Leserbriefe zu: Wir werden von Lügnern und Kriminellen gesteuert und das Bürgertum juckt das mehrheitlich nicht. Genauso wenig wie damals die Machtergreifung der Nazis und ihre Kriegsvorbereitung.

Ein Artikel von:

Der Artikel Wir werden von Lügnern und Kriminellen gesteuert und das Bürgertum juckt das mehrheitlich nicht. Genauso wenig wie damals die Machtergreifung der Nazis und ihre Kriegsvorbereitung. rief einiges an teilweise sehr emotionaler Resonanz hervor. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Wut, Fassungslosigkeit und einem Gefühl des Ausgeliefertseins an den Personenkreis, der momentan das Sagen hat in Deutschland und auf der Welt. Diese „Machthaber“, ob sie nun in der Politik, der Wirtschaft oder den Medien angesiedelt sind, erscheinen den NachDenkSeiten-Lesern als eine gänzlich fehlgeleitete Truppe. Einmal mehr, vielen Dank an Alle, die uns geschrieben haben! Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

ich teile Ihr Entsetzen und fühle mich (ebenso) ohnmächtig angesichts der zündelnden Rhetorik westlicher Regierungschefs. Ja, unsere Regierenden und ein sehr großer Teil der veröffentlichen Meinung pflegen das Freund-Feind-Denken und tun immer noch so, als seien Gut und Böse geografisch sauber verteilt. Sie hätten die Liste der Beispiele für verbrecherische Aktionen “der Guten” ja um viele Beispiele aus der Vergangenheit verlängern können: die Interventionen der USA in Lateinamerika, den Vietnamkrieg, den Sturz Mossadeghs ..

Ist das eine Eigenart der menschlichen Psyche, dass sie die eigenen Untaten relativ leicht aus dem Gedächtnis verdrängt, dafür aber umso hartnäckiger alles erinnert, was andere vermeintlich oder tatsächlich verbrochen haben? Ein Besucher von einem anderen Stern würde wohl kaum verstehen, dass die unblutige Annexion/Angliederung… der Krim bei jeder (un)passenden Gelegenheit Russland vorgeworfen wird, der völkerrechtswidrige und verheerende Krieg der “Koaltion der Willigen” gegen den Irak (bei den Guten) aber längst zu den Akten gelegt wurde. Wenn Putin den Westen warnt und auf Verhandlungen drängt, sind das Drohungen, wenn Trump Unsägliches twittert – Achselzucken und “na jaaa”.

Und trotzdem widerspreche ich ihrem Einwurf und bitte um Korrektur: Der Vergleich mit 1933 und den folgenden Jahren der Kregsvorbereitung ist meines Erachtens unzulässig. Er blendet aus, dass die Nazis sofort begonnen haben, ihre politischen Gegner (Kommunisten, Sozialdemokraten, linke Publizisten …) zu verhaften, dass die Presse und der Rundfunk, die Justiz, Universitäten und Schulen … gleichgeschaltet wurden. Vieles mehr wäre zu erwähnen, aber das reicht um zu begründen, dass “die Gleichschaltung wichtiger Institutionen, Medien und Personen” damals nicht durch perfekte Propaganda, sondern vor allem gewaltsam bzw. durch die Androhung von Gewalt erzwungen wurde. Karrieristen gab es natürlich auch.

Mir scheint die jahrzehntelange Indoktrination zu Zeiten des Kalten Krieges in fürchterlich viele westliche Köpfe Russland als Feind dermaßen eingebrannt zu haben, dass von ihnen die Zustimmung der UdSSR zur deutschen Wiedervereinigung heute anscheinend als ein für uns als glückliches Versehen der “im Prinzip” bösen Seite interpretiert wird. (Nebenbei: Bei uns wurde – angefangen bei Adenauer – ja nie sauber unterschieden zwischen UdSSR und Russland, und das bis heute: Nowitschok wurde in der UdSSR entwickelt? Aha: Russland!!! Ach, das Labor stand in Usbekistan? Egal: Russland besitzt bestimmt den Kampfstoff!) Das Denken in schwarz und weiß, gut und böse, gefährlich und ungefährlich … ist vielleicht sinnvoll für Kleinkinder – und schrecklich bequem für Erwachsene. Ich entdecke leider immer wieder diese Tendenz auch in mir selber und es ist anstrengend, dagegen anzugehen.

Vor gut 50 Jahren erreichten die Proteste amerikanischer Student_innen gegen den Vietnamkrieg Deutschland und auch ich musste erkennen, dass das Land von “freedom and democracy” einen verbrecherischen Krieg führte. Was für ein Schock! Aber für die Mehrheit der Medien waren wir protestierenden Studenten “antiamerikanisch” und wir sollen doch “nach drüben” gehen. Ist die öffentliche Meinung heute uniformer als Ende der 60er Jahre? Ja, kritische TV-Sendungen und Dokumentationen werden meist erst am späten Abend ausgestrahlt. Aber da kann man Dinge erfahren, wie Ende der 60er Jahre nirgends veröffentlicht wurden. Und dank Mediatheken und youtube sind sie rund um die Uhr zugänglich! Über das Internet erreichen Rainer Mausfeld, Daniele Ganser, KenFM, kontext-tv, Makroskop, NachDenkSeiten … diejenigen, die mehr wissen wollen. Lesen, Hören und Nachdenken kann mir allerdings niemand abnehmen, so wenig wie den Weg nach Büchel oder Ramstein.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Jansen


2. Leserbrief

Sie haben ja so recht, lieber Herr Müller. Leider. Lügen und kriminelle Akte der ‘Guten’ werden hingenommen, nicht hinterfragt, nicht geahndet. Jeder weiß um die Lügen des Irak-Kriegs und seinen verheerenden Folgen, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber niemand käme auf die Idee Herrn Bush und seine Helfershelfer dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Hat je einer unserer Elite-Politiker dazu Stellung genommen oder die USA öffentlich der Lüge bezichtigt und Konsequenzen gefordert? Es ist Russland, das man mit Sanktionen belegen muss. Da sind sich alle einig. Ist es tatsächlich so einfach, ein Volk mit gezielter Propaganda in die gewünschte Richtung zu lenken? Es muss wohl so sein, würde sonst das Feindbild Russland so verankert sein in den Köpfen. Dann allerdings ist auch der Bürger nicht freizusprechen von Schuld, denn jeder hat die Möglichkeit, sich zu informieren, zu hinterfragen, sich sein eigenes Bild zu machen. Wir zählen uns zu den Guten auf der Welt. Sind wir das, wenn wir uns solidarisieren mit Lügnern und Kriminellen.

Mit besten Grüssen
Christa Schreiber


3. Leserbrief

Hallo Herr Müller,

wer nach 45 gedacht hat: Das passiert uns nie wieder, sieht sich jetzt eines besseren belehrt. Gestapo und KZs werden wir in wenigen Jahren wieder haben, falls der finale Atomkrieg nicht vorher allem ein Ende macht. Und Ihre Lieblingspartei SPD wird diesmal dafür sein. Zeigen wir es endlich dem Iwan.

Grüsse
Felix Unger


4. Leserbrief

Lieber Albrecht Müller,

der Artikel „Wir werden von Lügnern und Kriminellen gesteuert…“ spricht mir aus dem Herzen!

Ich bin an den letzten Abenden mit ähnlichen Ängsten zu Bett gegangen, wie als 13-jähriger zur Zeit der Kuba-Kriese und hätte nach 1990 nie geglaubt, wieder in einer solchen Situation leben zu müssen und habe große Sorge um die Zukunft meiner Kinder und Enkel..

Meine beiden Großväter hatten schwere Verletzungen aus dem 1. Weltkrieg, mein Vater blieb bis auf die Nachwirkungen der „Panzertabletten“ glücklicherweise verschont. Ich hatte Schulfreunde, deren Väter ein Bein oder einer Arm an der Ostfront verloren hatten. Wir verinnerlichten als Kinder „Nie wieder Krieg“, auch das war in den 50-er und 60-er Jahren ein Grundthema in den Schulen in der DDR, selbst Zündplätzchenpistolen waren geächtet!

Viele, auch aus meiner Generation und die meisten Jüngeren sind den Lügen und der Manipulationen der Medien verfallen, blenden aus und wollen nach Möglichkeit von den Themen verschont bleiben und plappern nach; „der Putin soll gefälligst Ruhe geben“. Allgemein bekannte Kriegslügen von Sender Gleiwitz über Tonking, Hufeisenplan bis zu Brutkastenlüge und irakischem Giftgas sind zwar bekannt, werden aber nicht im Zusammenhang mit Skripal und Giftgaseinsätzen in Syrien gesehen. Als Ostermarschteilnehmer wird man angesichts geringer Teilnehmerzahlen selbst von Familienmitgliedern belächelt.

Den Enkeln erkläre ich, dass es im realen Krieg keinen Resetknopf gibt und diese Spiele für sie schädlich sind.

Letztes Jahr habe ich meine Verzweiflung mit meinen, auch in den NDS veröffentlichten Beitrag „Die Annexion der Krim oder die Verteufelung Russlands“ abgearbeitet.

Wenn ich die in der USA durch Clinton und die Medien, die Geheimdienste und große Teile der Regierung geschaffene Hysterie gegen Russland, die durch Lügner in den Medien befeuert wird und durch deutsche Regierungsmitglieder auch auf uns überschwappt, dann wird mir Angst um die Zukunft. Vielleicht Anlass für einen neue größere Verschriftlichung der Gedanken und Zusammenhänge meinerseits?

Für mich sind die Nachdenkseiten ein Lichtblick in der alternativen Medienlandschaft, die ich gern auch finanziell  unterstütze. Die Recherchen von Jens Berger sind Goldstücke aufklärerischen journalistischer Arbeit.

Ich wünsche mir eine weitere Vernetzung der aufklärerischer Medien, beispielsweise mit Rubikon und sei es durch einfache Verlinkung der Beiträge. Es erfordert viel Zeit, die man nur als Rentner hat, alles relevante an Informationen „abzugrasen“ und die „Hinweise des Tages“ sind einfach begrenzt.

Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen! Ich erkenne punktuell immer wieder dass die Weitergabe von Informationen und Links im Bekanntenkreis doch nicht wirkungslos bleiben und man hin und wieder doch überraschend auch dazu angesprochen wird!

Macht unbedingt weiter!

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Leonhardt


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

Ihr Artikel hat mich heute veranlasst meinen ersten Leserbrief zu schreiben.

Ich teile in allen Punkten Ihre Meinung. Leider ist Geschichte heute in unserer Gesellschaft und in den Schulen kein Thema mehr. Allerdings zum dritten Mal  schlafen die Menschen bzw. setzen sich wie Kinder in den Sandkasten, mit den Händen vor dem Gesicht und meinen so ginge alles an ihnen vorüber. Das wird es aber leider nicht tun.

In meinem Umfeld habe ich schon oft auf die NachDenkSeiten hingewiesen. Es ist mühsam. Trotzdem werde ich nicht aufgeben. Man hat eben lieber Freizeit und Spaß.

Es hat , das muss ich zugeben auch bei mir eine Weile gedauert bis mir klar wurde, dass wir seit über 100 Jahren belogen werden. Zu meiner Schulzeit (Jahrgang 1951) hat man uns natürlich auch nur die Mähr vom guten Westen und dem bösen Osten erzählt.

Einigen älteren Menschen, die den zweiten Weltkrieg erlebt haben, habe ich auch die Frage gestellt wie das alles passieren konnte mit den Nazis und der ganzen Propaganda. Ich bekam immer nur die Antwort: da haben wir nichts von gewusst. Ausser meine verstorbene Mutter die hat mir immer wieder Dinge erzählt wie es damals wirklich war. Leider habe ich mich zu dem damaligen Zeitpunkt nicht dafür interessiert, jetzt kann ich sie nicht mehr fragen.

Mit dem Jugoslawien Krieg habe ich mich  aus familiären Gründen etwas mehr befasst. Das schlimmste war die deutsche Beteiligung!!!!

Schliessen möchte ich mit zwei Zitaten von Kurt Tucholsky:

“Dumme und Gescheite unterscheiden sich dadurch, dass der Dumme immer dieselben Fehler macht und der Gescheite immer neue ”

sowie

“In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht”.

Machen Sie und Ihr Team einfach weiter so. Die NachDenkSeiten sind meine wichtigste Informationsquelle.

Herzliche Grüße
Gerda Keuter


6. Leserbrief

Hallo Herr Müller,

wie so oft, gehe ich mit dem Inhalt Ihres Artikels fast völlig konform und bedanke mich ausdrücklich für Ihr Engagement und das Ihrer Mitarbeiter, das einem wichtigen alternativen Medium eine Stimme gibt. Ich bin aber nicht ganz Ihrer Meinung, was die „Mehrheitsmeinung“ der Deutschen zum Thema westliche Kriegstreiberei und Umfeld angeht. Sicher gibt es sehr verschiedene Betrachtungsweisen der weltpolitischen Geschehnisse der letzten drei Jahrzehnte, was zum Beispiel die Rolle Russlands angeht. Ich bin selbst ein energischer „Russlandversteher“ (eigentlich ein doofes Wort), andere sicher nicht. Aber ich glaube, einer Mehrheit in Deutschland und Europa geht das Kriegsgeschrei des Westens nicht nur massiv auf die Nerven (und demaskiert dabei den Westen und unsere sogenannte Demokratie quasi beiläufig), sondern die Entwicklungen machen auch einfach Angst. Und die Mehrheit schweigt ja nicht, weil sie die Bedrohung nicht sieht, sondern, weil die Lauten, die Medien, fast komplett in der Hand von Propagandisten sind. Da kommt man ja nicht ran, da funktioniert im besten Falle ein Leserbrief (in meiner Mitteldeutschen Zeitung zur Zeit durchaus mit beeindruckender „Volksmeinung“).

Langer Rede kurzer Sinn: was kann man also machen? Eine Petition schreiben und Millionen Unterschriften sammeln? Damit unsere völlig durchgedrehten Politiker zumindest sehen, dass wir nicht ihrer Meinung sind? Eine große Demo organisieren? Bei aller Verneigung vor dem Bemühen der Nachdenkseiten, sie sind nun mal ein Medium, das nur Minderheiten erreicht. Was können wir zusammen tun gegen diesen Wahnsinn vor unseren Augen? Ich glaube, wir sind ganz viele. Aber wie finden wir uns?

Es gab Zeiten, da grüßte man im Osten mit dem Wunsch „atomfreies Wochenende“. Zur Zeit gar nicht so weit hergeholt, oder?

Beste Grüße
Ralf Weber


7. Leserbrief

Sehr geehrtes Team der NachDenkSeiten,
 
ja, und insbesondere muss man sich fragen, was mit unseren Kirchen los ist. Wann juckt die denn mal irgendetwas? Da scheint mir die Allianz mit der Politik unübersehbar zu sein. Wo war denn die Kritik der deutschen Kirchen an unserer zerstörerischen Griechenlandpolitik? Wo ist die Kritik an unserem aggressiven Verhalten gegenüber Russland? Nein, da wird lieber ein amerikanischer Präsident zum Kirchentag eingeladen. Auf der anderen Seite sind die Einnahmen der Kirche ja gesichert …

Das Signal, das in unserem Land ausgesendet wird, ist verheerend, und lautet: Klappe halten, mitlaufen und Belohnung einstreichen. Das sehe ich auch dadurch bestätigt, dass man Betriebsräte und Whistleblower als Gegner ausgemacht hat.
 
Roland Kuntz


8. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

die von ihnen mit ihren Eltern erörterten Fragen, habe ich (Kriegsenkel) in den 80er Jahren oft mit meiner Großmutter (Jahrgang 1904, Flüchtling) erörtert. Damals habe ich im Gespräch eine strukturelle Wiederholung des Geschehens im und um das 3. Reich stets ausgeschlossen. Eingebrannt hat sich mir ihr Satz:

„Du wirst sehen, auch ihr werdet Fehler machen.“

Jetzt ahne ich, was sie meinte und dass sie womöglich recht hat, und ich müsste mich bei ihr entschuldigen für meinen resoluten Standpunkt damals. Oder spinne ich, wie einige in meinem Umfeld befürchten? Ich hoffe es!

Sie und ihr Team machen bitte weiter!

Mit freundlichem Gruß
J. Bliefert


9. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

besonders interessant in der “westlichen” Argumentationskette finde ich stets den Riesensprung von moralischer Argumentationsweise hin zur machiavellistischen.

Eine interessante Frage wäre: Wie funktioniert das Gehirn des Menschen, wenn es darum geht, um jeden Preis recht zu behalten.

Moralisch wird argumentiert, wenn es um die Dämonisierung des Gegners geht. Der Gegner begeht böse Handlungen, ergo müssen wir ihn ausschalten.

Wenn dann aber die Faktenlage so erdrückend ist, dass man erkennen muss, selbst ordentlich Dreck am Stecken zu haben, wäre nach der moralischen Argumentationsweise eine Selbstbestrafung konsequent.

Wir begehen Verbrechen, also müssen wir bestraft werden.

Statt diesen konsequenten Schritt zu vollziehen, kommt der Riesensprung in der Argumentationsweise. Dann heißt es plötzlich: Nein! In der echten Welt geht es nicht um Moral. Vorher kommt das Fressen und natürlich haben wir Hunger wie jeder andere auch. Die Welt ist kein Ponyhof. Wer Fleisch essen will, muss es sich erlegen. Auch der Gegner will das Fleisch. Warum sollen wir nicht dasselbe Anrecht auf das Fleisch haben und es uns mit denselben Methoden schnappen? Das ist die Natur des Menschen, punkt!

Und hier an diesem Punkt müsste konsequenterweise der Schluss folgen: Wir und der Gegner stehen moralisch auf einer Stufe, denn wir handeln beide nur nach Interessen.

Aber dies passiert nicht. Jetzt wird nämlich wieder moralisch argumentiert, nämlich: Gut, wir wenden vergleichbar ruchlose Methoden an, aber wenn wir uns das Fleisch geholt haben anstelle des Gegners, bereiten wir es uns viel zivilisierter zu als er, wenn wir es verzehren. Außerdem sind wir prinzipiell zu einer moralischen Seinsweise fähig, der Gegner nicht. Wenn wir das Fleisch erst einmal haben und der Gegner ausgeschaltet ist, sind wir wieder lieb. Und der Gegner ist dann sowieso ausgeschaltet, so dass er uns nicht mehr zur Ausübung von Verbrechen provozieren kann.

Im Grunde lautet dann das Fazit: Wenn wir Verbrechen begehen, dann nur, weil der Gegner uns mit seiner Bösartigkeit dazu gezwungen hat, damit wir anschließend wieder moralisch sein können.

Die Propaganda wird dann entsprechend angepasst. Sie wechselt dann situativ zwischen moralischem Kampf und Verteilungskampf. Aber das übergeordnete Narrativ wäre das moralische. Durchaus eine beträchtliche Verstandesleistung. Es gibt den sogenannten Rashomon-Effekt nach dem gleichnamigen Film von Akira Kurosawa. Egal, wie übel die Geschehnisse sind und selbst wenn man einen Mord gestehen muss, innerhalb des herrschenden Wertesystems spinnt jede der Figuren ihre Geschichte so, dass sie unterm Strich moralisch am besten davonkommt. Neuropsychologisch sind diese Mechanismen wohl tief im menschlichen Gehirn verankert und werden auch im Alltag des Durchschnittsbürgers unbewusst aktiviert. Tja …

Mit freundlichen Grüßen
Sakura Ilgert

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