ZDF-Reportage zur Bundeswehr: Wer diese 28 Minuten angeschaut hat, sollte zum Schluss kommen: Lasst das mit der wahnsinnigen Aufrüstung!

ZDF-Reportage zur Bundeswehr: Wer diese 28 Minuten angeschaut hat, sollte zum Schluss kommen: Lasst das mit der wahnsinnigen Aufrüstung!

ZDF-Reportage zur Bundeswehr: Wer diese 28 Minuten angeschaut hat, sollte zum Schluss kommen: Lasst das mit der wahnsinnigen Aufrüstung!

Ein Artikel von Frank Blenz

Die Macher der ZDF-Reportage „Stresstest Verteidigung – wie abwehrbereit ist die Bundeswehr?“ lieferten in wahnwitzigen Aufrüstungszeiten aller Lebensbereiche eine interessante Produktion. Die Sendung muss aufmerksame, kritische und vielleicht auch dem Aufrüsten wohlwollend gesinnte Zuschauer zum Schluss kommen lassen, dass das Rüsten, Planen von Krieg, Stationieren von deutschen Soldaten im Osten alles andere als friedvoll, verteidigungsbereit und sinnvoll ist. Von wegen Schlachtfeld. Für mich gab es einen Funken Hoffnung, verbreitet vom ÖRR: Ein kleiner Satz zum Finale tauchte so entwaffnend auf, auf dass jede Argumentation für die gegenwärtige Militarisierung ad absurdum geführt ist. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Deutsche Brigade – Kanonenfutter im Angriffsfall

Bundeskanzler Friedrich Merz war dieser Tage extra nach Vilnius (Litauen) zum Aufstellungsappell der neuen, ständigen (!) Bundeswehr-Panzerbrigade direkt an der „Ostflanke“ gereist. Markige Sprüche hatte Merz ebenfalls in petto, wie zum Beispiel diesen:

Der Schutz von Vilnius ist der Schutz von Berlin.“

Und schon sind wir beim Thema Verteidigungsbereitschaft und bei der Fähigkeit, den Russen aufzuhalten, also noch bevor der seine Landesgrenze überschreitet. Und wenn nicht so, dann wenigstens ein paar Stunden aufhalten, bis Verstärkung kommt, lautet die Devise. Davon ist in der ZDF-Reportage „Stresstest Verteidigung – wie abwehrbereit ist die Bundeswehr?“ erschreckenderweise die Rede. Die Zuschauer erfahren Näheres zu dieser von Merz gelobten und ersehnten Brigade, und irgendwie wird gleichzeitig deutlich, dass das ganze Unternehmen Ostflanke letztlich ein einziger Irrsinn ist. Das Bild eines möglichen Krieges wird unverblümt dargestellt und die Aussicht auf Zerstörung, auf Tod, welcher durch die Planer und Strategen strategisch ganz nüchtern gesehen in Kauf genommen wird.

Ich erfahre den Grund, warum Deutschland Vilnius verteidigen will, wie der Kanzler sagt: Die „Deutsche Brigade“ sei dazu da, als vorderste Linie der Verteidigung einen russischen Angriff zu verzögern. Ein Experte der Sparte Kriegsführung, Frank-Stefan Gady vom International Institute for Strategic Studies in London, spricht davon, dass in dieser heftigen Anfangsphase auch die größten Verluste (an Menschenleben auf Seiten Deutschlands und der Verbündeten) zu erwarten seien, weil die Russen zum Auftakt mit der größten Feuerkraft agieren würden. Von Zehntausenden Opfern spricht Gady, auch von zivilen. Wie er findet, wäre das ja selbstverständlich. Wen es beim Militär treffen würde, definiert Gady so:

Das wird disproportional die Kampftruppen treffen, Jägereinheiten, Panzergrenadiere, Kampfpanzerverbände, Kampfflugzeuge …“
(Quelle: ZDF, ab Minute 26:50)

Wie in fast allen Kriegen wird es vor allem auf die Bodentruppen ankommen – auf die, die dem Gegner am nächsten sind“

„Wie in fast allen Kriegen wird es vor allem auf die Bodentruppen ankommen – auf die, die dem Gegner am nächsten sind“, sagt der Sprecher in der Reportage. Und ein weiterer Fachmann kommt zu Wort, Ulrich Kühn vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg. Der weiß, was den Krieg ausmachen werde: „Masse wird zählen.“ Friedensforscher Kühn kommt überaus mahnend zu Wort:

Masse, Masse wird zählen, das ist ganz klar. Also wenn man relativ früh ausschließt, dass man das Ganze irgendwie nuklear ausfechten möchte, dann wird Masse zählen.
Und das ist, das ist ein Problem, weil das ist eine Art von Krieg, die wir in Europa nicht mehr führen können und auch eigentlich gar nicht mehr führen wollen, das ist auch für uns politisch nicht mehr vertretbar.
(ebd., ab 27:30 min.)

Die NATO-Osterweiterung ist für Russland bedrohlich

Fast beiläufig erfährt der Zuschauer, dass neben der Stationierung der Bundeswehr in Litauen andere NATO-Partner schon schneller da waren: In Estland seien die USA, die Briten, Franzosen vor Ort, in Polen könnte eine große Sache passieren, käme es zu einem Angriff. Der Sprecher der Reportage untermalt mit sonorer Stimme die optisch beeindruckenden Bilder der Waffen, der Manöver, der Kampfjets und Drohnen, dabei Sätze sprechend wie:

Die Bundeswehr steht vor einer großen Herausforderung.
Neue Waffen, neue Systeme müssen angeschafft werden.
Der Krieg der Zukunft wird völlig neuartig sein,
mit Robotern, Drohnen und KI.

Der Sinnlosigkeit dieser Investitionen, dieses beschriebenen Ansinnens, die nächsten Jahre die Bundeswehr zu einem hypermodernen Monstrum der Verteidigung (?) auswachsen zu lassen, stellt der Sprecher diese Worte gegenüber:

Und gleichzeitig so wie immer,
mit menschlichem Leid an der Front,
mit Schützengräben, Verwundungen und Gefallenen.

Die finale Aussage der Hoffnung

Nach einer knappen halben Stunde kommt es zu einer finalen Aussage der Hoffnung und einer Art Augenöffner:

Nur in Kriegswaffen zu investieren, reicht nicht aus.
Es muss alles unternommen werden, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen:
Verteidigung beginnt auch mit Diplomatie.

Dass dem Gesagten noch ein Schlusssatz angefügt wird, empfinde ich wie ein Zugeständnis an die, die nicht von Aufrüstung und von Armeen lassen wollen:

Abwehrbereite Armeen bleiben dennoch unverzichtbar.

Ob eine deutsche Armee dafür weit vom eigenen Territorium stationiert werden muss?

Titelbild: Screenshot ZDF

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