„Aber der Putin“ – ein gutes Beispiel für die geradezu umfassenden Manipulationsmöglichkeiten

„Aber der Putin“ – ein gutes Beispiel für die geradezu umfassenden Manipulationsmöglichkeiten

„Aber der Putin“ – ein gutes Beispiel für die geradezu umfassenden Manipulationsmöglichkeiten

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Vor einigen Tagen hatte ich Besuch von guten Freunden. Sie sind nicht in der Politik und auch nicht in den Medien tätig – aber hellwach. Trotzdem: Im Gespräch konnte ich alle Vorurteile über den russischen Präsidenten abrufen, die sich heute auch in der öffentlichen Debatte angesammelt haben. Dabei wird sichtbar, wie umfassend und grundlegend die Manipulation der öffentlichen Meinung auch bei wichtigen Vorgängen und auch bei Vorgängen, die nur wenige Jahrzehnte oder gar nur Jahre zurückliegen, möglich sind. Albrecht Müller.

Putins mit großem Beifall quittierte Rede im Deutschen Bundestag vom 25. September 2001 mit seinem Vorschlag für eine freundschaftliche Zusammenarbeit „von Wladiwostok bis Lissabon“ – vergessen. Putins Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz am 10. Februar 2007 – ebenfalls vergessen. Diese aber wahrzunehmen wäre wichtig, um den Blick auf das Verhältnis zu Putin und zu Putins Russland wieder ins Reine zu bringen. Meinen Freunden habe ich den einschlägigen Auszug aus der Münchner Rede geschickt.

Hier finden Sie die gesamte Rede.

Zunächst habe ich versucht, hier nur ein paar wenige Auszüge zu dokumentieren, dann aber bei der Lektüre der Rede gemerkt, dass es Sinn macht, Ihnen die Lektüre der gesamten Rede zu empfehlen. Dabei werden Sie nach meinem Eindruck lernen, nie wieder zu sagen: Aber der Putin!

Auszug aus der Rede Putins bei der Sicherheitskonferenz in München 2007:

„Die NATO-Erweiterung ist ein ‚provozierender Faktorʻ. Aber was geschieht zur selben Zeit? In Bulgarien und Rumänien entstehen sogenannte leichte amerikanische Vorposten-Basen mit jeweils 5.000 Mann. Das bedeutet, dass die NATO ihre Stoßkräfte immer dichter an unsere Staatsgrenzen heranbringt, und wir, die wir uns streng an den Vertrag halten, in keiner Weise auf dieses Vorgehen reagieren. Ich denke, es ist offensichtlich, dass der Prozess der NATO-Erweiterung keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa hat. Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt. Nun haben wir das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung? Und was ist aus jenen Versicherungen geworden, die uns die westlichen Partner nach dem Zerfall des Warschauer Vertrages gegeben haben? Wo sind jetzt diese Erklärungen? An sie erinnert man sich nicht einmal mehr. Doch ich erlaube mir, vor diesem Auditorium daran zu erinnern, was gesagt wurde. Ich möchte ein Zitat von einem Auftritt des Generalsekretärs der NATO, Herrn Wörner, am 17. Mai 1990 in Brüssel bringen. Damals sagte er: ‚Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.ʻ Wo sind diese Garantien? Die Steine und Betonblocks der Berliner Mauer sind schon längst zu Souvenirs geworden. Aber man darf nicht vergessen, dass ihr Fall auch möglich wurde dank der historischen Wahl, auch unseres Volkes, des Volkes Russlands, eine Wahl zugunsten der Demokratie und Freiheit, der Offenheit und echten Partnerschaft mit allen Mitgliedern der großen europäischen Familie. Jetzt versucht man, uns schon wieder neue Teilungslinien und Mauern aufzudrängen – wenn auch virtuelle, trotzdem trennende, die unseren gesamten Kontinent teilen. Soll es nun etwa wieder viele Jahre und Jahrzehnte dauern und den Wechsel von einigen Politiker-Generationen, um diese neuen Mauern zu ‚demontierenʻ?“

Titelbild: Bundestag