Wir rutschen in Richtung Krieg, auch weil ehedem kritische Medien beim Feindbildaufbau mitmachen und die kritische Intelligenz ausfällt

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

In den letzten Tagen gab es dafür zwei bezeichnende Ereignisse: ein unerträglicher Spiegel-Titel, der offensichtlich zum Zwecke des Feindbildaufbaus gegen Russland geschrieben worden ist. Siehe hier. Putin steuere die AfD , also der Böse (Putin) fördert das Böse (AfD) schlechthin, so die Botschaft. So etwas lasen wir früher bei „Bild“ oder der „Welt“ oder im „Bayernkurier“. – Die Spiegel-Redaktion würde einen derart hetzerischen Artikel nicht schreiben, wenn sie nicht wüsste, dass ihre Leser mehrheitlich so etwas glauben und weitersagen. So ist es wohl. Das kritische Bürgertum ist verschwunden, hat keinen Biss mehr und keinen Mut mehr, kritisch zu hinterfragen. Das zweite Medienereignis: am vergangenen Donnerstag kündigte Claus Kleber im Heute Journal an, die Russen seien in Estland einmarschiert und die NATO greife ein. Siehe hier. Es gab ein paar böse Kommentare beim ZDF. Kleber und das ZDF können sich aber darauf verlassen, dass die kritischen Medien umgedreht und das kritische Bürgertum geschrumpft ist. Auch die NachDenkSeiten bekommen zu spüren, dass manche Leser eine allzu kritische Gangart nicht mehr schätzen. Darüber haben wir gelegentlich schon einmal berichtet. Der NachDenkSeiten-Leser H. Sauer hat die Lage am 5.4. in acht Zeilen zusammengefasst. Albrecht Müller

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Ich bin jetzt 80 Jahre alt. Mein großes Interesse gilt dem Frieden. Da ich als Kind den Krieg in Hamburg miterlebt habe, ist dies mir besonders wichtig. Mein Vater, der eingezogen wurde, ist in Russland verschollen. Es ist mir wichtiger als Klima usw. Besonders bedauerlich finde ich, dass alle meine Freunde, welche durch Tagesschau und Abendblatt aber besonders durch Spiegel und Süddeutsche und Taz blind gemacht werden, über mich nur noch spotten, wenn ich Nachdenkseiten nur erwähne. Dabei waren sie vor 50 Jahren 1981 in Bonn … H Sauer“

Häufig mache ich leider die gleiche Erfahrung. Auch Menschen, die hochintelligent und prinzipiell kritisch sind und nachdenklich, gehen zunehmend der Feindbildpropaganda auf den Leim. Oder sie sind einfach müde geworden und in ihrem Milieu ist man auch müde geworden oder steht unter Einfluss der massiven Propaganda. Das ist, wie im Interview mit Ulrich Teusch besprochen, der Propagandakrieg vor dem Krieg.

Der letzte zitierte Satz von H. Sauer enthält einen Hinweis auf die Demonstration im Bonner Hofgarten im Jahre 1981. Damals, am 10. Oktober 1981, demonstrierten dort etwa 300.000 Menschen. Sie demonstrierten unter dem Motto „Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen“ und damit gegen den NATO-Doppelbeschluss. Wenn heute zu einer Friedensdemo 2000 Leute kommen oder auch mal 10.000, dann muss man froh sein. Wo sind die Alten vom Hofgarten geblieben? Wo sind die Jungen geblieben? Warum demonstrieren so wenige gegen die Steuerung des Drohneneinsatzes über die US-Basis Ramstein? Warum nicht gegen die viel massivere Aufrüstung als 1981 geplant? Warum nicht gegen Kleber und die bombastischen Geburtstagfeiern der NATO? Warum nicht gegen Ursula von der Leyen und ihre maßlosen Ansprüche für immer mehr Geld für die Bundeswehr?

Mit den ehedem einigermaßen kritischen Medien sind auch ihre ehedem kritischen Leserinnen und Leser gewendet worden

Die Veränderung ehedem einigermaßen kritischer Medien wie Frankfurter Rundschau, taz, Süddeutsche Zeitung, Spiegel, Die Zeit, ARTE, Panorama, etc. wurde in kleinen Schritten vollzogen, offensichtlich so klein und unauffällig, dass die meisten Leserinnen und Leser die grundlegende Veränderung nicht gemerkt haben; oder sie wollen die Veränderung nicht wahrhaben und sind deshalb den gewendeten Medien treu geblieben. So wie H. Sauer werden auch andere Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten in ihrem Umfeld eine ähnliche Erfahrungen machen.

Die Grünen haben als begleitender Katalysator gedient

Sie haben mit Joschka Fischer an der Spitze die Abkehr von der unbestechlichen Verpflichtung zu friedlichen Lösungen mit angeführt und mit betrieben. Symbolisch steht ein Name für diese Veränderung: Heinrich Böll. Er hat noch gegen die Nachrüstung demonstriert. Er hat 1981 im Bonner Hofgarten eine Rede gehalten. Aber dann wurde der Name des inzwischen Verstorbenen zum Namensgeber der Heinrich-Böll-Stiftung, der Stiftung der Grünen gemacht. Und in eklatantem Missbrauch dieses guten Namens wurde die Heinrich-Böll-Stiftung dann unentwegt benutzt, um militärische Interventionen „menschenrechtlich“ heilig zu sprechen und beim Feindbildaufbau mitzumachen – von der Ukraine bis nach Syrien.

Dies alles zusammen hat kombiniert mit einer langfristig und klug geplanten Propaganda dazu geführt, dass es Widerstand gegen den heißen Krieg bei diesen Eliten kaum mehr gibt. Und wie lange beim Volk dafür noch eine Mehrheit besteht, ist höchst fraglich.

Gerade eben macht ein Leser der NachDenkSeiten in einer Mail darauf aufmerksam, dass die Agitation zum Feindbild-Aufbau morgen bei ARTE weitergeht. Er schreibt:

„Ich mache Sie auf eine dreiteilige anti-russische Propaganda-Serie am morgigen Abend zur Prime-Time auf ARTE aufmerksam (KGB – Schild und Schwert, 20.15 Uhr bis 22.55 Uhr). Die Serie wird im ARTE-Magazin (Axel Springer-Verlag) auf vier Seiten reißerisch angekündigt.“

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