Leserbriefe zu „Gipfeltreffen in Alaska – die normative Kraft geopolitischer Realitäten“

Ein Artikel von:


Jens Berger thematisiert hier das Treffen der Präsidenten der USA und Russlands. Das allein sei bereits eine gute Nachricht. In den westeuropäischen Hauptstädten und den Leitartikeln deutscher Medien überwiege jedoch eine „Mischung aus Ablehnung und beleidigter Leberwurst“. Man fühle sich übergangen, weigere „sich jedoch gleichzeitig immer noch standhaft, konstruktive Alternativen vorzulegen oder die geopolitischen Realitäten anzuerkennen“. Wir haben dazu interessante E-Mails erhalten und bedanken uns dafür. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe, für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

EU-Chefs und Leitartikler sträuben sich: Was auch immer die Motive ganz oben auf der Strippenzieher-Ebene sind — auf den Ebenen darunter spielt sicher auch eine Rolle, dass man keinesfalls bereit ist, den verteufelten anderen, den Putinverstehern, Trump-Freunden, den Corona-Schwurblern, Klimaleugnern usw. durch ein Umschwenken auf Realpolitik Recht zu geben. Wo kämen wir hin? Sie haben sich zu tief in ihrer eigenen Propaganda-Sackgasse verfangen.

Mit freundlichem Gruß
Bernhard Meyer


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

danke für den überaus lesenswerten Artikel. Nur blieb etwas unklar, was mit “Europa” gemeint ist: In den Beispielen (keine) “Alternativvorschläge seitens der Europäer” /  “die Europäer schlicht beleidigt” /  “die europäischen Staaten” usw. ist anzunehmen, dass Sie nicht Europa meinen, was je nach Sicht ziemlich weit nach Osten reicht und in dem der europäische Teil Russland gar das größte Land Europas ist, sondern vielmehr die EU oder die Staatschefs der “Koalition der Willigen” als da z.B. wären Starmer oder Merz?  Im Beispiel “Selbstbildnis der Europäer – immerhin einst Kolonialmächte und die Herren der Welt” sollten konkret die einstigen Kolonialmächte wie z.B. GB, F, NL, Dänemark, etc. gemeint sein.

Im Satz “künftige Konflikte oder gar Kriege in Europa verhindern” ist dann vermutlich doch der Subkontinent Europa inkl. Russland gemeint?

Kleinkram? Vielleicht, aber was auch immer, meist irgendwas mit “westlichen Werten” Suggeriertes und meist nur die “Koalition der Willigen” gemeint, fälschlich “Europa” zu nennen, entspricht dem Wording vieler Medien wie z.B. Tagesschau.

Mit freundlichen Grüßen,
Gudrun Matthies


3. Leserbrief

Hallo NDS, sehr geehrter Herr Berger,

Sie fragen: “Warum hat man eigentlich in Berlin, Paris und London so eine große Angst davor, dass Russland und die USA den Frieden in der Ukraine beschließen könnten?”

Ein Teil der Antwort könnte sein, daß die wahnsinnigen Besserwisser (Pistolius, Strakula-Zimmermann, das Lenchen,…) jetzt neben all jenen ganz schön dumm (und verantwortungslos, verschwenderisch, zynisch, verlogen) aussehen, die schon vor drei Jahren trotz aller Propaganda sicher waren, daß der Ukraine-Krieg nicht dann vorbei sein wird, wenn sie gewonnen hat, sondern dann, wenn die USA das so möchten.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bichler


4. Leserbrief

Lieber Herr Ensel, lieber Herr Berger!

Sie sprechen mir aus der Seele mit Ihren Beiträgen auf den Nachdenkseiten heute.

Ganz, ganz herzlichen Dank für Ihre Arbeit!

Sie beide geben einem als Leser Zuversicht und Ermutigung – Danke!

Hans Jürgen Pietrzak


5. Leserbrief

Jens Bergers Vergleich des Gipfeltreffens in Tilsit 1807 mit dem bevorstehenden Gipfel 2025 in Alaska hat vieles für sich. 1807 mussten Preußen und das Sauerland tatsächlich draußen bleiben. Nur wenn Jens Berger meint, “Das war 1807 in Tilsit so. (…) und auch 1919 bei der Friedenskonferenz im Schloss von Versailles war es nicht anders”, dann ist das nicht ganz richtig. Denn es “war 1815 beim Wiener Kongress” eben nicht so. Dort saß der Besiegte in Gestalt Talleyrands mit am Tisch. Das Resultat: im Unterschied zu Tilsit und Versaille trug der Wiener Gipfelvertrag nicht schon den nächsten großen Krieg in sich. Talleyrands Diplomatengenie, seltsamerweise wird er bis heute vorab als „Opportunist” gelistet, erreichte viel für sein und Land und in Europa gab es – die drei Einigungkriege Bismarks ausgenommen – für lange Zeit keinen Krieg der Großmächte.

Stefan Siegert

Anmerkung Jens Berger: Lieber Herr Siegert,

Sie haben da streng genommen natürlich recht. Der Hinweis auf den Wiener Kongress war in diesem Kontext eher anekdotisch gemeint als historisch korrekt. Ich hätte wohl weiter ausholen müssen, was den Artikel aber (in einem nicht so maßgeblichen Punkt) gestreckt hätte. Historisch ist der Wiener Kongress in der Tat sehr interessant. Im konkreten Kontext und Vergleich mit den Ukraine-Verhandlungen wollte ich darauf hinaus, dass auch beim Wiener Kongress zunächst die Großmächte unter sich die Rahmenbedingungen der territorialen Neuordnung „ausbaldowert“ haben und danach die betroffenen Mittelmächte im Rahmen der zuvor festgelegten Leitplanken mitsprechen durften. Nehmen wir beispielsweise die Schweiz als Beispiel, die ja einige Gebiete abtreten musste und andere Gebiete zugesprochen bekam. Da die Verhandlungen komplex waren, hat man sie – wenn ich mich recht erinnere, auf Anregung Preußens – einfach ausgegliedert und ihre Themen nachrangig im Rahmen der Ergebnisse der Großmächte verhandelt. Schweizer Gesandte hatten so z.B. kein Mitspracherecht bei der „Polenfrage“. Oder, um im „Sound“ meines Artikels zu bleiben: Die (neuen) geopolitischen Realitäten spiegelten das Mitspracherecht wider.

Ihre Anmerkung bzgl. Talleyrand ist vollkommen korrekt. Man muss dabei aber auch bedenken, dass er sich zuvor mit Napoleon überworfen und Positionen vertreten hatte, die den übrigen Großmächten gut ins Konzept passten. Nach Tilsit war er übrigens politisch stillgestellt und spielte bis zum Wiener Kongress in der Politik Frankreichs keine direkte Rolle.

Dennoch war natürlich das „Metternische System“ geradezu ein Vorbild für die heutige Zeit, da man – anders als z.B. in Versailles – großen Wert auf einen Ausgleich gelegt hatte und wusste, dass eine stabile Sicherheitsarchitektur nur möglich ist, wenn es einen Interessenausgleich zwischen Siegern und Besiegten gibt.

Beste Grüße
Jens Berger


6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Sie schreiben “Und auch heute werden die geopolitischen Realitäten wahrscheinlich dafür sorgen, dass sowohl die europäischen NATO-Staaten als auch die Ukraine die zwischen den Großmächten ausgehandelte Übereinkunft nachrangig abnicken.” Also wenn es um die russische Annektion von ukrainischem Gebiet geht, dann haben Sie keine Probleme mit geopolitischen Realitäten. Wenn allerdings die USA ihren Einflußbereich mittels CIA und Co. ausweiten, dann haben Sie damit sehr wohl ein Problem. Sie zeigen hier gerade das, was Sie dem Westen immer wieder vorwerfen: Doppelmoral. Russland geht es auch nicht um die Erweiterung der Nato gen Osten, es geht schlicht darum, die Ukraine zu einem Vasallenstaat zu machen, genauso wie Weißrussland, um die Gebiete im Osten und ganz besonders um die Krim. Wann hat Russland denn bisher ernsthaft verhandelt? Immer wenn verhandelt wurde, wurde die Ukraine umso heftiger angegriffen. Putin spielt auf Zeit, er weiß, dass er die größeren Ressourcen für den Krieg hat und er ist bereit sie zu opfern. Am Ende wird er versuchen, aus der Position der Stärke heraus den Frieden nach seinen Vorstellungen zu diktieren.

Was heißt es denn, geopolitische Realitäten anzuerkennen? Dann wird Gaza eben geräumt, die Siedlungen der Israelis anerkannt? Spielt in Ihren Überlegungen denn das Völkerrecht gar keine Rolle mehr, sondern nur noch das Recht des Stärkeren? Traurig…

Freundliche Grüße
Martin Boremann


7. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

in diesem Fall ist D und EU auf der Seite der militärischen und wirtschaftlichen Verlierer.
Auch in den USA sieht es düster seit der Systemkrise 2008 aus.
Präsident Obama war der erste Präsident seit der großen Weltwirtschaftskrise, der nie ein 3 % BIP Wachstum erreicht.
Die Nachfolger schafften das nur einmal nach Corona und sonst auch nie.
Von 1945 bis 1990 war das durchschnittliche BIP wachstum 3,3 % !
In der EU und besonders in D sieht es noch viel trüber aus !
Mir stellen sich aber 2 Fragen.

Was sollen europäische Politiker bei dem Treffen ?

Die haben in 3 Jahren noch nicht einmal das Wort Frieden und Verhandlungen in den Mund genommen.
Sie haben 3 Jahre lang nur die Position des “tributpflichtigen Vasallen” ( Professor Zbigniew Brzezinski in “Die einzige Weltmacht” auf Seite 41 ) Übernommen.
Die EU Politiker sind bei den Verhandlungen überflüssig wie ein Kropf.

Was ist das Ziel von Donald Trump und seinen Sponsoren aus der Wirtschaft ?

Das Handelsvolumen zwischen EU und Russland lag vor dem Embargo bei 320 Milliarden Euro, tendenz stark steigend.
Ein Teil davon hat China übernommen.
Sieht Trump die Chance auch einen Teil des Handelsvolumens zu übernehmen ?
D und die EU sieht dabei den Mittelfinger.

Donald Trump könnte beim Wirtschaftlichen Wettlauf mit China zumindest beim absoluten BIP Volumen, einige Jahre die Nase vorne behalten.
Beim preisbereinigten BIP hat die USA das Rennen schon verloren.
Deutschland wurde bereits auf Platz 6 durchgereicht.
Zur Erinnerung, auf der Homepage von BlackRock las ich.

Produktsanteil in der Welt Prognose 2050

  • China 21 %
  • Indien 14 %
  • USA 12 %
  • EU 9 %
  • Russland 5 %

Grüße
Dieter Gabriel


Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten

Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff.

Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen:

Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“.

Rubriken:

Leserbriefe

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!