Schulz will Ramstein schließen. – Der Tiger lebt, und er setzt zum Sprung an!

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Der Ausgang der Wahl im Saarland war ein desillusionierendes Erlebnis für alle, die mit Martin Schulz Hoffnungen auf einen Politikwechsel nach der Bundestagswahl im Herbst verbunden hatten. Albrecht Müller hatte in seinem Beitrag „Schulz ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet“ treffend analysiert, dass Schulz‘ bisherige Wahlkampfstrategie nicht aufgeht.

Schulz‘ ebenso entschlossene wie überraschend konkrete Ankündigungen, im Falle seines Wahlsiegs Ramstein zu schließen und den NATO-Austritt Deutschlands zum Thema zu machen, geben jedoch Grund zu der Hoffnung, dass der Wahlkämpfer Schulz lernfähig ist: Der ‚Tiger‘ Schulz lebt, und er setzt zum Sprung an. Carsten Weikamp.

Offenbar liest Schulz‘ Wahlkampfteam sehr aufmerksam die NachDenkSeiten. Dort hatte Albrecht Müller am vergangenen Montag die These vertreten, es sei an der Zeit, eine Volksbewegung des demokratisch gesonnenen Teils der Bevölkerung zu mobilisieren, wenn man die Wahl denn ernsthaft gewinnen wolle. Von Schulz und seiner uninspirierten SPD sei dies aber leider nicht zu erwarten, und so sagte Müller ein ausgesprochen aussichtsloses Wahljahr voraus.

Doch offenbar ist das Team Schulz nicht gewillt, Müller in dem letzten Punkt Recht zu geben. Die konkreten Ankündigungen für den Fall seines Wahlsieges sind ein deutlicher Hinweis, dass Schulz‘ Kampagne fähig ist, dazuzulernen, und dass sie sich noch längst nicht aufgegeben hat. Dass sie voller Energie steckt und bisher nur die Karten verdeckt hält.

Bravo! sagen die NachDenkSeiten, unter diesen Umständen haben wir mit unserer Einschätzung gerne daneben gelegen. So kann es, so muss es funktionieren: Mit klaren Zeichen kraftvollen politischen Veränderungswillens, ausgerichtet an den Interessen der Bevölkerung statt am Kalkül machtpolitischer Schachzüge.

Schulz sollte den außen- und sicherheitspolitischen Ankündigungen jetzt auch in der Sozial- und Wirtschaftspolitik entsprechende mutige Maßnahmen folgen lassen statt der bisherigen Taktik, minimale Justierungen als große Taten anzupreisen. Denken Sie an die Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV oder die entschlossene Strafverfolgung jeglicher Steuerflucht. Dann besteht für Deutschland am Ende eine echte Chance für einen politischen Neuanfang. Wer hätte das noch vor einer Woche gedacht?

Anlage: Bericht der ‚Mannheimer neueste Nachrichten‘ von heute morgen

Schulz: Bei Wahlsieg Schließung von Ramstein

Am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Mannheim gab SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am gestrigen 31. März überraschend Einblick in Programminhalte seines Wahlkampfes, von denen es auf Nachfrage aus dem Kampagnenzentrum der SPD im Willy-Brandt-Haus hieß, dass die „zu diesem Zeitpunkt so noch nicht kommuniziert“ hätten werden sollen.

Konkret kündigte Schulz an, im Fall eines Sieges bei der Bundestagswahl schleunigst eine Schließung des amerikanischen Stützpunkts im pfälzischen Ramstein herbeiführen zu wollen. Dies sei zur Stabilisierung der weltpolitischen Sicherheitslage dringend geboten, liefen doch seit Jahren wesentliche Militärschläge über die dortige Militärbasis, vor allem der Einsatz von Drohnen. Wer als Deutscher ernsthaft globalen Frieden anstrebt, kommt nicht daran vorbei, Ramstein dicht zu machen“, so Schulz. Im Übrigen sei es ein Unding, dass Deutschland sich als Ganzes noch immer so „servil verhalte gegenüber einer kriegslüsternen, rein vom Profit getriebenen amerikanischen Machtelite“.

Angesichts des angeschlagenen US-Präsidenten Trump, dessen Gegner offensichtlich ein Amtsenthebungsverfahren anstrengten, gelte es, das „historisch vielleicht einmalige Zeitfenster“ zu nutzen. Die Chancen stünden gut, dass der oft aus dem Bauch heraus agierende US-Präsident einer Schließung zustimme, das habe Schulz bereits von diplomatischen Kreisen in Washington vorfühlen lassen. Ein namentlich nicht genannter Berater aus US-Regierungskreisen habe angedeutet, Ramstein sei für Trump, der privat selbst nicht in Militärgeschäfte involviert ist, keineswegs sakrosankt. Außerdem sei er als Abkömmling einer Pfälzer Familie aus Kallstadt mit dieser Gegend emotional immer noch positiv verbunden. Der Berater könne sich sogar eine spontane, bedingungslose Zusage Trumps zur Schließung vorstellen, mit der der unter Beschuss stehende Präsident die Falken unter seinen Gegnern in Kongress und Senat noch ein letztes Mal richtig ärgern könne, ehe er möglicherweise schon bald seinem Vize Mike Pence den Schreibtisch im Oval Office überlassen muss.

In Richtung der Menschen der wirtschaftlich nicht gerade starken Region im Umkreis der Militärbasis gewandt sagte Schulz, er verstehe ihre Sorgen. Ihm sei klar, dass Ramstein ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor in der Pfalz sei, und es werde sicher nicht leicht werden, den Wegfall zu kompensieren und in gleichem Maße neue Arbeit zu schaffen. Die Aussicht auf global friedlichere Verhältnisse sei die notwendigen Anstrengungen aber auf jeden Fall wert. Er habe in seinem Schattenhaushalt deswegen einen großen Posten Strukturanpassungsgelder eingeplant, um Verdienstausfälle auszugleichen. Schulz betonte, dass kein Bürger vergessen werde, wörtlich: „Wir schaffen das!“ Wichtig sei, nicht nur auf die wirtschaftlichen Sorgen zu schauen, sondern Ruhe und Kraft zu ziehen aus der Überzeugung, das Richtige zu tun. Frieden sei eine Notwendigkeit und dürfe keine Frage der Wirtschaftlichkeit sein. Und nicht jeder könne für sich in Anspruch nehmen, entschlossen den Schritt über die Angst hinweg in eine humanere Welt getan zu haben, in der man sein Geld nicht länger mit Arbeit verdient, an der Blut klebt, mittelbar oder unmittelbar.

Mittelfristig, so Schulz außerdem, müsse man noch einen Schritt weiter gehen. Auch ein Austritt Deutschlands aus der Nato dürfe kein Tabu-Thema mehr sein, sondern müsse klar als Ziel formuliert, kommuniziert und angegangen werden, insbesondere in Anbetracht der nicht antastbaren einseitigen amerikanischen Dominanz in dem Militärbündnis. Allerdings, gab Schulz zu bedenken, könne dies nicht so schnell durchgesetzt werden wie die Schließung Ramsteins. Das Problem liege dabei weniger darin, erneut eine Zustimmung von Seiten Amerikas zu bekommen. Die Schwierigkeit, so Schulz, bestehe vielmehr darin, dass sich Deutschland gedanklich emanzipieren müsse. Die politischen Spitzenkräfte aller etablierten Parteien hätten seit Jahren erfolgreich die irrige Vorstellung propagiert, dass Deutschland auf Amerika als Beschützer gegen eine Bedrohung aus dem Osten angewiesen sei. Diese Fehlkonzeption aufzubrechen, das sei die Kernaufgabe. Was die eigene Partei angehe, habe Schulz seine Generalsekretärin bereits beauftragt, ein entsprechendes Programm zur Korrektur des fortschritt-blockierenden Glaubenssatzes zu erarbeiten. Eine effektive Friedens-Indoktrination von CDU-, CSU- und Grünen-nahestehenden Menschen sei allerdings eine Herkulesaufgabe, der er sich erst aus dem Kanzleramt heraus werde annehmen können.

Quelle: MNN online

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