Die Signale stehen auf Kriegstüchtigkeit: Menschen ohne deutschen Pass sollen Soldaten Deutschlands werden

Die Signale stehen auf Kriegstüchtigkeit: Menschen ohne deutschen Pass sollen Soldaten Deutschlands werden

Die Signale stehen auf Kriegstüchtigkeit: Menschen ohne deutschen Pass sollen Soldaten Deutschlands werden

Ein Artikel von Frank Blenz

Die Gedankenspiele der politisch herrschenden Klasse lassen einen zunehmend schaudern, sofern man mit dem Prinzip der Eskalation nicht vertraut ist. Hinter dem scheinheiligen Aufruf prominenter Spitzen unserer Republik zum Erhalt der Demokratie schaden sie dieser mit ihren aggressiven Gedankenspielen, Konzepten und tagtäglichen Entscheidungen. Unsere (!) öffentlich-rechtlichen Medien wirken bei diesem Skandal mit, wie an diesem Beispiel deutlich wird: Ein Klick auf Tagesschau.de nach Suche des Stichworts „Soldaten ohne deutschen Pass“, und es erscheint eine Seite mit verstörender Überschrift. Mehr noch: Alle auf dem Portal einzusehenden Beiträge werben geradezu für die Bundeswehr, den Verteidigungsminister, die Wehrpflicht. Nach Artikeln, in denen Kriegsgegner, Friedenskämpfer, Abrüster, Pazifisten zu Wort kommen, sucht man dort jedoch vergeblich. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Menschen zum Auffüllen

Während unsere Regierenden gerade sagen: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ (Kanzler Olaf Scholz, siehe auch NachDenkSeiten-Artikel von Jens Berger), werden in den Zirkeln der Macht hingegen Überlegungen ausgebrütet, wie Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit als „Lückenfüller“ doch noch für deutsche Interessen dienlich sein könnten. Die Tagesschau hat kein Problem damit, dem deutschen Publikum dieses Treiben wohlwollend-begleitend zu verkaufen. Auch das zynische Wort „Lückenfüller“ wird unkommentiert durchgewinkt.

Die Bundeswehr hat Personalnot – Soldaten ohne deutsche Staatsangehörigkeit könnten L ü c k e n füllen. Diesen Vorschlag brachte Verteidigungsminister Pistorius ins Spiel. Unterstützung dafür kommt nun vom Ampelpartner FDP und auch aus der Union.
Zur Behebung des Personalmangels bei der Bundeswehr kann sich Verteidigungsminister Boris Pistorius vorstellen, auch Soldaten ohne deutschen Pass aufzunehmen. Unterstützung für diesen Vorschlag bekommt er jetzt sowohl von Verteidigungspolitikern der Ampelkoalition als auch von der Opposition.

Tagesschau wirbt für das Erreichen der Kriegstüchtigkeit – Einspruch? Fehlanzeige

Die Schlagzeilen, Zwischenzeilen und Folgebeiträge auf dem Internetportal der ARD-Tageschau verbreiten die Marschrichtung, als bewege sich Deutschland auf den Ernstfall zu, dem nur zu begegnen sei, indem aufgerüstet wird. Das erfolgt mit selbstverständlich wirkenden, teils irritierend sachlich klingenden Worten im Deutsch von Amtsträgern, Hauptstadtjournalisten. Kalt ist es in Deutschland. Und in der Tat, wir bewegen uns nicht nur auf einen zu, wir sind im Ernstfall. Unser Land befindet sich in einer ernsten Situation, in der demokratisch gewählte Vertreter die Interessen des Volkes missachten, ihren Amtseid beiseiteschieben und machen, was sie und ihre Auftraggeber wollen. Und die ARD listet zahm folgend auf:

Personalnot bei der Bundeswehr

Union und FDP offen für Soldaten ohne deutschen Pass

Die Wehrpflicht ist zurück – als Debatte

Unter der Rubrik „Mehr zum Thema“ und beim weiteren Durchklicken findet das Publikum einen bunten Blumenstrauß militärischer News.

Wie es Mali-Soldaten nach ihrem Einsatz geht

Verdreifachung der Bundeswehr-Reserve gefordert

Pistorius in Litauen – Der Fahrplan für die Brigade steht

Union macht Druck bei „Taurus“-Lieferungen

Scholz sichert dauerhaft höheren Verteidigungsetat zu

Bundeswehr als „Rückgrat der Abschreckung“

Dass bei all der Euphorie und dem Fleiß der Regierung – hier durch das Verteidigungsministerium – und bei dienlicher Mitwirkung der Opposition noch nicht alles nach Plan läuft, wird durch die ARD brav und verständnisvoll kommuniziert, es gäbe eben (noch):

Viele Fragen, die geklärt werden müssten.

Die Handlungsstärke und Entschlossenheit des Ministers – welcher ebenfalls in gut platzierten Umfragen und auf Titelseiten weiterer Mainstream-Organe schon mal als „sehr beliebt“ und nächster Kanzler gefeiert wird – werden ebenfalls betont und darauf aufmerksam gemacht, wie eng, f u r c h t b a r eng gar das Zeitfenster für die Kriegstüchtigkeit sei:

Minister Pistorius selbst hat erklärt, die Bundeswehr müsse in fünf bis acht Jahren kriegstüchtig sein. Das ist in Fragen einer Personalstrategie ein furchtbar kurzer Zeitraum. Er sollte also schleunigst handeln.“

Wie es sich für ein öffentlich-rechtliches Medienorgan im Zustand unserer derzeitigen ARD gehört, kommen weitere „Experten“ zu Wort, aber natürlich nur solche, die das Geschehen ausschließlich „pro“ kommentieren. Kontra, Bedenken, Kritik – nirgends ist auf der Seite davon zu lesen. Vielmehr wird einer bekannten Einheizerin aus dem Verteidigungsausschuss wie so oft und selbstverständlich ein Podium gegeben.

Grundsätzlich müssen wir bei der Suche nach geeigneten jungen Menschen, die ihren Dienst in der Bundeswehr zu leisten bereit sind, deutlich europäischer denken”, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der „Rheinischen Post“. Dazu gehöre auch die Überlegung, „dass Soldaten und Soldatinnen ohne deutschen Pass diesen durch den erfolgreichen Dienst in der Bundeswehr schneller bekommen können.“
(Quelle: tagesschau.de)

Wo bleibt der Einspruch, das Podium der ARD für andere Meinungen, für Kritik?

So erwerben also Menschen, die in der Bundeswehr die Lücken auffüllen, zur Belohnung dann den deutschen Pass. Diese Menschen denken also „deutlich europäischer“. Lesen die Verantwortlichen bei ARD und Co. eigentlich, was sie da Leuten zugestehen, von sich zu geben? Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses soll ihre Sätze frei sagen, ja, doch …

Es ist nicht nur, dass man den ganzen Mist durchgehen lässt – noch dazu unkommentiert: Vergebens sucht man auf Tagesschau.de widersprechende Wortmeldungen, weil die ARD eigentlich pluralistisch, neutral usw. ist. Zu finden sind Sätze wie die folgenden bei unserem Volkssender nicht. Man sucht und findet sie zum Beispiel bei Sahra Wagenknecht. Solche Worte gehörten in einen Beitrag der ARD über Rüstung, Wehrpflicht, Manöver und so weiter:

Unser Land ist in keinem guten Zustand: Kaum ein Zug fährt pünktlich, es fehlen Lehrer, Kitaplätze und Pflegekräfte, und die Wohnungsnot spitzt sich immer mehr zu. Wie das Bündnis „Soziales Wohnen“ heute bekanntgab, fehlen hierzulande 910.000 Sozialwohnungen, und die Zahl der fertiggestellten Wohnungen und Sozialwohnungen sinkt sogar – und dies, obwohl die Ampel den Bau von 400.000 Wohnungen, davon 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr, versprochen hatte. Deutschland braucht dringend einen Politikwechsel: Statt Sondervermögen für die Aufrüstung und immer weitere Waffen im sinnlosen Ukrainekrieg braucht es dringend mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau! 50 Mrd. Euro bis zum Ende der Legislaturperiode fordert das Bündnis „Soziales Wohnen“, dem Branchenverbände ebenso angehören wie Mieterbund, Baugewerkschaft und Sozialverbände. Doch es braucht nicht nur mehr Geld, sondern ein Umdenken in der Wohnungspolitik und endlich eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit, damit mit öffentlichen Geldern am Ende keine privaten Gewinne subventioniert, sondern Wohnungen dauerhaft der Spekulation entzogen werden.“
(Quelle: bsw-vg.de)

Bei der Tagesschau gibt es derweil jedoch weiter kriegstüchtige Nachrichten

So ist zu erfahren, dass die NATO ab Februar 2024 ihr größtes Manöver seit Ende des Kalten Krieges abhält. Dies geschieht diesmal offen unter Nennung des Feindes. Bisher wurden den Gegnern in Manövern immer Fantasienamen gegeben, das ist nun anders:

Zur Abschreckung Russlands werden von Februar bis Mai 90.000 Soldatinnen und Soldaten bei der Übung „Steadfast Defender“ (etwa: „Standhafter Verteidiger“) für den Ernstfall trainieren. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Trainiert werden soll insbesondere die Alarmierung und Verlegung von nationalen und multinationalen Landstreitkräften.
(Quelle: tagesschau.de)

Wieder fehlen Hinweise der ARD, das Nachfragen in den Beiträgen oder Kommentare, ob es sinnvoll ist, gegen Russland ins Manöver zu ziehen, während andernorts wie sogar beim jüngsten Eliten-Treffen in Davos über Diplomatie, Friedenspläne und Annäherung gesprochen wird. Manöver manövrieren uns nicht aus der ernsten Lage heraus, in der wir schon sind.

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Titelbild: Mircea Moira/shutterstock.com

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