Nach den jüngsten Angriffen der israelischen Luftwaffe auf den Gazastreifen erreichte uns dieser Brief über die verzweifelte Lage der dortigen Bewohner. Der Autor Abed Schokry ist ein Ingenieur, der in Deutschland studierte und mit seiner Familie in Gaza lebt. Wir geben seinen Brief hier im Wortlaut wieder.
Im argentinischen Patagonien, dem angestammten Territorium der indigenen Gemeinschaft Mapuche, wird zunehmend Land privatisiert und an ausländisches Kapital verkauft. Der englische Multimillionär Joe Lewis versperrt schon seit Jahren den öffentlichen Zugang zu dem See Lago Escondido (deutsch: Versteckter See). Ganz in der Nähe werden gerade die Quellen des Chubut-Flusses abgesperrt. Das Kapital scheint hier aus den Arabischen Emiraten zu kommen. Von Denali DeGraf.
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Der französische Verfassungsrat hat sein Urteil über die Rentenreform des Staatspräsidenten Emmanuel Macron gefällt. Mit seiner Billigung eines Großteils des Gesetzes ist der legale Weg zur Verabschiedung des Gesetzes beendet. Allerdings ist die Art und Weise, wie der Staatspräsident und seine Premierministerin die Durchsetzung der Erhöhung des Mindestrenteneintrittsalters durchgesetzt haben, der Grund dafür, dass der gesellschaftliche Widerstand und die Proteste in Frankreich nicht abreißen. Denn einmal mehr wurden die anachronistischen und undemokratischen Strukturen der V. Republik sichtbar. Ein Bericht von Sebastian Chwala.
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UN-Menschenrechtsbericht stößt auf deutlichen Protest. Kritiker bezeichnen ihn als einseitig und voller Falschinformationen. Die Nicaragua Solidaritäts-Koalition hat den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (United Nations Human Rights Council, UNHRC) aufgerufen, den im März veröffentlichten Bericht der „UN-Expertengruppe für Menschenrechte zu Nicaragua“ (GHREN) zurückzuziehen. In der Erklärung heißt es, der Bericht basiere nur auf dem Material von einer Seite in einem schweren und lang anhaltenden Konflikt. Dies trotz der Vorgabe, alle mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, die seit April 2018 in Nicaragua begangen wurden. Von Rudi Kurz.
Frankreich brennt. Die Menschen hassen ihren Präsidenten. Er tut ihnen nicht gut. Sie gehen auf die Straßen, sie protestieren, sie sind wütend. Sie wollen ein besseres Leben. Der Präsident will das nicht, zumindest nicht für sie. Er hat andere Auftraggeber. Seine Polizei dreht durch. Die Regierenden verlieren Anstand und Würde. Ein Gesetz (wie viele vorher) wird durch das Parlament gemogelt, ja gepeitscht. Es ist eines, welches dem Land, welches den vielen Bürgern schadet. Das Gesetz, die Umsetzung, die Anordnung, all das trägt der Präsident aus wie eine ätzende Verachtungsorgie gegen die eigenen Leute. Frankreich ist kein demokratisches Land mehr, es ist keine stolze Grande Nation. Die Wut der Menschen ist groß, dass wenige Mächtige sich anmaßen, über ein Volk zu bestimmen und es zu vertrösten und zu verhöhnen wie einst, als den Armen geraten wurde, bei Brotmangel doch Kuchen zu essen. Doch arm sind nicht die Armen, arm und ärmlich sind die Reichen. Ein Kommentar von Frank Blenz.
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Am vergangenen Samstag wurde in der Nähe der Stadt Freudenberg ein zwölfjähriges Mädchen auf dem Nachhauseweg ermordet. Unter Verdacht stehen zwei Mädchen im Alter von zwölf und 13 Jahren. In der Berichterstattung unserer Medien wird die Frage nach der Gewaltbereitschaft und ihren Ursachen (noch) nicht umfassend gestellt. Dabei läge es nahe, angesichts der Inflation von Morden im Fernsehen die Frage nach der Gewöhnung an diese Art von Gewalt zu stellen. Die Antwort ist nicht leicht, jedenfalls ist der Zusammenhang nicht linear: viele Morde im Fernsehen – viele Morde im Alltag. Aber ein bisschen selbstkritische Diskussion würde man sich doch wünschen, zum Beispiel auch über die Frage, welche Bedeutung der sogenannte Urknall, der Einzug des kommerziellen Fernsehens im Jahre 1984, für die weitere Entwicklung hatte. Das wird verdrängt. Weil es nicht in den ökonomischen Kram passt. Vielleicht sprechen Sie ja in Ihrem Freundes- und Familienkreis über die Zusammenhänge. Für diesen Zweck habe ich ein bisschen Material herausgesucht. Albrecht Müller.
Omar Coronel lehrt an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Pontificia Universidad Católica del Perú (PUCP) in Lima. Er ist außerdem Ko-Koordinator der interdisziplinären Forschungsgruppe für Konflikte und soziale Ungleichheiten (GICO) und spezialisiert auf Proteste und soziale Bewegungen in Lateinamerika. Im Interview spricht der Protestforscher über die Gründe der anhaltenden Proteste in Peru, erklärt, wieso im Süden des Landes deutlich mehr mobilisiert und protestiert wird als im Norden, und beleuchtet die bisherigen politischen und wirtschaftlichen Folgen der Krise.
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Hat die in der Silvesternacht aufbrechende Gewalt etwas mit der Entwicklung unserer Medien und insbesondere des Fernsehens zu tun? Das ist eine alte Frage, eine immer wieder gestellte Frage. Grob skizziert gibt es dazu zwei Positionen. Zum einen: Gewaltdarstellung führt nicht zu verstärkter Gewaltbereitschaft, eher wird sie abgebaut. Zum anderen: die Inflation der Gewalt im Fernsehen hat Auswirkungen. Diese Position ist weiter unten formuliert; ich halte sie für schlüssiger. Dessen ungeachtet sind in der Vergangenheit politische und medienpolitische Entscheidungen getroffen worden, deren Folgen wir heute jeden Tag besichtigen können. Albrecht Müller
Walentin Rybin ist einer der bekanntesten Rechtsanwälte der Ukraine. Er hat in den letzten acht Jahren vor Gericht ausschließlich Menschen verteidigt, die aus politischen Gründen angeklagt wurden. Zu seinen Mandanten gehörte der Oppositionspolitiker Viktor Medwedtschuk, der in Spanien lebende ukrainische Video-Blogger Anatoli Schari sowie einfache Bürger, die man verdächtigte, Separatisten oder Russland zu unterstützen. Weil ukrainische Nationalisten ihm mit Gewalt drohten, verließ er im März 2022 die Ukraine. Im September 2022 entzog ihm die Assoziation der Anwälte der Ukraine die Zulassung als Anwalt. Heute lebt Rybin in Sewastopol auf der Krim. Das Interview mit dem Rechtsanwalt führte Ulrich Heyden.
Auch sechs Tage nach der Amtsenthebung von Präsident Pedro Castillo halten die landesweiten Proteste in Peru an. Bis zum Dienstag sind auf Demonstrationen gegen die neue Präsidentin Dina Boluarte und den von Rechtsparteien dominierten Kongress sieben Menschen ums Leben gekommen. Menscherechtler kritisieren das gewaltsame Vorgehen der Polizei. Unter den Getöteten waren auch Minderjährige. Die nationale Koordinationsstelle für Menschenrechte rief die Sicherheitskräfte dazu auf, den Gebrauch von Schusswaffen einzustellen: Mehrere in den sozialen Netzwerken veröffentlichte Videos zeigen den gezielten Einsatz gegen unbewaffnete Protestierende. Von Quincy Stemmler.
Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat Radio France Internationale und France 24 ein sehr aufschlussreiches Interview gegeben. Er spricht über den Krieg Russland-Ukraine aus lateinamerikanischer Perspektive, die schwierige Rolle Kolumbiens als einziges „Partnerland“ der Nato in Lateinamerika, sein Verhältnis zu Venezuela, neue drogenpolitische Ansätze für sein Land, die geplante Agrarreform sowie die Verhandlungen mit allen bewaffneten Gruppen in seinem Land unter dem Motto des „Totalen Friedens“. Das Interview führten Angelica Pérez und Marc Perelman.
Was fällt einem beim Anblick geradezu kriegerisch ausgestatteter Polizisten in Städten mitten in Europa für eine Frage ein? Warum machen die das? Antwort: Weil sie es können, weil sie es sollen, weil es eine Machtdemonstration darstellt. Polis heißt eigentlich das Volk, Polizei steht bei derartig militantem Auftreten indes für etwas anderes, für das Volk agiert sie, meine ich, nicht. Die Mächtigen in Ländern des Wertewestens wie beispielsweise Frankreich oder Deutschland, also die Befehlshaber der Polizei drehen weiter an der Eskalationsschraube. Das Militärische bis tief in die Zivilgesellschaft hinein zu installieren, hat den Grund, den Status Quo „Oben und Unten“ zu zementieren und berechtigten Widerstand gegen gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche Ungerechtigkeiten massiv einzudämmen. Friedliche Zeiten sehen anders aus. Ein Kommentar von Frank Blenz.
Seit Wochen befindet sich Haiti im Aufruhr. Die brutale Erhöhung der Treibstoffpreise war der Auslöser dafür. Wir müssen nicht nur über die Gründe für den Aufstand berichten, sondern vor allem (wieder) deutlich machen, dass die Haitianerinnen und Haitianer zu Recht aufbegehren. Seit der Bekanntgabe der Verdoppelung des Benzinpreises am 11. September befindet sich Haiti wieder im Aufstand. Die Straßen sind verlassen, die Stadtviertel verbarrikadiert und die Städte leben im Rhythmus der Demonstrationen, die hier und da in Tumulte umschlagen. Wie bei der Volkserhebung von 2018/19 gegen teure Lebenshaltungskosten und Korruption, Oligarchie und Ungleichheit befindet sich Haiti im Modus peyi lock. Von Frédéric Thomas.
Am 5. September fanden in Leipzig mehrere Demonstrationen gegen die steigenden Energie- sowie Lebensmittelpreise und die damit einhergehenden massiven sozialen Verwerfungen statt. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete unter anderem in einem Live-Ticker darüber und verbreitete in diesem Zusammenhang eine nachweisliche Falschmeldung. Die Art und Weise, wie die Rundfunkanstalt mit dieser Fake News bis heute umgeht, wirft ein bezeichnendes Licht auf Arbeitsweise und Selbstverständnis bei diesem ARD-Ableger. Von Florian Warweg.
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Innerhalb von nur sieben Tagen sind in Deutschland bei Polizeieinsätzen drei Personen erschossen worden: Ein Flüchtling, ein Obdachloser sowie ein Straßenmusiker im Zuge einer Zwangsräumung. Des Weiteren starb ein 39-Jähriger nach Fixierung und Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei. Diese Häufung an Todesfällen ist zumindest für bisherige deutsche Verhältnisse ungewöhnlich und sie zeugen auch von den zunehmenden sozialen Verwerfungen in der Bundesrepublik. Von Florian Warweg.