Kooperation mit der Bundeswehr – klingt wie neue Normalität und ist doch nur ein Baustein des Wahnsinnsprojekts Aufrüstung

Kooperation mit der Bundeswehr – klingt wie neue Normalität und ist doch nur ein Baustein des Wahnsinnsprojekts Aufrüstung

Kooperation mit der Bundeswehr – klingt wie neue Normalität und ist doch nur ein Baustein des Wahnsinnsprojekts Aufrüstung

Ein Artikel von Frank Blenz

Wir leben in irren Zeiten. Normal und wie selbstverständlich erscheint eine Pressemitteilung zum Besuchsprogramm eines Ministers. Hinter den sachlich daherkommenden Zeilen verbirgt sich aber der reine Wahnsinn gegenwärtiger Politik, unser Land nach und nach, sowohl dezent leise, gern auch laut und vehement, umfassend wie noch nie zu militarisieren. Die irren Zeiten manifestieren sich stärker und unverständlicher durch manche Stimmen aus dem Volk, der „Normalität“ etwas Gutes abzugewinnen, anzunehmen, dass die Militarisierung und Umrüstung von Industrie, Zulieferung, Gesellschaft Arbeitsplätze sichern und neue Jobs schaffen. Wie tragisch ist das in Wahrheit? Vor einigen Jahren wurde in Politik und Gesellschaft pazifistisch sinniert, wie Rüstungsfirmen in zivile umgewidmet werden könnten. Schnee von gestern, heute brauchen wir Panzer, die bringen was ein, nicht wahr? Von Frank Blenz.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Da ist er wieder, der vehemente Minister

Ein Bericht in der lokalen Presse lässt mich aufhorchen. Der sächsische Wirtschaftsminister Dirk Panter hatte in den vergangenen Tage mehrere vogtländische Firmen aufgesucht, auch in Plauen. Das Besuchsprogramm klingt konstruktiv und vernünftig, die neue Normalität halt:

Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) besucht am kommenden Freitag drei mittelständische Unternehmen im Vogtlandkreis. In Schöneck wird er laut einer Pressemitteilung des Ministeriums zunächst bei der Firma GK Software mit Geschäftsführer Michael Scheibner über Fachkräftegewinnung und die wirtschaftliche Lage in Südwestsachsen sprechen. In Klingenthal informiert sich Panter anschließend bei dem Unternehmen Injecta über die Entwicklung, Investitionen und Ausbildung. Am Nachmittag besucht er abschließend in Plauen die Binz Automotive Sachsen GmbH, die Spezialfahrzeuge fertigt und zuletzt ihre Produktion ausbaute. Mit Vertretern des Unternehmens will er über die Kooperation mit der Bundeswehr sprechen.

(Quelle: Freie Presse)

Beim Wort „Bundeswehr“ und bezüglich des Standorts der Plauener Firma in der Elsteraue schrillen bei mir jedoch die Alarmglocken. Ohne Zweifel schlussfolgere ich, dass „Kooperation“ zwischen einer Automotive Firma und der Bundeswehr heißt, dass bald auch in Plauen wieder eine militarisierte Produktion in Gang gesetzt werden könnte – und das auf historischem Boden. Das Firmengelände liegt in der Elsteraue, dem Areal, auf dem bis 1945 sehr viele Panzer und militärisches Gerät für den „Endsieg“ im Zweiten Weltkrieg hergestellt wurden. Plauen wurde schließlich von den Alliierten in Schutt und Asche gelegt.

Nun schreiben wir 2025. Was macht Minister Panter? Das ist der Politiker, der vor einiger Zeit im Landtag von Dresden eine aufreizende Wortwahl zum Thema Rüstung nutzte: Er wolle sich „vehement“ einsetzen. Wofür? Dafür, dass auch die sächsische Wirtschaft ein Stück vom fetten Kuchen der Aufrüstung abbekommen soll.

Panter ist mit seinem Engagement nicht allein, Ministerpräsident Michael Kretschmer scharrt ebenfalls eifrig mit den Hufen, der Osten muss mit im Boot der Militarisierung sitzen:

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Bundesregierung angesichts der geplanten Beschleunigung von Bundeswehr-Beschaffungen aufgefordert, die ostdeutschen Bundesländer dabei nicht zu vernachlässigen. In einem Gespräch mit der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) sagte Kretschmer: „Neue Regeln für die Bundeswehrbeschaffung waren überfällig. Für die ostdeutschen Bundesländer ist entscheidend, dass ein substanzieller Anteil der Beschaffung auch hier produziert wird.“

(Quelle: Hase Post)

Minister Panter hat zur Freude von Landesvater Kretschmer mit dem Säbelrasseln begonnen. Geld ist ja genug da für diese zweifelhafte Wertschöpfung und Umverteilung, welches dann woanders (zivile Gesellschaft und so) leider fehlt. Tja, die Friedensdividende ist halt aufgebraucht. Die vielen Moneten müssen jetzt gut ausgegeben werden, auf dass sie in den richtigen Taschen landen. Als eine Art Lobbyist der staatlichen Bundeswehr, die dank der Etatsteigerungen gerade ein sehr, sehr solventer Auftraggeber ist, tourt Minister Panter nach Plan und voller Vehemenz gut gelaunt durch die sächsische Idylle, wohlwollend begleitet von der sächsischen Presse. Besser wäre, er legte die gleiche Vehemenz für die zivile Wirtschaft und deren zivile Wertschöpfung an den Tag. Besser wäre, er würde für ein Innehalten all der zerstörerischen Ziele wie dem von fünf Prozent BIP für Rüstung einstehen – und das vehement.

Und wir Bürger?

In persönlichen Dialogen, in sozialen Netzwerken komme ich immer wieder mit Freunden und Bekannten über diese irre Zeit ins Gespräch. Ich lese auch bei anderen Mitbürgern, dass viele dieses Aufrüsten, den Wahnsinn der Ertüchtigung ablehnen. Ich sehe in meiner Heimatstadt regelmäßige, unermüdliche, standhafte Demonstrationen von Mitbürgern, die mit Plakaten, mit Sprechchören, auf Versammlungen und in verschiedensten Veranstaltungen immer und immer wieder Worte sagen wie: Schluss mit Aufrüstung! Frieden! Diplomatie!

Doch erfahre ich zu meinem Bedauern auch, dass die Meinungsmache für die derzeitig angestrebte „Wehrhaftigkeit“ zunehmend wirkt, dass Verständnis und mitunter gar Zustimmung geäußert werden, Rüstungsaufträge in Größenordnungen zu verteilen. Das bringe Arbeit, Lohn, die Firmenchefs und ihre Mitarbeiter müssten ja ihre Familien ernähren. Augen zu und durch? Es wird akzeptiert, dass ihre Arbeit der Aufrüstung dient. Auf dass wir Panzer auf Panzer bauen und hoffen, dass die nicht zum Einsatz kommen? Was für eine Verschwendung.

Nebenbei gesagt: Fern von Naivität betrachtet, sehe auch ich, dass Deutschlands Normalität seit Jahr und Tag bedeutet, dass wir in Sachen Rüstungsexport weit vorn in der Welt liegen, dass es Waffenschmieden großer Zahl gibt, dass auch die zivile Zuliefererbranche ihren Anteil hat. Doch die Erhöhung der Schlagzahl dieses dennoch zweifelhaften wirtschaftlichen Erfolges ist fatal und aggressiv.

Dazu passt: Ein Leichtes, Bequemes oder Uninformiertes (?) ist es, finde ich, Ursache und Wirkung außen vor zu lassen. Wenn die Bundeswehr Aufträge an kleine und mittlere Betriebe ausreicht, dann verdienen die Mitarbeiter und die Eigentümer entsprechend. In der Euphorie fällt unter den Tisch, dass das Geld, das die Bundeswehr zur Verfügung stellt, aus dem Bundeshaushalt stammt – Steuergeld, das von uns, den Bürgern, brav und viel eingezahlt wird, auch von den Mitarbeitern und Eigentümern der Auftrag nehmenden Firmen. Mitarbeiter und Eigentümer einer kleinen zivilen Firma bezahlt also die Bundeswehr, damit diese dann die Produkte aus der Firma kauft. Paradoxer Irrsinn.

Die Entscheidungsträger haben in dem Spiel inzwischen jede Verhältnismäßigkeit verloren, zu beobachten an den Steigerungszahlen der Rüstungsbranche und den Verschleierungstaktiken, auf dass der folgsame Bürger in Ruhe und Zähmung gehalten werde. Man stelle sich das mal vor: Drei Mal so hoch soll der Etat der Bundeswehr gegenüber dem Etat von 2024 sein. Hier einige Zahlen:

Wehretat soll bis 2029 fast verdreifacht werden. Der deutsche Verteidigungshaushalt soll bis zum Jahr 2029 schrittweise auf 152,8 Milliarden Euro anwachsen. Das wäre nahezu eine Verdreifachung des Etatansatzes von 2024. Der Entwurf von Finanzminister Lars Klingbeil sehe insgesamt Ausgaben von 503 Milliarden Euro vor, hieß es am Montag aus seinem Ministerium. Einhergehen solle das mit einem drastischen Anstieg der Neuverschuldung auf einen Jahreswert für 2029 von 126,1 Milliarden Euro. (…) In diesem Jahr soll der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP 2,4 Prozent erreichen. Für den Wehretat ist dann dem Haushaltsentwurf der Regierung zufolge ein Volumen von 62,4 Milliarden Euro geplant, mehr als zehn Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Für 2026 sind für den Wehretat 82,7 Milliarden Euro vorgesehen, für 2027 93,3 Milliarden Euro.

(Quelle: MDR)

Gedanke: zurück zu 2024 und noch weiter

Die Meinungsmacher aus den etablierten Denkfabriken des Landes, den angesagten Redaktionen und die Strategen in den Parteizentralen leisten ganze Arbeit. Sofern gesundes Misstrauen außen vor bleibt, gelingt es, die Notwendigkeit von Aufrüstung zu überhöhen. Der normale Bürger kommt zum Schluss, dass wir vor 2024 und noch weiter zurück als Bundesrepublik vollkommen vogelfrei waren. Bundeswehr? Damals war das eine komplett heruntergekommene Truppe mit komplett in die Jahre gekommener Ausstattung, nicht wahr? Die seinerzeit schon herausragend hohen Wehretat-Zahlen (das Geld reichte aber gerade mal für dringende Instandhaltungsarbeiten) erscheinen in diesen heutigen Zeiten folglich „niedrig“ und „unzureichend“. 2015/2016 schrieb das Verteidigungsministerium dazu:

Mit 34,28 Milliarden Euro sollen die Verteidigungsausgaben Deutschlands im kommenden Jahr um 1,32 Milliarden Euro höher ausfallen als 2015.

(Quelle: Bundestag)

Wohin soll das noch führen?

Drei Zahlen, die die Rüstungsspirale aufzeigen, auf dass wir 2029 eine Super-Armee und eine super wehrhafte Gesellschaft haben, alle kritischen Bereiche bestens ausgestattet sind und die kleine wie die große Firma ordentlich Betriebsergebnisse erzielen und alle gut und auskömmlich ihre Familien ernähren können.

Zum Vergleich:

2016: 34,28 Milliarden Euro – 2024: 62,4 Milliarden Euro – 2029: 152,8 Milliarden Euro

Titelbild: ArieStudio / shutterstock.com

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