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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Goldman Sachs im Finanzministerium
  2. Arbeitsminister hält Regierungserklärung: Das Schweigen des Hubertus Heil
  3. Mindestlohn-Tricks kosten Deutschland zehn Milliarden
  4. Arbeitslose werden weiterhin zu oft in die Leiharbeit gedrückt
  5. „Sie sind herzlos, und Sie sind ohne Empathie“
  6. Einkommensschicht bestimmt die Kindergesundheit
  7. »Troika für alle«? EU-Kommission schlägt erneut finanzielle Belohnungen für Sozialabbau vor
  8. Im Zeichen des Zorns
  9. WSI-Arbeitskampfbilanz 2017
  10. Ist die US-Steuerreform ein Vorbild für Deutschland?
  11. “Wer weiß, wer der Täter ist, der braucht keine Aufklärung”
  12. American Public Troubled by ‘Deep State’
  13. “Facebook ist aus jedem Blickwinkel Täter”: IT-Blogger Fefe über die Lehren aus dem Cambridge-Analytica-Debakel
  14. 209 neue Posten: Rechnungshof kritisiert Stellenzuwachs der Bundesregierung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Goldman Sachs im Finanzministerium
    Was kommt als nächstes? Al Capone als Justizminister? Egal, ob schwarze oder rote Null – es kommt immer Null dabei heraus. In seiner Rede zur Regierungserklärung von Olaf Scholz erklärt Fabio De Masi dem Vize-Kanzler den Exportüberschuss mit Fischbrötchen & Astra und schlägt eine neue Netflix-Serie vor: House of Banks. […]
    Stellen Sie sich vor Herr Scholz, Sie würden Fischbrötchen an der Elbe verkaufen. Für einen anständigen Lohn. Und ich würde zum Mindestlohn von 8,84 Euro auf der Reeperbahn Astra zapfen. Mein Bier wäre spott-billig, deswegen würden Sie immer bei mir tanken. Aber ich könnte mir Olafs Fischbrötchen nicht leisten. Kein Umsatz für Sie! Irgendwann wären Sie pleite und müssten bei mir anschreiben. Hätte ich einen anständigen Lohn könnte ich bei Ihnen Fischbrötchen kaufen und Sie könnten bei mir trinken bis zum Umfallen. Davon hätten wir beide was.
    Quelle: Fabio De Masi

    dazu auch: Gut gemacht, Olaf Scholz
    Die Kritik an der Berufung von Goldman-Sachs-Banker Jörg Kukies zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium mit Zuständigkeit für die Europapolitik und Finanzmarktregulierung ist allzu mechanisch. Dass der Mann bei Goldman Sachs gearbeitet hat und reich geworden ist, stellt keinen Disqualifikationsgrund dar. Und auch all diejenigen, die da schnell von Interessenskonflikten sprechen, greifen wahrscheinlich zu kurz. […]
    Zweitens kann man Scholz & Co. nicht verdenken, dass sie sich unbedingt auf Katastrophenszenarien wie etwa einen Kollaps des finanziellen Kartenhauses Italien einstellen müssen. Dafür im eigenen Haus smarte Kapazitäten aufzubauen, ist schon als Teil eines propren Risikomanagements geboten. Wie FDR sagte: Man braucht einen Dieb, um andere Diebe zu fangen. […]
    Kukies dürfte Eingehendes über Finanzproduktschrott wissen, der verkauft worden ist. Und er dürfte mit den inneren Strukturen finanzieller Kartenhäuser relativ intim bekannt sein.
    All das, so steht zu vermuten, kann der Bundesregierung nur nutzen. Denn im Vergleich zu dem, was passiert, wenn Italien wirklich ins Wanken gerät, waren alle finanztechnischen Manöver, die die Griechenland-Krise erforderte, ein reines Kinderspiel.
    Quelle: Manager Magazin

    Anmerkung JK: Die Berufung des Goldmann Sachs Deutschlandchefs Kukies zum Staatssekretär im Finanzministerium als geschickten Schachzug zu exkulpieren, mit dem man sich doch nur die entsprechende Fachexpertise ins Hause holt, ist an Chuzpe nicht zu übertreffen.

    Ähnlich in der Zeit. In den deutschen “Qualitätsmedien” findet sich zu diesem Vorgang nicht einen Hauch der Kritik. Soviel wieder einmal zum Zustand unserer Medien.

  2. Arbeitsminister hält Regierungserklärung: Das Schweigen des Hubertus Heil
    Der neue Arbeitsminister erklärt die sozialpolitischen Ziele der Regierung. Besonders interessant ist, zu welchem Thema er nichts sagt.
    Was der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zu Hartz IV zu sagen hat, ist erstaunlich dürftig. Da tobt seit Tagen eine Debatte über die Grundsicherung, und Heil handelt sie in seiner Regierungserklärung im Bundestag in wenigen Sekunden ab. Nicht die Höhe der Transfers sei die entscheidende Frage und auch nicht, ob man es schaffe, Menschen in Armut zu verwalten, sagte Heil am Donnerstag. Entscheidend sei, Menschen „Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen“.
    Damit bringt er die Haltung der neuen Bundesregierung zu Hartz-IV-Empfängern auf den Punkt. Zwar fand man die kaltherzigen Äußerungen Jens Spahns unpassend, aber wirklich ändern möchte man die Lage von arbeitslosen Armen auch nicht.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein Programm für Lohnerhöhungen und die Wiederherstellung des Sozialstaats: bei der SPD weiterhin Fehlanzeige. Stattdessen kommen Heil und die Koalition (leider) weiterhin mit diesen unfassbaren Unverschämtheiten durch, die Rente auf die Art zu “stabilisieren” (auf allerunterster Sohle), indem sie “den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigen […] lassen”. Begründung für diesen Wahnsinn: keine. Aber dass Deutschland seine “Wettbewerbsfähigkeit” verbessern muss, ist selbstredend.

    dazu: Unheilvolles Schweigen
    In seiner Regierungserklärung geht der neue Arbeitsminister mit keinem Wort auf Hartz IV ein
    Armut ist längst kein Randphänomen mehr in Deutschland: Etwa acht Millionen Menschen sind auf Grundsicherung angewiesen, darunter sind fast sechs Millionen Hartz-IV-Bezieher und deren Kinder. Angesichts dieser Zahlen sollte man meinen, dass der neue Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) das Thema zum zentralen Aufhänger seiner Regierungserklärung machen würde, schließlich fällt das Arbeitslosengeld II, wie Hartz IV offiziell heißt, in seinen Aufgabenbereich. Doch weit gefehlt: Der Ressortleiter hielt sich am Donnerstag zwar an die von Merkel ausgegebene Regierungslinie und beklagte ebenfalls die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, »im Arbeitsleben und bei Einkommen und Vermögen«, erwähnte aber Hartz IV als Treiber dieses Auseinanderdriftens mit keinem Wort.
    Nicht immer war Heil so sprachlos. In seiner ersten Amtszeit als SPD-Generalsekretär verteidigte er die Agenda 2010, deren Kernpunkt die Einführung des ALG II war, gegen Angriffe von links. Als die SPD später die Oppositionsbänke drückte, erfassten Heil ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Schröderschen Reformprojekts. »Das riecht nach Willkür«, klagte er mit Blick auf die fragwürdige Regelsatzberechnung in der »taz«. Als zuständiger Minister hat er sich nun offenbar mehr Zurückhaltung auferlegt. Und so fragte er unverbindlich in die weite Runde des halbleeren Plenums: »Wie halten wir in diesem gesellschaftlichem Wandel die Gesellschaft zusammen?« Heil zufolge soll der starke Sozialstaat »Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen«. Das Ganze wolle er aber »nicht an der Höhe des sozialen Transferleistungen« festmachen. Ohne es zu sagen, erteilte der Minister so Forderungen nach einer Erhöhung der Hartz-IV-Sätze eine Absage.
    Quelle: Neues Deutschland

    dazu auch: Kommentar zur Regierungserklärung Arbeit- und Sozialpolitik Hubertus Heil
    Die Agenda 2010 und deren Folgen werden ihn linear genauso begleiten wie sein Amt. Die vergangene Arbeits- und Sozialpolitik seiner Vorgängerinnen von der Leyen und Nahles haben weder Fehler aufgearbeitet noch eine Entspannung in den nachhaltigen Arbeitsmarkt gebracht. Stattdessen wurden Gesetze verschärft, der Druck auf die Erwerbslosen erhöht und die Zahl der Langzeiterwerbslosen stagniert. […]
    Auch Heil hat kein Patentrezept, um die derzeitige desolate Arbeitsmarktpolitik in positive Bahnen zu lenken. Er bleibt orientierungslos, planlos und ignorant; klebt an der Agenda-2010-Politik wie ein Fliegenschiss und in diesem Fall in trauter Einigkeit mit der CDU / CSU. Eine wirkliche Arbeitsmarktreform kann sich nur entwickeln, wenn vom Bürokratiemonster Hartz IV Abstand genommen wird. Dazu gehört zunächst die Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II, das Erkennen der Realität von Drangsalierungen, Entrechtungen und Stigmatisierungen durch die Jobcenter und deren legitimiertes Sozialgesetzbuch II sowie die Regulierung der Regelsätze an die Wirklichkeit. „Fordern und Fördern“ bleibt, wie auch der Koalitionsvertrag verspricht, in seinem aktuellen Skelett bestehen und wird ein wenig scheinbar mit Pflastern verarztet. Heilung ausgeschlossen. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Hubertus Heil.
    Quelle: Inge Hannemann

  3. Mindestlohn-Tricks kosten Deutschland zehn Milliarden
    • Durch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz werden Beschäftigten und Sozialkassen Milliarden vorenthalten, zeigt eine Studie.
    • Laut Berechnungen belaufen sich die Lohnausfälle im Durchschnitt auf 251 Euro brutto im Monat je Beschäftigten, dem der gesetzliche Mindestlohn vorenthalten wird.

    Der Mindestlohn steht oft nur auf dem Papier, gezahlt wird er nicht. Dadurch werden Beschäftigten und Sozialkassen Milliarden vorenthalten. Das geht aus einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Demnach summierten sich 2016 Lohnausfälle und geringere Einnahmen der Sozialversicherung aufgrund der Umgehung des gesetzlichen Mindestlohns und von Mindestlöhnen in bestimmten Branchen auf etwa 9,9 Milliarden Euro.
    Das schädige nicht nur die Arbeitnehmer, “sondern auch die Solidargemeinschaft der Beitragszahler. Würden die Löhne korrekt gezahlt, könnten entweder die Sozialbeiträge entsprechend gesenkt oder das Leistungsniveau der Sozialversicherung erhöht werden”, heißt es in der Studie des WSI-Forschers Toralf Pusch. Nach seinen Berechnungen belaufen sich die Lohnausfälle im Durchschnitt auf 251 Euro brutto im Monat je Beschäftigten, dem der gesetzliche Mindestlohn vorenthalten wird.
    Quelle: Süddeutsche

  4. Arbeitslose werden weiterhin zu oft in die Leiharbeit gedrückt
    Nach auch interner Kritik wollte die Bundesagentur für Arbeit ihre Vermittlungspraxis nachhaltiger gestalten. Geschehen ist wenig, die BA ist ein Umschlagplatz für prekäre Jobs geblieben. Und so wurde auch 2017 fast jede/r dritte Arbeitslose in vergleichsweise schlecht bezahlte und oft nur kurz dauernde Leiharbeitsjobs vermittelt. […]
    Heute, mehr als vier Jahre später, zeigt sich ein unverändertes Bild. Wie anlässlich einer erneuten Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/GRÜNE diese Woche bekannt wurde, lotsen und drängen Agenturen und Jobcenter immer noch fast ein Drittel der von ihnen betreuten Erwerbslosen auf Stellen in der Leiharbeitsbranche. Den in der Antwort präsentierten Zahlen zufolge hat die BA im Jahr 2017 insgesamt 260.000 Arbeitslose in sozialversicherungspflichtige Stellen vermittelt. Fast 85.000 (32,7%) von ihnen nahmen eine Arbeit in Betrieben der Arbeitnehmerüberlassung auf.
    Der Anteil der in Leiharbeit vermittelten Arbeitslosen lag damit auf dem Niveau des Vorjahres. Seit 2013 hat sich dieser Anteil zwar um 2,3 Prozentpunkte, von 35 auf unter 33 Prozent, verringert. Angesichts der damaligen selbstkritischen Ankündigung des Vorstands, die Vermittlung anders auszurichten, ist der Rückgang aber viel zu gering ausgefallen. Zudem korrespondiert er mit den gleichzeitig zu beobachtenden Anteilsrückgängen in der Gruppe der insgesamt aus (registrierter) Arbeitslosigkeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechselnden Personen. Hier ging der Anteil derjenigen, die (auch ohne Vermittlung durch die BA) eine Arbeit in der Arbeitnehmerüberlassung aufnahmen, im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozentpunkte zurück. Mit anderen Worten: eine echte Revision der Vermittlungspraxis ist weiterhin nicht zu erkennen, Arbeitsagenturen und Jobcenter sind ein Umschlagplatz für miese Jobs geblieben.
    Quelle: Markus Krüsemann auf Miese Jobs
  5. „Sie sind herzlos, und Sie sind ohne Empathie“
    Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm wirft Jens Spahn Herzlosigkeit in der Armutsdebatte vor. Hartz-IV-Empfänger würden sich dadurch diskriminiert fühlen. Seine „eiskalten“ Aussagen hätten eine fatale Wirkung.
    Was braucht der Mensch, um würdig zu leben? Reicht ein Dach über dem Kopf und das Befriedigen von Hungergefühlen – oder muss der Staat auch für die gesellschaftliche Teilhabe sorgen? Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mit seinem Satz, Hartz IV bedeute nicht Armut, für Empörung gesorgt – und wurde dafür auch aus seiner eigenen Partei heftig kritisiert.
    Nun schaltet sich der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) in die Diskussion ein: „Sie sind herzlos, und Sie sind ohne Empathie mit denjenigen, die Hartz IV empfangen müssen“, sagte Blüm am Mittwochabend bei „Stern TV“ zu Spahns Aussagen. Er befürchtet, dass sich die Betroffenen durch die Aussagen ausgeschlossen fühlten: „Was ich am meisten bedaure, ist, dass sich viele Hartz-IV-Empfänger durch solche sozialbürokratischen, eiskalten Bemerkungen diskriminiert fühlen“, fügte der 82-Jährige hinzu.
    Quelle: Welt Online
  6. Einkommensschicht bestimmt die Kindergesundheit
    Kongress „Armut und Gesundheit“ findet derzeit in Berlin statt
    Armut und Gesundheit sind eng miteinander verbunden. Insbesondere Kinder trifft es hart. Dies geht aus einer großen Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Auch ein großer Kongress beschäftigt sich derzeit in Berlin mit dieser Thematik. Hier die wesentlichen Fakten in Kürze:

    • Sozial benachteiligte Kinder haben durchschnittlich einen deutlich schlechteren Gesundheitszustand als Gleichaltrige aus besser verdienenden Familien.
    • Menschen, die von Geburt an mit einem Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze auskommen müssen, haben im Vergleich zu den hohen Einkommensbeziehern eine um acht bis elf Jahre geringere Lebenserwartung.
    • Sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes.
    • Nachteile, die in der Kindheit entstehen, bleiben häufig im späteren Leben bestehen.
    • Ärzte und Politiker fordern weniger Wettbewerb und mehr Solidarität im Gesundheitswesen

    Das RKI veröffentlichte in einer groß angelegten Studie neue Daten zum allgemeinen Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Neben verschiedenen Aspekten wie Übergewicht, Rauchverhalten und psychischen Auffälligkeiten wurde auch der soziale Status der Kinder in Zusammenhang mit dem allgemeinen Gesundheitszustand gebracht. Zum Thema „Armut und Gesundheit“ findet vom 20. bis 21. März 2018 ein großer Kongress mit rund 2000 Teilnehmenden in Berlin statt.
    Quelle: Heilpraxis

  7. »Troika für alle«? EU-Kommission schlägt erneut finanzielle Belohnungen für Sozialabbau vor
    EU-Gelder als Belohnung für die Anhebung des Renteneintrittsalters, die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte oder die Absenkung von Mindestlöhnen? Weitgehend unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit treibt die EU-Kommission genau dies voran.
    Während der Eurokrise wurden die Mitgliedstaaten unter dem Rettungsschirm als Gegenleistung für die »Hilfszahlungen« zur Durchführung von Strukturreformen gezwungen. Da dies insofern »erfolgreich« im Sinne der Urheber war, als Reformen wie die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Beschneidung der Tarifsysteme gegen den teils massiven Protest der Bevölkerung durchgeführt wurden, diskutierte man in den Jahren 2012/13, dieses Instrument dauerhaft und für alle Mitgliedstaaten auch in Nichtkrisenzeiten einzuführen: Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten sich vertraglich auf mehrjährige Reformprogramme verpflichten und nach Umsetzung Geld aus dem EU-Haushalt bekommen. »Troika für alle«, sozusagen. Dies geschah vor allem auf Initiative der deutschen Bundesregierung sowie der EU-Kommission unter den Namen »Pakt für Wettbewerbsfähigkeit« bzw. »vertragliche Vereinbarungen«.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  8. Im Zeichen des Zorns
    In Frankreich demonstrieren 200.000 Menschen gegen Zerstörung und Privatisierung der öffentlichen Dienste
    Mehr als 200.000 Menschen haben am Donnerstag in allen großen französischen Städten gegen die »Reformen« des neoliberalen Staatschefs Emmanuel Macron demonstriert. Macron und sein rechtskonservativer Ministerpräsident Édouard Philippe wollen in den nächsten vier Jahren mehr als 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Die mit 50 Milliarden Euro verschuldete staatliche Eisenbahngesellschaft SNCF soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, die »Cheminots« (Eisenbahner) sollen ihren Beamtenstatus verlieren, der sie bisher vor Entlassung aus »wirtschaftlichen Gründen« schützte. Die Gewerkschaften kämpfen zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder als »vereinigte Bewegung« gegen die Regierung.
    Geschlossen zeigten sich nach ihrer bösen Wahlniederlage im Mai und Juni des vergangenen Jahres auch die verschiedenen Lager der politischen Linken. Kommunisten, die »Neue Antikapitalistische Partei« (NPA), Kader der Bewegung »La France insoumise« (Unbeugsames Frankreich) mit Jean-Luc Mélenchon und die Führung des von politischer Bedeutungslosigkeit bedrohten Parti Socialiste (PS) marschierten am Nachmittag gemeinsam in dem langen Pariser Demonstrationszug. Macron hatte vor einigen Tagen erklärt, er sehe »bisher keinen Zorn im Volk«. Der Wortführer des NPA, Olivier Besancenot, erwiderte vor Kameras: »Nun, er wird ihn ab heute erleben!«
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Hoffentlich haben die Demonstrationen und Proteste gegen die “Reformen” des französischen Präsidenten Macron und seiner Gefolgschaft mehr Erfolg als hierzulande gegen die Schröder/Fischer-Regierung mit ihrer Politik der Agenda 2010 und der sog. Hartz-Gesetzgebung.

  9. WSI-Arbeitskampfbilanz 2017
    Von 462.000 auf 238.000 – Halbierung der Ausfalltage trotz anhaltend vieler Arbeitskämpfe
    2017 sind in Deutschland auf Grund von Arbeitskämpfen rund 238.000 Arbeitstage ausgefallen. Damit hat sich das Arbeitskampfvolumen gegenüber dem Jahr 2016, als das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung rund 462.000 Ausfalltage verzeichnete, beinahe halbiert. Sehr viel niedriger war auch die Zahl der Streikenden. Von rund einer Million Streikteilnehmerinnen und -teilnehmern 2016 ging ihre Zahl im letzten Jahr auf 131.000 zurück. Dies zeigt die neue Jahresbilanz zur Arbeitskampfentwicklung, die das WSI heute vorlegt. Schon jetzt steht allerdings fest, dass die Bilanz für 2018 wieder erheblich höher ausfallen wird.
    „Entscheidend war 2017, dass es weder im öffentlichen Dienst der Kommunen noch in der Metallindustrie große Tarifrunden gab. Breit angelegte Warnstreikwellen waren nicht zu verzeichnen. Ebenso fehlten 2017 wochenlange Streikaktionen in einem größeren Maßstab“, sagt WSI-Arbeitskampfexperte Dr. Heiner Dribbusch. „Deshalb ging das Arbeitskampfvolumen auf den niedrigsten Stand seit 2010 zurück, als lediglich 173.000 Arbeitstage ausfielen.“ Von Arbeitsniederlegungen begleitete Tarifrunden gab es im vergangenen Jahr unter anderem im öffentlichen Dienst der Länder, im Einzelhandel, bei Versicherungen und beim Flughafen-Bodenpersonal sowie vor allem auch im Zusammenhang mit Haus- und Firmentarifverträgen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  10. Ist die US-Steuerreform ein Vorbild für Deutschland?
    Die Wirtschafts-Spitzenverbände fordern eine Senkung der Unternehmenssteuern. Als Vorbild dient die US-Steuerreform, in der die Steuern von 35 auf 15 Prozent gesenkt wurden. Der DGB-klartext warnt vor einer Steuersenkung, da die Steuereinnahmen für Bildung, Verkehr und Soziales benötigt werden. Dennoch gibt es einige Aspekte, die sich die Bundesregierung genauer anschauen sollte. […]
    Wie das Handelsblatt schreibt, werden die durch die Steuerreform geschaffenen Extraprofite von den Konzernchefs verstärkt in den Rückkauf eigener Aktien gesteckt. So summierten sich im Februar die Rückkaufankündigungen der US-Konzerne auf den Rekordwert von 154 Milliarden US-Dollar. Weniger Aktien im Handel verknappten zwar das Angebot und trieben Börsenwerte und Dividenden je Aktie in die Höhe, positive realwirtschaftliche Impulse lösten sie aber nicht aus (siehe auch Klartext 37/2017).
    Kein Grund für Senkung der Unternehmenssteuern
    Auch die deutschen DAX-Konzerne schütten seit Jahren immer mehr Dividenden aus (siehe Grafik) und legen zudem immer größere Aktienrückkaufprogramme auf. So handelt nur, wer nicht weiß wohin mit seinem Geld! Aber auch Unternehmen, die es nicht so dicke haben und investieren möchten, kommen nach wie vor an zinsgünstige Kredite. Es gibt also keinen Grund, die deutschen Unternehmenssteuern zu senken. Die Steuereinnahmen werden für Bildung, Verkehr und Soziales gebraucht.
    Quelle: DGB klartext
  11. “Wer weiß, wer der Täter ist, der braucht keine Aufklärung”
    Aufklärung fordern, wenn der Schuldige bereits feststehe – das sei bigott, sagte Wolfgang Kubicki zur gemeinsamen Erklärung westlicher Staaten zur Giftgasattacke in Großbritannien im Dlf. Für seine Haltung wird der FDP-Vize-Chef heftig kritisiert. Er wisse aber “62 Prozent der FDP-Anhänger” hinter sich. […]
    Man kann ja nicht gemeinsam Aufklärung fordern und gleichzeitig erklären, wir wissen, wer der Schuldige ist. Das widerspricht sich. Ich bin Strafverteidiger, wie Sie wissen, und es gilt in Deutschland und auch darüber hinaus die Unschuldsvermutung. […]
    Das Problem bei der Umsetzung des Minsk-II-Abkommens ist, dass unsere ukrainischen Gesprächspartner nicht bereit sind, ihrerseits ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Das ukrainische Parlament hat sich beispielsweise geweigert, in der Ukraine eine föderale Struktur aufzubauen, ähnlich wie in Deutschland, so dass die Gebiete in der Ostukraine ein gewisses Maß an Selbstverwaltung haben. Aber noch einmal: Wir brauchen Russland zur Befriedung des Syrien-Konflikts. Wir brauchen Russland innerhalb Europas auch in Form einer Sicherheitspartnerschaft, die wir ja vor über 20 Jahren mit den Russen vereinbart haben. Und wenn wir uns nur gegenüberstehen und immer mit dem Finger auf den anderen zeigen und sagen, Du musst anfangen, kommen wir nicht weiter.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers J.W.: Es gibt auch besonnene Stimmen in der FDP.

    dazu: Matthias Platzeck über Putin, Russland und Kritik am Westen
    Trotz der von Ihnen gerade angesprochenen Wahlmanipulationen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass das ein fast schon überwältigendes Votum für den Präsidenten Putin ist.
    Es ist ja auch über seine eigene Zielmarke hinausgeschossen. Und da sollten wir jetzt nicht davon ausgehen, dass die Manipulationen die Wahl Putins erst ermöglicht haben.
    Wenn man in Russland unterwegs war und mit den Menschen in den vergangenen Wochen und Monaten gesprochen hat, dann hat man schon deutlich wahrgenommen, dass die große Mehrheit diesen Präsidenten will. Das sollten wir berücksichtigen und in unser politisches Kalkül für die künftigen Beziehungen deutlich mit einbeziehen. […]
    In Russland ist in den 1990er Jahren mehr passiert, als das, was wir im Westen realisieren. In diesem Land ist mit dem Ende der Sowjetunion der komplette Staat zusammengebrochen. Wenn ich in Russland auf Podiumsdiskussionen unterwegs bin, dann erlebe ich immer wieder eine Sache: Wenn dort mit für uns völlig normalen Begriffen gesprochen wird – Demokratisierung, Marktwirtschaft, Privatisierung -, erlebe ich dort oft traumatische Erinnerungen. Da heißt es: ‘Um Gottes Willen, nie mehr so etwas’. Viele haben diese Zeit als Zeit des absoluten Chaos erlebt, des Verfalls, des nicht mehr Zahlens von staatlichen Gehältern und Renten. […]
    Ich unterstelle mal, dass ihnen Beweise vorliegen. Aber ich frage mich trotzdem, warum es in allen politischen Darstellungen, die mir zugänglich sind, von Begriffen wie ‘vermutlich’, ‘höchstwahrscheinlich’, ‘kaum eine andere logische Erklärung’ nur so wimmelt.
    Das hat doch noch nichts mit Beweiserhebung zu tun. Und deswegen wundert es mich ja auch, dass jetzt erst die Kontrollkommission angerufen wird. Das Attentat liegt ja jetzt Tage und Abertage zurück. Wenn das früher geschehen wäre, hätte man doch viel Druck rausnehmen können.
    Ich muss auch sagen, dass ich, gerade wenn Geheimdienste im Spiel sind, niemandem und kaum noch etwas glaube. Erinnern wir uns doch an den Irak-Krieg, als die USA sogenannte Beweise im UN-Sicherheitsrat vorgelegt haben. Heute wissen wir, dass das eine Lüge war. Der darauf folgende Einmarsch hat tausende Menschenleben gekostet und die Region bis heute destabilisiert. Von daher sollte man eine gewisse Vorsicht walten lassen.
    Quelle: Web.de

  12. American Public Troubled by ‘Deep State’
    Although most Americans are unfamiliar with the term ‘Deep State,’ according to recent polling they are nevertheless skeptical of unelected government and military officials who secretly manipulate or direct national policy, John V. Walsh reports.
    Quelle: Consortiumnews

    Anmerkung unseres Lesers N.K.: Dieser Artikel ist sehr interessant. Laut einer Umfrage haben immer mehr Amerikaner kein Vertrauen mehr in die Mainstream-Medien und viele haben kein Vertrauen mehr in ihren eigenen Staat. Der Artikel schließt mit dem Satz: “But perhaps it is cause for optimism. It seems that people are waking up and thinking for themselves. This is, perhaps, good news for those who are trying to end U.S. wars being ginned up by the Deep State.”

  13. “Facebook ist aus jedem Blickwinkel Täter”: IT-Blogger Fefe über die Lehren aus dem Cambridge-Analytica-Debakel
    Aus meiner Sicht sitzen alle Beteiligten im Glashaus. Cambridge Analytica hat ihre Opfer mit irreführenden Versprechungen belogen. Das ist unmoralisch, ja, aber nicht verboten. Facebook macht nichts anderes, die ganze Zeit. Facebook ist ein Werbenetzwerk. Werbung ist per Definition irreführende Versprechungen. Daher gibt es Regeln für Werbung und Kleinkinder und Facebook fragt das Alter ab und will nur einen Account einrichten, wenn man sagt, dass man mindestens 13 ist. Wer DEN Schuss nicht hört, der sollte sein Problem nicht bei Facebook sondern im Spiegel suchen.
    Cambridge Analytica hat 50 Millionen Accounts abgesaugt. Mag sein. Aber Facebook hat 2 Milliarden Accounts, und sammelt auch Daten über Menschen, die keinen Account bei ihnen haben. Alles, was es dazu braucht, ist dass Webseiten einen Facebook-Like-Button einblenden. Viele Tausende von Webseiten tun das und liefern damit ihre Besucher ans Messer. Facebook weiß mehr über mehr Menschen als irgendeine Organisation in der Geschichte der Menschheit vor ihnen. Das ist hier der eigentliche Daten-Skandal aus meiner Sicht.
    Cambridge Analytica hat keine Passwörter ausgespäht, hat keine Systeme gehackt, ist nirgendwo eingebrochen oder eingedrungen. Die haben die dafür vorgesehen Schnittstellen von Facebook benutzt. Und zwar so, wie Facebook das vorgesehen hatte. Auch aus diesem Blickwinkel sind Facebook die Bösen, nicht Cambridge Analytica. Man kann nicht jahrelang das Kleingedruckte wegklicken und irgendwelchen wildfremden Apps aus dem Internet seinen Haustürschlüssel in die Hand drücken, aber dann Zeter und Mordio schreien, wenn was wegkommt.
    Meedia: Sascha Lobo schreibt in seiner Spiegel Online-Kolumne, dass der eigentliche Skandal im System Facebook liege, weil Facebook selbst gar nicht genau wisse, wie es wirklich wirke. Sehen Sie das auch so?
    Nein. Die Vorstellung halte ich für hochgradig naiv, dass Facebook quasi versehentlich den größten Datenhaufen in der Geschichte der Menschheit aufgehäuft hat, und gar nicht weiß, was sie da tun. Nichts davon war Zufall, alles war Absicht. Die Software ist nicht vom Himmel gefallen. Die hat jemand geschrieben, mit dem beauftragten Funktionsumfang, und der ist dafür fürstlich entlohnt worden.
    Wenn Facebook jetzt so tut, als sei irgendwas an der Situation nicht klar oder ein Versehen gewesen, erinnert mich das an die Beteuerungen der Tabaklobby, dass der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs noch nicht klar belegt sei. Es ist schlimm genug, dass der Trick damals funktioniert hat (und beim Klimawandel wieder zu funktionieren scheint). Wir sollten auf so einen plumpen Trick nicht wieder reinfallen.
    Quelle: Meedia

    dazu: Regierungserklärung der Kanzlerin zur ‚Digitalisierung‘
    Viele Worthülsen, kein Konzept und weitere Beratergremien lassen nur eines mit Sicherheit erkennen: Deutschland wird mit auch mit der neuen Merkel-Regierung weiter abgekoppelt vom notwendigen und sinnvollen Fortschritt in Sachen Informations- und Kommunikationstechnik und -nutzung. […]
    Diese leere Worthülse, denn was eigentlich ist „Digitalisierung“?!, diente als Oberbegriff für all das, was die neue Regierung glaubt sagen zu müssen zu Informations- und Kommunikationstechnik in der Arbeitswelt und den Verwaltungen und zur dringend notwendigen Modernisierung. Was dabei herauskam war ein Mischmasch von Schlüsselbegriffen, die anscheinend unbedingt vorkommen mussten: Wie eben ‚Digitalisierung‘, ‚Daten als Rohstoff‘, ‚künstliche Intelligenz‘, ‚Roboter‘, ‚Zukunftsfähigkeit‘ … Und dazwischen immer wieder ’soziale Marktwirtschaft‘. Die nicht unbedingt etwas mit den fachlich-technischen Themen zu tun hat, wohl aber ankündigen soll, dass auch bei Daten, Automatisierung und Zukunftsfähigkeit der Markt es richten soll und wird.
    Auch zur aktuellen Facebook-Affäre fiel ihr als erstes die ’soziale Marktwirtschaft‘ ein. Das lässt Schlimmes befürchten. Zumal sie danach, wie schon ihr früherer Innenminister De Maizière, wieder einmal die Frage thematisierte, ob der einzelne, von dem die Daten stammen oder den sie betreffen, auch wirklich der Eigentümer „seiner“ Daten sein soll.
    Quelle: Cives

  14. 209 neue Posten: Rechnungshof kritisiert Stellenzuwachs der Bundesregierung
    Der Bundesrechnungshof hat kein Verständnis für die Personalausgaben der Großen Koalition. Vor allem Seehofer übertreibe mit neuen Posten.
    Der Bundesrechnungshof hat den Plan der Bundesregierung kritisiert, 209 neue Stellen in den Ministerien zu schaffen. Über die Kritik der Prüfer wurde am Mittwoch im Haushaltsausschuss des Bundestages berichtet, erfuhr das Handelsblatt aus dem Umfeld des Gremiums. Die Rechnungsprüfer würden monieren, dass es in den Ministerien zusätzliche Stellen, aber keine neuen Aufgaben gebe.
    Quelle: Handelsblatt

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