Die inneren Abläufe im „Betriebssystem Bundestag“ kennen nur wenige Bürger. Marco Bülow, fast zwanzig Jahre Mitglied des Deutschen Bundestages, erzählt im Interview mit Holger Groß von seinen Erfahrungen als junger Abgeordneter mit legaler Korruption, Lobbyismus und den Einflüssen mächtiger Einzelpersonen und Unternehmen auf den Gesetzgebungsprozess. Er beschreibt die Umkehr der Gewaltenteilung im Parlament: Regierungen, die in der Praxis Gesetze vorformulieren und unter Zeitdruck und Partei- und Fraktionszwang durchpeitschten lassen, anstatt diese durch das Parlament auszuarbeiten und vorschlagen zu lassen. Die Folgen sind bekannt: Politikverdrossenheit und Menschen, die sich von Parteien nicht repräsentiert fühlen.
Zur „Rettung der Demokratie“ entwickelt Marco Bülow eine positive Zukunftsversion: Auf Grundlage von Albert Camus’ Begriff der „permanenten Revolte“ beschreibt er die Zukunftsversion einer kooperativen Demokratie, so wie sie ursprünglich von den Müttern und Vätern der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland für das Parlament als zentrale gesetzgebende Gewalt angedacht war: mit vom Volk gewählten und nur ihrem Gewissen verpflichteten Abgeordneten, unter Beihilfe von normalen Bürgern über tatsächlich funktionierende Räte, die aus dem Wettstreit der Ideen im Diskurs Gesetze beschließen.
Das aktuelle Buch von Marco Bülow „Korrumpiert. Wie ich fast Lobbyist wurde und jetzt die Demokratie retten will“ ist bei Westend erschienen.
Über den Interviewpartner: Marco Bülow (* 14. Juni 1971 in Dortmund) ist ein deutscher Politiker (Die PARTEI, bis 2018 SPD) und Autor. Von 2002 bis 2021 gehörte er als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestagswahlkreis Dortmund I dem Deutschen Bundestag an. Bei der Bundestagswahl 2021 trat er für Die PARTEI im Wahlkreis Dortmund I an.
Titelbild: NachDenkSeiten





