Das öffentliche Scheitern einer versuchten Gehirnwäsche: Neue Umfragen belegen Medienkompetenz und Pazifismus der Bürger

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„Giftgas“ und „Hate Speech“ zum Trotz – ein großer Teil der Meinungsmache läuft ins Leere: Aktuelle Umfragen belegen eine ausgeprägte Medienkompetenz bei vielen Bürgern und eine große Sehnsucht nach deutsch-russischer Annäherung. Nur die Parteien trauen sich noch nicht, diese Stimmungen zu nutzen. Von Tobias Riegel.

Die antirussische Meinungsmache der letzten Jahre läuft zu weiten Teilen ins Leere, die große Mehrheit der Bürger weigert sich trotz immensen medialen Aufwands, Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin als Feind oder Gefahr anzuerkennen. Noch trauen sich aber kaum Politiker, daraus Kapital zu schlagen. Gleichzeitig weist die Mehrheit der Menschen die Versuche der großen Medien zurück, sich nach der Methode „Haltet den Dieb“ auf Kosten von „Hate Speech“ und „Fake News“ weißzuwaschen: Immer zahlreicher entziehen sie ihnen das Vertrauen. Zudem beweisen die Deutschen Medienkompetenz, indem sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwar scharf kritisieren, aber gleichzeitig das wichtige Prinzip eines öffentlich-rechtlichen Gegenpols zu den privaten Medienkonzernen verteidigen wollen.

Dies sind Ergebnisse von Umfragen aus der jüngsten Vergangenheit. Sie können Mut machen in einer Zeit, in der sensible Menschen an ihrem Verstand zu zweifeln begannen, angesichts des jüngsten medialen Versagens während der Kampagnen zu den Skripal- und „Giftgas“-Vorfällen.

Rasant erodierendes Medienvertrauen

Ein Teil der hier thematisierten Umfragen beleuchtet das rasant erodierende Medienvertrauen der Bürger in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. So hat das umstrittene Meinungsforschungsinstitut Forsa ermittelt, dass nur knapp die Hälfte der Bürger findet, dass ARD, ZDF und Deutschlandfunk (DLF) ihren Programmauftrag gut oder sehr gut erfüllen. Das positiv überraschende andere Ergebnis der Umfrage ist, dass fast drei Viertel der Bundesbürger dennoch dafür sind, dass das bestehende Rundfunksystem aus öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern erhalten bleibt. Positiv deshalb, weil die Menschen trotz der inhaltlichen Kritik nicht der Propaganda der Privatmedien gegen die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Leim gehen. Schließlich hat der Privatsender RTL diese Umfrage sicher nicht ohne Hintergedanken durchführen lassen.

Doch die Bürger spüren, dass das wichtige Prinzip eines öffentlich-rechtlichen Gegenpols zu den privaten Medienkonzernen nicht aufgegeben werden darf – all den Defiziten zum Trotz, die ARD, ZDF und DLF bei den Themen Russland, NATO, Finanzsystem, Rente, Linkspartei und vielen anderen aufweisen. Diese in der Umfrage dokumentierte Treue zum Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – bei gleichzeitig scharfer Kritik an dessen aktuellem Zustand – nimmt auch jenen Publizisten den Wind aus den Segeln, die Medienkritiker gerne als Viktor-Orbán- oder AFD-Anhänger klassifizieren wollen.

Eine andere aktuelle Umfrage des Unternehmens Civey kommt zu sehr ähnlichen Ergebnissen in Bezug auf „die Presse“ insgesamt: Mehr als die Hälfte der Deutschen (53,3%) gibt demnach an, kein Vertrauen in die Medien zu haben. Civey hat noch interessante Details zur Parteizugehörigkeit – die Grünen sind demnach die mit Abstand treugläubigsten Medienkonsumenten, FDP-Anhänger die zweit-kritischsten:

Quelle: Screenshot/Civey.com

Sensationell: 83 Prozent von antirussischer Propaganda unberührt

Ein Grund für die massenhafte Entfremdung der Menschen von ihrem Mediensystem könnte die Entkoppelung der veröffentlichten Meinung von der öffentlichen Meinung sein. Ein so drastisches wie erleichterndes Beispiel dafür liefern andere Umfragen aus der jüngeren Vergangenheit. So hat wiederum Forsa ermittelt, dass 83 Prozent der Bürger keine Angst vor Russland haben, dass 79 Prozent die USA als größere Gefahr betrachten und dass sich 94 Prozent der Menschen gute Beziehungen zu Russland wünschen. Eine Umfrage von YouGov für die Nachrichtenagentur dpa brachte zutage, dass 48 Prozent der Deutschen US-Präsident Donald Trump für die größte Gefahr für den Weltfrieden halten, aber nur 15 Prozent Wladimir Putin.

Diese Ergebnisse sind sensationell und ein Rückschlag für jene einflussreichen deutschen Redakteure, die seit Jahren versuchen, Russland und Putin zu dämonisieren – es hat nicht funktioniert. Die Umfragen sind Ausdruck des öffentlichen Scheiterns einer versuchten Gehirnwäsche. Die zahllosen antirussischen Artikel, Reportagen und Magazin-Cover waren nach dieser Lesart nicht nur potenziell volksverhetzend, sondern auch strategisch stümperhaft und unter dem Strich nicht erfolgreich.

Sicher – die jahrelange Wiederholung des feindlichen Russland-Narrativs ist nicht folgenlos geblieben: Die Stimmung ist vergiftet, noch immer trauen sich wenige Menschen, öffentlich für die deutsch-russische Freundschaft zu werben, viele Kanäle wurden gekappt, als die transatlantischen Netzwerke noch maximalen Einfluss hatten – doch der geht zurück. Und die große Gefolgschaft bei den Bürgern, etwa für einen Krieg, konnte trotz schwerster medialer Geschütze scheinbar nicht mal im Ansatz erzeugt werden.

Hacking, Giftgas, Homophonie: Die Medien haben ihr Pulver verschossen

Zudem haben „Bild“, “Spiegel“, „Süddeutsche Zeitung“, „Zeit“ oder Deutschlandfunk mit ihren in weiten Teilen substanzlosen Behauptungen zu Russland die Hacking-, Giftgas- und Homophobie-Hysterie bereits in solch infame Höhen geschraubt, dass sie nun kaum noch nachlegen können.

Man würde sich wünschen, dass die Parteien diese überdeutlichen Signale einer Sehnsucht nach deutsch-russischer Freundschaft wahrnehmen und aus der irrationalen Konfrontation ausbrechen – allen voran die SPD sollte doch die Chance des sich einschleichenden Machtverlustes der alten Strukturen beim Schopfe packen. Aber die Partei mit dem großen Erbe der Ostpolitik weigert sich, das politische Kapital, das gerade sie aus der überfälligen Annäherung an Russland schlagen könnte, auch zu nutzen.

Die Folgen unter anderem dieser Selbstzerstörung zeigt die letzte in diesem Text behandelte Umfrage, die die Sozialdemokraten bei 20 Prozent sieht. Wenn es noch einflußreiche Genossen mit ein bisschen Selbsterhaltungstrieb gibt, sollten sie jetzt anfangen, am Stuhl von Außenminister Heiko Maas zu sägen.

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