Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

  1. Neuauflage von „Du bist Deutschland“
    Die neue Kampagne soll diesmal nicht die nationale Laune heben, sondern die Deutschen für Kinder begeistern. Bei der geplanten Neuauflage der Imagekampagne “Du bist Deutschland” möchte Bertelsmann, Ideengeber der Kampagne, nicht mehr allein für die Organisationskosten aufkommen. Zwar hatten die 25 Medienpartner der Gütersloher beim letzten Mal Raum für TV-Spots und Anzeigen im Wert von rund 34 Millionen Euro unentgeltlich bereitgestellt. Doch die Anlaufkosten, etwa für die Produktion, von circa zwei Millionen Euro zahlte der Konzern allein.
    Quelle: Sat + Kabel

    Anmerkung: Nun also der Ruf vom Sonnendeck in den Maschinenraum: Macht mehr Kinder!

  2. Michael Dauderstädt: Aufschwung 2007: Die Verantwortung der Lohnpolitik
    Zehn Jahre ging der Produktivitätsfortschritt in Deutschland an den Arbeitnehmern weitgehend vorbei. Die Gewinne stiegen, aber das Wachstum blieb lange schwach und nur im Export stark. Nun ist der Aufschwung da. Um stabil zu sein, benötigt er eine deutlich festere Binnennachfrage, die vor allem von der Lohnpolitik abhängt.
    Quelle: WISO direkt FES [PDF – 192 KB]

    Anmerkung: In diesem lesenswerten Beitrag findet sich unter der Überschrift „Zurück auf den Hochlohnwachstumspfad“ leider auch Widersprüchliches:
    „Andererseits könnte, wenn eine ertragsabhängige Lohnsenkung im Abschwung Arbeitsplätze wirklich sichern würde, die gesamtwirtschaftliche Lohnsumme gleich hoch ausfallen wie bei gleich bleibenden Löhnen und Arbeitsplatzverlusten.
    Die Gewerkschaften waren de facto in Deutschland oft bereit, dieser zweiten Logik zu
    folgen und Reallohneinbußen für Arbeitsplatzgarantien einzutauschen. Letztlich dürfte die Lohnelastizität der Arbeitsnachfrage aber nicht hoch genug sein, damit dieses Kalkül aufgeht.“
    Eine Seite zuvor kam der Autor zu einem ganz anderen Fazit:
    “Modellrechnungen, die behaupten nachzuweisen, Lohnzurückhaltung schaffe Beschäftigung, benötigen dazu unrealistische Annahmen wie etwa ein trotz sinkender Löhne konstantes BIP bzw. konstante Nachfrage bzw. ein neoklassisches Grundmodell, in dessen Prämissen Kreislaufzusammenhänge ausgeblendet werden.”

  3. Wirtschafts-„Weiser“ Franz: „Womöglich muss man die Löhne unter drei Euro senken, damit mehr Stellen entstehen.“
    Franz: „Man muss nur die Verantwortlichkeiten auseinanderhalten. Der Staat garantiert jedem Bürger das Existenzminimum. Die Aufgabe der Unternehmer ist das nicht. Geringqualifizierte schaffen häufig nur einen Mehrwert von drei oder vier Euro in der Stunde. Damit sie genug zum Leben haben, stockt der Staat ihren Lohn auf. Womöglich muss man die Löhne in diesem Bereich noch einmal senken, damit mehr Stellen entstehen.“
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung: Nein, die Unternehmer haben natürlich keine Verantwortung dafür, ihren Arbeitnehmern das Existenzminimum zu sichern, für sie sind diese ja nur Kostenfaktoren! Ein solches Denken fällt noch hinter das frühkapitalistische Weltbild der Krupps oder Thyssens zurück. Löhne senken, damit mehr Stellen entstehen, das ist das mechanistische Weltbild dieses „Wirtschaftsweisen“, dessen Standardwerk zur Arbeitsökonomie zur Pflichtlektüre und zum Prüfungsstoff der heute studierenden Ökonomen gehört.
    Null-Euro Lohn und dann noch den Kündigungsschutz abschaffen, damit wäre wohl für Franz der ideale Zustand des Gleichgewichts der Angebots-Nachfragekurve auf dem Arbeitsmarkt erreicht, die Gesetzmäßigkeit einer entmenschten „Ökonomie“ wäre erfüllt, die Gleichung ginge auf. Die Menschen stellen ihre Arbeitskraft dem Arbeitgeber bis zur Markträumung der Arbeitslosen umsonst zur Verfügung und das zwangsweise, denn sonst kürzt man ihnen das Existenzminimum des Alg II einfach um 30%, d.h. sie leben unterhalb ihrer Existenz, das Problem der Arbeitslosen hätte sich rein physisch erledigt. Endlich hätten wir dann China bei den Hungerlöhnen wieder überholt.
    Übrigens: Hat Franz eigentlich jemals ausrechnen können, was in einem Betrieb Grenznutzen oder Grenzkosten eines einzelnen (!) Arbeitnehmers sind?

  4. Institut für Weltwirtschaft: Mindestlohn schwächt den sozialen Zusammenhalt
    Egal ob der Mindestlohn die Beschäftigung erhöht oder senkt, eines steht fest, er vergrößert die Einkommenskluft zwischen den Beschäftigten, die den Mindestlohn erhalten und den Arbeitslosen, die nur Arbeitslosenunterstützung bekommen. Mit anderen Worten: Der Mindestlohn schwächt unweigerlich den sozialen Zusammenhalt.
    Im Vergleich zu den angelsächsischen Ökonomien haben Arbeitnehmer in Deutschland eine bedeutend stärkere Position in den Lohnverhandlungen.
    Quelle: IfW Fokus

    Anmerkung: Also nicht die Kluft zwischen Arm und Reich oder dass Manager das Hundertfache eines Normalverdieners kassieren und die Vorstandsgehälter in den letzten Jahren zweistellig stiegen, während die Gehälter der Arbeitnehmer stagnierten und die Lohnkluft dramatisch zunahm, schwächt den sozialen Zusammenhalt, sondern dass Arbeitsplatzbesitzer nicht auf das Existenzminimum der Arbeitslosen absinken.
    Wenn die Arbeitnehmer in Deutschland eine stärkere Position als in angelsächsischen Ländern haben, dann fragt sich, warum bei uns im letzten Jahrzehnt nicht vergleichbare Lohnerhöhungen durchgesetzt werden konnten?
    Die Gegner von Mindestlöhnen drehen ihre Argumente, wie es gerade passt.
    Übrigens: Laut dem ARD-Deutschland-Trend sind 63% der Befragten für einen Mindestlohn.

    Quelle: infratest dimap [PDF – 264 KB]
    Siehe auch NachDenkSeiten vom 25. Februar 2007

  5. Mario Müller: Steuerwahn
    Wäre es nicht konsequent, die Steuern gleich ganz abzuschaffen? Schließlich “ist das Geld in den Händen der Bürger besser aufgehoben als in den Händen des Staates”. Sagt Wolfgang Wiegard, der es wissen muss, weil er, obschon nicht Deutschlands klügster Ökonom, aber immerhin “Wirtschaftsweiser” ist.
    Gestern, die älteren Beobachter der Szene werden sich erinnern, war von der unbedingten Notwendigkeit die Rede, den Zuwachs der staatlichen Schulden zu stoppen. Ebenso lauthals wurde nach dem Pisa-Schock der verheerende Zustand des hiesigen Bildungssystem beklagt, im Zweifel von den selben Leuten. Zuvor hatte die rot-grüne Koalition “das größte Steuerreformpaket in der Geschichte der Bundesrepublik” auf den Weg gebracht. Unternehmen und private Haushalte sollten, unter anderem durch Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent, um jährlich 50 Milliarden Euro entlastet werden.
    Die Folgen dürften noch in guter Erinnerung sein. Die öffentlichen Haushalte liefen aus dem Ruder, weil es bei nach wie vor hohen vereinigungsbedingten Ausgaben mit der Konjunktur und den Einnahmen abwärts ging. Bundesfinanzminister Hans Eichel richtete noch mehr Unheil an, weil sein Spareifer das Wirtschaftswachstum entscheidend bremste und das staatliche Defizit in die Höhe trieb. Erst als die Regierung Merkel dem Konsolidierungswahn abschwor, kam die Konjunktur in Schwung – den offenbar auch die höheren Mehrwertsteuer kaum hemmt – und füllte die öffentlichen Kassen.
    Quelle: FR
  6. Zu viel Geld in der Kasse zieht Käufer an
    Immer mehr Unternehmen stehen vor dem Problem, zu viel Cash in der Bilanz zu haben. Sie müssen dabei entscheiden, ob sie das Geld an die Aktionäre zurückzahlen oder Akquisitionen tätigen. Wer zu lange wartet, läuft Gefahr, übernommen zu werden.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung: Volkswirtschaftlich sinnvoller wäre es gewesen, wenn diese Unternehmen ihre Mitarbeiter besser bezahlt hätten.

  7. Die Risiken der Weltwirtschaft kontrollieren: Deutschlands Rolle
    Deutschland könnte als gewichtige Stimme in der EU und der Weltwirtschaft die bessere Regulierung der globalen Märkte – insbesondere der Finanzmärkte und ihrer Akteure – vorantreiben und dadurch zu einer Entschärfung des Wirkungsverlustes nationaler Wirtschaftspolitik beitragen. In der längerfristigen Perspektive ist ein weiterer Eckpfeiler deutscher Außenwirtschaftspolitik der Einsatz für eine nachhaltige Welthandelsordnung und die Verankerung globaler sozialer Mindestschutzrechte.
    Von Michael Dauderstädt & Christian Kellermann
    Quelle: Friedrich Ebert Stiftung [PDF – 312 KB]

    Kommentar von Orlando Pascheit: Nur, dass z.B. die Hauptakteure des Finanzkapitals kein Interesse an einer weiteren Regulierung der Finanzmärkte haben. So befinden sich die beiden wichtigsten Finanzplätze, London und New York, in einem andauernden Deregulierungswettbewerb, auch der Vorstoß der Bundesrepublik, Hedgefonds stärker zu kontrollieren kann als gescheitert betrachtet werden. Ein unter dem Vorsitz von US-Finanzminister Hank Paulson (ehemals Goldman Sachs) erarbeiteter Regierungsbericht bezeichnet strengere Regulierungen als Fehler. Der beste Schutz der Weltwirtschaft gegen systemische Risiken seien der Einsatz des gesunden Menschenverstandes und die Sorgfaltspflicht jedes Einzelnen, der in Hedgefonds investiert oder sich ihrer bedient.

  8. Geiz ruiniert Großbauern
    Das Billiglohnland BRD ist für osteuropäische Saisonarbeiter nicht mehr attraktiv. Die Zahl der ausländischen Erntehelfer liegt auf niedrigstem Stand seit fünf Jahren.
    Quelle: Junge Welt
  9. Am Rande der Legalität
    Manche Rechtsanwälte spezialisieren sich auf den Rausschmiss von Betriebsräten, Schwangeren und Behinderten. Gewerkschafter werfen ihnen vor, ihre Ziele “mit perfiden Tricks” zu verfolgen.
    Quelle: FR
  10. Mancher fragt sich, auf welcher Seite Müntefering eigentlich steht
    Seit seinem Wechsel in die Regierung versteht sich Müntefering zuerst als Vizekanzler – und dann als Genosse. Irritiert registrierten viele Sozialdemokraten, wie sehr dem Vizekanzler der Erfolg der so ungeliebten großen Koalition am Herzen liegt. Ein wenig misstrauen sie ihm seither und viele fragen sich, wo er im Ernstfall stünde, auf Seiten der Partei oder der Regierung? Vielleicht hat er ihnen die Antwort ja gerade gegeben.
    Quelle: FR
  11. SPD, eine Partei auf der Suche nach sich selbst
    Jetzt, wo es wirtschaftlich wieder bergauf geht, wollen diese Beschäftigten, von denen noch immer ein Großteil SPD wählt, nicht länger zurückstecken. „Wer hat denn den Aufschwung bezahlt?“, bekommen die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen denn auch immer häufiger zu hören. In einem Land, in dem die Vorstandsgehälter seit Jahren zweistellig stiegen, wollten auch sie mal wieder am Wachstum mitverdienen. Die Menschen wollen den Mindestlohn, aber auch, dass aus den Zigtausenden in den vergangenen Jahren entstandenen Leiharbeitsverhältnissen wieder bezahlte Tarifarbeit wird.
    Somit ist die Botschaft der Ortsvereine und Bezirke nach oben klar: Nur mit einer Politik für die Arbeitnehmer könne die SPD langfristig wieder erfolgreich sein. „Es kann nicht sein, dass wir fünf Jahre lang die Drecksarbeit für Deutschland machen, und die Union fährt 2009 die Ernte ein“, gab ein Ortsvereinsvorsitzender seinem Abgeordneten mit auf den Weg.
    Quelle: Die Welt

    Anmerkung: U.a. ein weiteres Beispiel für das uralte Medienspiel: Erst wird Beck hochgeschrieben, um ihn dann wieder abschreiben zu können.

  12. Buchbesprechung: Gescheiterte Kanzlerkandidaten. Lafontaine auf verlorenem Posten gegen den Einheitskanzler
    Gäbe es ein Ranking, das den erfolglosesten Kanzlerkandidaten aller Zeiten sucht, Oskar Lafontaine würde einen Spitzenplatz einnehmen.
    Aber, war nicht ausgerechnet er derjenige, der später die entscheidende Integrationsarbeit für den Machtwechsel leistete, der 1998 als Garant sozialdemokratischer Werte galt?
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Leider ein Beispiel dafür, wie der politische Mainstream wegen seines Austritts aus der SPD und seinem Übertritt in die Linkspartei mit Oskar Lafontaine abrechnet und dabei auch vor Geschichtsklitterung nicht zurückschreckt:
    Mit keinem Wort wird erwähnt, dass Lafontaines mit seiner Kritik an Kohls Versprechen von „blühenden Landschaften“ im Osten und mit seinen Warnungen vor einer falschen Finanzierung der deutschen Einheit historisch Recht gehabt hat.

  13. Franz Alt attackiert ARD
    Der frühere „Report“-Moderator Franz Alt wirft der ARD vor, sich mit Häppchenjournalismus den Privatsendern anzugleichen. „Je mehr sich die öffentlich-rechtlichen Sender inhaltlich den privten Sendern anpassen, desto größer ist die Gefahr, dass sie sich selbst in Frage stellen und abschaffen.“ Alt verwies auf die britische BBC, die mit einer ähnlichen Entwicklung viele Zuschauer verloren und sich erst danach wieder auf ihre journalistischen Tugenden besonnen habe.
    Quelle: FOCUS
  14. Untertan Filbinger
    Untragbar macht den Stuttgarter Regierungschef sein Verhalten auch deshalb, weil er in letzter Konsequenz die Fundamente der bisher stabilsten Demokratie auf deutschem Boden aggressiv in Frage stellt. Er tut das zum einen, indem er die historische Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit schönt. Er tut es aber zum anderen – sehr gegenwärtig -, indem er aus Filbingers Fehlverhalten das Bild vom Bürger als einem Untertanen ableitet, der die Verantwortung für Recht und Gerechtigkeit der Obrigkeit überlässt – wie menschenverachtend die auch sei.
    Quelle: FR
  15. Thomas Ruttig: Militärisch lässt sich Afghanistan nicht befrieden
    Deutsche Soldaten im Süden würden nichts an der Situation ändern, so lange sich die auf eine militärische Zerschlagung des Aufstands ausgerichtete Strategie nicht ändert. Es gibt offensichtlich unterschiedliche Strategien. Die US-Vertreter lehnen Befriedungsversuche ab. Dabei ist dies eines der wenigen tragfähigen Konzepte für Afghanistan.
    Wir sollten den Aufstand, der in Afghanistan um sich gegriffen hat, nicht mit den Taliban gleichsetzen Die Taliban und andere religiös-fundamentalistische Gruppen bilden den harten Kern des Aufstandes, aber wir müssen vor allem die Ursachen sehen. Viele Aufständische rekrutieren sich aus den Unzufriedenen. Die Präsenz der Regierung ist in vielen Provinzen nur sehr vage, die Korruption weit verbreitet, viele Polizisten sind kriminell. All dies schürt die schlechte Stimmung gegenüber Kabul und gegenüber dem Engagement der internationalen Gemeinschaft.
    Quelle: Die Zeit

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