Hinweise des Tages (2)

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Unter anderem zu folgenden Themen: Reiche Deutsche Bank; Banken als Hedge-Fonds; Banker vor den Richter; Deutschland ein Geldwäsche-Paradies; Klage gegen Schuldenbremse; Kommunen bankrott; das Rezept der Pharmaprofiteure; Griechische Tragödie; 90 Jahre Betriebsräte; BAföG-Bericht. (WL)

  1. Klamme Kunden machen Deutsche Bank reich
  2. Dem Staat reicht’s
  3. „Banken haben wie Hedge-Fonds gehandelt“
  4. Für die Banker wird es eng
  5. Geldwäsche-Paradies: OECD-Prüfbericht kritisiert Deutschland
  6. Die Bankenkanzlerin und ihr „Hehlerstaat“
  7. Münchau – Das Steuerzahler-Paradox
  8. Klage gegen Schuldenbremse
  9. Brüderle betraut offenbar externe Berater mit Steuerreform
  10. DGB-Vize Buntenbach: Die Rente mit 67 muss vom Tisch
  11. 13 Millionen Riester-Renten
  12. Bankrott deutscher Kommunen: Rezession der Demokratie
  13. ARD DeutschlandTrend Februar 2010: Mehrheit der Deutschen fordert von den Gewerkschaften mehr Zurückhaltung beim Tarifstreit im öffentlichen Dienst
  14. Pharmakritiker Sawicki: Das Rezept der Profiteure
  15. Omertà in Zossen?
  16. Sozis nun wieder gegen Sozialticket in NRW
  17. Neuseeland: Schafe plus Fremde
  18. Trotzige Schweden
  19. Griechische Tragödie
  20. Afghanistan, auf Dollars gebettet
  21. 90 Jahre Betriebsräte
  22. SPD-Fraktion fragt nach Wachstumstheorien
  23. BAföG: Achtzehnter Bericht zur Überprüfung der Bedarfssätze
  24. Rezension: An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen
  25. Zu guter Letzt: Schwarz-Gelb statt Schwarzgeld

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Klamme Kunden machen Deutsche Bank reich
    Die Deutsche Bank hat die Krise nicht nur weit hinter sich gelassen – mittlerweile profitiert sie mächtig von ihr: Vor allem die Anleiheflut klammer Staaten und Firmen bescherte dem Institut satte Erträge.
    Mit den Anleihen beschaffen sich die Schuldner Geld auf Kapitalmarkt – darunter eben auch Regierungen, die zur Finanzierung ihrer Notprogramme entsprechende Papiere herausgaben. Kreditinstitute wie die Deutsche Bank sind dann bei der Ausgabe und Platzierung solcher Anleihen behilflich. Es gilt eben das alte Monopoly-Prinzip: Am Ende gewinnt immer die Bank.
    Der neue Supergewinn wird getragen von einem dicken Plus im Investmentbanking. Wie gehabt scheffelten vor allem die Spezialisten in London Geld. In dem vergleichsweise riskanten Kerngeschäft erzielte das Institut im vergangenen Jahr mit 3,5 Milliarden Euro rund zwei Drittel des gesamten Vorsteuergewinns. Alle anderen Sparten waren zwar auch profitabel, schrieben aber keine Milliardengewinne.
    Quelle: SZ
  2. Dem Staat reicht’s
    Die Deutschbanker haben im vergangenen Jahr Milliarden verdient, vor allem im Geschäft mit Aktien, Anleihen und Derivaten. Im Investmentbanking also, so wie es Josef Ackermann vorhergesehen hatte. 
    Doch genau deswegen hat Ackermann immer noch ein Problem.
    Schließlich hat der Staat Milliarden in die Bankenrettung investiert, stellt die Zentralbank den Instituten das Geld quasi zum Nulltarif zur Verfügung. Hohe Gewinne gelten da nicht als Resultat unternehmerischer Spitzenleistung, sondern als Ausdruck einer Selbstbereicherung auf Kosten der Allgemeinheit. So entwickelt die Finanzkrise ihre ganz eigene Dialektik: Je mehr Geld das Kreditgewerbe verdient, desto stärker wächst die Wut auf die Bankenbosse. Und desto lauter werden die Rufe nach strengeren Regeln.
    Mit einem enormen Einsatz hintertrieb das Kreditgewerbe die Regulierungspläne. »Immer wenn eine neue Maßnahme vorgeschlagen wird, versuchen die Banken, sie dadurch zu verhindern, dass sie auf mögliche Nachteile hinweisen«, sagt der Ökonom Adam Posen, externes Mitglied im Rat der Bank of England. »Die Strategie der Branche besteht darin, zu attackieren, aber keine eigenen Vorschläge zu machen.«
    Bei einem Geheimtreffen von Bankern und Finanzaufsehern in der Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich am 9. Januar dieses Jahres kam es deshalb zum Schlagabtausch. »Unser Eindruck war: Die haben überhaupt nichts gelernt«, sagt einer der beteiligten Bankenkontrolleure.
    Quelle: Die Zeit
  3. „Banken haben wie Hedge-Fonds gehandelt“
    Soll man Geldhäusern das Spekulieren verbieten? Manfred Weber vom Bankenverband diskutiert mit Ökonom Heiner Flassbeck.
    Quelle: Focus Money
  4. Für die Banker wird es eng
    Nicht nur Steuerhinterzieher müssen Strafe fürchten, sondern auch die Finanzberater, die ihnen dabei helfen. Das Bankgeschäft ist gefährlich geworden.
    Es lässt sich voraussagen, dass es für einige der Bankmanager eng werden wird. Wenn die Ermittlungen gegen die Steuerhinterzieher anlaufen, werden sicherlich auch für einige Manager der Bank Aktenzeichen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vergeben werden.
    Quelle: SZ
  5. Geldwäsche-Paradies: OECD-Prüfbericht kritisiert Deutschland
    Schwere Vorwürfe werden der Bundesregierung wegen nachlässiger Geldwäsche-Bekämpfung gemacht!
    Die internationale Finanzarbeitsgruppe FATF bei der OECD legt am 17. Februar in Abu Dhabi einen Bericht vor. Im Entwurf, der BILD vorliegt, heißt es:

    • Deutschland sei vom US-Außenministerium als „großes Geldwäsche-Land” eingestuft worden.
    • Bei 22 von 49 Prüfkriterien falle Deutschland durch. 17-mal erhalte Deutschland die Bewertung „teilweise genügend“ und 5-mal „ungenügend“.
    • Mehr als 100 Milliarden Euro verliere Deutschland durch Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, listet der Bericht unter Berufung auf Ex-Finanzminister Peer Steinbrück auf.

    UND: Der Bericht prangert „potenzielle Sicherheitslücken” bei der Geldwäscheabteilung des BKA an.
    Quelle: Bild

  6. Die Bankenkanzlerin und ihr „Hehlerstaat“
    Immer wenn die großen Wirtschaftskriminellen in Bedrängnis geraten, entdecken ansonsten kluge und, was nicht immer dasselbe ist, juristisch geschulte Menschen “den” Rechtsstaat. Tatsächlich eignet er sich hervorragend, den Kapital-Verbrechern unter den Herrschaften der demokratiefreien Chefetagen den Rücken frei zu halten und Staatsorganen bzw. der Staatsregierung Verfassungsbruch vorzuwerfen, wenn sie sich zum Beispiel hinterzogene Steuermilliarden doch noch zu holen versuchen, die ins Ausland geschafft und in Banken gebunkert werden, die ohne die Steuerkriminellen wahrscheinlich bankrott machen würden. Jetzt soll sogar ein CDU-Mitglied die Bankenkanzlerin Merkel wegen der Zustimmung zum Kauf geklauter Daten angezeigt haben, obgleich dies eine Ihrer wichtigsten und besten Entscheidungen war, die sie in ihrer gesamten Amtszeit getroffen hat. Öffentlich empören sich Liberale aller politischen Lager über den “Hehlerstaat”. Wer Bankgeheimnisse klaut, ist ein Dieb. Wer könnte das bestreiten? Wer diese Geheimnisse kauft, ist ein Hehler, auch das ist unbestreitbar. Und wenn der Rechtsstaat sie kauft, ist er das – nach formallogischer Betrachtung – auch. Denn der klassische Rechtsstaat ist der liberale Rechtsstaat. Und der war – und wo er noch besteht – meist der bedingungslose Beschützer des Privateigentums, gleichgültig, durch welche Verbrechen es erworben und durch welche es vermehrt wurde
    Quelle: Business Crime Control e.V.
  7. Münchau – Das Steuerzahler-Paradox
    Die Summen, um die es bei der CD geht, sind aus volkswirtschaftlicher Sicht trivial. Der eigentliche Effekt, den die Bundesregierung mit ihrem geplanten Datenkauf erzielen wird, besteht in der Verängstigung gegenwärtiger und potenzieller Steuerhinterzieher. Ich gehe davon aus, dass das Maß der Steuerhinterziehung weit größer ist als offiziell geschätzt. Wenn das so ist, dann hätte es wichtige Konsequenzen für die Anreizstrukturen in unserer Volkswirtschaft. Rein ökonomisch gesehen ist der Kauf der Steuer-CD dann in letzter Konsequenz eine saftige Steuererhöhung für Deutschlands gewerbetreibende Mittel- und Oberschicht, und zwar unabhängig davon, wie man den Vorgang rechtlich und moralisch beurteilt. Der effektive Steuersatz der Leistungsträger, wie die FDP diese Gruppe nennt, nähert sich immer mehr den offiziellen Steuersätzen an. Der Höchststeuersatz ist nominal 45 Prozent, was plus Soli, plus Abgaben einen effektiven Steuer- und Abgabensatz von rund 50 Prozent ausmacht. Es gibt hierzu keine verlässlichen Statistiken, aber ich würde schätzen, dass der effektive Steuersatz für einen Leistungsträger der alten Bundesrepublik in der Gegend von einem Drittel lag und nicht bei 50 Prozent wie heute.
    Die zukünftige deutsche Steuerpolitik wird diese Realitäten berücksichtigen müssen. Denn wenn Steuern nicht nur nominal, sondern auch real hoch sind, wird man kaum sein Geld hierzulande investieren. Für Unternehmer, insbesondere für Neugründer, wird Deutschland zusehends uninteressant, wenn alle tatsächlich so viel Steuern zahlen, wie sie eigentlich müssten. Das ist übrigens keine rein deutsche Problematik. Auch die Franzosen haben schon entsprechendes Datenmaterial gekauft. Und selbst die Italiener sind angesichts ihrer Haushaltslage nicht mehr bereit, großflächige Steuerhinterziehung zu tolerieren. Alle werden sich die ökonomischen Konsequenzen überlegen müssen. Und die wiederum sind komplex. Die Steuersünder sind zumindest noch im Inland tätig, entrichten dort Einkommensteuer, zahlen Mehrwertsteuer und beschäftigen oft noch Mitarbeiter, die ebenfalls Steuern bezahlen. Wenn diese Leistungsträger aus irgendeinem Grund ganz ausfallen oder sich verlagern, dann sind die Verluste daraus möglicherweise höher als die Einnahmen, die man durch Steuereintreib-Aktionen erzielen kann.
    Quelle: FTD

    Anmerkung O.P.: Advocatus diaboli, Wolfgang Münchau,  argumentiert streng ökonomisch. Steuerhinterziehung ist verwerflich, aber wer Steuerhinterzieher konsequent verfolgt, muss die Steuern senken, sonst geht der deutsche Leistungsträger mit seiner Produktion in das Ausland, wo die Steuersätze niedriger sind (oder wo er besser Steuern hinterziehen kann). Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt. – Münchau entdeckt sozusagen ein neues Verlagerungsmotiv: nicht die Arbeitskosten oder die Unternehmenssteuer, sondern die Einkommensteuer der Manager und Unternehmer der gewerbetreibende Mittel- und Oberschicht. Ich stelle mir schon vor, wie unsere mittelständischen Zulieferer in die Schweiz ziehen und “just in time” über die Schweizer Straßen donnern um z.B. Auspuffrohre  nach Wolfsburg zu VW zu liefern. Die Straßenmaut ist dort viermal so hoch wie in Deutschland und gilt dort auf allen Straßen und für alle Lkws. Natürlich muss man kantonal differenzieren, Zürich mit einem Spitzensteuersatz von ca. 40 Prozent kommt nicht mehr in Frage, dann schon eher Obwalden – schon der Name klingt verführerisch. Andere Länder kommen kaum mehr in Frage, da ja, worauf Münchau auch hinweist, das alteuropäische Umfeld auch steuersensibel geworden sind. Da wären natürlich noch unsere osteuropäischen Nachbarn: Slowakei (19%  Flat Tax), Tschechien (15% Flat Tax). Natürlich hängt da auch noch die Frage in der Luft, bleibt es bei der Flat Tax? Polen mit einem Spitzensteuersatz von 40 % ist leider nicht sonderlich attraktiv. Und wie ist das mit der deutschen Belegschaft, zieht die auch um? Aber vielleicht gibt es in diesen Ländern doch noch mehr qualifiziertes Personal, als bisher händeringend gesucht? Bliebe natürlich China, 400. 000 Ingenieure jährlich! Ach Herr Münchau, ich befürchte, es scheitert schon daran, dass unsere “Leistungsträger” doch nicht so weltoffen sind, um eben einmal Tschechisch oder chinesisch zu lernen. Trotzdem, netter Versuch, der FDP ein Argument an die Hand zu geben: wenn schon keine Steuerhinterziehung, dann wenigstens Steuersenkung. Interessant ist, dass Wolfgang Münchau zwar die Summen auf der CD für trivial hält, aber mehr oder weniger die gesamte gewerbetreibende Mittel- und Oberschicht verdächtigt, Steuern zu hinterziehen.

  8. Klage gegen Schuldenbremse
    Gegen die Schuldenbremse der Bundesregierung hat der Landtag von Schleswig-Holstein Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das gab Landtagspräsident Torsten Geerdts (CDU) am Donnerstag in Kiel bekannt.
    Laut der Kernaussage der Klageschrift verlieren die Bundesländer mit der Verankerung eines strikten Schuldenverbots im Grundgesetz “einen wesentlichen Teil ihrer haushaltspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten”. Damit verstoße die Regelung gegen das verfassrechtlich garantierte Bundestaats- und Demokratieprinzip.
    Bei aller Notwendigkeit einer nachhaltigen Schuldenregelung im Interesse kommender Generationen, gehe es aus Sicht des Landtags dabei aber auch um die “Verteidigung der Länderhoheit gegenüber dem Bund”, so Geerdts. Die Klage habe daher eine generelle politische Stoßrichtung.
    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung WL: Das merken die Kieler leider zu spät. Die Länder hätten schon lange vor der Verabschiedung der „Schuldenbremse“ wissen müssen, dass sie haushaltspolitisch nichts mehr zu sagen haben.

  9. Brüderle betraut offenbar externe Berater mit Steuerreform
    Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) kommt einem Zeitungsbericht zufolge seinem Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble (CDU) ins Gehege. Brüderle will externe Berater beauftragen, einen umfassenden Maßnahmenkatalog von Steuervereinfachungen zu erarbeiten, berichtet das “Handelsblatt” unter Berufung auf eine öffentliche Ausschreibung des Ministeriums. Demnach sollen die Experten über die im Koalitionsvertrag bereits vereinbarten Steuervereinfachungen hinaus “weitere Maßnahmen vorschlagen” und den Vertrag als “nicht abschließend ansehen”.
    Quelle: N24
  10. DGB-Vize Buntenbach: Die Rente mit 67 muss vom Tisch
    Der gesetzliche Auftrag zur Überprüfung der Rente mit 67 ist sehr umfassend und bezieht sowohl die Lage auf dem Arbeitsmarkt als auch die wirtschaftliche als auch die soziale Situation Älterer ein. Mit unseren Monitoring-Berichten nehmen wir diese Rahmenbedingungen von allen
    Seiten unter die Lupe. Wir werden es der Bundesregierung nicht durchgehen lassen, die Probleme klein zu reden oder nur auf den nächsten Aufschwung zu verweisen. Schon vor der Krise war die Rente mit 67 nicht zu rechtfertigen. Jetzt befinden wir uns aber in einem epochalen Einbruch der Wirtschaft, der noch lange am Arbeitsmarkt nachwirken wird. Die Fakten untermauern unsere Forderung, dass die Rente mit 67 wenigstens auf Eis gelegt werden muss. Es war ein großer Fehler, die Einführung der Rente mit 67 zu beschließen, ohne dass auch nur ansatzweise Perspektiven dafür aufgezeigt wurden, wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger arbeiten können.
    Die Rente mit 67 wird für die meisten unerreichbar sein und deshalb zu einer reinen Rentenkürzung, die das Fass zum Überlaufen bringt. Gerade in der Krise brauchen wir flexible Übergänge und Beschäftigungsbrücken zwischen Jung und Alt. Die Rente mit 67 muss deshalb vom Tisch.
    Quelle: Gute Arbeit [PDF – 2.4 MB]
  11. 13 Millionen Riester-Renten
    Am Vormittag hat das Bundessozialministerium neue Daten zur Riester-Rente veröffentlicht. Demnach haben allein im letzten Quartal 2009 sich 362.000 Menschen neu für eine einen Riester-Vertrag zur Altersvorsorge entschieden. In 2009 stieg die Zahl der Verträge insgesamt um gut 1,1 Millionen auf nun 13.25 Millionen. Bundessozialministerin Ursula von der Leyen zeigt sich erfreut über den Zuwachs: “Die positiven Zahlen zeigen, dass die Deutschen auch in wirtschaftlich schwieriger Zeit sehr verantwortlich Vorsorge für ihr Alter treffen. Das ist ein gutes Signal”.
    Quelle 1: Ihre Vorsorge

    Anmerkung MB: Dieses Internetportal ist – wir hatten das Thema zuletzt schon mehrfach – eine Initiative der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See – wird also vermutlich durch Rentenversicherungsbeiträge finanziert. Dass die Bundesarbeitsministerin sehr erfreut über den Zuwachs von Riester-Renten ist, lässt sich in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr ändern. Dass „Ihre Vorsorge“ das so zitiert, kann nicht zum Vorwurf gemacht werden. Aber dann kommt wieder dieser Unfug, das Potential sei nicht ausgeschöpft, es gebe potentiell über 38 Millionen Riester-Rentner.

    Quelle 2: NachDenkSeiten, Hinweise des Tages vom 20.01.2010

  12. Bankrott deutscher Kommunen: Rezession der Demokratie
    Als Kenner von Schuldenbergen kündigt der “Städtetag” die schwerste Finanzkrise der Kommunen in der Geschichte der Bundesrepublik an.  Nicht erst jetzt zeichnet sich ab, dass die Krise eine der essentiellen Grundlagen der Kommunen weiterhin unterhöhlen wird: die kommunale Selbstverwaltung. Die Kommune wird zum Bittsteller. In diesem Prozess wird sich die Konkurrenz zwischen städtischer Sozialpolitik und kommunaler Kulturpolitik weiterhin verschärfen, was wiederum weitere Strategien des flotten Outsourcings kultureller Leistungen beschleunigen wird. In Wuppertal soll das Schauspielhaus geschlossen werden, nicht nur in der Hauptstadt wurden Musikschulen und Büchereien aufgegeben. Sportanlagen verwahrlosen. Die kulturelle Daseinsversorgung wurde ebenso ausgedünnt wie am Mercedesstandort Sindelfingen, wo Schulen zusammengelegt und Abenteuerspielplätze aufgegeben werden. In Oberhausen, einer Stadt, die bankrott ist, wird der Busfahrplan zusammengestrichen, Busse fahren nicht mehr bis 23, sondern nur noch bis 21 Uhr – mit Auswirkungen auf die Bilanzen des Theaters, der Kinos, der Kneipen. Angesichts dieser Strukturkrise ist ein weiterer Kollaps absehbar – ein Demokratie-relevanter. In dem Maße, in dem sich die Kommunen aus der Finanzierung kultureller Angebote verabschieden, verliert auch der Staat seine ständigen Vertretungen, Name, Anschrift, Gestalt. Wo sonst vergegenständlichen sich Demokratie und Gemeinwesen wenn nicht gerade in ihren Institutionen. Jede Schließung von Repräsentationsräumen des Staates dürfte mental nicht ohne Folgen bleiben. Wo Jugendzentrum oder Schwimmbad, Stadtbücherei oder Abenteuerspielplatz nicht mehr genutzt werden können, wird das Vertrauen in das Dienstleistungssystem Demokratie empfindlich gestört. Schwimmbad oder Stadtteilbücherei, das Jugendzentrum oder der Spielplatz sind Schauplätze nicht allein der Partizipation und der Integration, sondern Kommunikationsräume, womöglich gar einer unausgesprochenen Loyalität zum Staat.
    Quelle: FR
  13. ARD DeutschlandTrend Februar 2010: Mehrheit der Deutschen fordert von den Gewerkschaften mehr Zurückhaltung beim Tarifstreit im öffentlichen Dienst
    Eine Mehrheit der Deutschen fordert von den Gewerkschaften mehr Zurückhaltung beim Tarifstreit im öffentlichen Dienst. 55 Prozent sind der Ansicht, “die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst sollten mit ihren Forderungen zurückhaltender sein, weil dem Staat Geld fehlt”. 42 Prozent sind hingegen der Meinung, “die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sollten ihre Forderungen durchzusetzen versuchen wie in anderen Branchen auch”. Für diese Umfrage im Auftrag der ARD-Tagesthemen hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap von Dienstag bis Mittwoch dieser Woche 1.000 Bundesbürger telefonisch befragt.
    Quelle: Finanznachrichten

    Anmerkung MB: Die Gehirnwäsche funktioniert offensichtlich prächtig. Es soll bei Tarifforderungen Zurückhaltung geübt werden, weil dem Staat (der seit Jahrzehnten kaputt gespart und privatisiert und reformiert wird) Geld fehlt. Welche Rolle spielt bei dem Ergebnis ein altes Rollenbild vom Öffentlichen Dienst als Behörden- und Beamtenstaat? Welche Rolle spielen Klischees wie „Der Staat muss schlanker werden – das können Privatunternehmen besser“? Welche Rolle spielen Aspekte der Staatsfinanzen wie der Bankenrettungsschirm und die Steuersenkungen für Hotelbetriebe? Wir können es nicht beurteilen, da die komplette Studie derzeit noch nicht im Netz verfügbar ist – jedenfalls nicht bei Infratest-Dimap.

  14. Pharmakritiker Sawicki: Das Rezept der Profiteure
    Betrügen, bestechen, Studien unterschlagen: Der geschasste Pharmakritiker Peter Sawicki spricht im FR-Interview über seine Erfahrungen mit einer mächtigen Lobby, die Gründe seiner Ablösung und das Versagen der Unternehmen.
    Quelle: FR
  15. Omertà in Zossen?
    Ein Klima der Angst und des Schweigens nützt Rechtsextremen: Was Deutschland aus dem Kampf gegen die Mafia in Süditalien lernen kann. Beim Einsatz für eine demokratische Kultur in beiden Ländern fallen einem zahlreiche Parallelen zwischen bestimmten Regionen in Italien und in Deutschland ins Auge. Denn das, was in Zossen geschehen ist, zeigt, mit welchen Bedrohungen die Bürger mancher Regionen Italiens schon lange leben müssen – Bürger, die sich für ein selbstbestimmtes und angstfreies Leben in einer demokratischen Gesellschaft einsetzen.
    Quelle: taz
  16. Sozis nun wieder gegen Sozialticket in NRW
    Das neue Ticket soll im August auf den Markt kommen und zwischen 15 und 23 Euro kosten – je nachdem, ob die Kunden es bereits vor oder erst nach neun Uhr nutzen. Von den acht Millionen Menschen im VRR-Raum sollen nach dem Willen von CDU und Grünen nicht nur Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung und Asylbewerber anspruchsberechtigt sein. Auch Geringverdiener, deren Einkommen zehn Prozent über dem Hartz-Regelsatz liegt, profitieren von dem Sozialticket: Innerhalb ihres Wohnorts können sie den öffentlichen Nahverkehr künftig beliebig oft nutzen. In den Städten zwischen Düsseldorf und Dortmund kostet die einzelne Fahrt heute 2 Euro 30, ein stadtweit geltendes Viererticket bereits acht Euro. “Für die Mobilität sozial Schwacher ist das Ticket ein Meilenstein”, sagt der Chef der Grünen in der VRR-Verbandsversammlung, der Dortmunder Ratsherr Mario Krüger. “Wir wollen die unterstützen, die existenzielle Probleme haben”, erklärt der CDU-Fraktionschef aus Duisburg, Frank Heidenreich.
    “Das Sozialticket darf die Nahverkehrsbetriebe und die Kommunen nicht belasten”, findet etwa der Chef der stadteigenen Essener Verkehrsbetriebe, Horst Zierold – und warnt vor zusätzlichen Einnahmeverlusten von zwei bis drei Millionen Euro im Jahr. Unterstützt wird der Widerstand ausgerechnet von den Sozialdemokraten im VRR. Deren Chef, der Dortmunder Ernst Prüsse, hält das von seiner Fraktion lange geforderte Ticket plötzlich für nicht mehr finanzierbar. Die steigenden Defizite würden zu weiteren Lohnkürzungen führen, meint der Sozialdemokrat: “Erklären Sie das mal einem Busfahrer.”
    Quelle: taz

    Anmerkung O.P.: Da herrscht anscheinend wieder einmal der übliche Reflex, dass das, was der politische Gegner vorschlägt, grundsätzlich des Teufels ist. Auch die Linke scheint inzwischen solchen Reflexen zu gehorchen. Selbst wenn das nur Wahlkampfmanöver sind und die Reaktion Landesverkehrsminister deutet darauf hin. Warum aber nicht dem guten Mann z. B auf die beanstandeten Ausgaben des Landesrechnungshofes hinweisen? Im Jahresbericht 2009 wurden  insgesamt 86,6 Millionen Euro und von den nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter 130,9 Millionen Euro beanstandet. Natürlich hängt da die SPD kommunal mit drin. Noch besser wäre es, mit eigenen, etwas phantasievolleren Strategien aufwarten, als auf Lohnkürzungen bei den Busfahrern hinzuweisen. Wie wäre es mit einer City-Maut und dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs?

  17. Neuseeland: Schafe plus Fremde
    Selbst Neuseeland ist der Finanzkrise betroffen. Neuseeland ist ein Zielgebiet für den sogenannten “Carry Trade”, der die Zinsdifferenz zwischen verschiedenen Ländern ausnutzt. So liegen die Leitzinsen in den USA bekanntlich bei faktisch null Prozent; in der Eurozone sind es 1,0 Prozent. Daher verschulden sich die Spekulanten in diesen Währungen – und tauschen das Geld dann in neuseeländische Dollar um, weil in Neuseeland die Zinsen noch immer deutlich höher liegen. Die rege Nachfrage wertet den Dollar auf, so dass die Spekulanten nicht nur einen Zins-, sondern auch einen Kursgewinn verbuchen können. Dieses Treiben ließe sich nur unterbinden, wenn auch die neuseeländische Zentralbank ihren Leitzins gen null senken würde, doch scheidet diese Maßnahme schon deswegen aus, weil sich Neuseeland zwar gern als “Exportwirtschaft” bezeichnet, faktisch jedoch vor allem ein Importland ist – und chronisch mehr ein- als ausführt. Milch und Holz bringen auf dem Weltmarkt nicht genug, um all die Autos und Maschinen zu bezahlen, die ihren Weg nach Neuseeland finden. Das Land ist überschuldet, und die internationalen Kreditgeber erwarten natürlich Zinsen für ihre Darlehen.
    Um diesem Teufelskreis zu entkommen, forciert Neuseeland eine Wachstumspolitik der eigenen Art: die Einwanderung. Seit 2000 hat sich die Zahl der Neuseeländer von 3,857 auf aktuell 4,35 Millionen erhöht. Das Kalkül ist schlicht und wird von den heimischen Analysten gar nicht erst geleugnet: Man spekuliert auf das Geld der Migranten. Viele von ihnen haben Besitztümer in der Heimat verkauft, um ein neues Anwesen in Neuseeland zu erwerben. Dafür zahlen sie gern auch Preise, die kein Neuseeländer mehr aufbringen könnte, wirken die Immobilien doch billig auf die Neuankömmlinge. Neuseeland hat sich damit auf eine besondere Form des exponentiellen Wachstums eingelassen: Die Bevölkerung muss immer schneller steigen, damit der Lebensstandard für alle möglichst stabil bleibt. Es lebt also nicht nur von seinen Schafen, sondern auch von den Fremden, an die es seine Pässe austeilt.
    Quelle 1: taz

    Anmerkung O.P.: Schön, dass Ulrike Herrmann an Neuseeland erinnert. Was waren das  für Debatten, als Neuseeland als ‚Gelobtes Land‘ der Liberalisierung und Privatisierung galt. Die frühere Ministerpräsidentin Clark (Labour Party 1999 bis 2008), die das Land von diesem Kurs wieder abbrachte, bezeichnete die Folgen als Desaster: „Zum Beispiel die Privatisierung der Eisenbahn und auch der Fluggesellschaft. Wir mussten beide in den letzten fünf Jahren zurückkaufen, sonst hätte Neuseeland weder das eine noch das andere. In der Telekommunikation wurde aus dem Staatsmonopol ein Privatmonopol, das Mitbewerbern den Zugang verwehren konnte. Wir haben große Mühe, das zu korrigieren. … Die privaten Energiekonzerne … haben über Jahre hinweg nur den Profit abgezogen und weder in Instandhaltung noch Erneuerung des Netzes investiert. Ähnlich erfolglos war der Verkauf der Banken: der Postbank und auch der Bank of New Zealand. Es gibt heute keine neuseeländische Bank von Rang mehr, die meisten sind in australischer Hand. Und weil diese Großbanken kein Interesse am kleinen Mann haben, konnte man in manchen Städten jahrelang kein Konto mehr eröffnen. Die Regierung musste auch da einspringen und hat in den Postfilialen eine Bank eingerichtet.“ Dass angesichts der beginnenden Finanzkrise und schlechter Konjunkturaussichten ausgerechnet der ehemalige Investmentbanker John Key (Schwerpunkt Währungshandel) Clark dann ablöste ist ein besonderer Witz. Einen deutlichen Politikwechsel implizierte dieser Wechsel allerdings  nicht.

    Quelle 2: NZZ

  18. Trotzige Schweden
    Die Schweden pfeifen auf die Vorratsdatenspeicherung und wollen kein Gesetz dazu verabschieden. Sie ignorieren sogar eine Verurteilung durch die EU. Auch aus Angst vor der Piratenpartei.
    Quelle: taz
  19. Griechische Tragödie
    1. Fricke – Ehrenrettung für Griechenland
      Das Geschimpfe auf die Griechen nimmt kriminell-groteske Züge an. Vielleicht deshalb, weil sich bei seriöser Ursachensuche mancher Stabilitätsmahner aus Frankfurt, Brüssel und Berlin als mitschuldig entpuppen würde. Zu einem negativen Saldo gehören auch immer zwei Seiten: zum Beispiel eine deutsche, deren Protagonisten jahrelang alles darangesetzt haben, die eigene Wirtschaft durch Reform und Verzicht wettbewerbsfähiger als andere zu machen – und die sich jetzt wundern, dass die anderen nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dann in Krisen stürzen.  All das enthebt griechische Politiker nicht der Verantwortung. Das ist nur ein Teil der Geschichte. Nicht allein der griechische Staat wird jetzt von jenen Finanzhändlern mit Panikprämien bestraft, die er – wie andere – mit viel Steuergeld gerade vor dem Absturz und steigenden Prämien gerettet hat. Eine solche Krise lässt sich weder durch plumpe Klischees noch durch Kontrollorgien gegen griechische Regierende beheben. Dazu gehört mehr: eine EU-Kommission, die aufhört, einen angeblich tollen Steuersenkungswettlauf zu predigen, den am Ende keiner bezahlen kann; eine Notenbank, die ihren Job auch darin sieht, überteuerte Wechselkurse zu verhindern; oder eine Bundesregierung, die aufhört, Moralapostel zu spielen, und stattdessen das naive Modell aufgibt, Deutschland via sinkende eigene Ansprüche auf Kosten anderer sanieren zu wollen. Und, natürlich, Finanzmarktjongleure, die sich einen anderen Job suchen sollten, bevor sie den Kontakt zur Wirklichkeit komplett verlieren und das nächste Land in den Ruin spekulieren.
      Quelle: FTD
    2. Angst vor Domino-Effekt: Griechische Tragödie wird zum weltweiten Drama
      An den Kapitalmärkten hält die PIIGS-Krise – die Abkürzung steht für Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien – die Investoren weiterhin in Atem. Die Risikoaufschläge bei Kreditderivaten weiteten sich aus, die Börsen gaben deutlich nach, – und der Euro wertete gegenüber dem Dollar ab. “Die Angst in Europa greift um sich. Die Verschuldungsproblematik könnte einen Dominoeffekt nach sich ziehen”, sagte Toshiya Yamauchi, Währungsstratege bei Ueda Harlow in Tokio.
      Quelle: FTD

      Anmerkung O.P.: Wie schön das sich der Euro-Kurs wieder einem normalen Niveau nähert. Der ideale, mittelfristige Wechselkurs von Euro zum US-Dollar für Deutschland sollte eigentlich an dem Punkt liegen, an dem die Kaufkraftunterschiede zwischen Deutschland und den USA ausgeglichen werden. Aber leider wird es bei dieser Annäherung an diesen Punkt nicht bleiben. Dafür werden Währungsexperten wie der obige Toshiya Yamauchi von Ueda Harlow schon sorgen. Es sind goldene Zeiten für Finanzmarktjongleure und sie werden den Teufel tun und auf realwirtschaftliche Hintergründe des Börseneinbruchs in den USA oder Europa verweisen wie z.B. die schwachen deutschen Industrieaufträge oder die immer noch ansteigende Arbeitslosigkeit in den USA, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Konsum. – Wie gesagt goldenen Zeiten für Finanzmarktjongleure, es stünde der FTD gut an darauf hinzuweisen, dass die im obigen Artikel genannten Analysten als Spekulanten ein Eigeninteresse an der jetzigen Situation haben: unsichere Märkte sind ideale Geschäftsvoraussetzungen. Auf Bloomberg lief die Botschaft eines solchen Experten. Jeder Erdenbürger solle US-Staatsanleihen leerverkaufen, das sei ein Selbstläufer. Na dann!

  20. Afghanistan, auf Dollars gebettet
    Die Militärhilfe steht täglich in den Schlagzeilen. Wie aber steht es um die Entwicklungshilfe? Immerhin geben jährlich rund 70 Länder, internationale sowie Tauende von privaten Organisationen mehrere Milliarden Dollar für Afghanistan aus. Afghanistan erhielt von 2002 bis 2008 19,6 Milliarden Dollar an öffentlicher Entwicklungshilfe. Das Volumen nahm dabei stetig zu. Der Internationale Währungsfonds (IWF) setzt das Bruttoinlandsprodukt von Afghanistan fürs Jahr 2007 auf zehn Milliarden Dollar an. Der Anteil der Investitionen daran dürfte sich auf maximal zwei Milliarden Dollar belaufen, gemessen am Standard vergleichbarer Länder (genaue Zahlen gibt es nicht). Maximal eine weitere Milliarde – wiederum hochgerechnet anhand des Standards vergleichbarer Länder – dürfte Afghanistan für sein Militär ausgeben. Macht zusammen drei Milliarden. Wenn man diesem Betrag die vier Milliarden Dollar Hilfe gegenüberstellt, die Afghanistan in jenem Jahr allein gemäß der OECD-Statistik erhielt, so heißt dies: Rechnerisch konnte das Land schon allein aus der bekannten öffentlichen Entwicklungshilfe all seine Investitionen plus sein Militär plus Teile seines Konsums bezahlen, ohne einen Cent selbst erwirtschaften zu müssen. Der IWF ermittelte Währungsreserven, die im Mittel der Jahre Jahr 2007 und 2008 brutto knapp 2,8 Milliarden Dollar betrugen. Für 2009/2010 werden 3,3 Milliarden erwartet. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von zehn Milliarden ist das ein außerordentlicher Überfluss an Kapital, für das die Regierung in Kabul im Inland offenbar keine Verwendung hat. Wenn die Afghanen mit ihren Währungsreserven das machen, was viele Länder machen, so werden sie weitgehend US-Anleihen gekauft haben. Damit hätten wir den absurden Fall, dass die Weltgemeinschaft Afghanistan Milliarden schenkt, worauf es diese wiederum zu einem erheblichen Teil den USA als verzinslichen Kredit zur Verfügung stellt.
    Es ist zu vermuten, dass die Londoner Konferenz die Hilfe noch wesentlich erhöhen wird. Sie kann wegen der Unsicherheit gerade in den Regionen, wo die Not am größten ist, überhaupt nicht eingesetzt werden. Zudem sind nur relativ wenige ausländische Experten bereit, im Land zu arbeiten. Eine qualifizierte Planung und Umsetzung der Projekte ist daher weitgehend unmöglich.  Omar Zakhilwal, der Gouverneur der Zentralbank, sagte im Oktober beim IWF-Jahrestreffen: „Derzeit werden 80 Prozent der an Afghanistan geleisteten Entwicklungshilfe außerhalb des offiziellen Etats abgewickelt.” Und damit verhindere sie auch, dass sich die Afghanen damit identifizierten. Es ist im Zusammenhang mit dem Land stets von der hohen Korruption die Rede. Das besonders Bedrohliche an der afghanischen Korruption aber liegt in demUmstand, dass die Entwicklungshilfe am Staat vorbei geleistet wird. Die Gelder fließen damit weitgehend in die den Staat bedrohenden Gruppen: Taliban, Milizen, Warlords, Opium-Barone und Banditen.
    Quelle: www.bonner-aufruf.eu
  21. 90 Jahre Betriebsräte
    1. Als Krisenmanager bewährt
      „Am 4. Februar 1920 trat das Betriebsrätegesetz als Vorläufer der heutigen Betriebsverfassung in Kraft. Seitdem gibt es – unterbrochen durch den Faschismus – demokratisch gewählte BelegschaftsvertreterInnen in Betrieben und Aufsichtsräten. Besonders in Krisen bewähren sich Betriebsräte als Teil der industriellen Demokratie. Demokratie im Betrieb schützt die Arbeitneh-merInnen vor unternehmerischer Willkür, sichert den Betriebsfrieden und stärkt die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen …“
      Quelle: DGB-Pressemitteilung
    2. Geschichte der betrieblichen Mitbestimmung: 90 Jahre Betriebsrätegesetz
      „Am 4. Februar 1920 wurde erstmals eine gewählte Interessenvertretung der Arbeitnehmer rechtlich verankert. Das Betriebsrätegesetz forderte für Betriebe mit mehr als zwanzig Beschäftigten einen Betriebsrat. IG Metall-Experte Peter Donath erklärt, warum das Gesetz so wichtig war und ist …“
      Quelle: IG Metall
  22. SPD-Fraktion fragt nach Wachstumstheorien
    Nach dem ökonometrischen Modell der Bundesregierung, mit dem sich die Auswirkungen von Steuerrechtsänderungen auf Wachstum, Beschäftigung und Steuereinnahmen schätzen lassen, erkundigt sich die SPD-Fraktion in einer Großen Anfrage (17/568). Die Bundesregierung soll auch die Modellrechnung für die in Aussicht genommene Steuerreform darlegen und angeben, welche Ergebnisse diese Rechnung hinsichtlich des Wachstums, der Beschäftigung und zusätzlicher Steuereinnahmen habe. Falls noch keine Modellrechnungen durchgeführt worden seien, erwarten die Abgeordneten Angaben zur Auffassung der Regierung, Steuersenkungen würden das Wachstum befördern.
    Die SPD-Fraktion fragt außerdem nach Beispielen für ausgeprägte Wachstumsphasen im Ausland, die durch Steuersenkungen ausgelöst worden seien. Im Vorwort zur Großen Anfrage kritisiert die SPD-Fraktion die Bundesregierung, weil sie ihre Argumentation, Steuersenkungen führten zu mehr Wachstum, nicht auf belastbare Erkenntnisse aus ökonomischen Theorien beziehungsweise ökonometrischen Modellanalysen stützen würde.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Auf die Antwort der Bundesregierung darf man gespannt sein.

  23. Achtzehnter Bericht zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge zum Ausbildungsförderungsgesetz
    Der Berichtszeitraum umfasst die Jahre 2006 bis 2008 und berücksichtigt die in diesem Zeitraum erfolgten Entwicklungen sowie die statistischen Daten bis einschließlich des Jahres 2008, soweit diese zum Zeitpunkt der Berichterstellung vorlagen. Ferner sind Änderungen der Gesetze und Rechtsverordnungen seit dem letzten Bericht berücksichtigt.
    Laut Unterrichtung wird die Studienanfängerquote von 370.000 im Jahr 2003 auf voraussichtlich 488.000 im Jahr 2011 ansteigen. Die Anzahl der geförderten Studenten habe sich im Vergleich zu 2007 leicht auf 333.000 im Jahr 2008 erhöht. Damit liege die Gefördertenquote für 2008 bei 24,4 Prozent. Die Zahl der geförderten Schüler sei allerdings 2008 gegenüber dem Vorjahr leicht gefallen. Insgesamt haben im Jahr 2008 82.137 Auszubildende einen Darlehensvertrag mit der KfW Bankengruppe abgeschlossen, heißt es in dem Bericht. Aus den Zahlen über die laufenden Darlehensverträge schließt die Bundesregierung, dass Auszubildende die Darlehen primär in Anspruch nehmen, wenn eine anderweitige Finanzierung nicht oder nur schwer möglich ist.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 370 KB]
  24. Rezension: An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen …
    Eine Rezension von Roberto de Lapuentes Buch “Unzugehörig”
    Unzugehörig – der Titel ist Programm. Hier schreibt einer, der sich dieser Gesellschaft und ihren Normen nicht zugehörig fühlt, sondern seine Heimat anderswo verortet. Auf rund 175 Seiten polemisiert der Autor sprachgewaltig gegen den täglichen Einheitsbrei, gegen das Wegsehen und die Lethargie. Der 31-jährige Ingolstädter kennt “seinen” Camus, “seinen” Sartre und “seinen” Marcuse und er steigt darüber hinaus – hinab zu den alltäglichen Problemen und Gemeinheiten. In kräftig-derber, zuweilen schon lyrischer Prosa seziert er gnadenlos seine Umwelt und hält ihr einen geschliffenen Spiegel vor Augen.
    Roberto De Lapuente ist ein “Empörer”, ein rigoroser Moralist, einer, der sich eben nicht damit zufrieden gibt, wenn er aus der Schusslinie ist; er vertritt die Ideale, für die er steht, auch lautstark und findet in seinem Blog ad sinistram täglich ein zwar kritisches, aber geneigtes Publikum. Er ist ebenfalls ein “Poète maudit”, wenn man denn so will, entbehrt aber doch nicht einer gesunden Selbstironie, die sich vor allem auch in seinem Schlusstext “Die eingezäunte Welt” wiederfindet. Das Buch selbst ist gut ausgestattet, liest sich flüssig und leidet nicht an unnötigen Längen, obwohl es für die nächsten Ausgaben ein weiteres Korrektorat verdienen würde. Es ist für 11,- Euro beim Renneritz Verlag oder im Buchhandel zu bestellen.
    Quelle: haniballektor
  25. Zu guter Letzt: Schwarz-Gelb statt Schwarzgeld

    Schwarz-Gelb statt Schwarzgeld

    Quelle: tomicek

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