Hunderttausende in Berlin: „Nie wieder Krieg!“ – Eine notwendige Fake News

Hunderttausende in Berlin: „Nie wieder Krieg!“ – Eine notwendige Fake News

Hunderttausende in Berlin: „Nie wieder Krieg!“ – Eine notwendige Fake News

Leo Ensel
Ein Artikel von Leo Ensel

Hunderttausende gegen Kriegstüchtigkeit am Samstag auf den Berliner Straßen. Eine 400 Quadratmeter große Friedensflagge auf der Reichstagswiese. Die weiße Taube auf blauem Grund vor dem Bundesratsgebäude. – Alles leider nur Fake News. Aber notwendige! Von Leo Ensel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Endlich!

Waren es die bevorstehenden 80. Jahrestage der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki? War es die irrwitzige billionenschwere und brandgefährliche Politik der Aufrüstung von Merz („Whatever it takes!“) und von der Leyen („You‘re adapting to the new reality of a full-scale war, right here on European soil“)? War es die dunkel-raunende Ankündigung eines Militärhysterikers „Das könnte unser letzter Sommer im Frieden sein“? Oder war es am Ende der an Zynismus nicht mehr zu überbietende Satz des „anregendsten Philosophen Europas“, Peter Sloterdijk: „Europa erlebt derzeit, historisch gesehen, etwas, das einem Glück gleicht. Wir haben wieder Feinde. Echte Feinde“, der die Menschen nicht mehr nur ins Schlottern, sondern endlich auch massenhaft auf die Straßen brachte?

Eine 400 Quadratmeter große Friedensfahne

Was auch immer der berühmte Tropfen gewesen sein mag, der das Fass zum Überlaufen brachte – die Friedensbewegung ist wieder da! Und machtvoll wie seit den Achtziger Jahren nicht mehr: Bis zu 500.000 Menschen gingen am Samstag in Berlin unter dem Motto „Nie wieder Krieg!“ auf die Straßen. Es war ein bunter, fröhlicher und kreativer Protest. Überall blaue Flaggen mit der weißen Taube. Auf der Reichstagswiese rollten Teilnehmer eine 400 Quadratmeter große Friedensfahne aus, nachdem bereits mehr als 230.000 Menschen die Petition „Blau statt olivgrün: Die Friedensflagge muss wehen!“ unterschrieben hatten. Hintergrund war die Entscheidung der Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), am Bundestag keine Friedensflagge zu hissen. Erfreulicherweise hatte hingegen die Bundesratspräsidentin und saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) am Freitagvormittag mitgeteilt, die Fahne für den Frieden dafür am Bundesratsgebäude aufzuziehen.

„Viele Menschen haben Angst vor einem neuen Krieg in Europa und sind verunsichert“, sagte einer der Veranstalter. „Aber gleichzeitig wollen wir ein kraftvolles Zeichen gegen die an Wahnsinn grenzende Aufrüstung und für eine neue Entspannungspolitik setzen. Jetzt erst recht. Deshalb auch das Motto der diesjährigen Friedensdemo: ‚Nie wieder Krieg!‘. Der Druck gegen uns aus Politik und Medien nimmt zu, uns wird die Solidarität entzogen, die Stimmen gegen uns werden immer lauter. Wer sich für atomare Abrüstung, das Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine und eine ‚Pariser Charta 2.0‘ einsetzt, soll ausgegrenzt werden. Das ist keine Situation, in der wir still sein können. Wir sind heute eine starke Stimme dagegen. Unsere Message: Wir sind die Mehrheitsgesellschaft.“

Keine Zeit, um neutral zu sein!“

Sahra Wagenknecht (BSW) eröffnete gemeinsam mit Ralf Stegner (SPD) die Abschlusskundgebung: „Für alle, für die das Hissen der Friedensflagge ein Zirkus ist: Wir machen Berlin zur größten Manege für Frieden und Abrüstung.“ Es sei jetzt „keine Zeit, um neutral zu sein, wenn ein ganzes Land kriegstüchtig gemacht werden soll. Wenn unsere Demokratie unter Druck gerät und unser Sozialstaat in Trümmer zerschlagen wird. Wir können nicht neutral sein, wenn es um Krieg und Frieden geht, am Ende sogar das Überleben der Menschheit als Gattung auf dem Spiel steht!“

Und Rolf Mützenich (SPD) unmissverständlich: „Der Frieden ist in Gefahr. Wir sind Kriegsgegner und wir sind stolz. Wir werden nie wieder still sein, uns von Kriegsertüchtigern vertreiben lassen. Kein Fußbreit dem Hass zwischen den Völkern. Ihr kriegt uns nicht weg. Das jahrzehntelang geteilte Berlin ist und bleibt die Stadt des Friedens.“

Sorry!

Sie meinen, ich hätte da etwas verwechselt und solle die Quellen mal richtig lesen? Das wäre gar keine Friedensdemo, sondern die diesjährige CSD-Parade in Berlin gewesen? – Oh, da muss ich gestern Abend wohl zu tief ins Glas geschaut haben! Das alkoholfröhliche ‚Gemeinsame Europäische Haus‘ aus französischem Rotwein, deutschem Bier, russischem Wodka und armenischem Cognac hat da offenbar mein Gehirn etwas benebelt. Sorry!

Es war also gar keine Friedensdemo, sondern der Christopher Street Day? Aber das ist ja noch besser!

Titelbild: SibRapid / Shutterstock