Kognitivtest für Olaf Scholz? Rücktritt der Cum-Ex-Chefermittlerin und Gedächtnislücken des Kanzlers

Kognitivtest für Olaf Scholz? Rücktritt der Cum-Ex-Chefermittlerin und Gedächtnislücken des Kanzlers

Kognitivtest für Olaf Scholz? Rücktritt der Cum-Ex-Chefermittlerin und Gedächtnislücken des Kanzlers

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Am 22. April hatte die Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker ihre Kündigung eingereicht. Deren Ermittlungen hatten auch Kanzler Scholz angesichts der aufgedeckten Verbindungen zum Finanzkriminellen Christian Olearius in erhebliche Erklärungsnot gebracht. Diese Kontakte hatte er zunächst geleugnet und sich dann auf angebliche „Erinnerungslücken“ berufen. Nur einen Tag später, am 23. April, hatte Olaf Scholz bei einem Treffen im Kanzleramt erneut umfassende Gedächtnislücken in einem anderen Themenfeld eingeräumt. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob der Kanzler zum einen über den Rücktritt der Cum-Ex-Jägerin erleichtert ist und zum anderen, ob es angesichts der zunehmenden Erinnerungslücken nicht sinnvoll wäre, dass Scholz sich einem Kognitivtest unterzieht, um der Öffentlichkeit belegen zu können, dass er nach wie vor über die für eine Kanzlerschaft nötigen kognitiven Fähigkeiten verfügt. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund

Das Bild, das Olaf Scholz in der ganzen Angelegenheit rund um die Aufklärung des Cum-Ex-Skandals abgibt, bleibt fatal. Erst auf massiven Druck hin eingeräumte Treffen mit dem Cum-Ex-Drahtzieher Olearius, „nachweisliche Lügen“ vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss und dem Deutschen Bundestag (die NachDenkSeiten berichteten). Dies führte unter anderem dazu, dass der Finanzexperte Fabio de Masi Ende August 2023 Strafanzeige gegen Olaf Scholz „wegen uneidlicher Falschaussage“ und „vorgetäuschten Erinnerungslücken“ stellte (die NachDenkSeiten berichteten hier und hier).

Dann tauchte Anfang Oktober 2023 ein vielsagender Aktenvermerk (Akten-Nummer 213 AR 14/22) der jetzt zurückgetretenen Cum-Ex-Chefermittlerin, der Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, auf. In diesem ist von „Ungereimtheiten in den Aussagen von Olaf Scholz“ die Rede und aus dem Vermerk geht – noch schwerwiegender – hervor, dass die Ermittlungen gegen ihn nicht weitergeführt worden sind unter Verweis auf „mit Rücksicht auf die Stellung“ des amtierenden Kanzlers. 

Die gesamte Verteidigungsargumentation des amtierenden Kanzlers in der Causa beruht bis heute auf den behaupteten „Erinnerungslücken“. Dies sollte man zur Bewertung der weiteren Ereignisse im Hinterkopf behalten.

Am 23. April 2024, also nur ein Tag nachdem die Cum-Ex-Ermittlerin Brorhilker frustriert gekündigt hatte („Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“), stellt sich Kanzler Olaf Scholz beim sogenannten „girls day“ im Bundeskanzleramt hin und prahlt geradezu mit seinen Erinnerungslücken. Befragt von einer Schülerin, was denn sein Lieblings-MINT-Fach war, erklärt der Kanzler schmunzelnd:

„Ich hatte Leistungskurs Mathematik. Ich erinnere mich an nichts.“

Ohne die „Ich erinnere mich an nichts“-Vorgeschichte in der Causa Cum-Ex hätte man diese Aussage sogar noch unter „Selbstironie“ verbuchen können. Doch so wirkt es nur wie blanker Hohn gegenüber dem Rechtsstaat sowie den um Milliarden Euro geprellten bundesdeutschen Steuerzahlern.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz am 24. April 2024

Frage Warweg
Die Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker hat am Montag ihre Kündigung eingereicht. Ihre Ermittlungen haben auch den Kanzler in schwere Erklärungsnot bezüglich Cum-Ex gebracht.

Ist der Kanzler über diesen Schritt der Staatsanwältin erleichtert?

Vize-Regierungssprecher Büchner
Ich weise alle ihre Unterstellungen wie üblich zurück und habe zu dem ganzen Sachverhalt nichts Neues beizutragen.

Zusatzfrage Warweg
Der Kanzler zeigte im Zuge der Cum-Ex-Aufklärung teilweise eklatante Erinnerungslücken. Am 23. April hat er im Kanzleramt massive Gedächtnislücken im Bereich der Mathematik eingeräumt.

Spielt der Kanzler mit dem Gedanken, entsprechende Tests zu durchlaufen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass er nach wie vor über die kognitiven Fähigkeiten verfügt, die nötig sind, um die Kanzlerschaft weiterhin erfolgreich zu betreiben?

Büchner
Sie können hier gern Kommentare verbreiten, aber ich verstehe eine Pressekonferenz anders. Das ist für mich keine Frage; deshalb auch keine Antwort.

Zusatz Warweg
Aber es war doch eine deutlich formulierte Frage: Kognitivtest, ja oder nein?

Büchner
Das habe ich nicht so verstanden.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 24.04.2024

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