Kürzlich herausgeklagte interne Dokumente von Pfizer belegen, dass es zwei Herstellungsprozesse für die mRNA-Impfstoffe gab. Einen für das Zulassungsverfahren, intern Process 1 genannt, und einen für die Massenanwendung, von Pfizer als Process 2 bezeichnet. Das erste, teurere Verfahren produzierte die mRNA in vitro, also maschinell-steril, das zweite, entwickelt für die Massenproduktion, jedoch bakteriell und nicht steril. Das führte, wie die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA dann auch offen gegenüber Pfizer monierte, zu verunreinigten Impfstoffchargen. Doch statt diese vernichten und den Produktionsprozess neu aufsetzen zu lassen, senkte die EMA einfach den zuvor etablierten mRNA-Integritätsstandard des Impfstoffs massiv ab. Dies erklärt wahrscheinlich auch, wieso es prozentual zu weitaus mehr Nebenwirkungen kam als im Zulassungsverfahren. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten auf der BPK wissen, ab welchem Zeitpunkt die Bundesregierung darüber informiert war, dass die EMA den mRNA-Impfstoff-Standard kurz vor Beginn der Impfkampagne entsprechend abgesenkt hatte. Von Florian Warweg.
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Es waren zwei israelische Wissenschaftler, Joshua Guetzkow und Retsef Levi, die erstmals im Mai 2023 auf den in der Einleitung skizzierten Sachverhalt aufmerksam machten und dazu auch einen Beitrag im renommierten Fachjournal British Medical Journal (BMJ) unter dem Titel „Auswirkungen der Herstellungsprozesse von mRNA-Impfstoffen auf die Wirksamkeit und Sicherheit ist noch immer eine offene Frage“ veröffentlichten.
Veröffentlichung von Pfizer-Dokumenten auf Grundlage des „Freedom of Information Act“
Die beiden Forscher, Levi ist Mathematiker am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Guetzkow ist Kriminologe an der The Hebrew University of Jerusalem, hatten interne Pfizer-Dokumente ausgewertet, die derzeit peu à peu in langwierigen Verfahren herausgeklagt werden, unter anderem im Rahmen des sogenannten „Freedom of Information Act“ (FOIA). Aus den Dokumenten geht hervor, dass Pfizer zwei grundsätzlich verschiedenartige Herstellungsverfahren für den mRNA-basierten Corona-Impfstoff nutzte. Das Pharma-Unternehmen nennt die beiden Verfahren intern „Process 1“ und „Process 2“. „Process 1“ ist das Verfahren, mit dem die Präparate hergestellt wurden, die den 22.000 Probanden während des Zulassungsverfahrens verabreicht wurden. Die Produktion erfolgte in diesem Fall kostenintensiv in vitro, also maschinell-steril. Auf Auswertung dieses Stoffes basieren die gesamten Aussagen aus Forschung, Politik und Medien zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen sowie die dann erfolgte Zulassung.
Doch für die Massenproduktion des Stoffs sowie dessen weltweiten Verkauf und Anwendung wurde dann – und das ist die zentrale Erkenntnis aus der Auswertung der internen Pfizer-Dokumente – ein signifikant anderes Herstellungsverfahren, „Process 2“, genutzt. Letzteres beruht wie bereits erwähnt nicht auf steril-maschineller Herstellung, sondern auf Bakterien, die die mRNA kopieren. Dieser Prozess ist nicht steril und erzeugt Verunreinigungen, die eigentlich aufwendig gesäubert werden müssen. Auffallend dabei: Die Stoffe, die mit „Process 2“ hergestellt und weltweit vermarktet wurden, haben ein nachweisbar anderes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil als die „Process 1“-Präparate aus dem Zulassungsverfahren.
Gravierende Mängel bei „Qualitätskontrolle“ des bakteriell produzierten Impfstoffs
Nicht weniger skandalös ist dann das weitere Vorgehen des Pharma-Riesens. Eigentlich hatte Pfizer den Zulassungsbehörden wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) versichert, dass eine permanente interne Qualitätskontrolle dieser bakteriell hergestellten Chargen erfolgen würde. Von jeder bakteriell produzierten Charge sollten 250 Personen, die damit geimpft worden waren, mit einer Referenzgruppe von 250 Probanden aus der Zulassungsstudie, die das sterile Material erhalten hatten, verglichen werden. Es sollte nachgeprüft werden, ob sowohl die Effektivität (z.B. Antikörperbildung) wie auch die Nebenwirkungshäufigkeit und -schwere sich auf einem vergleichbaren Niveau befinden. Tatsächlich hat Pfizer diese „Qualitätskontrolle“ den nun vorliegenden Dokumenten zufolge aber nur ein einziges Mal durchgeführt. Es liegen diesbezüglich nur Daten von exakt einmal 250 Personen vor. Pfizer hat also laut den israelischen Wissenschaftlern statt wie versprochen, das auf alle folgenden Chargen auszudehnen, auf eine einzige begrenzt.
Das wäre schon problematisch genug, das Fehlverhalten geht aber weiter: Denn diese bakteriell hergestellten Chargen wurden, was eigentlich etabliertem Studienstandard entspräche, nicht an eine Kohorte verabreicht, die ähnlich zusammengesetzt ist wie in der Zulassungsstudie. Bei Letzterer waren die Probanden breit aufgestellt: Es gab eine Altersspreizung von jung bis alt, einen gewissen Anteil an Vorerkrankten und eine entsprechende Geschlechterverteilung. Die Kohorten waren so zusammengesetzt, dass sie ungefähr den Querschnitt der Bevölkerung repräsentierten.
Doch bei der Verabreichung des bakteriell hergestellten Impfstoffes, wohlgemerkt derjenige, der für die Massenanwendung vorgesehen war, verzichtete Pfizer komplett auf diesen gesellschaftlichen Querschnitt. Die Probanden waren diesmal ausschließlich junge und gesunde Menschen unter 22 (!) Jahren. Das heißt, dass sich die Erkenntnisse aus dieser Studie überhaupt nicht auf ältere Menschen und die eigentliche Hauptrisikogruppe (alt und mit Vorerkrankung) übertragen ließ. Dazu kommt, dass man, entgegen den Beteuerungen gegenüber den Zulassungsbehörden, die 250 Probanden, die mit dem bakteriell produzierten Impfstoff gespritzt worden waren, nicht mit einer Referenzkohorte aus den Zulassungsstudien abgeglichen hatte.
Dass die mRNA-basierten Corona-Präparate für die Massenimpfung mit Hilfe von Bakterien erzeugt wurden, war zu Beginn der Kampagne in Deutschland ab Februar 2021 offen berichtet worden. So zitierte beispielsweise der SWR den Sprecher des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller, Rolf Hömke, mit der Aussage:
„Diese messenger RNA, wenn sie hergestellt ist, ist eben umgeben von dieser DNA und vielen anderen Enzymen und weiteren Faktoren. Die muss man erstmal super reinigen, damit man nur noch die saubere messenger RNA hat.“
Auch der SPIEGEL veröffentlichte dazu Anfang Februar 2021 einen Artikel mit dem Titel: „So wird der mRNA-Impfstoff produziert“, in welchem er das bakterien-basierte Verfahren erklärte und auch auf die Schwierigkeiten („Toleranzbereich in der Reinheit und der Genauigkeit“) hinweist, dann aber sofort die Leserschaft mit der Aussage beruhigt:
„Das staatliche Paul-Ehrlich-Institut prüft Stichproben und überwacht die Produktionsstätten.“
Kaum öffentlicher Widerhall zu Erkenntnissen aus den Pfizer-Dokumenten
Die entsprechende Veröffentlichung im Mai 2023 in einem britischen Fachportal wie BMJ, die Fragen hinsichtlich der tatsächlichen „Reinheit“ des bakterien-basierten Stoffes sowie der Qualitätskontrollen bei Pfizer aufwarf, hatte bisher kaum Widerhall in der deutschen Öffentlichkeit gefunden. Dies änderte sich erst, als Florian Schilling, derzeit als Wissenschaftlicher Leiter bei Mitocare in München tätig, das Thema in seinem Science-Blog, in dem er sonst vor allem über Long-Covid und Post-Vakzin-Syndrome schreibt, am 7. Oktober aufgriff.
Aufbauend darauf kam es zu einem ausführlichen Interview mit Paul Schreyer, welches unter dem Titel „Diesen Stein will keiner ins Rollen bringen“ am 8. November auf Multipolar veröffentlicht wurde. Darin gehen Schilling und Schreyer auch auf das zweite Puzzlestück in dem Skandal ein: die Rolle der Europäischen Arzneimittel-Agentur, kurz EMA.
Die fragwürdige Rolle von EMA: Statt Chargenvernichtung Absenkung des mRNA-Standards
Neben den erwähnten Pfizer-Dokumenten liegen auch Dokumente der Europäischen Arzneiaufsicht, der sogenannten EMA, vor. Aus denen geht hervor, dass die EMA von Beginn an darüber im Bilde war, dass es große Probleme mit der mRNA-Integrität bei den mRNA-Impfstoffen von Pfizer gab. Nach Auslieferung der ersten Chargen wurde festgestellt, dass das Material in diesen Impfstoffen, die Pfizer geliefert hatte, nicht der Qualität entsprach, die zuvor aus Stichproben der Zulassungsstudien bekannt war (unter mRNA-Integrität versteht man den Zustand des mRNA-Strangs, im konkreten Fall in Nano-Partikeln verpackt). Die von der EMA festgestellten Verunreinigungen bei der mRNA wurden zunächst auch den Dokumenten zufolge offen gegenüber Pfizer angesprochen. Allerdings war der Herstellungsprozess schon sehr weit fortgeschritten, und die ersten Chargen hätten eigentlich komplett vernichtet und der Produktionsprozess neu aufgesetzt werden müssen, um die erkannten Qualitätsmängel zu beheben. Doch der wirtschaftliche wie politische Druck vor der bereits breit kommunizierten Impfkampagne war enorm hoch.
Was tat also die EMA? Sie setzte sich mit Pfizer zusammen und verständigte sich laut Schilling darauf, dass man nicht etwa die fehlerhaften Chargen vernichtet und den Produktionsprozess überarbeitet, sondern ganz „pragmatisch“ die Qualitätsstandards absenkt. Die Lieferverträge wurden in der Folge nachträglich so umformuliert, dass es völlig ausreichend sei, wenn 55 Prozent der mRNA intakt seien. Dazu muss man wissen, dass die zuvor kommunizierte Vorgabe der EMA war, dass Abweichungen von der Ziel-mRNA nur im Bereich von wenigen parts per million (ppm) stattfinden dürften, das entspräche einer Häufigkeit von fehlerhaftem Genom im Bereich zwischen eins zu 300.000 bis eins zu einer Million.
Schilling erklärte dazu:
„Also, das, was vorher nicht konform war, wurde jetzt konform gemacht durch eine nachträgliche Anpassung der Lieferverträge.“
Vor diesem skizzierten Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, ab welchem Zeitpunkt das Bundesgesundheitsministerium und allgemein die gesamte Bundesregierung darüber informiert waren, dass die EMA die mRNA-Standards für die Qualitätskontrolle kurz vor Beginn der Massenanwendung der Pfizer-Impfstoffe massiv abgesenkt hatte:
Anmerkung der Redaktion: Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels hat die NachDenkSeiten noch keine „Nachreichung“ des Bundesgesundheitsministeriums erreicht.
Protokollauszug von der Bundespressekonferenz am 15. November 2023:
Frage Warweg
Kürzlich herausgeklagte Pfizer-Dokumente belegen, dass es zwei Herstellungsprozesse für mRNA-Impfstoffe gab, einen, intern „process one“ genannt, für das Zulassungsverfahren in vitro steril maschinell produziert, und einen zweiten, intern „process two“ genannt, wiederum bakteriell basiert, nicht steril. Das Ganze führte auch dazu, dass die EMA, die Europäische Arzneimittelbehörde, das entsprechend monierte, aber in der Folge nicht etwa irgendwie die dadurch verunreinigten Impfstoffchargen vernichten ließ, den Produktionsprozess neu aufbauen ließ, sondern einfach den Standard der mRNA-Konfigurierung senkte. Das Ganze lässt sich auch im „British Medical Journal“ nachlesen. Was mich vor diesem Hintergrund interessiert: Ab wann wusste denn die Bundesregierung bzw. das Gesundheitsministerium davon, dass die EMA diesen mRNA-Standard massiv abgesenkt hatte?
Gülde (BMG)
Herr Warweg, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich weiß nicht, ob die von Ihnen jetzt hier dargestellte Behauptung tatsächlich so zutrifft, dass hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Impfstoffe Standards durch die EMA abgesenkt wurden. Sollte es so etwas gegeben haben, dann würde ich Sie bitten, die Frage tatsächlich an die EMA zu richten. Mir liegt eine solche Erkenntnis nicht vor. Gegebenenfalls könnte ich hier aber auch etwas nachreichen.
Zusatzfrage Warweg
Nur zum Verständnis: Heißt das, die Bundesregierung sagt, sie ist weder darüber informiert, dass die EMA diese Verunreinigung moniert hat, noch darüber, dass sie in der Folge die entsprechenden Standards gesenkt hat?
Gülde (BMG)
Herr Warweg, ich sagte jetzt gerade, dass mir dieser Aspekt nicht bekannt ist, und gegebenenfalls könnte ich etwas nachreichen, sollte das so zu treffen.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 15. November 2023