Leserbriefe zu „Von „Nie wieder Krieg“ zur „Kriegstüchtigkeit“ – Wie bleiben wir selbstständig denkende Menschen?“

Ein Artikel von:

Albrecht Müller hat in diesem Beitrag auf das Manuskript seiner Rede auf Einladung eines politisch aktiven Freundeskreises in Anger/Obb. hingewiesen. Im Text wurde der Bogen von der Debatte zur Wiederbewaffnung in den Vierziger/Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts über die Phase der Entspannungs- und Friedenspolitik bis zum Appell zur Kriegstüchtigkeit von heute gespannt. Es wurden auch „die Manipulationsmethoden skizziert, die angewandt werden, um uns auf Kriegsbereitschaft zu trimmen“. Wir haben dazu interessante Leserbriefe erhalten. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl, die von Christian Reimann zusammengestellt worden ist.


1. Leserbrief

Lieber Herr Müller und NDS Redaktion,

Zum Wortgebrauch einige Gedanken:

Krieg mit Russland in 5 bis 8 Jahren möglich, dazu gibt es zwei Fragen: wer greift wen als erstes an? Bei 5 bis 8 Jahren, warum dann bereits jetzt massive Kriegspropaganda?

Pistorius: Wirksame Abschreckung ist unsere Lebensversicherung. Das gilt natürlich auch für Russland. Müssen wir das so verstehen, dass die vielen Atombomben der NATO nicht mehr abschrecken? Seltsame Entwicklung.

Pistorius hat einen falschen Buchstaben benutzt, es muss nicht kriegstüchtig sein, er meint kriegssüchtig.

Wenn man sich die Nachkriegsgeschichte der Kriege  anschaut, müsste es eigentlich heißen: Alle Wurzeln des Kriegs führen nach Washington.

Statt kriegstüchtig sollten wir besser wieder demokratietüchtig werden.

Mit freundlichem Gruss
Patrick Janssens


2. Leserbrief

Die von Herrn Müller ausführlich gezeichnete Vorgeschichte der deutsch-sowjetischen Verständigung, beginnend mit Brandt und Bahr bis hin zu der deutsch-russischen unter Schröder zeigt auch, wie schnell diese vorbei sein kann, “wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt”. Leider haben Merkel und auch Scholz (z.B. bei Bidens Aussage auf einer gemeinsamen Pressekonferenz “We know how to put an end to Northstream..”(sinngemäß) nicht vermocht dem Druck aus Washington zu widerstehen. Der zusätzlich auch über dessen Einfluss auf unsere Medien ausgeübt wird. So wurden die Interessen Russlands unter Jelzin schlichtweg übergangen und der Boden vorbereitet, Putin zu dämonisieren, als dieser 2007 in München Bedenken gegen die gegen Russland eingeschlagene Richtung seitens des Westens vorbrachte. Natürlich war die durch den Putsch in Kiew Russland aufgenötigte Wiedereingliederung der Krim für den Westen ein gefundenes Fressen. Jeder, der wie ich, die Ereignisse unvoreingenommen verfolgt hat, wunderte sich damals über die unversöhnliche Sprache und Haltung seitens des Westens, zumal die Nato im Grunde das Gleiche im Kosovo vorgemacht hatte. Inzwischen hat die Dämonisierung Putins in den meisten Köpfen der führenden westlichen Politiker und Medienvertreter ein Ausmaß erreicht, das jede rationale Beurteilung russischer Interessen einerseits und militärischer Bedrohung für den Westen andererseits verhindert.  Leider verdrängt sie auch in unfassbarer Weise das Risikobewusstsein für ein atomares Armageddon.

Besten Gruß
L. Salomons


3. Leserbrief

Sehr geehrte Nachdenkseiten,

für das Engagement von Herrn Müller kann ich nur meinen tiefsten Respekt äußern. Es ist einfach bewundernswert, wie er unermüdlich für das Selberdenken eintritt!

Ich finde es wichtig, daß hier zumindest der Versuch einer realistischen Darstellung der Vergangenheit gemacht wird, im Gegensatz zu der frechen orwell’schen Geschichtsklitterung der Hauptstromrichtung Gegenwart. Bei den Grenzübertritten in die DDR in Helmstedt oder Hirschberg in den Achtzigern wurde ich besser behandelt als in Kiefersfelden bei der Ausreise nach Österreich. Die Realität in der bösen DDR war halt doch anders als propagandistisch indoktriniert.

Was ich mich frage ist, ob es in einer echten Demokratie so eine verhängnisvolle Entwicklung wie die gegenwärtige überhaupt geben könnte. Eher nein, denn wir sehen hier die Auswüchse von Macht- und Geldgier.

Freundliche und hoffnungsvolle, aber nicht optimistische, Grüße, Wolfgang Blendinger


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

an Ihrem Vortrag ist selbstverständlich alles richtig, aber reicht es zur Erklärung der neuen Begeisterung für den Krieg gegen Russland, die Aufrüstung und einen gesellschaftlichen Militarismus wirklich aus, auf transatlantische Machenschaften zu verweisen?

An welche Quellen, die offenbar im Untergrund der Bundesrepublik immer schon vorhanden waren, knüpft das alles an? Bis vor kurzem hatten wir nur um den Keynesianismus der 70er Jahre getrauert, neuerdings trauern wir um 70 Jahre Bundesrepublik und das zerlöcherte Grundgesetz. Hat die Demokratie tatsächlich Mentalitäten geändert?

Ist es nicht Zeit, sich grundsätzlicheren Fragen zu den Motiven deutscher Geschichte (und des Kapitalismus) zu stellen, die über das – wie es aussieht – demokratische Interregnum hinausreichen?

Wenn wir es hier – so meine These – mit alten Phänomenen zu tun haben, die im Hintergrund als Bodensatz offenbar weitgehend unbeschadet überlebt haben, ist das einzig neue in dieser Situation die Existenz der neuen Medien und einer funktionierenden Gegenöffentlichkeit – soweit diese reicht. Dass Regierungen und die politische Klasse sich solchermaßen mit potentiell wirkkräftiger rationaler Opposition konfrontiert sehen, ist weltgeschichtlich die eigentliche Neuerung. Wir sehen schon, dass es darauf hinausläuft, diese Opposition mit technischen Mitteln zum Schweigen zu bringen – in der militaristisch formierten Gesellschaft ist Opposition, die diesen Namen verdient, de facto verboten. Der Feind hört mit – Delegitimierung der Regierung durch Kritik ist potentieller Hochverrat.

So verdienstvoll der Kampf um Aufklärung und gegen Manipulation auch ist – der Mensch und die Gesellschaft funktionieren offenbar nicht nach rationalen Prinzipien. Menschliche Geschichte ist eine tragische Veranstaltung – ehemalige DDR-Bürger wissen das vielleicht besser, als wir gelernten Wohlstandswessis.

Neulich bei einem Filmabend zu Leipzigs ‘89 habe ich die These gewagt, dass aktuell der Westen seine Wende erlebt – leider ganz ohne Montagsdemos.

LG, EJ


5. Leserbrief

Liebe Redaktion der Nachdenkseiten,

was wird da gerade für ein mieses, böses Spiel getrieben?

Arbeiten die USA an “Selffulfilling Prophecies”?

Und Pistorius, der Steigbügelhalter, will auch mal mit den großen Jungs spielen?

Soll Russland so lange in die Enge getrieben werden, bis er gar nicht mehr anders kann, als zu reagieren, damit die USA, die NATO und der Kriegsminister in Deutschland sagen können: “Seht ihr, wir haben doch alle recht gehabt, wir haben ja immer gesagt, dass Russland Europa / Deutschland angreift und wir uns deshalb darauf vorbereiten müssen!”

Die Rüstungsindustrie boomt, und egal wo, wenn erst einmal alles zerstört ist, kann man ein zweites Mal am Wiederaufbau verdienen.

Das Allerschlimmste ist jedoch, dass es immer noch viel zu viele Leute gibt, die das nicht checken, davon nichts wissen wollen und so tun, als sei die Welt in Ordnung.

Tatsachen werden nicht besser, wenn man sie ignoriert.

Noch einmal: Bis Januar 2022 hatten wir ein gutes Auskommen mit Russland. Kein Mensch hat davon gesprochen, dass Russland uns feindselig gesinnt ist. Dann kam die Ukraine, der Konflikt wird seit dem auf einem eingegrenzten Bereich in der Ukraine ausgetragen, und plötzlich meint man Rückschlüsse ziehen zu können, dass Europa und Deutschland als nächstes dran ist, ohne jedes Anzeichen von russischer Seite aus.

In der Psychologie nennt man so etwas wohl Verfolgungswahn.

Deutschland ist wie ein blondes Wesen, dass vor sich eine Bananenschale auf dem Gehweg liegen sieht und sagt: “Sch…, gleich fall ich wieder!”

Es ist eigentlich auch nicht mehr mit Humor zu ertragen, aber ich versuche es wenigstens.

Viele Grüße
G.L.


6. Leserbrief

Hallo,

was Eugen Drewermann zu Waffen und Soldaten sagt, betrifft die Handfeuerwaffe, den Panzer und Raketen gleichermaßen: Der Mensch hinter der Waffe wird gedrillt und umfunktioniert zu einem seelenlosen Menschen. Vielleicht ist genau das mit den Politikern in Deutschland passiert, vor dem 24.02.2022 oder danach. Unsere Kinder sollen nun an den Schulen „umfunktioniert“ werden, die Zensur in der EU und Deutschland kümmert sich um die Presse, die Presse dreht die Erwachsenen um, „das Internet“ kümmert sich um Dirk Pohlmann, Wolfgang Effenberger und Daniele Ganser, eine Kette des Wahnsinns.

Die Arroganz, mit der Herr Habeck Herrn Warweg angeschaut und gefragt hat „Sie sind vor Russia today?“ zeigt, wie weit die Abscheu vor der Wahrheit fortgeschritten ist. Herr Habeck sollte wenigstens vor Herrn Müller so viel Respekt haben, um wenigstens halbwegs intelligente Antworten zu formulieren, da trifft der o.g. Artikel auch wieder ins Schwarze, wäre Herr Habeck und der Club der Wahrheitsleugner in der Lage, irgendetwas Rationales zu erkennen, wäre dieser Text nicht nötig.

mit freundlichem Gruß
Markus Westbomke


7. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

in sehr vielen Punkte teile ich ihre Einschätzung im Artikel “Von „Nie wieder Krieg“ zur „Kriegstüchtigkeit“ – Wie bleiben wir selbstständig denkende Menschen?”

Leider beantwortet er eine Frage nicht, wie umgehen mit einem Europäischen Nachbarn, der einen Krieg führt, um seine Interessen durchzusetzen, egal ob dieser als Angriffskrieg oder Krieg bezeichnet wird? Dieser Krieg ist mit sehr viel Elend und Zerstörung verbunden. Dies einfach hinnehmen? Ich habe keine Antwort darauf.

Ich hoffe aber auch sehr stark, dass sich Berechenbarkeit, Respekt und ein Wille zum Frieden wieder durchsetzen werden in Europa.

Freundliche Grüße
Frank Strauch


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