Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Internationaler Strafgerichtshof: Chefankläger Karim Khan hat zu spät gehandelt
  2. Julian Assange: Seine Verfolgung erinnert an Franz Kafkas „Prozess“
  3. Dirk Oschmann zu 75 Jahre Grundgesetz: Der Westen feiert sich, der Osten guckt zu
  4. „Innere Zeitenwende“: Die AfD braucht keine Nazis, der liberale Deutsche hilft schon genug
  5. Südafrikas Klage gegen Israel
  6. Zur Weltsicht von Nuland, Pistorius und Borrell
  7. Goodbye Europa – wie die USA Deutschland und die EU ökonomisch abhängen
  8. Ursula von der Leyen muss weiter zittern: Gericht verschiebt Pfizer-Hearing
  9. Wirtschaftsberichterstattung in ARD und ZDF mit Defiziten
  10. So stark profitierten Superreiche von der Corona-Pandemie

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Internationaler Strafgerichtshof: Chefankläger Karim Khan hat zu spät gehandelt
    Die Regierung von Olaf Scholz hat die Wahl: Steht sie weiter felsenfest hinter der Regierung Benjamin Netanjahu oder hinter dem Haager Strafgerichtshof. Zur Debatte steht die „regelbasierte internationale Ordnung“
    Den teils rüden, wenig fundierten Reaktionen auf die Entscheidung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) liegt ein Trugschluss zugrunde. Der ist zu offensichtlich, als dass er den Anklägern des Anklägers Karim Khan zufällig unterlaufen sein könnte. Benjamin Netanjahu und sein Verteidigungsminister Joaw Galant werden nicht, wie behauptet oder unterstellt, mit den drei Hamas-Führern gleichgesetzt, gegen die ebenfalls Haftbefehl beantragt ist.
    Vielmehr wird das Verhalten der beiden israelischen Politiker verglichen mit den Normen einer internationalen Rechtsordnung, zu deren Schutz der Internationaler Strafgerichtshof 1998 gegründet wurde und inzwischen von 123 Vertragsstaaten getragen wird. Ergibt dieser Vergleich eklatante Verstöße gegen die Standards dieses ICC, muss gehandelt werden. Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass die Netanjahu-Regierung Hunger als Waffe gegen die Palästinenser einsetzt, internationale Hilfslieferungen unterbindet und zulässt, dass Konvois von Siedlern angegriffen und Hilfsgüter zerstört werden.
    Quelle: Lutz Herden in der Freitag
  2. Julian Assange: Seine Verfolgung erinnert an Franz Kafkas „Prozess“
    Die jüngste Entscheidung des High Court in London zur Auslieferung von Julian Assange zeigt, wie undurchschaubar dieses Verfahren geworden ist – und sicher nicht ohne Absicht
    Im Kerker von Belmarsh muss Julian Assange weiter vor sich hin vegetieren, weil es die Regierenden in den USA und in Großbritannien so wollen. Daran ändert auch der jüngste juristische Erfolg des Wikileaks-Gründers und seiner Unterstützer in der westlichen Welt bis auf Weiteres nichts. Assanges Anwälte dürfen in London nochmals in Berufung gehen, er selbst bleibt dort gefangen und isoliert – und einstweilen „sicher“ vor der Auslieferung an die USA. So bitter und zynisch ist die Lage für Julian Assange nach 14 Jahren seiner Verfolgung.
    Quelle: der Freitag

    dazu: Die Zeitlupen-Hinrichtung von Julian Assange geht weiter
    Die Entscheidung des High Court in London, Julian Assange das Recht einzuräumen, gegen den Auslieferungsbeschluss an die Vereinigten Staaten Berufung einzulegen, könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Das bedeutet nicht, dass Julian sich der Auslieferung entziehen wird. Es bedeutet nicht, dass das Gericht, wie es sollte, entschieden hat, dass er ein Journalist ist, dessen einziges „Verbrechen“ darin bestand, Beweise für Kriegsverbrechen und Lügen der US-Regierung an die Öffentlichkeit zu bringen. Es bedeutet nicht, dass er aus dem Hochsicherheitsgefängnis HMS Belmarsh entlassen wird, wo er, wie Nils Melzer, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, nach einem Besuch bei Julian sagte, einer „Hinrichtung in Zeitlupe“ ausgesetzt war. […]
    Ja, er kann Berufung einlegen. Aber das bedeutet ein weiteres Jahr, vielleicht auch länger, unter harten Haftbedingungen, während sich seine physische und psychische Gesundheit verschlechtert. Er hat über fünf Jahre auf der HMS Belmarsh verbracht, ohne angeklagt zu werden.
    Quelle 1: Sicht vom Hochblauen
    Quelle 2: Chris Hedges

    dazu auch: Assange darf Berufung vor dem britischen High Court gegen seine Auslieferung an die USA einlegen
    Der High Court beschränkte sich im März dieses Jahres darauf, die Auslieferung aufgrund des britischen Rechts nicht zu genehmigen, weil ihm die Todesstrafe drohen und er aufgrund seiner ausländischen Staatsbürgerschaft in den USA benachteiligt werden könnte. Zudem könnte ihm sein Recht auf freie Meinungsäußerung verwehrt werden. Der High Court erlaubte der US-Regierung, Zusagen zu machen, um diese Bedenken auszuräumen, die diese am 16. April auch gab. […]
    An die schwammigen Formulierungen der Zusicherungen gebunden, war der US-Anwalt James Lewis gezwungen, völlig neue Argumente vorzubringen, die in früheren Anhörungen noch nicht thematisiert wurden. Sie zeigten vor allem, dass Washington die Absicht hat, Assange das Recht auf Meinungsfreiheit zu verwehren. Lewis war nicht in der Lage zu behaupten, dass die Zusicherung der USA hinsichtlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung irgendetwas derartiges sei, und argumentierte im Wesentlichen, dass eine solche Zusicherung in keinem Fall gerechtfertigt sei.
    Er beharrte darauf, dass Assange nicht aufgrund seiner Nationalität diskriminiert werde, indem ihm der Schutz des ersten Verfassungszusatzes verweigert werde. Für ihn gelte der erste Verfassungszusatz einfach rechtlich nicht in vollem Umfang, weil er kein US-Bürger ist, so Lewis.
    Quelle: WSWS

    und: Assange kann Auslieferung vor dem High Court anfechten
    Quelle: NachDenkSeiten

  3. Dirk Oschmann zu 75 Jahre Grundgesetz: Der Westen feiert sich, der Osten guckt zu
    Am 23. Mai feiert der Westen sich selbst und seine Verfassung, der Osten bleibt mal wieder außen vor. Denn seit 1990 gilt: Für die Ostdeutschen ist es eine Demokratie zum Zugucken, nicht zum Mitmachen. Mit fatalen Folgen
    Sieht man sich die weihrauchgeschwängerten Lobreden zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes an, bekommt man den Eindruck, dies sei ein heiliger Text, der nicht nur besonders geschätzt wird, sondern der auch nicht angetastet oder gar verändert werden darf. Dabei war das Grundgesetz 1949 ausdrücklich als Provisorium geschaffen worden, mithin als etwas, das lediglich eine Zeit lang dienen sollte, bis man eine dauerhaft gültige Lösung gefunden haben würde.
    Überhaupt sind Gesetze nichts Heiliges, sondern bloßes Menschenwerk. Sie werden gemacht, geändert oder ganz verworfen, weil Wirklichkeiten sich ändern oder neu interpretiert werden. Dementsprechend ist auch das Grundgesetz in seiner Geschichte immer wieder geändert worden. Nur einmal, als es wirklich darauf angekommen wäre, ist nichts passiert, nämlich 1990, als die Wiedervereinigung Deutschlands anstand.
    Quelle: Dirk Oschmann in der Freitag

    dazu auch: Daniela Dahn zu 75 Jahre Grundgesetz: Vertane Chancen, Siegerpose, keine Nachdenklichkeit
    Das Grundgesetz ist gut, aber es hätte noch viel besser sein können: Vor 35 Jahren haben im Zuge der Wiedervereinigung Borniertheit, Ignoranz und Unsicherheit den ganz großen Wurf verhindert
    In guter Verfassung zu sein, ist eine besondere Gunst. Das Grundgesetz ist eine ziemlich gute Verfassung. Man kann froh sein, es zu haben. Hatte ich mich angesichts der oft abweichenden Praxis zunächst als Verfassungspatriotin gesehen, hat die Einsicht in politischen Kontext später partielles Kontra bewirkt. Was ziemlich gut ist, könnte auch besser sein. Oder müsste sogar.
    Quelle: Daniela Dahn in der Freitag

    und: 75 Jahre Grundgesetz: In welchem Format diskutieren wir ergebnisoffen?
    „Anmut sparet nicht noch Mühe…“: Warum nach 33 Jahren Deutsche Einheit eine Verfassungsdiskussion erneut vonnöten scheint.
    Es sind sich so viele so einig. Zumindest viele im Politik- und Medienbetrieb. Es ist doch alles gut, nichts muss geändert werden. Ein wenig feiern, ein wenig den Osten Deutschlands bespielen, und wir machen genau so weiter wie bisher. Was wir allenfalls benötigen: eine Volksabstimmung, damit auch für den letzten Zweifler aus dem Reichsbürgerumfeld klar wird, dass das bisher nicht demokratisch legitimierte Grundgesetz der drei Westzonen Deutschlands von 1949 dann doch von der großen demokratischen Mehrheit gewollt und 75 Jahre später von dieser legitimiert ist.
    So wünscht es sich der einzige Ministerpräsident der Linken, nämlich Bodo Ramelow aus Thüringen. Für diesen Gedanken bekam er diese Woche viel Platz in der FAZ eingeräumt. Der thüringische Ministerpräsident und die Herausgeber der FAZ scheinen nicht die einzigen Exponenten im deutschen Politik- und Medienbetrieb zu sein, die sich ein Weiter-so wünschen. Doch vieles um uns herum verändert sich, und ausgerechnet das Grundgesetz soll von strukturellen Optimierungen ausgenommen werden?
    Quelle: Berliner Zeitung

  4. „Innere Zeitenwende“: Die AfD braucht keine Nazis, der liberale Deutsche hilft schon genug
    Ob SPD oder Grüne: Die Gesellschaft wird rhetorisch derart nach rechts geschoben, dass die AfD nur frohlocken kann. Ein Gastbeitrag. […]
    Bei der inneren Zeitenwende geht es zurück in eine Zeit der Soldatendenkmäler, damit eine „glückssüchtige Gesellschaft“ (Joachim Gauck, damals Bundespräsident) wieder lerne, die im Kampf fürs Vaterland am Hindukusch Gefallenen als Helden zu verehren. Es geht zurück in die Zeit der „Pflichtjahre“, mit der dieselben Leute, die im Rahmen der „Agenda 2010“ und der Hartz-Gesetze einst Sprengsätze am sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft legten, heute wieder „Gemeinsinn stärken“ wollen und vergessen, dass es das „Pflichtjahr“ in der deutschen Geschichte schon einmal gab und wann und zu welchem Zweck, nämlich demselben: ideologisch zu kitten, was wirtschafts- und sozialpolitisch zerbrochen wurde.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Geheimdienste: Verfassungsschützer schlägt Alarm: “Der Rechtsstaat wird ausgehöhlt”
    Das Bild, das Gregor S. uns in stundenlangen Gesprächen und mehreren Treffen aufzeigt, ist also das eines Behördenapparates, der sich mit einer schier endlosen Zahl an Vorschriften selbst zu lähmen scheint – neudeutsch würde man hier von völlig ausuferndem Micromanagement sprechen. Aber wieso kann ein Dienst, der – zumindest nach Darstellung von Gregor S. – nahezu handlungsunfähig ist, der Bevölkerung gefährlich werden? Wieso sind Ängste, dass hier ein neuer Überwachungsstaat installiert wird, dann womöglich gerechtfertigt?
    „Das ist kein Widerspruch, sondern Teil der Erklärung“, sagt S. Weil der Dienst es „mit ernstzunehmenden Gegnern wie wirklich gewaltbereiten Links- oder Rechtsterroristen oder radikalen und teils kriegserfahrenen Islamisten nicht aufnehmen kann, kümmert er sich zunehmend um Leute, die eigentlich gar kein Fall für den Verfassungsschutz sind. Und in der Vergangenheit auch nicht waren.“
    Ein Beispiel hierfür, sagt der 36-Jährige, sei die neue Extremismus-Kategorie „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“. Hier würden „durch eine Umdeutung und Pervertierung der Sprache“ neue Stichwörter geschaffen, durch die Menschen bereits zum Verdachtsfall werden würden. „Was gestern legale Kritik war, kann heute ein Grund sein, ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten“, sagt S. Und weiter: „Plötzlich wird versucht, auch Menschen zu diskreditieren, zu dämonisieren und auszugrenzen, bei denen das vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar gewesen wäre. Bei denen man gesagt hat, das ist doch alles im völlig normalen und verfassungsmäßigen Rahmen.“
    Quelle: Schwäbische

  5. Südafrikas Klage gegen Israel
    Was uns täglich an gnadenlosen Massakern und brutalster Zerstörung in Gaza über die Bildschirme geliefert wird, übertrifft bei weitem das, was wir am 7. Oktober 2023 an Gewalt und schockierenden Grausamkeiten sehen mussten. Es ist aber nur die Explosion einer Gewalt, die seit weit über 55 Jahren ein Volk mit Armee und Siedlern in einer gnadenlosen Besatzung gefangen hält. Jahrzehntelang konnte die Regierung in Jerusalem der Unterstützung und Rückendeckung durch die USA und Deutschland sicher sein, kein Gerichtshof in Den Haag konnte intervenieren, und die UNO war machtlos. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Inzwischen ermitteln sowohl der Internationale Strafgerichtshof wie der Internationale Gerichtshof (IGH) wegen schwerer Kriegsverbrechen und Verstößen gegen das Völkerrecht gegen Israel. (…) In der Zwischenzeit hat die Regierung Biden in aller Stille die Lieferung von Kampfjets und Bomben im Wert von Milliarden von Dollar an Israel genehmigt. Die Genehmigungen für Waffenlieferung haben sich in Deutschland seit dem 7. Oktober verzehnfacht.
    Quelle: Norman Paech in Ossietzky

    dazu auch: Bibi goes to Rafah
    As the war in Gaza enters what may be its final phase, Joe Biden has been unable or unwilling to restrain his Israeli ally
    Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu has responded to the October 7 attack by Hamas with months of devastating collective punishment for Gaza. It troubles me to report that he has emerged as a far more formidable leader than President Joe Biden, who, after months of indecision, has finally ordered a delay of delivery of US bombs to Israel. That delay has yet to take place and it will have no impact on the final stages of the Israeli army’s hunt for the Hamas leadership in Rafah.
    Quelle: Seymour Hersh

    und: Das lauteste Schweigen
    Machtkalkül und falsch verstandenes Schuldgefühl motivieren USA und Europa, das unfassbare Verbrechen Israels an der Bevölkerung von Gaza durchzuwinken.
    Der Mächtige kann sich alles erlauben, und niemand fällt ihm in den Arm. Die USA praktizieren das global seit vielen Jahrzehnten: Landraub, gewaltsame Regimewechsel, kriegerische Angriffe überall auf der Welt, die verbrannte Erde hinterlassen und gewachsene Kulturen zerstören. Israel ist darin der Musterschüler des großen Bruders jenseits des Atlantiks. Das Militär des Landes hat mittlerweile etwa 35.000 Menschenleben zerstört, und die Welt schaut zu. Was Deutschland betrifft, so ist es ausgerechnet ein kollektives Schuldtrauma, was das Land nun in neue Schuld hineinzutreiben scheint. Es zeigt sich die Weigerung oder die Unfähigkeit, die Lage in Nahost adäquat und umfassend zu analysieren. Die noch überlebenden, unsäglich leidenden Menschen in Gaza brauchen jetzt eine Beendigung des Massakers, nicht immer neue, fantasievolle Begründungen, warum dieses angeblich gerechtfertigt sei. Eine Rede von Gabriele Gysi auf der Fahrraddemo in Berlin am 28. April 2024.
    Quelle: Gabriele Gysi in Manova

  6. Zur Weltsicht von Nuland, Pistorius und Borrell
    Über ein zerfallendes Imperium, deutsches Sicherheitsverständnis und Brüsseler Denkwürdigkeiten […]
    Egal, wie man Nulands Lebensleistung beurteilt, ihr genau zuzuhören, macht nicht dümmer. Dank Politico gelang ein Interview, das man außenpolitisch Interessierten nur wärmstens ans Herz legen kann. Für alle, die in der EU politische oder mediale Verantwortung tragen, würde ich sogar noch weitergehen. Es sollte eine Pflichtlektüre sein, damit sie verstehen, wie das US-Imperium tickt: Es kreist allein um sich selbst. Alliierte sind dafür da, dass die USA nicht alles alleine machen müssen, um das sicherzustellen, was den USA nutzt.
    Politico fragte Nuland, was sie rückblickend beruflich bedauere. Nuland antwortete, sie hätte gerne noch so viel mehr gemacht. Sie beschreibt das Ziel ihrer Arbeit: die Absicherung einer starken US-Führungsrolle „auf so vielen Kontinenten wie möglich“. Aber immer fehlten Zeit, Ressourcen, und obendrauf kamen auch noch Krisen. Sie liebte, was sie tat.
    Hätten die USA im Frühling 2022 nicht mehr Druck auf die Ukraine ausüben sollen, um zu einem verhandelten Kriegsende zu komme, fragte Politico. Nein, erwiderte Frau Nuland. Damals sei die Ukraine „zu schwach“ für ein gutes Verhandlungsergebnis gewesen. Auch heute wäre sie dafür zu schwach.
    Damit haben wir nun eine neue Version der gescheiterten Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland im Frühjahr 2022: eine von Nuland, die überdies behauptete, dass Putin sowieso keine Verhandlungsergebnisse will („rope-a-dope-Verhandlungstaktik“), eine von Boris Johnson (Sieg!), eine vieler ukrainischer Stimmen und eine, die den ukrainischen Stimmen recht nahekommt und die Verantwortung für das Scheitern dieser Verhandlungen beim Westen ablädt.
    Quelle: Petra Erler

    dazu auch: „John McCain, Catherine Ashton, Guido Westerwelle und Victoria Nuland auf dem Maidan
    Das Verbot der Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten gilt unabhängig davon, wie der fremde Staat regiert wird. Es gibt kein Recht, ein korruptes Regime oder eine Diktatur mittels Einmischung in die Innenpolitik dieses Landes zu destabilisieren oder zu stürzen.
    Nach eigenen Angaben investierten die USA seit den Neunzigerjahren fünf Milliarden Dollar, um einen «Regime Change» in Kiew zu unterstützen. Und das taten die USA, indem sie sich in die Innenpolitik der Ukraine einmischten. Doch wer das kritisierte und an das Völkerrechts-Gebot der Nichteinmischung erinnerte, wurde zuweilen als «Russland-Troll» kritisiert.
    Quelle: Infosperber

  7. Goodbye Europa – wie die USA Deutschland und die EU ökonomisch abhängen
    Hohe Energiepreise in Deutschland drücken die EU Richtung Rezession. Die USA werben deutsche Unternehmen ab und ziehen Europa in einen Handelskrieg mit China.
    Die deutsche Wirtschaft gerät im internationalen Vergleich immer weiter ins Hintertreffen. Die „Wirtschaftsweisen“ dämpften die Erwartungen diese Woche, indem sie in ihrem Frühjahrsgutachten die Prognose für das Bruttoinlandsprodukt 2024 auf 0,2 Prozent senkten – im vergangenen Jahr gingen sie noch von einem Wachstum von 0,7 Prozent aus.
    Die Probleme der deutschen Wirtschaft sind nicht mehr an einer Hand abzuzählen. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, sagt: „Den Betrieben macht nicht nur konjunktureller Gegenwind zu schaffen. Sie haben nach wie vor auch mit handfesten strukturellen Herausforderungen zu kämpfen.“ Dazu zählten besonders die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten und die immer größeren Personalprobleme.
    Quelle: Simon Zeise in der Berliner Zeitung
  8. Ursula von der Leyen muss weiter zittern: Gericht verschiebt Pfizer-Hearing
    Am Freitag hat das Gericht (Chambre du Conseil) keine Entscheidung getroffen. Es werden weitere Monate vergehen, bis überhaupt klar ist, wer für die Ermittlungen in dem Fall überhaupt zuständig ist. Damit sind vor den EU-Wahlen und auch in der Periode der Bestellung eines neuen Präsidenten durch den Rat keine rechtlichen Verfahren gegen von der Leyen zu erwarten. Der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn von der Partei Die Partei sagte der Berliner Zeitung: „Der bereits hinreichend delegitimierten EU-Wahl, in der das Ergebnis, nämlich eine weitere Amtszeit von Kommissionspräsidentin von der Leyen, bereits genauso feststeht, wie die Ergebnisse bei Wahlen in Russland oder China, wird durch diese Entscheidung weiter delegitimiert.“
    Sonneborn hat insbesondere kein Verständnis, warum sich die Ermittlungen so lange hinziehen: „Wieso braucht die Europäische Staatsanwaltschaft EPPO, die Justizkommissar Didier Reynders untersteht, der Kommissionspräsidentin von der Leyen untersteht, anderthalb Jahre, um von der Leyens Bude im Kommissionsgebäude durchsuchen und ihr Diensthandy zur Einsichtnahme in die Pfizer-SMS beschlagnahmen zu lassen?“ Auch Reynders selbst steh im übrigen „im Mittelpunkt einer Milliarden-Affäre steht, in der erhebliche Teile des libyschen Staatsvermögens, das bei belgischen Banken eingefroren war, spurlos verschwunden sind“.
    Sonneborn sagte, das er, als die gerade neugeschaffene EPPO vor anderthalb Jahren verstärktes Interesse an der Übernahme des Falles von der Leyen zeigte, noch gehofft habe, „dass unser unmittelbarer Verdacht, sie würde die Ermittlungen nur an sich ziehen, um sie bis nach der EU-Wahl zu verschleppen, unbegründet wäre“. Stattdessen scheint mit der EPPO „eine weitere Organisation entstanden zu sein, die nicht das Interesse der Bürger, sondern die Abschirmung der EU-Amtsträger vor ihrer demokratischen Rechenschaftspflicht im Auge hat“.
    Quelle: Berliner Zeitung
  9. Wirtschaftsberichterstattung in ARD und ZDF mit Defiziten
    Der Umfang der wirtschaftspolitischen Berichterstattung durch ARD und ZDF ist beachtlich: Nachrichtensendungen, Talkshows und Politmagazine widmen rund ein Fünftel ihrer Sendezeit wirtschaftspolitischen Fragen. Allerdings wird die Themensetzung stark von der Bundespolitik getrieben und die Kontinuität und Einordnung der Berichterstattung lassen zu wünschen übrig. Darüber hinaus mangelt es insbesondere den Wirtschaftsmagazinen an Perspektivenvielfalt. Das Publikum wird hier überwiegend als Verbraucher*innen adressiert, der Blickwinkel von Arbeitnehmer*innen spielt kaum eine Rolle. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie “Viel Kraft – wenig Biss. Wirtschaftsberichterstattung in ARD und ZDF”. Die Analyse wird heute von der Otto Brenner Stiftung (OBS)
    und dem Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gemeinsam veröffentlicht.
    Für die Untersuchung wurden knapp 5.800 Sendungen mit rund 3.400 Stunden Programm vom Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 aufgezeichnet und mittels computergestützter Methoden der Medienanalyse ausgewertet.
    Quelle: DGB
  10. So stark profitierten Superreiche von der Corona-Pandemie
    Die Einkommen der Arbeiter blieben gleich tief, während Milliardäre um über 70 Prozent zulegten.
    Die Gesellschaft befinde sich in einer Spirale des Niedergangs. Die Machtkonzentration der falsch handelnden Elite trage dazu bei. Zu diesem Befund kommt die Management-Professorin Michaéla Schippers von der Erasmus Universität Rotterdam. Zusammen mit dem Infektiologen und Epidemiologen John Ioannidis von der Stanford University und Matthias Luijks von der Philosophischen Fakultät der Universität Groningen weist sie in einem Artikel in «Frontiers in Sociology» auf die enormen Folgen der wachsenden sozialen Ungleichheit hin. «In der gegenwärtigen Gesellschaft hat eine Elite reichlich Zugang zu Ressourcen, während die Massen zunehmend Mühe haben, um zu überleben.»
    Quelle: Infosperber

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