Meinungsfreiheit: Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz

Meinungsfreiheit: Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz

Meinungsfreiheit: Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz

Ein Artikel von: Redaktion

Der Rechtsanwalt Peter Schindler und der Jurist und Autor Alexander Unzicker haben Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz eingereicht. Hintergrund der Klage sei die Tatsache, dass der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, am 22.05.2023 im ARD-/ZDF-Morgenmagazin historische Tatsachen, etwa dass „Russland den Krieg in der Ukraine auch führt, weil eigene Sicherheitsinteressen verletzt worden sind durch den Westen“ als „russisches Narrativ“ abqualifiziert habe, so die Kläger. Wir dokumentieren hier die zugehörige Erklärung und verlinken die Klageschrift. Von Redaktion.

Die Klageschrift und ein Transkript der hier behandelten Sendung des ARD-/ZDF-Morgenmagazins vom 22.05.2023 werden am Ende des Artikels verlinkt. Hier folgen zunächst Zitate aus der Presseerklärung von Peter Schindler und Alexander Unzicker vom 19.10.2023:

„Haldenwang sieht durch die Verbreitung „russischer Narrative“, zu denen auch gehört, dass „der Westen die NATO ausweiten will, „tatsächliche Angriffe auf die Demokratie“ sowie eine Destabilisierung des demokratischen Systems in Deutschland. Darüber hinaus konstruiert der Präsident des Verfassungsschutzes in diesem Interview einen Zusammenhang zwischen der Verbreitung dieser vermeintlichen „russischen Narrative“ einerseits und einer russischen Desinformationspropaganda, der AfD und Rechtsextremismus andererseits.

Eine von den beiden Klägern geforderte Richtigstellung und Unterlassungserklärung lehnte das Bundesamt für Verfassungsschutz unter anderem unter dem Hinweis, dass der verwendete Begriff „Narrativ“ doch nur als eine „sinnstiftende Erzählung“ gemeint sei, der nichts über den Wahrheitsgehalt der Aussage aussage, ab. Eine einfache Google-Recherche unter dem Stichwort „russische Narrative“ und die zahlreichen etwa von der Bundesregierung veröffentlichten Warnungen hiergegen widerlegen diese Schutzbehauptung schnell und gründlich.

Schindler und Unzicker sehen sich in ihren Grundrechten auf den geschützten sozialen Geltungsanspruch und die Meinungsfreiheit verletzt, da sie sich allein durch die Verbreitung von wahren historischen Tatsachen dem absurden Vorwurf des Verfassungsschutzes ausgesetzt sehen, sich als Verbreiter von das demokratische System destabilisierenden „russischen Narrativen“ an russischer Desinformationspropaganda zu beteiligen und sie auch noch in einen vom BfV abstrus konstruierten Kontext mit Rechtsextremismus gebracht werden.

Unter diesen Verdacht gestellt, gehört seit seiner Rede am 07.09.2023 vor dem Europäischen Parlament dann wohl auch der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der nicht nur die seit 1997 von zahlreichen prominenten Wissenschaftlern, Politkern und Militärangehörigen aus USA und Deutschland geäußerte Meinung zum Vorfeld des Russland-/Ukraine-Kriegs, sondern auch die Absicht der NATO, diese auszuweiten, gleich mehrfach ausdrücklich bestätigte.

Von der eigenen Grundrechtsverletzung der Kläger abgesehen, hat die Klage gegen den Verfassungsschutz ganz erhebliche grundsätzliche Bedeutung für die Meinungsfreiheit, zumindest hier in Deutschland.

Sowohl Bestrebungen der EU wie auch des deutschen Staates zielen darauf ab, „Desinformationen“ zu unterbinden. Dieser Begriff ist nicht nur äußert dehnbar und weist eine verfassungswidrige Unschärfe auf, sondern wird geradezu in sein Gegenteil verkehrt, wenn wahre belegbare historische Tatsachen als Teil einer Desinformationspropaganda eingestuft und die Verbreiter dieser Tatsachen ausgegrenzt und stigmatisiert werden. Dann nämlich ist exakt der Zustand erreicht, den George Orwell in seinem dystopischen Roman ‚1984‘ beschrieben hat.

Wie wichtig die Klage von Schindler und Unzicker ist, beweist auch ganz aktuell die „Westminister Declaration“, die von 137 Vertretern aus Wissenschaft, Kultur und Medien unterschrieben worden ist – Ein offener Diskurs ist der Grundpfeiler einer freien Gesellschaft: „Wir schreiben als Journalisten, Künstler, Autoren, Aktivisten, Technologen und Wissenschaftler, um vor der zunehmenden internationalen Zensur zu warnen, die jahrhundertealte demokratische Normen zu untergraben droht.“

Die Klageschrift findet sich unter diesem Link.
Das Transkript der hier behandelten Sendung des ARD-/ZDF-Morgenmagazins vom 22.05.2023 findet sich unter diesem Link.

Titelbild: photobyphotoboy/ Shutterstock

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