Leserbriefe zu „Rüstungsausgaben = Investitionen? Manipulation und Denkfehler“

Ein Artikel von:

Jens Berger thematisiert hier die Erklärung, nach der Rüstungsausgaben „Investitionen in die Sicherheit“ seien. Sie werde vor allem von den Grünen und der FDP bemüht. Immer höhere Militärausgaben sollen über Schattenhaushalte an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden. Beide Parteien würden stets behaupten, solche Ausnahmen seien möglich, wenn es um „Investitionen geht, die Werte schaffen“. Sie hätten offenbar im Grundstudium der Volkswirtschaftslehre nicht richtig aufgepasst, denn: „Rüstungsausgaben sind aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Investitionen, sondern Konsumausgaben“. Hierzu haben wir interessante Zuschriften bekommen. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger

Kompliment für Ihren Artikel zur „Aufklärung“ des Zusammenhanges zwischen Rüstungsausgaben und Investitionen. Es ist richtig, dass Schulden für die Rüstung keine Investition sondern Konsum ist.

Es gibt jedoch ein Punkt, bei dem dem nicht so ist. Wenn durch die militärische Aufrüstung andere Länder „erobert“ werden können und Rohstoffe, Menschen etc. „Ausgebeutet“ werden, entsteht naturgemäss ein Mehrwert.

Dies sollten mindestens die Wirtschaftsjournalisten von FAZ und Co. eigentlich nachvollziehen können. Beim Wirtschaftsminister bin ich mir nicht sicher, sodass ich diesem keine unlauteren Absichten unterstellen kann.

Freundlich grüsst
Richard Bhend


2. Leserbrief

Sehr geehrter Her Berger,

es braucht kein Volkswirtschaftsstudium.

Rüstungsausgaben sind “Investitionen” in Wegwerfartikel

Die Granaten, Raketen und Marschflugkörper  werden produziert um sie zu verschießen.

Dabei werden Menschen getötet und Sachwerte zerstört.

Panzer und Flugzeuge halten im Frieden Jahrzehnte. Im Krieg vielleicht drei Wochen.

Mit freundlichem Gruß
Steinbusch


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Ihrem Fazit „Mit jedem Euro, den Deutschland für Waffen und nicht für echte Investitionen ausgibt, fällt es wirtschaftlich in der Zukunft zurück“ ist zuzustimmen. Aber die Begründung „Rüstungsausgaben sind aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Investitionen, sondern Konsumausgaben“ ist nicht aktuell. In einem Beitrag des Deutschen Institut für Wirtschaft (Köln) „VGR-Revision 2014: Was bedeuten die höheren Investitionen für die ökonomische Analyse?“  wird korrekt protokolliert, dass mit dieser Revision der VGR „Militärische Waffensysteme als Investitionen des Staates“ gelten. Bis dato waren es Konsumausgaben des Staates!

Da es keine verlässliche volkswirtschaftliche Theorie gibt (verständlicher Bericht in: econstor.eu/bitstream/10419/270875/1/Voegele_Volkswirtschaftslehre.pdf) muss eben die Statistik hier wissenschaftliche (politische) Hilfsdienste leisten.

Gruss
Alexander B. Voegele


4. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

wenn ich es positiv betrachte, dann wünschte ich Sie wären Wirtschaftsminister. Kompetenz in Sachen Wirtschaft und Finanzen, analytischer Sach- und gesunder Menschenverstand, im Gegensatz zu Ihnen geht das dem Habeck völlig ab.

Aber eines haben Sie nicht berücksichtigt, die Grünen pflegen eine “ganzheitliche” Betrachtungsweise. Und aus diesem Blickwinkel kommt es nicht allein auf die Wirtschaft an. Rüstungsausgaben schaden auch der Infrastruktur und dem Sozialstaat (Gesundheitswesen, Rente, Bildungswesen). Es geht darum Deutschland  “ganzheitlich” zu zerstören, Wirtschaft allein reicht da nicht. Und außerdem sind Rüstungsausgaben nicht nur finanzielle Transaktionen, sie provozieren auch einen Krieg. Und der würde das Land sicherlich ganz, ganz, ganzheitlich zerstören.

Das ist nicht vereinbar mit Habecks Amtseid? Geschenkt, der geht dem völlig ab, sein Chef sitzt jenseits des Atlantiks. Und reibt sich schon lange die Hände, angesichts dieser perfekt, in seinem Sinne, funktionierenden Ampelregierung.

Wenn es nicht so traurig und böse wäre…

Gruß,
Rolf Henze


5. Leserbrief

Hallo! 

Vielen Dank für die Aufklärung über diese neue Manipulation der Bevölkerung zur Rechtfertigung unfaßbar gesteigerter Kriegsausgaben. Allerdings ist die in meinen Augen viel größere Manipulation die Rechnung in Prozent/BIP. 

Ich weiß nicht, wer damit begonnen hat, aber die berüchtigten 2% BIP werden seit Jahren vor allem im Zusammenhang einer “Selbstverpflichtung” der NATO-Staaten genannt, diesen Geldbetrag für “Verteidigung” ausgeben zu müssen. Der einzige Grund für die Verwendung dieser Bezugsgröße ist meines Erachtens die Absicht, den Betrag für die Kriegsausgaben den Bevölkerungen gegenüber möglichst klein erscheinen zu lassen. 

Zwei Prozent… was ist das schon? Von mir aus drei, wenn´s hilft! So denken wohl viele beim Lesen/Hören solcher Angaben. Aber das BIP ist eine rein virtuelle Bezugsgröße, denn es stellt bei Lichte betrachtet noch nicht einmal die wahre Wirtschaftskraft eines Landes dar, da es sich um eine Art volkswirtschaftliche Umsatzberechnung handelt, und nicht um gesamtwirtschaftliche Gewinne, wie das Teilwort “Produkt” suggeriert. Und da es in Geldwerten gerechnet wird, die ihrerseits Schwankungen unterliegen (Inflation), ist es auch nicht wirklich solide zu berechnen. 

Vor allem aber ist das BIP eben keine verfügbare Geldsumme! Niemand verfügt über dieses Geld, nicht der Staat, nicht die Wirtschaft und nicht die Bürger. Nun aber die Rüstungsausgaben an einem Wert zu messen, den der Staat weder besitzt noch ausgeben kann, ist die eigentliche Manipulation. Zieht man nämlich die einzige relevante Größe dafür heran – den Staatshaushalt nämlich – ergeben sich völlig andere Verhältnisse! 2% vom BIP, das sind bei 4,12 Billionen im Jahr 2023 82,4 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt beträgt für 2024 geplant (ohne “Sondervermögen”) 476,8 Milliarden Euro. Zwei Prozent davon wären also lediglich 4,76 Milliarden Euro. Die angestrebten 82,4 Milliarden wären demgegenüber 17,3 Prozent des Bundeshaushaltes. Rund jeder Fünfte Euro dessen, was der Bund überhaupt als Ausgabenmittel zur Verfügung hat, würde dann also in die Rüstung fließen! 

Das hört sich schon viel krasser an, oder? Und deshalb wird es auch nicht offen ausgesprochen.

Gruß, Ole.


6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

ich werde jetzt mal die Position des advocatus diaboli einnehmen:

was, wenn die Rendite darin bestünde, gigantische Bodenschätze des Donbass potentiell unter die eigene Kontrolle zu bringen? Wären Rüstungsgüter dann so gesehen nicht auch als Investitionen zu betrachten?

Ein solcher Invest kann natürlich auch mal schiefgehen -und es scheint tatsächlich fast ausgeschlossen, dass „der Westen“ die angeblich beträchtlichen Lithiumreserven im Donbass jemals noch unter seine Kontrolle bringen könnte, indem die Ukraine diese Gebiete wieder erobert und sichert-, dann haben aber wenigstens die Rüstungskonzerne noch Umsatz und Profit gemacht. Abschreiben kann der Staat diese „Invests“ auch in beträchtlicher Höhe, solange man ihm noch zutraut, die Zinsen zu tragen.

Was natürlich insofern auch von einer üblichen Investition abweicht, indem hierbei ganze Staaten für die Interessen von Großkonzernen z.B. „investieren“, bzw. von ihren Bürgern bezahlen lassen.

Und es gibt noch einen anderen Punkt. Jede Granate, die im Donbass Dörfer zerstört, Häuser dem Erdboden gleich macht etc. wird zu immensen Wiederaufbaukosten führen. Vermutlich kann eine Granate das Vielfache seiner eigenen Kosten neu generieren. Diese Kosten sind wiederum auch die betriebswirtschaftlichen Einnahmen der (Groß-)Unternehmen, die damit betraut werden. Es gibt ja schon gewaltige Pläne, wie viele 100 Milliarden oder sogar Billionen der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete der Ukraine verschlingen wird.

Außerdem ist die Ukraine in jedem Fall als Absatzmarkt für westliche Waffen bereitet worden. Von den Russen wird die Ukraine jedenfalls keinerlei Rüstungsgüter mehr einkaufen (das Gas fließt aber trotzdem noch…). Um für diese Kontaktlinie auch weiterhin und in Zukunft regelmäßig Waffen verkaufen zu können, musste der Westen erst mal stützend eingreifen. Und gleichzeitig kann im Westen auch wieder Neues angeschafft werden, wenn man Altes in der Ukraine „entsorgen“ lässt.

Volkswirtschaftlich und menschlich gesehen ist das eine völlige Katastrophe.

Aber dennoch: ist es sehr abwegig, anzunehmen, dass manche Gruppen von einflussreichen Personen solche Rechnungen aufmachen und die Entscheidungsträger so beeinflussen, dass die das durchziehen?

Diese haben in der Regel auch keine Ahnung von Volkswirtschaft, so scheint es. Oder sie dürfen keine Ahnung haben.

Ich erinnere auch an die kollektive Beschaffung von COVID-Präparaten, wo statt der dem Volk versprochenen ausreichenden zwei Dosen aber 8(!) eingekauft wurden und deren Haltbarkeit erst auf dem Papier verlängert und dann irgendwann folgerichtig zu einem großen Teil „verschenkt“ oder verbrannt werden mussten. Völlig irre, möchte man meinen, aber in der Logik der Konzerne und deren Handlanger völlig konform und nachvollziehbar.

Mit freundlichen Grüßen
Pierre Lutomski


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