aller russischen Gaslieferungen als Alternative zu Waffenlieferungen.
    “Statt weiter aufzurüsten, müssen wir die Geldströme nach Russland stoppen, weil damit der Krieg in der Ukraine finanziert wird”, hieß es im Amab-Aufruf. Stattdessen sollten Erneuerbare Energien ausgebaut und die Wirtschaft unabhängig vom Öl und Gas werden.
    Das sind doch Töne, die man auch bei der Bundesregierung hört. Trotzdem ist die Protestaktion, die viel Zustimmung auch bei Anwohner:innen der Gazprom-Filiale fand, im aktuellen Berliner Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik Linksextremismus aufgelistet.
    Quelle: Telepolis
  5. Sinkende Energiepreise auf Erzeuger- und Verbraucherstufe – was sollte eine weiter anhaltende Inflation speisen?
    Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, sagte am 5. Juli 2023 in einer Rede in Frankfurt, dass es hinsichtlich der Preisentwicklung in Deutschland für eine Entwarnung zu früh sei, „[d]enn die Inflation hat insgesamt an Breite gewonnen“. Und er fügt hinzu: „Laut unserer Juni-Projektion wird die Inflationsrate in Deutschland vorerst hoch bleiben. Ähnliches ergibt die Juni-Projektion der EZB für den Euroraum.“
    Das steht in Kontrast zu den jüngst von Eurostat veröffentlichten Zahlen zur europäischen Preisentwicklung. In zwei größeren Ländern der EWU ist laut dem Statistikamt der EU die Steigerungsrate der Verbraucherpreise inzwischen deutlich unter die von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebte 2-Prozent-Marke gesunken: In Spanien und Belgien betrug diese Rate im Juni jeweils 1,6 Prozent. Gestern kam nun die Meldung hinzu, dass die Erzeugerpreise auf dem Inlandsmarkt, die auch nach Ansicht der EZB ein klassischer Vorläufer vor den Verbraucherpreisen sind (wie hier gezeigt), im Mai gegenüber April in allen Ländern der EWU bis auf Malta und Zypern absolut gesunken sind. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Erzeugerpreise im Durchschnitt der EWU jetzt auch erstmals wieder unter das Niveau des Vorjahres (Mai 2022) gefallen. Das gilt zwar noch nicht für die industriellen Erzeugerpreise ohne den Energiesektor, die noch um 3,4 Prozent höher liegen als ein Jahr zuvor. Doch auch dieser Subindex ist seit zwei Monaten auf dem Rückzug: Die Verlaufsraten gegenüber dem jeweiligen Vormonat sind mit -0,2 und -0,4 Prozent bereits negativ. Wie man der Überzeugung sein kann, die Inflation habe „an Breite gewonnen“, bleibt ein Rätsel.
    Spanien und Belgien haben in Sachen Beruhigung der Verbraucherpreisentwicklung eine Vorreiterrolle eingenommen, weil dort die Energiepreise am stärksten auf dem Rückzug sind. Das lässt sich anhand der Unterindizes für Energie sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der Verbraucherstufe im Vergleich zu den Gesamtindizes erkennen.
    Quelle: Relevante Ökonomik
  6. Nicht so wichtig: »Heizungsgesetz« aufgeschoben.
    Warum wollten Robert Habeck und seine Partei das sogenannte Gebäudeenergiegesetz im Schweinsgalopp durch den Bundestag jagen? Die Bundesregierung behauptete im Eilverfahren, das der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann angestrengt hatte, vor dem Bundesverfassungsgericht, sie wolle »Planungssicherheit« für Heizungsinstallateure und deren Kunden schaffen – bei einem Gesetz, das am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Das hatte schon vorher niemanden überzeugt. Die Richter antworteten mit dem erstaunlichen Satz: »Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.« Wer hätte das vermutet? Leben die Bundesbürger etwa in einer Autokratie? Wenn das Recht auf Parlamentsberatung angemahnt und erstritten werden muss, ist allein das eine Klatsche für die lautstark »regelbasierten« drei Regierungsparteien. Ihr politisches Prinzip ist allerdings Regellosigkeit, genauer: die Tendenz zum Rechtsnihilismus. Nach außen wie nach innen. Endlose Kriege sind ein Völkerrechtsbruch wie auch Wirtschaftssanktionen ohne UN-Entscheidung. Die EU erwägt gerade Vermögensklau bei der russischen Staatsbank – einmalig in der Geschichte. Das Pfeifen aufs Recht wird bei den Regierenden lauter, das zustimmende rechte Echo lässt nicht auf sich warten.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  7. „Ausnahmezustand“ – Tafeln fordern Hilfe von der Politik
    Die Anzahl der Kunden habe sich an manchen Standorten fast verdoppelt. Zugleich sind die Lebensmittelspenden um die Hälfte zurückgegangen. Die deutschen Tafeln kommen an ihre Grenzen. Und verzeichnen „erschreckende“ Berichte.
    Die Tafeln in Deutschland beklagen angesichts stark gestiegener Lebensmittelpreise einen „Ausnahmezustand“ bei der Verteilung von Lebensmitteln für Bedürftige. Während sich die Anzahl der Kunden an manchen Standorten „fast verdoppelt“ habe, seien die Lebensmittelspenden „teilweise um 50 Prozent zurückgegangen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Tafel-Landesverbands Schleswig-Holstein und Hamburg, Frank Hildebrandt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwochsausgaben). Tafel-Bundeschefin Michaela Engelmeier forderte den Staat auf, „das Existenzminimum“ der Menschen abzusichern.
    Es gebe „erschreckende“ Berichte von den Tafeln, sagte Engelmeier weiter. In Zeiten von „Rekordinflation und Preisexplosion“ könnten sich viele Menschen „nicht einmal mehr das Essen leisten“.
    Betroffen seien nicht nur Menschen, die Bürgergeld empfingen, sondern auch Millionen Geringverdiener und Rentner. Die Ehrenamtlichen der Tafeln, deren Zahl „nahezu konstant“ geblieben sei, arbeiteten „an der absoluten Belastungsgrenze – sowohl psychisch als auch körperlich“, sagte Tafel-Sprecherin Anna Verres.
    Quelle: Welt Online
  8. “Sechs große Probleme” bei der Klinikreform
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) glaubt an einen Erfolg der elektronischen Patientenakte. “Wir müssen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Ländern deutlich aufholen. Deshalb machen wir jetzt richtig Tempo”, sagte er am Donnerstag bei der Gesundheitsministertagung in Friedrichshafen. Bis 2025 sollten 80 Prozent aller Patienten eine elektronische Akte haben, in der alle Befunde und persönlichen Gesundheitsdaten zusammenlaufen.
    Grundlagen für die Digitalisierung seien mehrere Gesetzesvorhaben, die derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt würden, sagte Lauterbach. Großes Gewicht hätten dabei Regeln zum Datenschutz. Die Gesundheitsministerkonferenz diskutierte am Mittwoch und Donnerstag über Weichenstellungen in Medizin, Pflege und Gesundheitswesen. Ein Beschluss hält fest, dass die Patientenakte schnell benutzerfreundlicher werden müsse. Auch müsse es für Forscher möglich werden, auf Daten aus den Akten zuzugreifen, wenn dies die Patienten erlauben. Derzeit haben nur sehr wenige eine elektronische Akte. (…)
    Bei der Klinikreform geht indessen weiterhin nichts voran. Lauterbach sprach von “sechs großen Problemen”, bei denen man sich nicht habe aufeinander zubewegen könne. Der SPD-Politiker nannte etwa die Forderung des Bundes nach mehr Transparenz, was die Qualität der Kliniken angehe. Man befinde sich an einem Scheidepunkt, ob man die Reform überhaupt wolle oder nicht, warnte Lauterbach. Falls diese scheitere, würden viele Kliniken in ganz Deutschland in die Insolvenz gehen.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung Christian Reimann: Wie ein Pharmalobbyist drückt der Bundesgesundheitsminister bei der elektronischen Patientenakte aufs Tempo. Das siebte und schwerwiegendste Problem heißt Lauterbach, denn ohne ihn und seinen Einfluss auf die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre hätten die Kliniken viele Probleme nicht.

  9. Dramatische Unterschiede: Gesetzliche Rente: So ungleich ist sie verteilt
    Weniger Einkommen, weniger Rente: Bei den Altersbezügen liegen Frauen aktuell noch deutlich hinter Männern. Wie sehr, zeigen verschiedene Grafiken.
    Was im Berufsleben beginnt, setzt sich im Alter fort: Frauen in Deutschland haben im Ruhestand deutlich geringere Einkünfte als Männer. Die aktuellsten Zahlen dazu gibt es für das Jahr 2021. Sie zeigen: Mit Jahreseinkünften von 17.814 Euro brutto lagen Frauen im Alter ab 65 Jahren im Jahr 2021 deutlich hinter den gleichaltrigen Männern, die auf 25.407 Euro kamen.
    Laut dem Statistischen Bundesamt betrug das geschlechtsspezifische Einkommensgefälle, auch “Gender Pension Gap” genannt, damit 29,9 Prozent. Als wichtige Gründe für die Lücke gelten die höhere Teilzeitquote bei den Frauen, geringer bezahlte Jobs und häufigere Auszeiten etwa zur Kinderbetreuung.
    Rente: Frauen beziehen oft Witwenrente
    Zu den Alterseinkünften zählen Alters- und Hinterbliebenenrenten und -pensionen sowie Renten aus individueller privater Vorsorge. Rund 29 Prozent der erfassten Frauen erhielten Witwenrenten, also Zahlungen aus der Altersversorgung ihrer verstorbenen Partner. Lesen Sie hier, wie hoch diese Hinterbliebenenrente ausfällt.
    Würden diese Bezüge bei der Betrachtung ausgenommen, würde die geschlechtsspezifische Rentenlücke auf 42,6 Prozent wachsen. Bei den Männern erhielt nur jeder 20. eine Hinterbliebenenrente.
    Quelle: t-online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schlimm genug. Der andere Riesenskandal wird anscheinend schon für selbstverständlich genommen und gar nicht mehr erwähnt: dass die Höhe der gesetzlichen Renten für *alle*, auch für die Männer, indiskutabel niedrig ist. Ab 35 Versicherungsjahren im Durchschnitt 1.462, ab 45 Versicherungsjahren durchschnittlich 1.552 Euro im Monat für die Männer bei einem durchaus erfüllten Berufsleben sind schon *im Durchschnitt* nur etwa 1.300-1.400 Euro netto – deutlich über der “offiziellen” Armutsgrenze, aber auch nur wenig über dem soziokulturellen Existenzminimum. (In Großstädten mit den üblichen Mieten ist mit so wenig Geld höchstens das physische Überleben möglich.) Die übliche Karikatur eines Rentner-Luxuslebens mit Cabrio und Dauerkreuzfahrt auf Weltreise kann sich sowieso nur eine kleine Minderheit leisten, aber die übergroße Mehrheit der Menschen *mit einer guten Arbeitsbiographie* kommt gerade so über die Runden. Wenn man sich dann die Zahlen derjenigen mit nur teilweise Erwerbsbiographie, also auch der vielen Frauen anschaut, dann wird es tatsächlich zappenduster und erreichen die allerwenigsten eine Rente oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle. Hier hilft natürlich der gute zynische FAZ-Tipp: vom vielen überschüssigen Geld Aktien kaufen und private Altersvorsorge betreiben.

  10. Jetzt kommt neue Bewegung in die Aufklärung der „Cum-Ex“-Affäre
    Ein Jahr lang musste der Hamburger Untersuchungsausschuss zum „Cum-Ex“-Skandal auf Akten aus Nordrhein-Westfalen warten. Nach dem angekündigten Rücktritt des Leiters der Staatsanwaltschaft Köln scheint nun alles rasant zu gehen. Erste Akten sind da.
    Nach langem Warten hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft zur „Cum-Ex“-Affäre vom nordrhein-westfälischen Justizministerium Akten der Staatsanwaltschaft Köln erhalten. „Zwei elektronische Akten wurden heute bereits übergeben und auch ein Verzeichnis, das alle Bestandteile der Akten auflistet“, sagte der CDU-Obmann im Ausschuss, Richard Seelmaecker, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Die in „Cum-Ex“-Fällen federführende Staatsanwaltschaft Köln ermittelt auch im Zusammenhang mit der in den Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank.
    Seelmaecker zeigte sich zufrieden. „Die vier Vertreter des Ministers haben uns glaubhaft versichert, vollumfänglich zu kooperieren und uns alle Akten und Aktenbestandteile der Staatsanwaltschaft Köln zur Verfügung zu stellen.“
    Quelle: Welt Online
  11. Auf dem Weg zur Eigenständigkeit
    Die Bundeswehr muss früher als geplant ihren gescheiterten Einsatz in Mali einstellen und bis zum 31. Dezember aus dem westafrikanischen Land abgezogen sein. Dies ist die Konsequenz aus einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats, der am Freitag das Mandat für die UN-Blauhelmtruppe MINUSMA nicht verlängert hat. Der beschleunigte Abzug ist auch eine Niederlage für das Auswärtige Amt; Ministerin Annalena Baerbock hatte ursprünglich den Verbleib der Bundeswehr bis Ende Mai 2024 in Mali durchgesetzt, um dort Russland länger entgegentreten zu können und während der für Februar 2024 vorgesehenen Wahl noch über eine deutsche Präsenz im Land zu verfügen. Den Abzug von MINUSMA hatten die in Bamako regierenden Militärs gefordert; sie machen nun mit ihrem Versuch ernst, die Aufstände im Land eigenständig zu besiegen – gestützt auf Waffenlieferungen vor allem aus Russland und China und mit Hilfe einer gewissen Anzahl russischer Söldner. Ähnlich geht das angrenzende Burkina Faso vor, dessen Regierung gleichfalls französische Truppen aus dem Land geworfen hat, in ihrem Bemühen um Eigenständigkeit aber ohne russische Söldner auskommen will. Das Streben nach Unabhängigkeit von den einstigen Kolonialmächten gewinnt an Fahrt.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Medien ist es egal: Hunderte Migranten hätte man retten können
    Viele Berichte über das Wie und Warum des U-Boot-Unglücks – Kaum Berichte über das Wer und Warum der über 500 Ertrunkenen.
    Trotz des höchstwahrscheinlich vermeidbaren Unglücks mit über 500 toten Migrantinnen und Migranten vor der griechischen Küste recherchierten Medien in der Schweiz und in Deutschland nicht, welches die Ursachen und die Verantwortlichen waren. Dafür berichteten sie umfangreich über Hintergründe des U-Boot-Unfalls mit den fünf verunglückten Milliardären an Bord.
    Fast nur online informierten unsere grossen Medien einzig darüber, dass die Grenzschutzagentur Frontex kritisierte, dass die «griechischen Behörden trotz Aufforderung keine zusätzliche Luftunterstützung gewährten».
    Anders als europäische Medien beauftragte die «New York Times» ein ganzes Recherche-Team, um die Verantwortlichen des Bootunglücks ausfindig zu machen. Unter dem Titel «Das Schiff, das die Welt nicht wollte – Griechische Regierung schickt ein Polizeiboot der Küstenwache statt Rettungskräfte» entlarvte die Zeitung zuerst am 1. Juli und ergänzt am 3. Juli Angaben griechischer Behörden als Ausreden und Lügen.
    Über diese NYT-Recherche informierte von den grossen Medien in Europa erst heute, am 6. Juli, die NZZ ausführlich.
    Quelle: Infosperber
  13. Fukushima: Japan will radioaktiv kontaminiertes Wasser ins Meer leiten
    Energie und Klima – kompakt: Japans Nachbarn sind empört über das Verhalten der Regierung in Tokio. Doch wie gefährlich ist das mit Tritium verunreinigte Kühlwasser? Was bereitet Wissenschaftlern Sorgen?
    Die japanische Regierung plant, große Mengen radioaktiv kontaminiertes Wassers in den Pazifik abzulassen. Die britische Zeitung Guardian spricht von 1,3 Millionen Tonnen, also 1,3 Millionen Kubikmetern Wasser, das bereits gefiltert und damit für den Einlass ins Meer vorbereitet sei.
    Das Wasser stammt aus den drei havarierten Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi, die am 11. März 2011 von einem schweren Erdbeben und einem nachfolgenden gewaltigen Tsunami zerstört wurden. Rund 20.000 Menschen wurden seinerzeit durch die Flutwelle getötet und die Nachbarschaft des AKWs völlig verwüstet.
    In den Reaktoren kam es zur Kernschmelze und zu Wasserstoffexplosionen, durch die radioaktives Material in der Nachbarschaft verteilt wurde. Mehr als Hunderttausend Überlebende wurden aus den umliegenden Orten – teilweise bis zu 40 Kilometer vom AKW entfernt – evakuiert und können oder wollen zum Teil bis heute nicht zurückkehren.
    Das Wasser, um das es aktuell geht, wurde meist in den drei Havaristen eingesetzt, um die zusammengeschmolzenen Reaktorkerne zu kühlen. Dadurch ist es durch jede Menge radioaktives Spaltmaterial verunreinigt.
    Quelle: Telepolis
  14. Der 243-Millionen-Euro-Mann
    BRD muss Viertelmilliarde Euro Schadenersatz für gescheiterte Pkw-Maut zahlen. Hauptverantwortlicher Exminister plant Seitenwechsel.
    Es wäre ein kolossales Erbe, das Andreas Scheuer (CSU) für den Fall seines politischen Rückzugs den Bürgern im Land hinterließe. Wie es heißt, ist der »Andi« auf dem Sprung in die Wirtschaft, wo es mehr zu holen gibt als auf der Oppositionsbank im Bundestag. Ob es zeit seines Lebens noch zu 243 Millionen Euro reicht? Schau’n mer mal. Wie am Mittwoch abend bekannt wurde, muss die BRD eben diese Summe an die verhinderten Betreiber der verkorksten Pkw-Maut entrichten. Dazu kommen Rechnungen für Anwälte und Berater sowie Gerichts- und Verfahrenskosten im Nachgang des mehrjährigen Rechtsstreits. Alles in allem wird der Steuerzahler weit über 300 Millionen Euro berappen müssen – viel Geld für etwas, das nie mehr war als eine fixe Idee.
    Quelle: junge Welt
  15. Zu guter Letzt: Bombastischer Kollateraleffekt
    Dass (ausgerechnet) Joe Biden darauf besteht, (ausgerechnet) vonderLeyen als Chef… Pardon: Generalsekretärin der NATO zu platzieren, sagt eigentlich schon alles über die USA, die EU und die NATO aus, was man wissen muss.
    Wir möchten dennoch etwas ergänzen: Der britische “Spectator” schrieb in einer Bewertung von Vdls politischer Laufbahn, sie habe eigentlich nichts als eine (breite) Spur der Verwüstung hinterlassen (trail of disaster).
    Nachdem diese weithin erprobte Hyperschallvernichtungswaffe nicht nur im Familien-, Arbeits-, Sozial- und Verteidigungsministerium, sondern auch in der EU-Kommission eindrucksvoll vorgeführt hat, wie man gewachsene Strukturen in kürzester Zeit rückstandslos vernichtet, um sich dann unbehelligt aus dem Staub zu machen, halten wir es für überfällig, ihr nun endlich auch die NATO auszuhändigen.
    Bombastischer Kollateraleffekt: Wenn alle gegen vonderLeyen geführten Verfahren entscheidungsreif sind, hat sie 3.358.000 aktive Soldaten, 738.400 Paramilitärische Einheiten und ein Budget von über 1.000 Milliarden zu ihrer Verteidigung.
    Quelle: Martin Sonneborn via Twitter

Hinweis in eigener Sache: Aus organisatorischen Gründen müssen die Hinweise des Tages II heute leider entfallen.

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