Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(WL/KR/AM)

  1. Arbeitslosengeld: Hartz-IV-Anträge werden komplizierter
    Ab Januar 2008 wird es für Bedürftige noch schwieriger, Arbeitslosengeld II zu beantragen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitet sich nach Informationen des Tagesspiegels intern darauf vor, die Zusammenarbeit in den Arbeitsgemeinschaften zu kündigen, in denen die BA und viele Kommunen zur Zeit noch gemeinsam die Empfänger von Leistungen nach Hartz IV betreuen. Danach müssten die Bezieher von Hartz IV künftig bei zwei Ämtern vorsprechen, wenn sie Leistungen beziehen wollen.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung: War nicht der behauptete Nutzen der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Hartz IV der letzte Strohhalm der Verteidiger der sog. Arbeitsmarktreformen?

    Siehe dazu auch:

    Hartz-IV-Antrag offenbar bald schwieriger: Agenturen bereiten sich auf neues Verfahren vor
    Hintergrund der internen Weisung, die Ende Juli an alle Regionaldirektionen der BA verschickt wurde, ist offenbar ein bevorstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung von Arbeitsagentur und Kommune. Die interne Anweisung der BA zur getrennten Wahrnehmung der Aufgaben hat für die Betroffenen erhebliche Auswirkungen, wenn sie umgesetzt wird. So ist keineswegs sichergestellt, dass Leistungen wie Wohngeld, Erstausstattung von Wohnungen oder das Extrageld für Schwangere dann pünktlich ausgezahlt werden können. Dennoch weist die BA ihre Regionaldirektoren an: „Es darf zu keiner Zeit zu einer Vorfinanzierung kommunaler Leistungen kommen.“ Im Klartext: Ist eine Stadt oder eine Gemeinde nicht in der Lage oder willens, schnell genug zu zahlen, wird die BA nicht einspringen.
    Quelle: Tagesspiegel

  2. “Die Arbeit hat ihn umgebracht”
    Eine Serie von Suiziden erschüttert französische Konzerne. Die Hinterbliebenen klagen die Unternehmen an, doch die schweigen. Auch in Deutschland ist der Tod in der Arbeit ein Tabuthema. Die Statistiken der Krankenkassen sprechen eine deutliche Sprache: Danach sind psychische Erkrankungen infolge von Arbeitsstress exponentiell gestiegen. Nach der jüngsten Erhebung der Techniker Krankenkasse ließen sich 2006 von den 2,5 Millionen versicherten Beschäftigten etwa 33 000 krankschreiben, weil sie sich überfordert, unwohl oder müde fühlten. Auf Deutschland hochgerechnet ergibt sich daraus ein Ausfall von acht Millionen Arbeitstagen – ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Kosten für die Allgemeinheit, Angststörungen, Depressionen, Herzinfarkte oder Hörstürze zu kurieren, verdoppelten sich nahezu binnen eines Jahrzehnts.
    Quelle: SZ
  3. Zehn Jahre nach der Vulkan-Pleite: Was ist aus den Menschen geworden?
    Es zeigt sich, dass weiterhin vor allem die Altersgruppe der 50-59-Jährigen die Leidtragenden des Strukturwandels der Arbeitsgesellschaft sind. Viele von ihnen haben ernsthafte Krankheitssymptome. Diese sind die Folge eines langjährigen Gesundheitsverschleißes bei Vulkan und den kleineren Werften des Bremer Raumes, in denen viele nach der Vulkan-Pleite, oftmals als Leiharbeiter, unterkamen. Die ehemaligen Vulkanesen unterwerfen sich einer extremen Arbeitsorientierung, die auf Gesundheit wenig Rücksicht nimmt. Nach dem 50. Lebensjahr häufen sich die gesundheitlichen Probleme, die sich nicht nur in körperlichen, sondern auch in psychischen Erkrankungen äußern. Für viele beginnt dann ein langer und teilweise entwürdigender Leidensweg durch die Institutionen. Langzeitarbeitslosigkeit, Krankheit und Frührente sind die Stichworte.
    Quelle: idw
  4. Anmerkungen des Bildungsverbandes zum Bericht der Bundesagentur für Arbeit „Analyse Arbeitsmarkt 2006“ zur Entwicklung der „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ (FbW) als Instrument der Arbeitsmarktpolitik
    Das Volumen der Förderung ist nur unwesentlich angestiegen, verteilt sich aber seit 2006 auf sehr viel mehr Förderfälle. Beim Volumen der eingesetzten Finanzmittel ergibt sich im Vergleich der Jahre 2005 und 2006 noch ein völlig anderes Bild: Im Jahr 2006 wurden 127 Mio. € (entspricht 19,4 %) weniger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung aufgewandt als im Jahr 2005. Dieser Umstand, unter Berücksichtigung eines – wenn auch nur geringfügigen – Wachstums der jahresdurchschnittlichen Bestände, lässt darauf schließen, dass arbeitsmarktliche Leistungen im Jahr 2006 deutlich günstiger eingekauft wurden als zuvor – ein Ergebnis der rigiden Preispolitik der BA, die zu Preisen für Fortbildungen geführt hat, zu denen es kaum noch möglich ist, qualitativ ausgerichtete Maßnahmen zu realisieren.
    Eine Bewertung, die alle Faktoren einschließt, würde also lauten: Bei einer eklatanten Steigerung der Förderfälle gegenüber 2005 sowie einem geringfügigen Anstieg des Teilnehmerbestandes wurde 2006 fast ein Fünftel weniger an Finanzmitteln für FbW eingesetzt als 2005.
    Quelle: Bundesverband der Träger beruflicher Bildung
  5. Mindestlöhne steigen – sechs EU-Staaten bei mehr als acht Euro
    Alle 20 EU-Mitgliedstaaten, in denen es einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, haben diesen 2007 erhöht oder werden das noch tun. In sechs EU-Ländern werden dann keine Stundenlöhne unter acht Euro mehr erlaubt sein. Dabei handelt es sich um die direkten westlichen Nachbarländer der Bundesrepublik sowie Großbritannien und Irland. Außerdem zieht ein weiteres EU-Mitglied eine Lohn-Untergrenze: Österreich führt ein tarifvertragliches Minimum ein. Das zeigt die aktuelle Europa-Bilanz von Dr. Thorsten Schulten, Tarifexperte im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  6. Widerstand gegen Mindestlohn
    Die von der Gewerkschaft Verdi angestrebte Allgemeinverbindlichkeit der neuen Post-Mindestlöhne stößt auf Widerstand. Kritik kommt aus dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Arbeitgeberlager.
    Quelle: FR

    Anmerkung: An diesem Kommentar kann man wunderbar sehen, wes Geistes Kind das Bundeswirtschaftsministerium ist: „Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung würde den Wettbewerb unterlaufen, noch bevor er begonnen hat”, zitiert das Magazin Spiegel aus einem internen Papier des Wirtschaftsministeriums.“
    In anderen Worten: Es ist ausdrücklich ein Wettbewerb um den maximalen Druck auf die Löhne erwünscht. Das Bundeswirtschaftsministerium will Niedriglöhne für Briefträger, will eine ruinöse Konkurrenz auf Kosten der Mitarbeiter.
    Ganz anders sähe es mit einem Mindestlohn aus: Dann bliebe den Unternehmen nur noch die Möglichkeit, über Innovationen und bessere Organisation der Arbeit, also höhere Produktivität und Qualität zu konkurrieren. Dieser Fortschritt würde allen nützen.

  7. Wie mit dem Pflegenotstand in Deutschland Privatisierungspolitik betrieben wird
    Am Anfang steht immer die Einsetzung einer Kommission: Anlässlich der Pflegeskandale gedenkt die sozialdemokratische Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eine Kommission aus Experten von Pflegekassen und -einrichtungen, Sozialhilfeträgern und Kommunen einzuberufen. Dabei existiert weniger ein Defizit bei der Problemerkennung als bei der Durchsetzung einer Politik, welche mehr auf bedarfsgerechte Pflege als auf die Einhaltung des Budgets abzielt.
    Quelle: Telepolis
  8. Die unterschätzte Seite der Armut: Chronische Krankheiten treffen Kinder aus sozial schwachen Familien besonders hart, weil sie oft kaum Unterstützung finden
    Der Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2005 zufolge weisen Kinder aus sozial schwächeren Familien bereits vor der Einschulung deutlich häufiger Gesundheits- und Entwicklungsstörungen auf und sind häufiger von Unfallverletzungen betroffen. Erschreckend sind auch die ersten Ergebnisse des bundesweit repräsentativen Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS), einer 2003 bis 2006 erhobenen Studie des Robert-Koch-Instituts. Störungen der psychischen Gesundheit und Hinweise auf Essstörungen finden sich bei Kindern mit niedrigem sozialen Status doppelt so oft wie bei sozial besser gestellten Kindern. Fettleibigkeit etwa wurde bei 14- bis 17-jährigen Kindern mit niedrigem sozialen Status etwa dreimal so häufig diagnostiziert wie bei Kindern mit hohem sozialen Status.
    Quelle: SZ
  9. Ottmar Schreiner: Gegen die Entsozialdemokratisierung
    Die Parteispitze hat in den Schröder-Jahren mit dem ursozialdemokratischen Reformismus gebrochen und sich mit Agenda 2010 und Hartz IV von einer fortschrittlichen, emanzipatorischen Reformpolitik endgültig verabschiedet. Eine kleine Clique an der Spitze der Partei wollte die reformistische Tradition der SPD als linker Volkspartei entsorgen. Die SPD verliert nicht nur bei den Wählern an Zuspruch. Mehr als zwei Drittel der verbliebenen Parteimitglieder lehnen wichtige Vorhaben der großen Koalition wie die Rente mit 67, die Gesundheitsreform, die Reform der Unternehmensteuer, die Privatisierung der Bahn und den Einsatz in Afghanistan ab. Die Politik der sozialen Demontage führt zur politischen Demontage der ältesten Partei Deutschlands.
    Die Agendapolitik hat die Ungleichheit im Lande verschärft. Den Sozialabbau der Kohl-Regierung haben wir 16 Jahre lang politisch bekämpft. Nun haben wir durch sozialdemokratische Regierungspolitik die gesellschaftliche Spaltung noch weiter vertieft. Was wir brauchen, ist kein “Weiter so”, sondern der Bruch mit einer gescheiterten Politik.
    Eine sozial gerechte Gesellschaft erfordert nicht nur den gleichen Zugang zu Bildung, Ausbildung und Kultur, sondern auch mehr Gleichheit in der Verteilung von Beschäftigung, Einkommen, Eigentum und Macht. Ein solches Sozialstaatsverständnis verbindet das legitime verteilungspolitische Aufholinteresse der unteren und mittleren Schichten mit einem republikanischen Gerechtigkeitsverständnis der gehobenen Milieus.
    Quelle: FAZ
  10. Frank, lass stecken!
    Es gibt viele gute Gründe, warum Frank-Walter Steinmeier auf gar keinen Fall Kanzlerkandidat der SPD werden sollte. Was Sie sagen müssen, wenn Sie Steinmeier verhindern wollen – eine Argumentationshilfe.
    Quelle: SZ
  11. » Der ideologische Triebtäter aus NRW «
    Ob V-Mann oder Mafiamorde – NRW-Innenminister Ingo Wolf produziert eine Panne nach der anderen. Von einem prominenten Parteifreund wird er sogar verklagt.
    Quelle: FTD
  12. Ein Schuljahr weniger – Wie man aus Kindern Manager macht
    Frontalunterricht und Selektionsdruck nehmen zu. Freizeit gibt es kaum noch. Eltern verlangen verstärkt Antibiotika für ihre Kinder, um Fehlzeiten abzukürzen. Hannes Hintermeier berichtet, was die neuerdings acht Jahre lange Gymnasialzeit mit den Schülern macht.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung: Endlich wachen auch konservative Medien gelegentlich auf und stellen fest, welch einen Wahnsinn ihre artverwandten, neoliberalen Ideologen anrichten: mit Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre, früherer Einschulung, Überlastung vieler Kollegien mit Tests und anderen aus eng begrenzten Leistungsvorstellungen folgenden Neuerungen. Von welchem Holz diese Leute geschnitzt sind, wird dann an einem Vorgang wie im folgenden sichtbar.

  13. Linke Nummer an der FU Berlin
    Albert Scharenberg ist Nordamerika-Spezialist an der FU Berlin – der beste Kandidat für die neue Juniorprofessur am renommierten JFK-Institut, empfehlen Gutachter. Nur das Uni-Präsidium will ihn nicht: zu alt, unqualifiziert. Kollegen vermuten ganz andere Gründe für die Ablehnung.
    Quelle: SPIEGEL

    Zum Hintergrund: Uni-Präsident Lenzen ist Botschafter der INSM und sozusagen eine ihrer Speerspitzen in der akademischen Welt. Er hat auch schon einmal als Gutachter für die bayerische Wirtschaft die Einschulung mit vier Jahren empfohlen.

  14. “Hauptschulabschluss hat ausgedient”
    Die Vizevorsitzende der GEW, Marianne Demmer, hat dem dreigliedrigen Schulsystem ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Mit einem Hauptschulabschluss seien die Chancen auf dem Arbeitsmarkt gleich null. Damit stünde ein Viertel der Schüler ohne Perspektive da. Länder wie Finnland, Schweden, Kanada oder Australien zeigten, wie bei einem guten Konzept, vernünftigen Lernbedingungen und qualifiziertem Unterstützungspersonal “deutlich mehr als 90 Prozent der Schüler mindestens einen mittleren Abschluss erreichen”, sagte Demmer.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung: Hier wären sinnvolle Reformen nötig. – Das ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass wichtige Herausforderungen mit der Globalisierung nahezu nichts zu tun haben. Sie folgen aus falscher Politik bzw. Nichtstun im Inneren. Oder leben die Finnen, die Schweden, die Kanadier … nicht in einer globalisierten Welt?

  15. Schweiz regelt Managergehälter neu
    Schweizer Unternehmen wollen sich künftig an einheitliche Regeln zur Bezahlung ihrer Manager halten. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hat jetzt entsprechende Empfehlungen verabschiedet, die nach mehrmonatigen Diskussionen mit den Mitgliederverbänden entstanden sind. Die Empfehlungen sind Bestandteil der Regeln zur guten Unternehmensführung.
    Quelle: Handelsblatt
  16. Naomi Klein: Die Freiheit, die sie meinen
    Der Öffentlichkeit wurde die Invasion in den Irak als Reaktion auf eine Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen verkauft. Warum? Weil die Sorge um Massenvernichtungswaffen, wie Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz erklärte, das Einzige sei, “bei der alle derselben Meinung sind”. Mit anderen Worten: Zur Rechtfertigung bildeten die Massenvernichtungswaffen den kleinsten gemeinsamen Nenner. Die seltener genannte Begründung, die von den intellektuellsten Verfechtern des Krieges bevorzugt wurde, war hingegen die Theorie des “Modells”.
    Diese Theorie verband die Bekämpfung des Terrorismus mit der Verbreitung des Kapitalismus und freier Wahlen zu einem einzigen Projekt. Auf diese Weise wollte man gleichsam im Dreierpack den Nahen Osten von Terroristen “säubern”, eine riesige Freihandelszone schaffen und schließlich auf Grundlage dieser Tatsachen Wahlen abhalten. George W. Bush fasste dieses Ziel später in einem einzigen Satz zusammen, als er sagte, es gehe darum, “einer unruhigen Region die Freiheit zu bringen”.
    Quelle: taz

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!