Wie hat die IKB ihr Geschäft betrieben?

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Dazu ein Beitrag von Hauke Fürstenwerth, dem Autor von „Geld arbeitet nicht“.

Auf der Website der IKB ist ein Link zu einer Präsentation in Form einer PDF-Datei anlässlich eines conference call am 16. Oktober 2007. Auf Seite 4 dieses Dokuments ist das Geschäftsmodell der IKB illustriert, mit dem sich die Bank verspekuliert hat. (Andere Banken sind nach gleichem Muster verfahren, weshalb ich eine verallgemeinerte Darstellung dieser Aktivitäten in mein Buch “Geld arbeitet nicht” eingearbeitet habe.)

An diesem Modell gibt es einige bemerkenswerte Auffälligkeiten, die in der aktuellen Diskussion zumeist übersehen werden:

  • in Umkehr des gängigen Kreditgeschehens aus kurzfristigen Einlagen langfristige Kredite zu machen, macht die IKB aus langfristigen CDOs kurzfristige CPs. Ein solcher Vorgang widerspricht der Darstellung dessen, was Flassbeck über die Bankentätigkeit äußert.
  • das Ganze macht offenbar nur Sinn, weil die IKB vor allem über Beratungsdienstleitung (CAM advices) an ihren off-balance Vehikeln Provisionen verdient. Dieses Geschäft hat die IKB in ihrem ursprünglichen Geschäftsbericht 2006/07 vom 28.6.2007 wie folgt erläutert:

    Wir nutzen unsere große Expertise in diesem Bereich aber auch, um auf Provisionsbasis externe Gesellschaften bei deren Investments in internationale Kreditportfolien zu beraten. Dies bezieht sich insbesondere auf das Conduit „Rhineland Funding Capital Corporation” in den USA. Aufgrund unserer Beratung investiert diese Gesellschaft in vergleichbare Portfolien wie die IKB. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass für Dritte die gleichen Qualitätsstandards wie für unser Haus gelten.

    Eine erfreuliche Erhöhung um 19,2 % auf 108 Mio. ergibt sich auch für den Provisionsüberschuss. Die eine Hälfte dieses Überschusses stammt aus Strukturierungsgebühren sowie Provisionen der Geschäftsfelder Firmenkunden, Immobilienkunden und Strukturierte Finanzierung, die andere Hälfte resultiert im Segment Verbriefungen aus Beratungsgebühren des Conduits Rhineland Funding.
    Das Conduit Rhineland Funding Capital Corporation, für das wir eine Beratungsfunktion übernommen haben, hat sein Investmentportfolio auf 12,7 Mrd. (9,7 Mrd.) erhöht.

    Für das Conduit Rhineland Funding erwarten wir innerhalb von drei Jahren ein Investmentvolumen von 20 Mrd. (derzeit 12,7 Mrd. ), für Rhinebridge ein Volumen von 10 Mrd.. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der IKB-Konzern auch in den nächsten Jahren weiter wachsen wird.

    Ansteigen sollen ferner die Beratungsgebühren, die wir im Rahmen unserer Beratung für die Strukturierung der Investments in den Conduits Rhineland Funding und Rhinebridge erhalten.

  • weil keine CPs mehr verkauft werden können, ist die IKB auf den gekauften CDOs sitzen geblieben und muss diese nun aus eigenen Mitteln finanzieren.
  • Problem verstärkend wirkt sich aus, dass der “Wert” der erworbenen CDOs durch die Ratingagenturen massiv herabgesetzt worden ist und damit der Beleihungsgswert dieser assets deutlich gesunken ist, also Eigenkapital nachgeschossen werden muss.

Bisher handelt es sich bei diesen “Verlusten” um Buchverluste, erst wenn die den CDOs zugrunde liegenden Kredite nicht mehr bedient werden, entsteht ein realer Verlust. Dieser Aspekt verdient in der Diskussion nach meiner Auffassung mehr Beachtung, denn dadurch relativiert sich die Gefährdung der Realwirtschaft.

Dieses konkrete Beispiel zeigt auf, dass Basis vieler moderner Finanzprodukte nach wie vor zwar realwirtschaftliche Vorgänge sind, im betrachteten Fall die Vergabe eines Kredites, das Geschäft der Banken sich aber nicht mehr auf den realwirtschaftlichen Vorgang beschränkt. (Zertifikate, Katastrophenanleihen u.a. sind Wetten ohne Bezug zu realwirtschaftlichen Vorgängen.) Dieser Kredit wird heute nicht nur als “Ware” in der Finanzwirtschaft gehandelt, es werden auch von diesem abgeleitete Finanzprodukte generiert (MBS, CDO, CP etc). Diese Produkte werden fälschlicher Weise als “Wertpapiere” angepriesen und verkauft. Die “Werthaltigkeit” der Papiere ist durch Ratingagenturen im Auftrag der Wertpapierkonstrukteure bestätigt worden, der preis ist also nicht nach marktwirtschaftlichen Prinzipien ermittelt worden. Als die Käufer nach Zahlungsunfähigkeit der ersten Schuldner realisierten, was da angeboten wird, sind Brokerhäuser und Investmentbanken wie Bear Sterns, IKB u.a. auf ihren faulen Eiern sitzen geblieben. Die Käufer dieser “Wertpapiere” müssen nun erkennen, dass der Wert der erworbenen Papiere weit geringer ist als der gezahlte Preis, entsprechend müssen IKB, West LB etc. Abschreibungen vornehmen.

Investmentbanken betreiben das Geschäft mit Finanzprodukten, wie am Beispiel IKB illustriert, als Provisionsgeschäft. Im Geschäftsfeld Vermögensverwaltung dienen die Finanzprodukte als Geldanlage alternativ zu Edelmetallen und realwirtschaftlichen Gütern. Hierbei wird kein Mehrwert geschaffen, der Handel mit Finanzprodukten ist ein Nullsummenspiel, am Beispiel des Handels mit Aktien habe ich diese banale Tatsache hier belegt.

Aus “Geld arbeitet nicht”: “Jedem Gewinn steht ein gleich hoher Verlust gegenüber. Bei den Wetten im Casino Finanzwirtschaft gibt es nur einen sicheren Gewinner, den Buchmacher. Es sind die Organisatoren der Wetten – Börsenbetreiber, Banken, Fondsmanager und Finanzdienstleister – die über ihre Provisionen exorbitant hohe Einkommen erzielen. Sie sind es, die ständig neue Wetten in Form von „innovativen Finanzprodukten“ erfinden und diese den Anlegern als „Wertanlage“ empfehlen. Sie verdienen an jeder Wette. Im Kapitalmarkt werden weder Werte geschaffen noch vernichtet. Die Summe der in der Finanzwirtschaft gehorteten Finanzanlagen wird nur durch Zufuhr von Geld aus der Realwirtschaft erhöht.

Ebenso wichtig wie neue Wetten ist deshalb ein ständiger Zufluss neuer Gelder. Nur so kann die Illusion einer Wertsteigerung in der Finanzwirtschaft aufrechterhalten werden.”

Wie in “Geld arbeitet nicht” an etlichen Beispielen belegt, fördert die Politik die Geschäfte der Finanzwirtschaft nach Kräften. Ob die beteiligten Verantwortlichen wie der von Ihnen häufig genannte Ministerialdirektor Asmussen oder andere Experten die Komplexität der als “Finanzinnovationen” angepriesenen Produkte hätten erkennen müssen, wird eine offene Frage bleiben. Fakt ist, dass viele Finanzexperten und Bankenvorstände offenbar überfordert waren. Damit praxisrelevante Regelungen der Finanzwirtschaft vorgenommen werden können, muss klar sein, womit sich die Finanzwirtschaft beschäftigt. Mit den klassischen Vorstellungen der Wirtschaftswissenschaft werden die Aktivitäten der Finanzwirtschaft nur unzureichend erfasst. Die Frage der Eigentümerschaft von Banken – privat oder staatlich – ist von sekundärer Bedeutung, denn es hilft nichts, wenn staatliche Banken sich an Stelle von privaten Banken im Glücksspiel betätigen. In “Geld arbeitet nicht” habe ich einige Gedanken zu Lösungsansätzen vorgestellt, die den “Vermehrungsdrang des Kapitals” wieder auf die Realwirtschaft lenken können.

Hauke Fürstenwerth

Geld arbeitet nicht –
wer bestimmt über Geld, Wirtschaft und Politik?
Quelle: www.shaker-media.de