Der Initiator der „Querdenken“-Bewegung, Michael Ballweg, wurde jetzt von einem Gericht vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen und gleichzeitig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Der Prozess stand von Beginn an unter dem Verdacht, auch politisch motiviert zu sein: Es sollte offensichtlich ein Exempel statuiert werden, auch durch die lange Untersuchungshaft. Der Prozess macht deutlich, dass auch das Verhalten von Teilen der Justiz während der zerstörerischen Corona-Politik aufgearbeitet werden muss. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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Michael Ballweg war Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen worden, wie Medien berichten. Das Landgericht Stuttgart sprach ihn nun vom Vorwurf des Betrugs frei und sprach ihn zugleich laut Berliner Zeitung wegen Steuerhinterziehung schuldig – die betreffenden Vorgänge der Hinterziehung müssen meiner Meinung nach als Bagatellfälle eingeordnet werden, dazu folgt weiter unten mehr.
Laut den Medienberichten hat die Strafkammer des Landgerichts Stuttgart Ballweg vom Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges in 9.450 Fällen freigesprochen. Auch dass Ballweg seine eigenen Querdenken-Anhänger planmäßig betrogen und 576.000 Euro in die eigene Tasche gesteckt haben soll, verneinte demnach das Gericht. Außerdem sei er vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in seinem privaten Steuerfall freigesprochen worden. Schuldig sprach ihn das Gericht nur in zwei Fällen einer vollendeten Steuerhinterziehung, was seine IT-Firma betraf, sowie in drei Fällen einer versuchten Steuerhinterziehung, ebenfalls bei seiner IT-Firma. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Seit Herbst vergangenen Jahres musste Ballweg sich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, über öffentliche Spendenaufrufe erhebliche Summen für „Querdenken“ eingeworben und dabei die Unterstützer über die tatsächliche Verwendung der Gelder in die Irre geführt zu haben. Mehr als eine halbe Million Euro habe er laut Staatsanwaltschaft für private Zwecke verwendet, so Medienberichte.
Ballweg hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine dreijährige Freiheitsstrafe sowie die Einziehung von über einer halben Million Euro gefordert. Während der Ermittlungen saß Ballweg ab Juni 2022 sogar mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Justiz hatte dieses harte Vorgehen mit Fluchtgefahr begründet. Im April 2023 war Ballweg auf freien Fuß gekommen. Die NachDenkSeiten hatten über den Prozess etwa im Artikel „Der Fall Ballweg und die skandalöse ‘Corona-Justiz’” berichtet.
Ein „Gespensterprozess“
In diesem aktuellen Video erläutert ein Gerichtssprecher die zwei Fälle der „vollendeten Steuerhinterziehung“, für die Ballweg nun verurteilt wurde – Streitwert: insgesamt nicht einmal 20 Euro. Dazu kommen die Fälle der versuchten Hinterziehung, die sich laut Gericht auf „etwas mehr als 2000 Euro“ belaufen.
In diesem Video sieht man die Szenen, in denen der gebührenfinanzierte TV-Clown Jan Böhmermann 2020 gegen Ballweg Stimmung gemacht hatte.
Manche Medien betonen nun in ihrer aktuellen Berichterstattung eher die Verurteilungen als die Freisprüche bezüglich Ballweg. Die Berliner Zeitung hatte zum Verhalten vieler Journalisten bezüglich des Ballweg-Prozesses im März geschrieben:
„Wer diesen Gespensterprozess verfolgte, musste nicht überrascht über diese Wendung und diese Zuspitzung sein. Überrascht waren diejenigen, die zur Eröffnung der Hauptverhandlung noch zahlreich mit Kameras und Laptops erschienen waren, sich dann aber bald wieder von der Veranstaltung verabschiedeten. Die etablierte Presse floh regelrecht, als sie erkannte, dass der Prozess nicht zum Schlachtfest gegen die verdammten Corona-Kritiker und einen ihrer Anführer taugt. Jetzt waren sie wieder für einen Tag da, aber ihre alten Fragen gehen ins Leere.“
Die Kritik an dem höchst fragwürdigen Verlauf das Falls Ballweg bedeutet selbstverständlich keine kritiklose Übernahme des politischen Programms der Querdenker, von dem ich mich nicht vertreten fühle. Aber dem Verfahren gegen Ballweg haftete von Beginn der Verdacht an, politisch motiviert zu sein, wie es auf den NachDenkSeiten in diesem Artikel heißt:
„Das Strafverfahren gegen Ballweg hat auch eine ‚offiziell’ politische Dimension: So war der Fall laut Berliner Zeitung ‚spätestens ab 2022 ein politischer Berichtsfall gegenüber der Landesregierung von Winfried Kretschmann‘. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart musste demnach dem zuständigen Justizministerium von Ministerin Marion Gentges (CDU) ‚fortlaufend‘ über das Ermittlungsverfahren im Fall Ballweg berichten. Das gehe aus einer Antwort des Ministeriums der Justiz und für Migration auf die Kleine Anfrage eines Landtagsabgeordneten der AfD hervor.“
Corona und Justiz: Die unterlassene Hilfeleistung
Auf die teils sehr fragwürdige Rechtsprechung während der Corona-Zeit sind wir unter anderem in den Artikeln „Verfassungsgericht: Rückenwind für autoritäre Politik“ oder „Corona und Justiz: Die unterlassene Hilfeleistung“ oder „Corona: Haft für Atteste – Preise für Hetze“ eingegangen.
Es ist gut, dass der Ballweg-Prozess, der in meinen Augen teilweise wie eine politisierte Justiz-Farce erschien, nun mit einem (Teil-)Freispruch endlich zu Ende ist. Der Prozess macht aber auch nochmals deutlich, wie wichtig eine kritische Aufarbeitung der Corona-Politik und auch des Verhaltens weiter Teile der deutschen Justiz ist, die diese zerstörerische Politik überwiegend verteidigt haben.
Titelbild: Screenshot/Querdenken-711
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