Das politische Großvorhaben Kriegstüchtigkeit schreitet weiter voran: Nun sollen Munitionslager gebaut werden – und zwar auch gegen den Willen der Kommunen. „Lehnen Gemeinden ein solches Bauprojekt ab, soll sich das Verteidigungsministerium mit den Ländern künftig darüber hinwegsetzen können“, heißt es in einem Welt-Artikel. Mit anderen Worten: Von ganz oben lenkt die Politik die Gefahren bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Denn: Im Kriegsfall werden Munitionslager schnell zur Zielscheibe – und dann kann es auch die Bürger treffen. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.
Das Unternehmen Kriegstüchtigkeit rückt immer näher. Vieles von dem, was bisher verkündet wurde, wirkt eher abstrakt. Aufwuchs bei der Bundeswehr erreichen, Aufrüsten, verteidigungs- und kampfbereit werden: Das sind Worte und Formulierungen, die erst einmal weit weg von der konkreten Lebenswelt der Bürger sind. Doch die Vogel-Strauß-Taktik hilft nicht weiter. Jetzt ist die Rede davon, dass in Deutschland mehr Munitionslager entstehen sollen. Und diese Lager werden nicht ins Nirgendwo gebaut, sondern in die Kommunen im Land. Spätestens jetzt sollte jedem klar werden: Den eigenen kleinen, beschaulichen Rückzugsraum wird es im Falle eines Falles nicht mehr geben. Ein Munitionslager in seiner Kommune zu haben, heißt im schlimmsten Fall, zur Zielscheibe zu werden. Tod, Zerstörung, Vernichtung. Die Zeitung Welt berichtet gerade über den Plan, Munitionslager zu bauen.
„Lehnen Gemeinden ein solches Bauprojekt ab, soll sich das Verteidigungsministerium mit den Ländern künftig darüber hinwegsetzen können“, so das Blatt.
Hintergrund: Die „Versorgungssicherheit“ soll erhöht werden, denn: Im Kriegsfall braucht es schließlich Munition. Und Munition ist knapp, wie die Welt schreibt. Um an die gewünschten Kapazitäten zu gelangen, werden nun hinter den Kulissen die Weichen gestellt. „Um dieses Ziel zu erreichen, sind bauplanungsrechtliche Hürden für die Ansiedlung von Produktionsstätten im Außenbereich zu beseitigen“, heißt es in einem Änderungsantrag, der am Mittwoch dem Bauausschuss im Bundestag vorgelegt wurde. Die Munitionslager dürfen zwar weiterhin nicht in Ortschaften gebaut werden, aber was heißt das schon? Die Anwohner bleiben nicht immer in ihrem Ort. Sie gehen spazieren oder sind vielleicht mit dem Fahrrad oder dem Auto in der Nähe eines Munitionslagers unterwegs.
Zwar haben Kommunen, in denen ein Munitionslager entstehen soll, drei Monate Zeit, um Widerspruch einzulegen, aber was bedeutet schon ein Widerspruch, wenn am Ende das Verteidigungsministerium über den Willen der Kommune hinweg entscheidet?
Vonseiten des baupolitischen Sprechers der Union, Jan-Marco Luczak (CDU), heißt es: „Diese Änderungen waren wichtig, um unsere Resilienz und unsere Verteidigungsbereitschaft sicherzustellen. Darauf müssen wir alles ausrichten.“
Deutlich wird an den Aussagen Luczaks, wie in den Köpfen vieler politischer Entscheidungsträger die Grunderzählung von der Notwendigkeit, aufzurüsten, längst festgesetzt ist. Und so kommt eins zum anderen. Die Politik der Kriegstüchtigkeit rückt immer weiter und tiefer auch auf der lokalen Ebene vor. Gerade war die Rede davon, dass aufgrund der Drohnensichtungen der „Spannungsfall“ ausgerufen werden sollte. Bereits dann hätte der Staat weitreichende Befugnisse und Eingriffsmöglichkeiten – auch in die Grundrechte. Jetzt hören wir, dass sich der Wille der Kommunen beim Bau von Munitionslagern dem Verteidigungsministerium unterzuordnen hat. Die Gefahr wird deutlich: Die Politik der Kriegstüchtigkeit geht einher mit einer Erosion im demokratischen Gefüge.
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