Biden stoppt neue LNG-Exporte: Welche Gegenmaßnahmen plant Habeck zum Schutz der deutschen Wirtschaft?

Biden stoppt neue LNG-Exporte: Welche Gegenmaßnahmen plant Habeck zum Schutz der deutschen Wirtschaft?

Biden stoppt neue LNG-Exporte: Welche Gegenmaßnahmen plant Habeck zum Schutz der deutschen Wirtschaft?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Am letzten Freitag hatte US-Präsident Joe Biden ein Moratorium für die Zulassung von LNG-Exportterminals verkündet. Davon ist nach allgemeiner Einschätzung vor allem Deutschland negativ betroffen, insbesondere was mittel- bis langfristig die Höhe der Einkaufspreise für LNG aus den USA angeht. Schon heute beziehen US-Unternehmen Gas für rund ein Viertel des Preises ihrer deutschen Konkurrenz – ein gigantischer Wettbewerbs- und Standortvorteil. Die NachDenkSeiten wollten auf der BPK wissen, wie die Bundesregierung dieses Vorgehen der USA bewertet und welche Gegenmaßnahmen sie zum Schutz der von dieser US-Maßnahme betroffenen deutschen Unternehmen plant. Die Antwort der BMWK-Sprecherin geriet zu einem Offenbarungseid, was Unwissen und Hilflosigkeit im Habeck-Ministerium angeht. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Gehen wir die Aussagen der BMWK-Sprecherin im Einzelnen durch:

  1. „Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist hiervon nicht beeindruckt.“

Das ist korrekt, allerdings hatte ich das in meiner Fragestellung auch gar nicht behauptet, sondern es ging ausschließlich um die preislichen Auswirkungen auf den Gas-Spotmarkt und die daraus resultierenden Belastungen und Auswirkungen insbesondere für deutsche Unternehmen im Vergleich zur US-Konkurrenz. Darauf geht die Sprecherin, wohl aus gutem Grund, mit keinem Wort ein. Dieser Satz war also eine klassische Nebelkerze.

  1. „Der Terminmarkt ist bislang von der Entscheidung der US-Regierung nicht beeindruckt.“

Hierbei handelt es sich um eine Binse ohne jede weitere Aussagekraft. Der Terminmarkt basiert auf bereits verkauften Kontrakten, die es für die vom Biden-Moratorium betroffenen, noch nicht fertig gebauten LNG-Terminals zum aktuellen Zeitpunkt per se noch gar nicht geben kann. Das ändert aber nichts an der Problematik der mittel- und langfristig durch das Moratorium aufrechterhaltenen hohen Preise für deutsche Industriekunden, gerade im Verhältnis zur US-Konkurrenz.

  1. „Es gibt ja auf dem Weltmarkt unterschiedliche Länder, die LNG anbieten und mit denen die Unternehmen dann Verträge abschließen können.“

„Können“ ist hier das Schlüsselwort. Wie der schlussendlich wenig erfolgreiche Bückling von Habeck in Katar zeigt, ist die reine Existenz von Ländern mit LNG-Vorräten noch lange keine Garantie dafür, dass es diese auch in entsprechenden Mengen und vor allem zu Preisen an Deutschland verkaufen, die der hiesigen (insbesondere energieintensiven) Wirtschaft wieder ein wettbewerbsfähiges Produzieren ermöglichen.

  1. „Ein Großteil des in Deutschland bezogenen Gases wird per Pipeline aus Norwegen bezogen.“

Auch diese Aussage ist formal korrekt, jedoch ignoriert die BMWK-Sprecherin hier, bewusst oder bedingt durch Unwissenheit sei hier mal dahingestellt, dass auch beim norwegischen Pipeline-Gas der Einkaufspreis für Deutschland sich am Spotmarkt orientiert, die sogenannte Preisbindungsklausel. Das Biden-Moratorium hat also auch in diesem Fall Auswirkungen auf die Preisentwicklung.

  1. „Ansonsten gibt es ja noch weitere Länder wie etwa Katar, Algerien und Nigeria, wo es auch LNG-Vorkommen gibt.“

Ein ähnliches „Argument“ hatte die BMWK-Sprecherin ja schon zwei Sätze zuvor vorgebracht. Doch es bleibt dabei, bei all den genannten LNG-Exportstaaten gibt es mittelfristig keine freien zusätzlichen (!), und darauf kommt es ja an, Vertragsmengen. Man müsste also, wenn man an das LNG ran will, die bestehenden Liefermengen anderen Kunden wegnehmen. Das macht Deutschland teilweise auch schon, aber wie bei all den anderen genannten Aspekten ändert das nichts am Hauptproblem. Ein solches Vorgehen treibt bei steigender Nachfrage und gleichbleibenden Angeboten an LNG-Ressourcen den Preis weiter in die Höhe. Eigentlich eine weitere Binsenweisheit, die dem BMWK hoffentlich auch bekannt ist.

  1. „Das weltweite Angebot an LNG wird, wenn überhaupt, nicht vor 2027 von so einer Entscheidung beeinträchtigt werden.“

Diese Aussage ist nachweislich falsch. Das vom Biden-Moratorium betroffene LNG-Exportterminal CP2 sollte zum Beispiel bereits im zweiten Quartal 2025 in Betrieb gehen sowie im zweiten Quartal 2026 volle Kapazität erreichen.

Ähnliches gilt für das LNG-Exportterminal Plaquemines, welches ab 2026 nach Deutschland liefern sollte.

Lediglich die Erweiterung von Port Arthur war tatsächlich erst für 2027 anvisiert.

Auch die bereits unterzeichneten Verträge von US-amerikanischen LNG-Exporteuren mit deutschen Importeuren, die ebenfalls von dem Moratorium betroffen sind, sehen zumindest teilweise das Jahr 2026 als Lieferbeginn vor.

Deutschland hat sich selbstverschuldet in eine Einbahnstraße manövriert und zeigt sich komplett unfähig oder unwillig, das nötige Wendemanöver einzuleiten:

  1. Zum einen hat die Bundesregierung unter der Prämisse angeblicher „Diversifizierung“ und „strategischer Unabhängigkeit von russischem Gas“ auf Lieferungen aus Russland zu Preisen verzichtet, die der deutschen Wirtschaft über Jahrzehnte die Konkurrenzfähigkeit erhalten haben. Die LNG-Preise, die der deutsche Industriekunde jetzt zahlen muss, liegen teilweise um den Faktor 7 (!) höher als das zuvor genutzte russische Pipelinegas.
  1. Zum anderen hat man die angebliche Abhängigkeit von Russland (rund 40 Prozent des Gasimports bis Ende 2021) damit „aufgelöst“, dass man jetzt zu einem fast genauso hohen Prozentanteil von US-amerikanischen LNG abhängig ist. Mit drei signifikanten Unterschieden: Weit höhere Preise, weit schlechtere Klima-Bilanz und, wie das Biden-Moratorium deutlich zeigt, mit einem „Partner“, der weit weniger Planungssicherheit ermöglicht.

Auszug aus dem Protokoll der Regierungspressekonferenz vom 31.1.2024

Frage Warweg
Letzten Freitag hat US-Präsident Joe Biden ein Moratorium für die Zulassung von LNG-Exportterminals verkündet. Nach allgemeiner Ansicht wird darunter vor allem Deutschland leiden, insbesondere, was mittel- und langfristig die Einkaufspreise für LNG in den USA angeht. Schon jetzt beziehen US-Unternehmen im Verhältnis zu ihrem deutschen Konkurrenten Gas für ein Viertel der Kosten, was einen enormen Wettbewerbs- und Standortvorteil darstellt. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Wie bewertet denn die Bundesregierung dieses Vorgehen des US-amerikanischen Partners? Ich denke einmal, die Frage richtet sich an das BMWK und an Frau Hoffmann.

Dr. Güttler (BMWK)
Die Bundesregierung beobachtet die Lage genau und steht im Austausch mit der US-Regierung. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist hiervon nicht beeindruckt (sic!), sondern weiter gewährleistet.

Vize-Regierungssprecherin Hoffmann
Ich kann im Grunde nichts ergänzen. Es ist ja vollständig geantwortet worden.

Zusatzfrage Warweg
Ich hatte ja nicht von der Versorgungssicherheit gesprochen, sondern von der enormen Kostenbelastung deutscher Unternehmen im Verhältnis zur US-Konkurrenz. Vor dem Hintergrund würde mich interessieren, was für konkrete Maßnahmen die Bundesregierung plant, um zum einen weniger abhängig vom Goodwill der USA zu sein, was die LNG-Lieferung angeht, und auch, was für Unterstützungsmaßnahmen insbesondere für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland die Bundesregierung in diesem Kontext plant.

Dr. Güttler (BMWK)
Der Terminmarkt ist bislang von der Entscheidung der US-Regierung nicht beeindruckt. Es gibt ja auf dem Weltmarkt unterschiedliche Länder, die LNG anbieten und mit denen die Unternehmen dann Verträge abschließen können. Ein Großteil des in Deutschland bezogenen Gases wird per Pipeline aus Norwegen bezogen. Ansonsten gibt es ja noch weitere Länder wie etwa Katar, Algerien und Nigeria, wo es auch LNG-Vorkommen gibt. Das weltweite Angebot an LNG wird, wenn überhaupt, nicht vor 2027 von so einer Entscheidung beeinträchtigt werden.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz, 31.01.2024

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