Leserbriefe zu „Von „Anhaltender Beifall. Die Abgeordneten erheben sich“ zum „Aber der Putin““

Ein Artikel von:

In diesem Beitrag regt Albrecht Müller dazu an, sich die Rede des russischen Präsidenten Putin vom 25. September 2001 im Deutschen Bundestag anzuschauen oder zu lesen. Sie sei „ein bedeutsames historisches Dokument und zugleich ein Hinweis auf den seitdem eingetretenen Verlust an Vertrauen, an Zusammenarbeit und an Chancen für beständigen Frieden“. Inzwischen würden wir in einer anderen Welt, in einer Welt der Konfrontation leben. Wir haben hierzu interessante Leserbriefe erhalten. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

wie wahr – aber genau diese Rede hat den “Brzezinski-Effekt” ausgelöst:

Sollte das Rohstoff- und Agrar-reiche Flächenland Russland sich freundschaftlich mit dem techno-finanziell starken Europa nach dem Fall der Mauern zwischen Ost und West verbinden/verbünden, entstünde ein “Herzland Eurasien”, das (China war noch nicht auf dem Radar) die größte Macht auf der Welt darstellen würde.

Diese sog. “Heartland-Theorie” vom Anfang des Jahrhunderts steckt in den Köpfen der Amerikaner als die wichtigste Bedrohung ihrer Vormachtstellung – und wurde ein Jahrhundert lang durch Kriege immer wieder verhindert. Aber Anfang 2000 war es dann soweit, wie Putin in seiner Rede und der Bundestag in dessen Reaktion bestätigte.

Konsequent bauten die USA dann die neue Mauer – NATO-Osterweiterung bis hin zur Raketen-Dislozierung in Polen und Rumänien, rüstete die Ukraine als wichtigste Figur auf dem Schachbrett (siehe der Buchtitel Brzezinskis) auf – und der Rest ist mehr als bekannt, bis hin zur RAND-Studie mit dem Endspiel-Szenario. Allerdings würde das bereits jede heutige KI so verstehen – jedoch nicht die Politiker, Medien und Bevölkerungen, die das nicht wahr haben wollen.

Nochmals danke für die Erinnerung, dass der Bundestag auch einmal aus einer Mehrheit Friedens-Williger bestand, statt Faschisten wie Nawalny zuzujubeln und den plötzlichen Hass auf die AfD zur emotionalen Ersatz-Religion zu machen. Dann doch lieber KI, als gar keine.

Mit tropischen Grüßen und angenehmem Abstand zu D,

H. Rudolf


2. Leserbrief

Lieber Herr Müller

Dieses Video habe ich mir nochmals angeschaut ! Unglaublich, dass diese Politiker die Chance damals , mit Gorbatschow ,und nach dieser Rede von Putin , aus Bösartigkeit entgehen liessen , ohne Sinn , Verstand und Anstand .

2001 habe ich mir die Rede Putins auch angeschaut . Die Freude war gross bei mir, denn ich glaubte, dass wir in Europa nun endlich ohne Sorge vor einem Krieg mit Russland leben könnten . Ein friedliches Europa , ohne USA .

Und heute ? Wenn ich mir einen großen Teil der Politiker heute ansehe , kann man kaum glauben wie skrupellos und charakterlos diese Leute doch geworden sind , der grössere Teil der « Klatscher « ,man hört sie heute im TV wieder gegen Russland  hetzten !

Wenn die Politiker heute gefragt werden, warum das alles so anders gekommen ist, sagen sie :

Das liegt nur an Putin , der hat sich geändert ! So einfach ist das ! Was sind das doch für erbärmliche Gestalten !

Man kann den Beruf wählen , den Wohnort , den Partner und Freunde , usw . Politiker aber aus Vertrauen zu wählen ist das gefährlichste , denn sie können uns aus Machtgier und Geld sehr schnell in Kriege verwickeln , wie momentan zu sehen ist !

Herzliche Grüsse J.Blumer


3. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten, lieber Albrecht Müller,

ja, was ist im Lauf der letzten 20 Jahre zwischen Deutschland und Russland passiert, das frage ich mich auch ziemlich verzweifelt. Die Medien und die Schar der ihnen zuarbeitenden „Experten“ beantworten die Frage ganz primitiv: Putin, im Täuschen und Lügen vom KGB geschult, habe zuerst wie ein Drogendealer das unschuldige Deutschland von russischem Gas und Rohstoffen abhängig gemacht. Dann habe er seine demokratische Maske abgelegt und die Ukraine als ersten demokratischen Staat überfallen. Putins imperialistisches Ziel sei es, nach der Zerstörung der Ukraine das russische Imperium mit brutaler Gewalt weiter nach Westen auszudehnen. – Diese Erklärung hätte sich der Reichspropagandaminister Josef Goebbels nicht demagogischer ausdenken können. Die Sprache der Medien (ARD, ZDF, Spiegel, Zeit, Frankfurter Rundschau, …) und der Politik (Strack-Zimmermann, Kiesewetter, Roettgen, Baerbock, Hofreiter, …) verroht zunehmend. Im Widerspruch dazu mahnen die gleichen Medien und die gleichen Politiker, unsere Demokratie vor dem Hass der rechtsextremen AfD zu schützen. Wenn es darum geht, die Ukraine zu glorifizieren und Putin und Russland zu dämonisieren, bedienen sie sich dagegen einer ebenso inhaltsleeren wie emotional aufgeladenen Rhetorik, die selbst an faschistische Propaganda erinnert. Das macht mir Angst. Ich habe Angst um die Demokratie und den Frieden in Deutschland. Als größte Bedrohung sehe ich aber nicht Russland und Putin. Putin ist der gleiche Machtpolitiker wie vor 20 Jahren, der die Interessen seines Landes mehr oder weniger skrupellos vertritt. Die größte Bedrohung sind demokratische Politikerinnen, die Atomwaffen für die EU fordern, die Angst vor Russland und China schüren, die permanent Moral und „westliche Werte“ predigen, die Kriegstüchtigkeit fordern, die sich von den demagogischen Auftritten des ukrainischen Präsidenten begeistern lassen.

Weshalb im Laufe von 20 Jahren halbwegs vernünftige Medien und Politiker in Deutschland zu hasserfüllten Propagandisten des Krieges mutiert sind, erkläre ich mir damit, dass in Europa, in Israel, in den USA neue rechtsradikale Strömungen immer mehr Zulauf bekommen. Vielleicht möchte man das Auseinanderbrechen der westlichen Gesellschaften dadurch aufhalten, dass man mit Russland einen äußeren Feind konstruiert, der die westlichen Gesellschaften nach innen eint. Diese teuflische Rechnung wird nicht aufgehen. Damit bekämpft man nicht den Faschismus der vielen rechten Parteien im Westen. Damit öffnet man dem Faschismus und Militarismus die Tore weit bis ins Herz der Demokratie, hinein in demokratische Parteien und Medien. Sie sehen sich selbst als Demokraten, nehmen aber zunehmend einen faschistischen Habitus an. Ich fürchte tatsächlich, diese verhängnisvolle Entwicklung könnte im dritten Weltkrieg enden.

Umso wichtiger sind Medien wie die Nachdenkseiten, die Lüge und Hass entgegen arbeiten. Weiter so!

Mit freundlichem Gruß

Thomas Arnold


4. Leserbrief

Sehr geehrter Hr. Müller,

im Großen und Ganzen stimme ich Ihren Ausführungen in diesem Artikel zu bis auf eine Ausnahme. Sie schreiben – Zitat: “Nicht nur die Abgeordneten der damaligen Regierungsparteien SPD und Grüne […] zeigten ihre Zustimmung zur Rede des russischen Präsidenten.”

Ich habe mir die Rede des Russischen Präsidenten auf YouTube bereits mehrmals angeschaut, allerdings nicht auf Phönix wie von Ihnen verlinkt sondern auf dem Video des Deutschen Bundestags:

Wladimir Putin – Rede am 25. September 2001 vor dem Deutschen Bundestag (nur deutschsprachiger Teil) (youtube.com)

Bei genauerer Betrachtung stellt man dabei fest, dass es auf der Regierungsbank einen Außenminister und Vizekanzler gab, der bereits damals schon durch seine Mimik unverborgen signalisierte, dass er den Russischen Präsidenten wahrscheinlich lieber nach Sibirien gejagt hätte als ihm zuhören zu müssen. So z. B bei Zeitpunkt 8:56, wo alle Beifall spenden – bis auf einen. So z.B. bei 10:04 und bei 20:06. Und bei 23:48 war Joschka Fischer der Erste, der aufhörte zu klatschen. Die Gestik dieses Grünen sagte damals bereits viel aus, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass nur ein Jahr vorher der illegale Angriffskrieg gegen Jugoslawien nicht zu letzter durch seinen Satz “Ich habe aber auch gelernt – nie wieder Auschwitz” begann und er dies wohl zum Anlass nahm, engste Bande mit Madeline Albright zu knüpfen, für die er ja dann später auch der deutsche Partner wurde. 

Eines muss man aber dem NATO-olivgrünen und späteren Gründungsmitglied des European Council on Foreign Relations lassen: lassen: Er hat damals schon sein wahres Gesicht als Putinhasser gezeigt.

Mit nachdenklichen Grüßen

Peter Biebel

Anmerkung Albrecht Müller: Danke für den Hinweis. Er ist sehr berechtigt.


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

danke für Ihren Beitrag.

Eigentlich mehr als nur ein Beitrag.
Nach dem 24.02.2022 hatte ich mir auch die Rede heruntergeladen.
Seit dem versuche ich herauszufinden, wie es geschehen konnte, das in den folgenden 6 Jahren alles auf den Kopf gestellt wurde.

Und: was ging in W. Putin vor, wie hat sich seine Einstellung geändert…
Die DDR kennen gelernt und anschließend in die BRD große Hoffnungen gesetzt (als sehr junger Staatsmann – 48 Jahre)…

Leider habe ich dazu in den Medien keine Antwort gefunden.

Mit freundlichen Grüßen

E. Backhaus


6. Leserbrief

Guten Tag, lieber Albrecht Müller,

Sie fragen sich und uns, was seit Putins Rede 2001 passiert ist? Warum aus der damals propagierten europäischen Zusammenarbeit von Lissabon bis Wladiwostok Feindseligkeit und Aggression geworden ist?

Eine, zugegeben, ziemlich schlichte Antwort: ein Generationenwechsel beim politischen Personal.

Hier paar Minister 2001, nicht alle

14. Wahlperiode (1998–2002): 1. Kabinett Gerhard Schröder von Oktober 1998 bis Oktober 2002 amtierend. Aus: de.wikipedia.org/wiki/Kabinett_Schr%C3%B6der_I
Bundeskanzler Gerhard Schröder (* 1944)
Bundesminister des Auswärtigen Joseph [Joschka] Fischer (* 1948)
Bundesminister des Innern Otto Schily (* 1932)
Bundesminister der Justiz Herta Däubler-Gmelin (* 1943)
Bundesminister der Finanzen Oskar Lafontaine bis 18.3.1999 (* 1943). Hans Eichel ab 12.4.1999(* 1941)
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. ab 22.1.2001: Bundesminister für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Karl-Heinz Funke (* 1946) bis 12.1.2001 Renate Künast ab 12.1.2001 (* 1955)
Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Riester (* 1943)
Bundesminister der Verteidigung Rudolf Scharping(bis 19.7.2002 (* 1947). Peter Struck ab 19.7.2002 (1943–2012)
Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Christine Bergmann (* 1939)
Bundesminister für Gesundheit Andrea Fischer bis 12.1.2001 (* 1960). Ulla Schmidt ab 12.1.2001 (* 1949)
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Franz Müntefering bis 17.9.1999 (* 1940)
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin (* 1954)
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD (* 1942)
Bundesminister für besondere Aufgaben Bodo Hombach (* 1952)

Martina Helffenstein


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