Mueller – der Super-GAU für die Glaubwürdigkeit der Mainstreammedien

Mueller – der Super-GAU für die Glaubwürdigkeit der Mainstreammedien

Mueller – der Super-GAU für die Glaubwürdigkeit der Mainstreammedien

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Ein Jahr lang kannten die großen US-Medienkonzerne nur ein Thema. Alleine die Branchengrößen Washington Post, New York Times, MSNBC und CNN widmeten „Russiagate“ und den Ermittlungen des Sonderbeauftragen Robert Mueller zusammen 8.507 Artikel – fast 30 pro Tag – und endlose Sendestunden. Doch der Mueller-Report erwies sich nun als Nullnummer, die „Wahrheiten“ der Mainstreammedien wurden als Verschwörungstheorien widerlegt. Die Folgen dieser vorhersehbaren Blamage sind noch gar nicht absehbar und werden uns auch in Deutschland noch lange im Positiven wie im Negativen begleiten. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die US-Mainstreammedien haben alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Schon im Wahlkampf gingen vor allem die liberalen Medienkonzerne schon früh in die Totalopposition zum Kandidaten Donald Trump und schlugen sich auf die Seite seiner Konkurrentin Hillary Clinton, die sie nicht nur publizistisch, sondern auch ganz massiv finanziell unterstützten. Natürlich dürfen – und sollen – auch Medienmacher eine politische Meinung haben und diese auch kundtun. Im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 überschritten die Medien jedoch kollektiv eine rote Linie. Während konservative Networks wie Fox sich schon fast traditionell als Kampfgefährten auf die Seite Trumps schlugen, warfen auch die liberalen Medien nicht nur ihre Neutralität, sondern auch ihre Professionalität schon früh über Bord und agierten nicht mehr wie unabhängige Beobachter, Analysten und Berichterstatter, sondern wie Verbündete Clintons. Aus unabhängigen Medien wurden Kombattanten.

Dies zeigte sich in besonderer Deutlichkeit in der Berichterstattung zu den „geleakten“ Mails, die ein schlechtes Licht auf Hillary Clinton und ihren damaligen Wahlkampfleiter John Podesta warfen. Der war es dann auch, der kurz nach der Veröffentlichung der internen Mails ein geniales Ablenkungsmanöver startete, indem er die Aufmerksamkeit des Publikums auf angebliche „russische Hacker“ lenkte. Mit tatkräftiger Unterstützung – vor allem der New York Times – strickten sich Demokraten zusammen mit den „Pro-Clinton-Medien“ eine Verschwörungstheorie zusammen, die später als „Russiagate“ Berühmtheit erlangen sollte. Heute wird gerne vergessen, dass „Russiagate“ vor allem eine Kopfgeburt von Medienkonzernen wie MSNBC war und diese Verschwörungstheorie Clinton im Wahlkampf gegen Trump unterstützen sollte.

Diese Strategie ist nicht aufgegangen. Doch anstatt selbstkritisch zu reflektieren und den ungeliebten Präsidenten Trump nun inhaltlich zu stellen – was ja nicht so fürchterlich schwer gewesen wäre – steigerten sich die Pro-Clinton-Medien gegenseitig in einen förmlichen Rausch hinein und machten Trump nun zum aktiven Mitverschwörer ihrer „Russiagate-Theorie“. Schnell entstand in der täglichen Dauerberieselung durch angebliche Experten und meinungsstarke, aber ahnungsschwache Kommentatoren eine postfaktische Parallelwelt, die schließlich in der Beauftragung des „Sonderermittlers“ Robert Mueller durch das Justizministerium im Mai letzten Jahres gipfelte.

19 Anwälte und ein Team von 40 FBI-Agenten, Geheimdienstanalysten und Forensikern haben seitdem mehr 2.800 Vorladungen, 500 Durchsuchungsbefehle und 230 Anträge zum Abhören von Telefongesprächen ausgestellt. 500 Zeugen wurden geladen. Eine gigantische Untersuchung, deren Ergebnis eine einzige Nullnummer ist. Zwar wiederholt auch der Mueller-Report – wie zuvor bereits befürchtet – die fragwürdige These, russische Hacker seien für den Cyberangriff auf Clinton und Co. verantwortlich. Dies war aber nicht Sinn und Zweck der Untersuchung und ist ohnehin belanglos, da dies keine juristischen Konsequenzen haben wird. Es gelang dem Sonderermittler trotz gigantischer Anstrengungen jedoch nicht, eine Indizienkette zwischen den vermeintlichen Hackern und dem Wahlkampfteam rund um Donald Trump zu finden.

In keinem einzigen Fall wird es zu einer Anklage kommen. Es ist, als habe Mueller mit einer Nadel einen Ballon zum Platzen gebracht und damit die Parallelwelt der Mainstreammedien zutiefst erschüttert. MSNBC-Sprecherin Rachel Maddow, eine der eifrigsten Verschwörungstheoretikerinnen in den US-Medien, musste sich sogar große Mühe geben, um ihre Tränen zu unterdrücken, während sie verbal auf den Boten der „schlechten Nachrichten“ eindrischt.

Für New York Times, Washington Post, MSNBC, CNN und Co. ist der Mueller-Bericht ein Super-GAU. Die „große Geschichte“ dieser Medien hat sich als Lüge herausgestellt. All die zahllosen Kommentare und Experten-Aussagen waren falsch. Die Medien haben den Ausstieg aus ihrer „Lebenslüge“ verpasst und prallen nun auf den harten Asphalt der Realität. Das tut weh und entschuldigt die Tränen. Die Folgen dieses Super-GAUs sind jedoch nicht minder dramatisch, denn mit dem Mueller-Report stirbt in den USA auch das Vertrauen in die Mainstreammedien.

Glenn Greenwald stellt dazu fest: „Während die liberalen Medien gehorsam die Sachen weitergegeben haben, die ihnen von CIA und FBI erzählt wurden, haben viele Reporter der Alt-Right-Medien, die gewöhnlich von den supersmarten Liberalen als primitiv und propagandistisch verunglimpft werden, sehr gut recherchiert und berichtet“. Dass es soweit kommen musste, liegt freilich in der Verantwortung der liberalen Mainstreammedien.

Man kann zu Trump stehen, wie man will. Wir von den NachDenkSeiten sehen Trump bekanntlich sehr kritisch. Jede noch so fundierte Kritik rechtfertigt jedoch nicht, es mit den Fakten und der Wahrheit nicht mehr so ernst zu nehmen und die Lüge zum Instrument des Kampfes um die Deutungshoheit zu machen. Der Zweck heiligt nun einmal nicht die Mittel und wenn die US-Medien nun vor den Trümmern ihrer Glaubwürdigkeit stehen, geschieht ihnen das vollkommen zu Recht. Es gab zahlreiche Mahner und Warner. Deren Bedenken wurden jedoch beiseite gewischt und man hat sich in einen kollektiven Wahn hineingesteigert. Da helfen dann auch Krokodiltränen nicht weiter.

Welche Folgen sich aus diesem Super-GAU noch ergeben, ist zur Zeit noch vollkommen offen. Während vereinzelt tatsächlich selbstkritische Zwischentöne zu hören sind, verdrängen die meisten Mainstreammedien ihre eigene Rolle im Fall „Russiagate“ lieber. Hat man die letzten zwei Jahre jeden Tag die Verschwörungstheorie der Absprache zwischen Russland und Trump rauf und runter gebetet, tut man nun so, als hätte man dies nie behauptet. So wird der „Mueller-Report“ zum Sargnagel für die Glaubwürdigkeit der US-Medien.

Die deutschen Medien können wohl nur von Glück reden, dass sich hierzulande trotz des Schlagzeilengewitters von SPON und Co. kein Mensch so recht für „Russiagate“ interessiert und die Hintergründe ohnehin nicht bekannt sind. Getreu dem Motto „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“ hält nun beispielsweise die Tagesschau den Ball flach, verwirrt ihre Zuschauer mit der Bewertung, „Trump sei noch nicht aus dem Schneider“, und schiebt die gesamte Ermittlung nun von der strafrechtlichen auf die politische Ebene. Klar – auf der politischen Ebene sind ja auch keine Beweise nötig und man kann auch „postfaktisch“ reüssieren. Es ist erstaunlich, wie auch deutsche Medien binnen zwei Jahren das „postfaktische Modell Trump“ selbst übernommen haben.

Doch auch hierzulande ist von Selbstkritik – vor allem bei der Tagesschau – natürlich überhaupt nichts zu spüren. Seit Gründung der NachDenkSeiten weisen wir Sie nahezu täglich auf die großen und kleinen Unwahrheiten und Lügen der Medien hin und seitdem hat sich nichts zum Besseren verändert. Im Gegenteil. Und so erodiert auch bei den großen Medien die Glaubwürdigkeit von Tag zu Tag. Nur auf „unseren eigenen“ Super-GAU müssen wir hierzulande noch warten.

Lesen Sie dazu auch: Matt Taibbi – It’s official: Russiagate is this generation’s WMD

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