Hinweise des Tages II

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AM/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Flüchtlingspolitik
  2. DGB-Positionspapier: Zugänge in Bildung, Ausbildung, Studium und Qualifizierung für junge Flüchtlinge schaffen
  3. 10 Jahre Merkel: Umverteilung? Nicht mit Merkel
  4. Abzocke durch Dispozinsen: Einstieg in die Schuldenfalle
  5. Die Angst des Fixers vor dem Geld-Entzug
  6. Deutschland muss bauen, bauen, bauen
  7. Oetker und Adelige kaufen sich Rüstungsfirma
  8. Paul Krugman: Labours tote Mitte
  9. Brasilien: Unternehmen dürfen nicht mehr an Parteien spenden
  10. Die falschen Autos auf der IAA
  11. CETA und TTIP erklären Demokratie zur Investitionsfreiheit – Demoaufruf für den 10. Oktober nach Berlin
  12. Antibiotika-Einsatz nimmt dramatisch zu
  13. Muslime können doch nur Bomben bauen
  14. So versteht Kiew Pressefreiheit
  15. TV-Tipp: 3satfestival 2015

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Flüchtlingspolitik
    1. „Man könnte das den Leuten sofort ersparen!“
      Geflüchtete Menschen, die gezwungen werden, unter katastrophalen Bedingungen in völlig überfüllten Lagern zu vegetieren, gewalttätige ungarische PolizistInnen, eine rassistische Kamerafrau, die einem in Todesangst fliehenden Mann mit einem Kind auf den Armen das Bein stellt. Dazwischen die immer gleichen Debatten über das „Flüchtlingsdrama“, in denen die Einhaltung der Menschenrechte im selben Atemzug gefordert wird, wie das Aufziehen neuer Grenzzäune. Mosaik-Redakteurin Anna Svec sprach über die aktuelle Situation mit UNHCR-Pressesprecherin Ruth Schöffl. […]
      Was sagen Sie zu Ungarns Umgang mit Fluchtlingen? Was wären für Sie adäquate Reaktionen seitens der Politik?
      Die Aufnahmebedingungen in Ungarn machen dem UNHCR große Sorgen, wir haben Ungarn deshalb seine Unterstützung angeboten. UNHCR ist in Europa, also auch in Griechenland, Serbien und Mazedonien, damit seit langem wieder verstärkt operativ tätig, es geht um echte Nothilfe.
      Klar ist, dass die Pläne der EU-Kommission sofort umgesetzt werden sollten, besser gestern als heute. Dieses Elend muss ein Ende haben! Man könnte das den Leuten sofort ersparen, man müsste nur augenblicklich politische Schritte setzen. Die Verschärfungen der ungarischen Gesetze, die vor wenigen Tagen in Kraft getreten sind, werden vom UNHCR geprüft. Zäune und Mauern gegen Flüchtende waren und sind jedenfalls niemals eine Lösung.
      Quelle: mosaik
    2. „Säkularismus ist die Lösung – auch in der Flüchtlingsfrage!“
      Auf der Internationalen Konferenz „Give Peace A Chance: Säkularismus und globale Konflikte“ im Mai dieses Jahres hielt Michael Schmidt-Salomon einen Vortrag mit dem Titel „Säkularismus ist die Lösung! – Über Religion und Gewalt“. Die heutige Veröffentlichung des Vortragstextes auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung nahm der gbs-Sprecher zum Anlass, um zur aktuellen Flüchtlingsdebatte Stellung zu beziehen.
      In seinem Vortrag hatte Schmidt-Salomon dargelegt, dass es „ohne säkulare Gesellschaftsnormen, ohne konsequente Trennung von Staat und Religion, nirgends Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit“ geben könne. Damals sei er zwar nicht explizit auf den Umgang mit Flüchtlingen eingegangen, erklärte der gbs-Sprecher, die Konsequenzen würden jedoch auf der Hand liegen: „Die aktuellen Debatten haben vor Augen geführt, dass Europa ein klareres säkulares Profil benötigt, um politisch nicht auseinanderzubrechen und zu einem menschenwürdigen Umgang mit Männern, Frauen und Kindern zu finden, die in höchster Not zu uns flüchten.“
      Scharf ging Schmidt-Salomon dabei mit dem rechts-konservativen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ins Gericht, der die massive Abschreckungspolitik seines Landes gegenüber den Flüchtlingen als Maßnahme zur Stabilisierung der „christlichen Kultur Europas“ ausgewiesen hatte. „Offenkundig hat Orbán keine Ahnung von den Wurzeln der europäischen Kultur!“, sagte Schmidt-Salomon. „Denn es ist völlig klar, dass die Freiheiten, die wir heute in Europa genießen, nicht auf ‚christlichen Werten‘ beruhen, sondern auf der fast vollständigen Emanzipation von diesen Werten.“
      Quelle: giordano bruno stiftung
    3. Wir müssen etwas in den Herkunftsländern der Flüchtlinge tun – welch ein Hohn!
      Landauf und landab kann man von deutschen Politikern aus allen Lagern in diesen Tagen den gleichen Sermon hören: Wir müssen etwas in den Herkunftsländern tun, wir müssen humanitäre Hilfe leisten, wir müssen die Lage in den Ländern verbessern, wir müssen und wir müssen…
      Erstens, dazu ist es zu spät. Wer etwas in den Ländern ändern will, braucht Ideen und einen langen Atem, beides hat die Politik nicht. Humanitäre Hilfe in Flüchtlingslagern in anderen Ländern ändert nichts, aber auch gar nichts an dem derzeitigen Zustrom von Flüchtlingen und der Situation in den nächsten Monaten.
      Und zweitens: Das offizielle Deutschland hat sich in den vergangenen vierzig bis fünfzig Jahren nie wirklich für die Probleme der Entwicklungsländer interessiert und tut es auch heute noch nicht. Ich war gestern bei meinem ehemaligen Arbeitgeber, der UNCTAD in Genf, anlässlich des sogenannten Trade and Development Boards eingeladen (das ist formal die Vertretung aller UN-Mitglieder bei UNCTAD). Mit einigen anderen Ökonomen sollte auf der Grundlage von Eingangsreferaten über die wirtschaftliche Lage in der Welt diskutiert werden, über die spezifischen Probleme der Entwicklungs- und Schwellenländer und die systemischen Schwierigkeiten, denen sich die Entwicklungsländer gegenübersehen.
      Der Diplomat, der Deutschland vertritt, kam eine halbe Stunde nach Beginn der Veranstaltung, legte seine Jacke ab und verschwand für die nächsten zwei Stunden, nur um danach kurz seine Jacke wieder abzuholen und endgültig zu gehen. So also geht der offizielle Vertreter Deutschlands mit den Sorgen der Entwicklungsländer um in einer Zeit, in der alle Politiker seines Heimatlandes von der Notwendigkeit schwadronieren, sich mit den Ursachen der Flüchtlingsströme auseinander zu setzen!
      Quelle: flassbeck-economics
    4. Ein Apfel, ein Ei, eine Rückfahrkarte
      Man hat in der Geschichte der Bundesrepublik schon viele seltsame, verwunderliche, bedenkliche, gefährliche, auch grundrechtswidrige Gesetzentwürfe lesen können. Dieser Gesetzentwurf nun, mit dem die Bundesregierung auf die Flüchtlingskrise reagiert, schlägt alles bisher da Gewesene.
      Wenn dieser Entwurf wirklich ernst gemeint ist, woran man am liebsten zweifeln möchte, ist er frevlerisch: Er hungert die sogenannten Dublin-Flüchtlinge aus; er verspottet die vielen Menschen, die den Flüchtlingen jüngst auf den Bahnhöfen Hilfe geleistet haben; er verhöhnt Artikel 1 des Grundgesetzes, der die Unantastbarkeit der Menschenwürde garantiert.
      Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen
    5. “Brüssel besinnt sich auf seine Kernkompetenzen”

      Brüssel besinnt sich auf seine Kernkompetenzen

      Quelle: Ulrich Schneider via Facebook

  2. DGB-Positionspapier: Zugänge in Bildung, Ausbildung, Studium und Qualifizierung für junge Flüchtlinge schaffen
    Um die Teilhabechancen von Flüchtlingskindern und jugendlichen Flüchtlingen zu verbessern, fordern wir die Schulpflicht für alle Kinder und Jugendlichen möglichst frühzeitig, unabhängig vom Aufenthaltsstatus und mit bundesweit einheitlicher Umsetzung, die Angebote für jugendliche Flüchtlinge zum Nachholen des Schulabschlusses an einer berufsbildenden Schule auszubauen. Gegebenenfalls ist das Recht auf Schulbesuch über die Volljährigkeit hinaus / bis zum 25. Lebensjahr zu verlängern, Lehrkräfte besser zu unterstützen, Lernstandserhebungen und Einstufungstests bei Flüchtlingskindern durchzuführen, alle Schulen, die Flüchtlingskinder unterrichten, mit zusätzlichen Lehrkräften die Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache unterrichten können, herkunftssprachlichen Mittler/innen, Schulsozialarbeiter/innen und sozialpädagogischer Betreuung auszustatten, Willkommensklassen / Lerngruppen in allen Schularten für Flüchtlingskinder einzurichten und diese ausreichend auszustatten. Alle Landesregierungen werden aufgefordert, Konzepte und Rahmenbedingungen zur Umsetzung zu schaffen.
    Quelle: DGB
  3. 10 Jahre Merkel: Umverteilung? Nicht mit Merkel
    Die Kanzlerin wird in allen gesellschaftlichen Schichten anerkannt. Tatsächlich nutzt sie ihre Wahlsiege, um wirtschaftliche Interessen gegen Umverteilung zu verteidigen.
    Am 18. September 2005 war Bundestagswahl. Zehn Jahre werden an diesem Freitag vergangen sein seit dem Tag, an dem die Deutschen Angela Merkel zur Kanzlerin machten.
    Das innenpolitische Machtsystem, das sich Merkel in diesen zehn Jahren aufgebaut hat, und ihre wenig erfreuliche außenpolitische Bilanz beschreiben Peter Grottian und Antje Vollmer. Hier soll es zunächst um das Image gehen, das sich die Kanzlerin erarbeitet hat, und um das ideologische Konzept, das dahinter zu verschwinden droht. In der kollektiven Wahrnehmung, jedenfalls der medialen, ist aus der CDU-Vorsitzenden eine überparteiliche Präsidialkanzlerin geworden: sanft und hart, vermittelnd und entschlossen, rechts und links, sozial und wirtschaftsfreundlich, friedlich und kriegsbereit, tolerant und unerbittlich – alles in einem. Eine Art ideelle Gesamtdeutsche, die alle gesellschaftlichen Widersprüche und politischen Konflikte in sich vereint und damit auflöst. Dass ihr diese quasi übermenschliche Fähigkeit weithin zugesprochen wird – das ist ihre politische Lebensversicherung.
    In Wahrheit handelt es sich um eine sorgsam gepflegte Legende. In der politischen Wirklichkeit vertritt Angela Merkel keineswegs alles und jeden. In dieser Wirklichkeit vertritt sie, wie jede Politikerin und jeder Politiker, bestimmte Interessen und Ideologien. Die Kunst, alle Widersprüche in sich aufzuheben, beherrscht sie nicht. Aber die Kunst, so zu tun, hat sie im Laufe dieser zehn Jahre bis zur Perfektion erlernt.
    Quelle: Stephan Hebel in der FR
  4. Abzocke durch Dispozinsen: Einstieg in die Schuldenfalle
    Viele Banken verlangen sehr hohe Dispozinsen – und verschleiern oft auch noch den genauen Zinssatz. Das belastet besonders diejenigen, die nicht zu den Besserverdienenden gehören. Die Banken bereichern sich auf Kosten der prekär Beschäftigten, der Normalverdiener, der Rentner und der Arbeitslosen.

    Abzocke durch Dispozinsen: Einstieg in die Schuldenfalle

    Justiz und Finanzministerium arbeiten derzeit an der Umsetzung einer EU-Richtlinie, die es Bankkunden erleichtern soll, ihr Konto zu wechseln. Das ist gut, denn trotz Unzufriedenheit wechseln nur wenige ihr Bankkonto. Die Ursachen dafür sind klar: Banken sorgen im Eigeninteresse für hohe bürokratische und teilweise auch finanzielle Hürden. Dabei gäbe es gute Gründe, von einer zur anderen Bank zu wechseln. Wie das Magazin „Finanztest“ aktuell feststellte, verlangen immer noch viel zu viele Institute unverhältnismäßig hohe Dispozinsen. Obwohl sich Banken derzeit zu historisch niedrigen Zinsen bei der EZB refinanzieren können, erheben immer noch viele Einrichtungen Dispozinsen von weit über 8 Prozent. Unabhängig von der Höhe der EZB-Zinsen gilt: Zweistellige Zinssätze sind Wucher und nicht hinnehmbar.
    Quelle: DGB Klartext

  5. Die Angst des Fixers vor dem Geld-Entzug
    Die US-Notenbank wagt es weiter nicht, die Leitzinsen zu erhöhen und verweist auf Sorgen um China
    Eigentlich gab es offiziell wenige Begründungen für die US-Notenbank (FED), die Leitzinsen in den USA nicht zu erhöhen, die schon vor sieben Jahren praktisch auf Null gesenkt wurden. Nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte die FED in den Krisenmodus geschaltet, den sie weiterhin nicht einmal ansatzweise aufgeben will. Zwar kündigte die Chefin Janet Yellen immer mal wieder an, aus der ultralockeren Geldpolitik aussteigen zu wollen, doch nun wurde auch eine leichte Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte wieder einmal verschoben. Vielleicht auf Oktober oder auf Dezember oder auf den St. Nimmerleinstag?
    Dabei sehen die offiziellen Grunddaten der USA nun wirklich nicht nach Krise aus. Die US-Wirtschaft soll zuletzt im Juli aufs Jahr hochgerechnet um 3,7% gewachsen sein. Im Juni waren es noch 2,3%. Und Yellen hatte einen Zinsschritt stets ausdrücklich die Lage am Arbeitsmarkt zu einem wichtigen Kriterium gemacht. Offiziell ist die Arbeitslosenrate nun bei 5,1%, was einige völlig absurd “Vollbeschäftigung” nennen. (…)
    Unterstützung erhielt Yellen zuletzt auch vom Ökonomie-Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz. “Es gibt kein Argument, den Leitzins jetzt anzuheben”, erklärte er im Interview. Doch Stiglitz bezweifelt die angeblich tollen Zahlen der USA und verwirft in seiner Analyse die Jubelmeldungen von einer Erholung und einer angeblichen Vollbeschäftigung. “Die offizielle Arbeitslosenquote maskiert nur, was wirklich passiert. Die offizielle Arbeitslosenquote steht bei etwas über fünf Prozent. Aber wenn Sie Menschen mit einrechnen, die Teilzeit arbeiten, weil sie keine volle Stelle finden, und Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind – dann kommen Sie auf Zahlen, die doppelt so hoch sind.” Für ihn ist nur eines Fakt: “Amerika hat sich noch nicht erholt!” (…)
    Lohnerhöhungen würden die sozial dramatische Situation verbessern, das Inflationsziel erfüllen und für Wachstum sorgen. Stiglitz verweist deshalb nicht nur auf das hohe Niveau versteckter Arbeitslosigkeit in den USA, sondern auch darauf, dass auch dort die Löhne stagnieren (Armutsrate in den USA verfestigt sich): “Das mittlere Einkommen liegt unter dem vor 25 Jahren. Das ist keine Erholung!”
    Quelle: Ralf Streck auf Telepolis

    dazu: US-Leitzins: Deutsche Medien missverstehen US-Zinsentscheidung als Mutprobe
    Die deutschen Medien disqualifizieren sich nicht erst seit gestern durch fehlende Analyse, eintönige, von Herdenverhalten gekennzeichnete Berichterstattung und oberflächliche, häufig ideologisch motivierte Meinungen. Die Kommentare zur US-Zinsentscheidung unterstreichen diese für den deutschen Journalismus negative Bilanz noch einmal fett. “Angst vor der Weltrezession”, titelt “Die Zeit”, in der Mark Schieritz seinen Kommentar mit dem Satz beginnt: “Sie hat es nicht gewagt.” Ins gleiche Horn stößt die öffentlich-rechtliche “Deutsche Welle”, in der Andreas Rosteck unter der Übeschrift kommentiert: “Angst vor der eigenen Courage”. “Der Spiegel” online titelt mit Marc Pitzke: “Yellen kneift”. Holger Tschäpitz in “Die Welt”: “Die Präsidentin der US-Notenbank hat sich nicht getraut”. Astrid Dörner gibt sich im “Handelsblatt” wiederum “überrascht”. Gerade die letzteren beiden liefern noch dazu eine äußerst fragwürdige Analyse.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft

  6. Deutschland muss bauen, bauen, bauen
    Bereits jetzt ist es in vielen deutschen Ballungsräumen und Uni-Städten ausgesprochen schwierig, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Doch angesichts der starken Zuwanderung und des Zustroms von Flüchtlingen wird sich die Lage in den kommenden Jahren nach Einschätzung von Fachleuten noch einmal dramatisch verschärfen.
    Bundesweit fehlten inzwischen mindestens 770.000 Wohnungen, heißt es in einer Studie des auf Stadtentwicklung spezialisierten Pestel-Instituts, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Das tatsächliche Defizit dürfte sogar noch höher liegen, da in den vergangenen Jahren auch in Regionen ohne Wohnungsmangel neue Wohnungen entstanden sind.
    Um den Bedarf zu decken, müssten bundesweit bis 2020 pro Jahr rund 400.000 Wohnungen neu gebaut werden, sagte Institutsleiter Matthias Günther. Tatsächlich würden derzeit aber weit weniger Einheiten fertiggestellt, in diesem Jahr dürfte sich die Zahl auf etwa 260.000 belaufen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  7. Oetker und Adelige kaufen sich Rüstungsfirma
    Airbus trennt sich von vielem, was nicht fliegt: Eine gute Gelegenheit für die Beteiligungsgesellschaft Armira, den Elektronikspezialisten ESG zu kaufen. Hinter dem Deal stecken prominente Namen.
    Mitglieder der Familie Oetker und einige deutsche Adelige investieren offenbar in die Rüstungsindustrie: Nach Informationen der “Welt” erwarben mehrere prominente Käufer Anteile an der Firma ESG, die sich etwa mit dem Thema Drohnen befasst.
    Die Starfighter-Probleme der Luftwaffe lieferten den Startschuss für die heutige Firma ESG. Vor gut 50 Jahren sollten sich Firmen wie AEG und Siemens verbünden, um die Produktion des Kampfjets in Deutschland zu verbessern.
    Aus der früheren Flug-Elektronik-Gesellschaft entwickelte sich die ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH mit zuletzt gut 250 Millionen Umsatz und 1600 Beschäftigte in den Geschäftsfeldern Militär, Sicherheit und Automobiltechnik. Jüngst wurde die ESG an “Unternehmerfamilien aus dem deutschsprachigen Raum” verkauft, wie es hieß. Nach der “Welt” vorliegenden Dokumenten stecken hinter den Käufern teils prominente Namen.
    Quelle: Welt Online
  8. Paul Krugman: Labours tote Mitte
    Besonders beim Thema Wirtschaftspolitik war das Erstaunliche am Wettstreit um die Parteiführung, dass alle Kandidaten mit Ausnahme von Mr. Corbyn im Prinzip die Austeritätspolitik der konservativen Regierung unterstützten.
    Was noch schlimmer ist, sie akzeptierten damit implizit die falsche Rechtfertigung für diese Politik und gestanden politische Fehler ein, deren sich Labour nun überhaupt nicht schuldig gemacht hat…
    Kurz gesagt, die ganze Geschichte von Labours Schuld an der Wirtschaftskrise und der Unausweichlichkeit der Austerität ist Unfug. Ein Unfug allerdings, der von den britischen Medien immer wieder als Tatsache präsentiert wurde. Und Mr. Corbyns Mitbewerber um die Führung der Labour Party haben diesen so gängigen Unfug ganz und gar geglaubt und sich sogar das Argument der Konservativen zu eigen gemacht, die Wirtschaftspolitik ihrer Partei sei fürchterlich gewesen, was einfach nicht stimmt. Wie gesagt ist Mr. Corbyns Triumph also nicht so überraschend, wenn man die Bereitschaft der gemäßigten Labour-Politiker in Betracht zieht, sich falsche Behauptungen über früheres Fehlverhalten zu eigen zu machen.
    Quelle: New York Times

    Anmerkung Albrecht Müller: Selten sowas Dünnes gelesen. Krugman baut den Popanz auf, es gäbe so genannte Gemäßigte bei Labour (womit ja von ihm auch unterstellt wird, dass Corbyn ein Radikaler sei) und diese Gemäßigten seien moralisch und intellektuell eingeknickt. Namen nennt der Nobelpreisträger nicht. Corbyns Triumph sei nicht überraschend, wenn man die Bereitschaft der gemäßigten Labour-Politiker in Betracht ziehe, sich falsche Behauptungen über früheres Fehlverhalten zu eigen zu machen.
    Die Analyse dieses Einknickens und der Übernahme der falschen Behauptungen von Konservativen und Medien über die Verursachung der Staatsverschuldung durch die „Gemäßigten“ von Labour ist ja noch einigermaßen interessant. Aber ansonsten?

  9. Brasilien: Unternehmen dürfen nicht mehr an Parteien spenden
    Als Folge des Korruptionsskandals um den Ölkonzern Petrobras hat Brasiliens Oberster Gerichtshof Unternehmen Spenden an Parteien vollständig untersagt. Mit acht zu drei Stimmen stuften die Richter solche Wahlkampfspenden als verfassungswidrig ein, teilte Gerichtspräsident Ricardo Lewandowski am Donnerstag mit.
    Den Parteien bricht damit ein Großteil ihrer Finanzierung weg. Nach Informationen der Zeitung “O Globo” stammten bei der Präsidentenwahl 2014 mehr als 80 Prozent der Wahlkampfspenden von Unternehmen.
    Quelle: der Standard

    Anmerkung unseres Lesers C.B.: Warum kann so etwas in Brasilien durchgesetzt werden, aber in Deutschland sind Spenden von Unternehmen an Parteien erlaubt?

  10. Die falschen Autos auf der IAA
    Noch vor zwei Jahren war das bezahlbare und effiziente E-Auto das große Thema auf der IAA. Doch jetzt reden alle von Digitalisierung und selbst fahrenden Autos.
    BMW-Chef Harald Krüger schwärmt: “In Zukunft wird Ihnen Ihr BMW sogar die letzten zwei Karten für die Münchner Oper anbieten, weil er weiß, dass Sie gern in die Münchner Oper gehen. Vor der Oper geht es dann fahrerlos in die Tiefgarage, weil der BMW sich selbst einen freien Platz suchen und dort einparken kann.”
    Der Mann meint das tatsächlich ernst, ohne sich zu fragen: Wer braucht das und wer will das? Muss mein Auto wirklich mehr wissen als meine Frau/Mann? […]
    Umweltschutz ist auf der IAA weniger wichtig als Selbstfahren und Digitalisierung. Dabei dringt immer mehr in unser Bewusstsein, dass Klimaschutz die Überlebensfrage der Menschheit ist. Nicht irgendwann, sondern jetzt! Immer mehr Flüchtlinge flüchten, weil sie kein Wasser und keine gesunden Böden mehr haben, auf denen noch etwas wächst. Was muss noch alles passieren, bis auch die Autobosse begreifen, was die Zukunft von uns fordert? Ein Liter Sprit vergiftet schließlich 10.000 Liter Luft. […]
    Angela Merkel hat angekündigt, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren sollen. 2015 sind es gerade mal etwas über 20.000. Es gibt hierzulande keine finanziellen staatlichen Anreize für E-Autos wie etwa in Norwegen (15.000 Euros), Japan (13.000 Euros), USA (8.000 Dollar), Frankreich oder Spanien (6.000 Euros). Die meisten Autofahrer klagen über zu hohe Preise für das E-Auto und über zu kurze Reichweiten der bisherigen Batterien. Die besten Batterien werden heute in USA, China, Korea oder China hergestellt trotz erfahrener Batterie-Hersteller hierzulande wie Bosch oder Siemens. Die Batterie-Hersteller der Zukunft heißen Tesla, Nissan, Mitsubishi und General Motors.
    Die Zukunft der Autobranche entscheidet nicht das selbst fahrende Auto, sondern das intelligente E-Auto. Und die Zukunft der intelligenten Mobilität insgesamt entscheidet der rasche Ausbau des Öffentlichen Verkehrs.
    Quelle: Franz Alt auf Telepolis
  11. CETA und TTIP erklären Demokratie zur Investitionsfreiheit – Demoaufruf für den 10. Oktober nach Berlin
    TTIP, CETA und TiSA passen meiner Meinung nach so richtig in die Welt. Nicht, weil sie wünschenswert wären, würde man einmal nüchtern bilanzieren, wer was gewinnt und wer was verliert. Wohl aber, weil sich die Macht- und Ideologieverhältnisse in den tausenden Seiten Vertragstext und ebenso in ihrem Zustandekommen widerspiegeln. Im Verborgenen erzeugt, werden die Kapitaleigner zu den eigentlichen Akteuren in der Demokratie gemacht, wobei „Demokratie“ zugleich zu einem System der Investitionsfreiheit erklärt wird. Arbeitnehmerrechte, kommunale Selbstbestimmung, Umweltschutz und vieles mehr werden zur Verhandlungsmasse und Anpassungsvariable erklärt, während diejenigen, die nicht mitreden, dafür jedoch hinterher umso mehr betroffen sein dürfen, auch noch für ihr eigenes Versicherungssystem (Stichwort: Schiedsgerichte) zahlen sollen, das jedoch nicht sie gegen vielfältige Gefahren, sondern die Investoren vor ihnen, und zwar ihrer demokratischen Willensbildung, versichern soll.
    Das halten immer mehr Menschen für keine gute Idee, und so wird also am 10. Oktober herzlich nach Berlin eingeladen:
    Quelle 1: Maskenfall
    Quelle 2: Auf nach Berlin! Der MobiClip
  12. Antibiotika-Einsatz nimmt dramatisch zu
    Resistente Keime sind eine globale Gefahr, verursacht durch den Masseneinsatz von Antibiotika. Der weltweite Gebrauch der keimtötenden Arzneimittel steigt dennoch weiter.
    Bakterien, gegen die jedes Medikament machtlos ist, vermehren sich seit Jahren. Zunehmend stecken sich Menschen weltweit mit multiresistenten Erregern an. Forscher warnen: Wenn die Welt nicht aufhört, unbedacht und massenweise Antibiotika einzusetzen – in der Medizin und der Tierhaltung – werden Bakterien-Infektionen wieder zu unheilbaren Seuchen.
    Trotzdem steigt der Antibiotika-Gebrauch weltweit weiter drastisch an, wie ein jetzt veröffentlichter Bericht des CDDEP (Center for Disease Dynamics, Economics and Policy, 2015) verdeutlicht. Die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Washington D.C. und Neu-Delhi entwickelt globale Strategien, unter anderem zur Seuchenbekämpfung.
    Der Bericht stützt sich vor allem auf Daten aus den Jahren 2000 bis 2010: Allein in diesem Zeitraum wurden demnach global 30 Prozent mehr Antibiotika eingesetzt.
    Quelle: Zeit Online
  13. Muslime können doch nur Bomben bauen
    In den USA wird ein vierzehnjähriger Schüler in Handschellen abgeführt, nachdem er seiner Lehrerin eine selbstgebastelte Uhr präsentiert. Gewiss, wenn man Ahmed Mohamed heißt, gut in Naturwissenschaften ist und dann auch noch technisches Knowhow hat, kann das doch letztendlich nur zu einer Bombe führen.
    In den Sozialen Netzwerken sorgte der Vorfall für eine Welle der Empörung. Mit dem Hashtag #IstandWithAhmed drückten Zehntausende von Menschen ihre Solidarität mit dem Jungen aus. Ahmeds Fall ist allerdings keine Ausnahme, sondern hat System. Der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi, der seit dreizehn Jahren unschuldig im US-Folterlager auf Guantanamo ausharrt, schreibt in seinem »Guantanamo-Tagebuch«, dass Muslime, die etwas Technisches studieren, etwa Mechatronik oder Raumfahrtingenieurswesen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf irgendwelchen Überwachungslisten von Geheimdiensten landen. Dies hat Slahi nicht einfach aus der Luft gegriffen. Viel mehr bestätigte es ihm einer seiner Peiniger, der ihm das – Slahi studierte in Duisburg und schloss dort als Ingenieur ab – zum Vorwurf machte.
    Quelle: Neues Deutschland
  14. So versteht Kiew Pressefreiheit
    Die ukrainische Regierung verhängt Sanktionen auch für ausländische Journalisten und rudert unwillig und selektiv zurück, während nach Depardieu auch Berlusconi zur Bedrohung der Ukraine erklärt wurde
    Die ukrainische Regierung, die vorgibt, an vorderster Front Europa gegen die “russische Aggression” zu verteidigen, gefällt sich darin, aus Gründen der nationalen Sicherheit Einreiseverbote zu verhängen. Der ukrainische Geheimdienst stellt so Listen auch von Künstlern auf, gegen die ein mehrjähriges Einreiseverbot verhängt wird, weil sie sich “zugunsten der Verletzung der ukrainischen territorialen Integrität und Souveränität geäußert haben” (Künstler bedrohen die nationale Sicherheit der Ukraine). In Ungnade sind nicht nur zahlreiche russische Künstler gefallen, sondern auch der französische Schauspieler und Putin-Freund Depardieu wurde aufgelistet (Gérard Depardieu: Eine Bedrohung für die Sicherheit der Ukraine). Es wird ihn vermutlich nicht sehr treffen, nicht in die Ukraine einreisen zu dürfen, aber vielleicht schmeicheln, für ein ganzes Land eine Bedrohung darzustellen, selbst wenn der Obelix-Darsteller darüber nicht erstaunt sein könnte.
    Quelle: Florian Rötzer auf Telepolis
  15. TV Tipp: 3satfestival 2015
    Im September ist es wieder so weit: Zum 29. Mal trifft sich im Zelt auf dem Mainzer Lerchenberg die Crème de la Crème aus Kabarett, Comedy & Musik zum 3satfestival. Die Live-Shows sind zwar schon ausverkauft, aber natürlich zeigt 3sat zeitnah alle Künstler im TV.
    Mit dabei Künstler wie Max Uthoff, Christoph Sieber, Hagen Rether und Sebastian Pufpaff. Eine Übersicht der Ausstrahlungstermine an diesem und dem kommenden Wochenende findet sich auf der Seite von 3sat.
    Quelle: 3sat

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