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Unter anderem zu folgenden Themen

  • Der Wert der Wertlosen
  • Selbst bei hohen Tarifabschlüssen nur geringe Reallohnsteigerungen
  • Die Bahn bin ich – Abbau von Mitbestimmungsrechten und Lohndrückerei
  • Privater Datenmissbrauch
  • Gewerkschaften diskutieren Alternativen zur “unternehmerischen Hochschule”

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

  1. Der Wert der Wertlosen
    Es ist womöglich ratsam, das Feld des alltäglichen Irrsinns von hinten aufzurollen. Damit soll gemeint sein, dass man jene Personen, die im öffentlichen Diskurs als Effizienzbremsen und daher als stark kostenintensiv ermessen werden, sich ins übliche Rechenschema der Kosten-Nutzen-Jünger einreihen sollten, um ihren Wert, den Wert ihrer vermeintlichen Wertlosigkeit, zur Geltung zu bringen. Der volkswirtschaftliche Wert, orientiert an ihrer ökonomischen Verwertbarkeit folglich, ihr “Seinsnutzen”, soll in nur knappen Worten festgehalten werden.
    Quelle: ad sinistram
  2. Workfare – ein Standortfaktor für Europa?
    Nationale Umsetzungen der Lissabon-Strategie
    Die neue Strategie zur gesellschaftlichen Bearbeitung von “Überflüssigkeit” durch einen “Dritten Arbeitsmarkt” soll die Menschen mit der Zuweisung “gemeinnütziger Arbeit” aus ihrer “Position der Nutzlosigkeit” befreien und ihnen einen Platz – wenngleich auf unterer Stufe – in der Gesellschaft einräumen. Die Erfahrungen mit den Ein-Euro-Jobs in den vergangenen drei Jahren sind jedoch zwiespältig. Als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt sind sie dysfunktional und gleichzeitig wurden erhebliche Verdrängungseffekte bei regulärer Beschäftigung beschrieben. “Überflüssigkeit” lässt einen neuen gesellschaftlichen Raum ohne den Zwang zur Lohnarbeit entstehen. Im Ausmaß dieser Entwicklung wird das bislang gültige Lohnarbeitsregime grundsätzlich fragwürdig.
    Hinweis auf eine Tagung.
    Quelle: Forschungsgruppe “Der workfare state – Hausarbeit im öffentlichen Raum?” [PDF – 100 KB]
  3. Viele Tarifabschlüsse im ersten Halbjahr 2008 über 4%
    Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, fielen im ersten Halbjahr 2008 viele Tarifabschlüsse in Deutschland mit über 4% erneut deutlich höher aus als in den Vorjahren. In diesem Zeitraum gab es einen Anstieg der Verbraucherpreise von bis zu 3,3% (Juni gegenüber dem Vorjahresmonat).
     Tarifabschlüsse von 4% und mehr erzielten die Beschäftigten im ersten Halbjahr 2008 beispielsweise in der Eisen- und Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen und in den neuen Ländern sowie in der chemischen Industrie. Auch im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen stiegen die Tarifverdienste durchschnittlich um über 4%. In den Bundes­ländern, für die seit Oktober 2005 ein eigener Tarifvertrag gilt, gab es nach mehreren Nullrunden eine Tariferhöhung von 2,9%. In der Textilindustrie, im Einzelhandel und im Hotel- und Gastgewerbe stiegen die Tarifverdienste mit 3% oder mehr deutlich stärker als in den Vorjahren. In anderen Branchen, wie beispielsweise im Metallgewerbe oder in der Süßwarenindustrie, wurden Tariferhöhungen wirksam, die bereits 2007 vereinbart worden sind. Diese fielen aber häufig geringer aus als die Abschlüsse im Jahr 2008.
     Derzeit gibt es in fünf Bauberufen, im Elektrohandwerk, im Gebäudereinigungshandwerk und bei Briefdienstleistern allgemeinverbindliche, branchenspezifische Mindestlöhne. Sie lagen am 1. April 2008 zwischen 6,58 Euro in der Gebäudereinigung in den neuen Ländern und 12,50 Euro für Fachwerker, Maschinisten und Kraftfahrer im Baugewerbe im früheren Bundesgebiet. Weitere acht Branchen, darunter die Zeitarbeit sowie das Wach- und Sicherheitsgewerbe, haben allgemeinverbindliche Mindestlöhne beantragt. Voraussetzung dafür ist, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Mindestlöhne einigen und die Tarifverträge bereits für mehr als die Hälfte der Beschäftigten in dieser Branche gelten.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung WL: Real sind also die Löhne auch bei den am meisten gestiegenen Tarifverdiensten gerade um 0,7% gestiegen.

  4. Die Bahn bin ich
    Der bevorstehende Börsengang von Teilen der Deutschen Bahn AG soll offenbar als Vehikel dienen, um die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten in großen Teilen des Unternehmens auszuhebeln. Vor diesem Hintergrund hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bereits in der vergangenen Woche das Landgericht Berlin angerufen, um dies auf dem Klageweg zu unterbinden.
    Knackpunkt ist dabei die Konstruktion der neuen Bahn-Tochtergesellschaft Mobility Logistics (DB ML AG) als so genannte Zwischenholding. Diese soll mittels eigener Tochtergesellschaften den Güter-, Regional- und Fernverkehr betreiben. 24,9 Prozent ihrer Anteile sollen noch in diesem Jahr an der Börse platziert werden.
    Die Bahn AG steht auf dem Standpunkt, dass für die Besetzung der den Beschäftigten zustehenden Aufsichtsratsmandate nur die direkten Mitarbeiter der DB ML AG wahlberechtigt sind.
    Quelle: junge Welt
  5. Deutsche Bahn AG drückt Lohn
    Per Anzeige sucht die Bahn 1.000 neue Lokführer und verspricht 32.000 Euro Gehalt. Dann stellt sie die neuen aber als “Mitarbeiter mit eisenbahnspezifischer Ausrichtung” an – und zahlt viel weniger
    Quelle: taz
  6. Die Schattenmeldeämter
    Personenbezogene Daten der kommunalen Melderegister werden offenbar rechtswidrig von Privatfirmen gespeichert und verkauft.
    Sie übernehmen die bürokratische Drecksarbeit: Adressmittler. Wartet eine Bank auf die Rückzahlung eines Kredits, schaltet sie solche Firmen ein. Adressmittler nehmen mit den Melderegistern Kontakt auf, um den Aufenthaltsort des säumigen Zahlers herauszufinden und die Daten der Bank zur Verfügung zu stellen. Nur der Bank – denn der Mittler darf die Daten nirgends speichern.
    Doch mehrere Unternehmen handeln offenbar rechtswidrig mit Millionen dieser Melderegister-Daten. Das bestätigten mehrere Landesinnenministerien der taz. Statt die Angaben nach Erhalt nur dem Auftraggeber weiterzuleiten, behalten die Vermittler sie in eigenen Datenbanken. Nach taz-Informationen werden mindestens acht Firmen beschuldigt. Eines dieser Unternehmen besitze eine Datenbank mit 72 Millionen Datensätzen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums Schleswig-Holsteins der taz. Von den übrigen Händlern lägen keine konkreten Zahlen vor. “Aber auch dort dürften Datensätze im vielfachen zweistelligen Millionenbereich vorgehalten werden”, sagte der Sprecher.
    Quelle: taz
  7. Gewerkschaften diskutieren Alternativen zur “unternehmerischen Hochschule”
    Mit einem Aufruf an die Länderparlamente, den durch die Föderalismusreform entstandenen Gestaltungsspielraum für die Stärkung der Mitbestimmung an den Hochschulen zu nutzen, ist die 2. Wissenschaftskonferenz der Hans-Böckler-Stiftung (HBS), des Deutschen Studentenwerks (DSW) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Papenburg zu Ende gegangen. “Die überfällige Innovation der Hochschulen kann nicht ohne die Partizipation der an Forschung, Lehre und Studium beteiligten Beschäftigten realisiert werden”, kritisierte das für Hochschule und Forschung zuständige Vorstandsmitglied der GEW, Andreas Keller. Er forderte die Abgeordneten auf, reformbereite Mehrheiten in den Ländern für die Stärkung der Mitbestimmung in den Landeshochschulgesetzen zu nutzen.

    Er stellte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Wissenschaftskonferenz einen Entwurf für ein neues wissenschaftspolitisches Programm der GEW vor, das dem Gewerkschaftstag der Bildungsgewerkschaft im April 2009 in Nürnberg vorgelegt werden soll. Es steht unter dem Motto: “Wissenschaft demokratisieren, Hochschulen öffnen, Qualität von Forschung und Lehre entwickeln, Arbeits- und Studienbedingungen verbessern”. Wolf Jürgen Röder, Vorstandsmitglied der HBS, berichtete, dass die Stiftung ein “Leitbild für eine demokratische und soziale Hochschule” erarbeiten wolle. Die Gewerkschaften möchten damit dem dominierenden Leitbild einer “unternehmerischen Hochschule” eine Alternative gegenüber stellen.

    In Papenburg diskutierten 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Studentenwerken unter dem Motto “Innovation durch Partizipation” über die Perspektiven der Steuerung von Hochschule und Forschung im 21. Jahrhundert. Der Bogen spannte sich von der betrieblichen Mitbestimmung über die Perspektiven der Mitbestimmung in Europa, die Mitwirkung der Gewerkschaften im Bologna-Prozess, die Rolle der verfassten Studierendenschaften, die Zukunft der Studentenwerke als Dienstleister der Hochschulen und die Funktion von Hochschulräten bis hin zur Arbeit von Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten. Die Beiträge und Ergebnisse der Wissenschaftskonferenz sollen wieder in einer Buchpublikation veröffentlich werden.

    Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz forderten in einer “Papenburger Erklärung” die Beteiligungsrechte des Personals bei der Fusion von Universitäten und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen zu wahren. Zuvor hatten Angehörige des neu gegründeten “Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), das aus der Universität Karlsruhe und dem Forschungszentrum hervorgegangen ist, berichtet, wie die Partizipation bei der Umsetzung der Exzellenzinitiative auf der Strecke zu bleiben droht. “Exzellente Wissenschaftseinrichtungen brauchen exzellente Mitbestimmung – Partizipation ist ein Zukunftskonzept”, erklärte Andreas Keller.
    Quelle: GEW Newsletter Hochschule und Forschung (im Abonnement kostenlos beziehbar)