Veranstaltung im Wiesbadener „Schlachthof“: Putin-Propaganda in Deutschland – Die NachDenkSeiten als Querfront-Medium?

Veranstaltung im Wiesbadener „Schlachthof“: Putin-Propaganda in Deutschland – Die NachDenkSeiten als Querfront-Medium?

Veranstaltung im Wiesbadener „Schlachthof“: Putin-Propaganda in Deutschland – Die NachDenkSeiten als Querfront-Medium?

Ein Artikel von Aglaja Beyes-Corleis

Putin-Propaganda in Deutschland – Die NachDenkSeiten als Querfront-Medium? Unter diesem reißerischen Titel luden zahlreiche Organisationen, die sich eigentlich der Demokratie, der Abwehr des Rassismus und der Abwehr jeglicher Menschenfeindlichkeit verschrieben haben, am 14. September ins traditionell linke und bunte Alternativ-Zentrum im Wiesbadener Schlachthof. Aglaja Beyes-Corleis war dabei und schildert auf den NachDenkSeiten ihre Eindrücke.

Lesen Sie dazu bitte auch den heute erschienenen Artikel „Wieso finanziert das Bundesfamilienministerium eine Plakatkampagne gegen die NachDenkSeiten?“, der auch zahlreiche Links zur Vorgeschichte enthält, die für viele Leser sicher nötig sind, um den Kontext zu verstehen und diese Kampagne gegen die NachDenkSeiten richtig einordnen zu können.

Star-Gast der Veranstaltung war der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Regierungslehre, sowie Politik und Wirtschaft Chinas. Doch hier galt sein einstündiger Vortrag zunächst den NachDenkSeiten.

Was warf er ihnen vor? Zunächst kam Prof. Linden nicht umhin, die NachDenkSeiten zu würdigen – um sie dann um so schärfer anzugreifen. Verglichen mit anderen Alternativseiten seien die „anspruchsvoll aufgemacht“, sogar vergleichsweise „gemäßigt“ und kompatibel mit dem Wagenknecht-Portal oder Markus Lanz.

Es gebe „keine offiziellen Falschaussagen auf den NachDenkSeiten“, gestand der Professor ein und behauptete, diese würden „indirekt vermittelt“. Was genau wirft er ihnen nun vor?

In einem Wort: Die Verlinkung. Es folgte eine Aufzählung mit einem Detailreichtum, dem kaum jemand so schnell folgen konnte. Was hängen blieb: Die NachDenkSeiten böten eine Verlinkung zu rechtsaffinen, zu offen rechten Seiten, bis zu „diktatur-affinen Seiten“.

Verdammenswert erscheint dem Referenten, dass u.a. der Anti-Spiegel von Thomas Röper eine der Quellen sei, neben RT und chinesischen Medien. Gearbeitet werde mit Unterstellungen, Kausal-Ketten usw. Während er all dies vortrug, fragten sich kritische Zuhörer: Bedient sich der Redner nicht gerade genau der Methoden, die er anderen unterstellt? Ein „oberflächliches Kontaktschuld-Argument“ wolle er nicht benutzen, erklärte Linden, und tat dann genau das. Dazu wurde in aller Breite das sogenannte „publizistische Umfeld“ der NachDenkSeiten beleuchtet, das vermeintlich von „Aufstehen“ bis zur AfD reiche, über KenFM, Apolut usw. Dabei bekam auch Sahra Wagenknecht ordentlich ihr Fett weg, mit den alten, bekannten Anfeindungen, sie sei rechtsoffen.

Bei all dieser konstruierten Nähe zur AfD musste der Referent eingestehen, dass sich die NachDenkSeiten niemals gegen Geflüchtete gewandt haben. Als im anschließenden Podiums-Gespräch Fabian Jellonek, Berater gegen Rechtsextremismus, hier eine Nähe zu konstruieren suchte, ließ Linden das nicht gelten. Dennoch sollte die Veranstaltung den Eindruck erzeugen, als seien die NachDenkSeiten an Scheußlichkeit kaum zu überbieten. Denn obwohl die NachDenkSeiten selbst nicht rechts seien, würden sie „die Narrative der Rechten stärken“. Ihre Methode sei das „Framing“. Und hinter ihrem Anti-Amerikanismus stehe der „Russoismus“. Und natürlich: das Postfaktische. Begonnen habe es mit der „Post-Demokratie-Debatte“, als Palmer nach Ungarn reiste und bei einem Pro-Orban-Institut sprach. Diese Methode werde nun „hoffähig“ und sei „ausgesprochen gefährlich“.

Die Diskussion – Widerspruch und neue Zuspitzung

Spätestens hier fragten sich einige Zuhörer, was genau denn nun gefährlich sei an einem Diskurs, bei dem unterschiedliche Meinungen gehört würden.

So war in der anschließenden Debatte eine der ersten Wortmeldungen eines Ex-Mitglieds der Partei DIE LINKE der Hinweis auf die „extreme Verengung in der öffentlichen Debatte“. So würde die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges völlig ausgeklammert. Und Putin als Rechtsextremist hingestellt. Das sei „unfassbar gefährlich“.

Hier kam die Katze aus dem Sack. „Ich habe Putin einen Rechtsextremisten genannt, weil er völkischem Extremismus folgt. Er hat genozidale Absichten“, verkündete Professor Linden und zog gleich einen historischen Vergleich: „Der alte Geschichts-Revisionismus von rechts kommt jetzt von links“. Dann zog er noch Vergleiche zur Weimarer Republik.

Es gab Applaus für diese Positionen unter denen, die in Russland das Epizentrum alles Bösen sehen. Aber es gab auch weiteren Widerspruch, u.a. von einigen Frauen, die sich dagegen verwahrten, „Sahra Wagenknecht in die rechte Ecke zu stellen.“ Das sei „unverschämt.“ Und die gleich zum Auftakt der Debatte geäußerte Kritik lautete: 25-mal sei das Wort „Verschwörungstheorie“ gefallen. Hier werde ein Gegner einfach mit einem Etikett versehen. Das sei ein Herrschaftsinstrument.

Während die einen nach diesem Vortrag noch neugieriger geworden sind auf die NachDenkSeiten, werden andere weiter eingeschworen auf den Kurs, wonach Putin ein vermeintlicher Rechtsextremist im Sinne des „völkischen Extremismus“ sei.

Am Montag, 9. Oktober, (um 19.30 Uhr) folgt im Stadtverordnetensitzungssaal des Wiesbadener Rathaus eine Veranstaltung zum Thema: „Über den Transfer völkischer Ideologien: Russland, die extreme Rechte und der Krieg gegen die Ukraine“ vom Historiker Dr. Volker Weiß.

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