K.O. in der zweiten Runde

K.O. in der zweiten Runde

K.O. in der zweiten Runde

Marco Wenzel
Ein Artikel von Marco Wenzel

Auch die zweite Runde der Kommunalwahlen fand in einem Kontext statt, der noch immer von der Coronavirus-Krise geprägt war. Lange war unklar, wann sie stattfinden sollte, jetzt fand sie drei Monate nach der ersten Runde, kurz vor den Sommerferien, statt und führte zu einem neuen Rekord bei den Stimmenthaltungen. Schon in der ersten Runde am 15. März gaben nur 44,6 % der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, letzten Sonntag waren es gerade mal 40,5 %. Und es kam wie erwartet: Der große Verlierer der Kommunalwahlen in Frankreich ist Emmanuel Macron und seine Partei LREM. Von Marco Wenzel.

Am 11. März erklärte die Weltgesundheitsorganisation das Coronavirus zur Pandemie, am 12. März wurden in Frankreich die Schulen geschlossen, am 13. März wurden Versammlungen von mehr als 100 Personen verboten, am 14. März wurden die Gaststätten geschlossen, am 16. März verhängte die Regierung ein Ausgehverbot. Trotzdem beharrte die Regierung auf das Abhalten der ersten Wahlrunde am 15. März. Wegen der anhaltenden Streiks und Demonstrationen um die Rentenreform sank die Zustimmung der Regierung Macron rapide und er befürchtete, dass die Talsohle noch nicht erreicht sei. So war Eile geboten. Am 12. März beschloss die Regierung, die erste Runde der Kommunalwahlen doch wie geplant am 15. März abzuhalten, obwohl die damalige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn nach eigenen Bekundungen Macron davon abgeraten hatte.

Die erste Runde

Corona beeinflusste nicht nur, mit speziellen Vorsichtsmaßnahmen, Abstandsregeln und Desinfektionsmitteln in den Wahlbüros, den Wahlvorgang. Die Wahlbeteiligung war niedrig, auch wegen der Furcht vor Ansteckung. Aber die Wahlen beeinflussten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den Verlauf der Pandemie. Denn zwei Wochen nach dem 15. März hatte die Zahl der Infizierten ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, unter den Infizierten waren auffallend viele Wahlhelfer aus den Wahllokalen, manche sind sogar inzwischen gestorben.

Besonders hatte es Macron natürlich auf Paris abgesehen, in der Hauptstadt hätte er nur allzu gerne eine BürgermeisterIn aus der eigenen Partei gesehen. In Paris aber hatte die Sozialistin Anne Hidalgo seit 2014 das Amt der Bürgermeisterin inne und erfreute sich dort großer Beliebtheit. Sie hatte 2014 die Wahlen mit einem fortschrittlichen Programm mit absoluter Mehrheit gewonnen, und dies zu einer Zeit, in der der Stern des PS bereits im Sinkflug war.

Um das Pariser Rathaus zu erobern, schickte Macron seinen Vertrauten Griveaux ins Rennen, der zuvor als Regierungssprecher zurückgetreten war. Als auch der Mathematiker Cédric Villani aus Macrons Lager gegen den Willen des Präsidenten kandidierte, wurde Villani aus der Partei ausgeschlossen. Der kandidierte daraufhin als unabhängiger Kandidat.

Griveaux aber sollte Mitte Februar für einen Sexskandal in Frankreich sorgen und damit endgültig aus dem Rennen ausscheiden. Als verheirateter Familienvater entblödete er sich nicht, mit seinem Handy seine Morgenlatte zu filmen und das Selfie-Video einer von ihm angebeteten, um viele Jahre jüngeren Frau als „Geschenk“ zu schicken. Über welche Wege auch immer war das Video wenig später für einen ganzen Tag im Internet und damit für jeden zu sehen, der schnell genug war, es rechtzeitig herunterzuladen. Das war natürlich das Aus für Griveaux. Um zu retten, was noch zu retten schien, überredete Macron Agnès Buzyn, als Gesundheitsministerin zurückzutreten und für die LREM in Paris zu kandidieren.

Die Wahlresultate im ersten Durchgang endeten wie erwartet mit einer Niederlage für Macron. Seine Partei war nie in den Regionen verwurzelt und konnte deshalb auch nur wenige Kandidaten aufstellen, meist verbündete die LREM sich mit Parteien der Rechten oder Mitte-Rechts. Wahlsieger waren bereits in der ersten Runde eindeutig die Grünen. Die Resultate des ersten Wahldurchgangs wurden bis zum zweiten Durchgang, der wegen Corona verschoben werden musste, „eingefroren“.

Für Macron und die LREM stand bei den Kommunalwahlen viel auf dem Spiel, sie wollten beweisen, dass sie auch lokal verankert seien. Das ist ihnen bereits in der ersten Runde gänzlich missglückt, die zweite Runde sollte für Macron nicht besser verlaufen.

Die zweite Runde

Die zweite Runde der Kommunalwahlen fand immer noch im Kontext von Corona statt. Zwischen der ersten und der zweiten Runde lagen drei Monate Lockdown. Häufig diskutiert und verschoben, wurde sie vergangenen Sonntag, 28. Juni, mit der latenten Furcht vor einer möglichen zweiten Welle der Pandemie abgehalten. Die Wahlbeteiligung war mit knapp über 40 % noch niedriger als in der ersten Runde. Aber die Furcht vor Ansteckung erklärt nicht alles. Es gibt eine Grundtendenz zur Nichtbeteiligung an Wahlen, die ein wachsendes Misstrauen gegenüber politischen, auch lokalen Vertretern offenbart.

In der zweiten Runde ging es am Sonntag noch um etwa 5.000 Gemeinden, darunter die größten Städte des Landes wie Paris, Lyon und Marseille, Bordeaux und Toulouse, in denen in der ersten Runde noch keine festen Mehrheiten gewählt und somit eine Stichwahl notwendig war. Wegen der bereits oben erwähnten fehlenden lokalen Verwurzelung gingen die Kandidaten der LREM in den Städten mit mehr als 9.000 Einwohnern insgesamt 76 Bündnisse mit der Rechten und 33 Bündnisse mit der Linken, vorzugsweise mit der PS, ein. Die Bündnisstrategie des LREM zielte nicht darauf ab, das LREM-Lager für sich zu gewinnen, sondern das von der Präsidentenpartei gesetzte, mehr als minimale Ziel zu erreichen, 10.000 Gemeinderäte von insgesamt etwa 500.000 zu wählenden zu gewinnen. Von Bürgermeisterämtern war kaum noch die Rede. Macron lehnte sich immer mehr nach rechts, um den Schaden der Wahlen so gering wie möglich zu halten, währenddessen sich Grüne und PS, unterstützt von der Partei LFI von Mélenchon und vom PCF, für die zweite Runde bevorzugt dort zusammentaten, wo sie keine eigene Mehrheit finden konnten.

Für LREM fand das angekündigte Wahldebakel auch statt. Dabei wollte Macron doch beweisen, dass seine Bewegung auch lokal Gewicht habe. Die Wahl war natürlich auch eine Abstimmung über Macrons Politik, nicht nur was das Management gegen die Pandemie anbelangt, sondern auch seine neoliberale Wirtschaftspolitik, gepaart mit Kürzungen der Sozialleistungen, aber auch und vor allem seine geplante Rentenreform.

Die LREM hat entgegen den ursprünglichen Zielen keine einzige Großstadt gewonnen. Die Kandidaten der LREM verloren überall, sowohl in den Städten als auch in den kleinsten Dörfern. Nicht einmal das angekündigte bescheidene Wahlziel von 2 % der Gemeinderäte in ganz Frankreich dürfte erreicht worden sein. Vier Jahre nach ihrer Gründung hat die LREM es nicht geschafft, in den Gemeinden Fuß zu fassen. Eine Regierungssprecherin räumte eine „enttäuschende Niederlage“ ein.

Für Europe Écologie les Verts (die Grünen) gab es einen bedeutsamen Vorstoß, der sich an den Aufschwung der Grünen in den meisten europäischen Ländern anschließt, aber man kann nicht von einem grünen Tsunami sprechen. Trotzdem spielen sie ab jetzt in vielen großen Städten, wie Tours, Grenoble, Marseilles und Lyon, eine bedeutende Rolle in der Lokalpolitik. In Lyon, Besançon, Poitiers, Bordeaux sowie Strasbourg stellen sie den Bürgermeister. Die Grünen zählen in Frankreich traditionsgemäß zu der Linken.

Der rechtsextremen Partei von Marine Le Pen gelang ein symbolischer Sieg in Perpignan, der ihre mangelnde territoriale Verankerung verdeckt. Das Gesamtergebnis der Kommunalwahlen für den RN ist durchwachsen, die Wahlerfolge des RN waren bestenfalls marginal.

Die Sozialdemokraten konnten ihre Hochburgen verteidigen.

Die Republikaner konnten die Mehrheit der Städte über 10.000 Einwohner durch Absprachen mit Macrons Bewegung LREM verteidigen.

Paris

Mit 49 % der Stimmen wurde Anne Hidalgo (PS) deutlich als Bürgermeisterin von Paris wiedergewählt. Ihr Sieg ist auch ein Sieg der Grünen, die sie nach Wahlabsprachen im Wahlkampf unterstützt hatten und die jetzt zusammen mit ihr im Rathaus sitzen werden. Hidalgo ist die Kandidatin sowohl der Arbeiter als auch der Jüngeren und der progressiven Intellektuellen und Kunstschaffenden. Sie will Paris grüner machen, Fahrradwege anlegen, die Umweltverschmutzung und den Klimawandel bekämpfen. Sie will Autos aus der Stadt verbannen, Parkplätze abschaffen, Grünflächen anlegen und Bäume pflanzen.

Buzyn und Villani scheiterten und kommen nicht einmal in den Pariser Stadtrat. Frau Buzyn, die von Macron ins Rennen geschickt wurde, bekam 16,5 %. Die Kandidatin der LREM und der Dissident Villani werden nach ihren katastrophalen Ergebnissen nur einfache Gemeinderäte sein.

Die frühere Justizministerin von Präsident Nicolas Sarkozy, Rachida Dati, von den Republikanern bekam 33,8 % der Stimmen. David Belliard, der Kandidat der Grünen EELV, kam auf Platz 4.

Havre

In Havre hatte sich Premierminister Édouard Philippe als Kandidat für das Bürgermeisteramt zur Wahl gestellt. Philippe war bereits seit 2010 Bürgermeister der 170.000-Einwohner-Stadt Havre, bevor ihn Macron 2017 zum Premierminister berief. Philippe möchte nach eigenem Bekunden so lange wie möglich Regierungschef bleiben und bis zum Ende seiner Amtszeit als Premier sein Bürgermeisteramt Jean-Baptiste Gastinne anvertrauen, der bereits seit 2019 als Interims-Bürgermeister fungiert. Aber sein Amt als Ministerpräsident ist am Wanken, die Gerüchte, dass Macron eine Regierungsumbildung plant, verdichten sich täglich.

Philippe sprach dann auch im Wahlkampf oft von seiner Rückkehr nach Le Havre, „wenn es sehr schnell geht, wird es sehr gut sein“. Und „mein Ziel ist es, Bürgermeister von Le Havre zu werden“. Sowie: „Ich werde wieder in Le Havre sein. Spätestens im Mai 2022, aber vielleicht schon viel früher“, kündigte er an. Und bei einer Hochzeitsfeier im Rathaus, wo er das Brautpaar vermählte, sagte er: „(Bürgermeister), dies ist das schönste aller Mandate“.

Philippe gewann am Sonntag die Wahl in Le Havre mit 58 %. Sein Wahlsieg war nicht selbstverständlich, sein Gegenspieler Jean-Paul Lecoq vom PCF hatte durchaus auch gute Chancen und setzte seinerseits alles daran, die nationalen Themen der Regierung, dessen Premierminister Philippe ja noch immer ist, in den Vordergrund zu rücken. Dafür erhielt er Unterstützung und Besuch im Wahlkampf von Jean-Luc Mélenchon.

Es stellt sich nun die Frage, wie lange Philippe noch weiter Premierminister bleibt. Während Philippe in Le Havre nach seiner Wiederwahl eine Siegesrede hielt, unterbrachen Gelbe Westen, die gekommen waren, um ihren Zorn zu beschwören, die Sitzung und zeigten ihre Opposition zu den Wahlergebnissen.

Für La République en Marche bedeutet die Wiederwahl von Philippe in Havre nur einen Teilerfolg. Denn Philippe, der in der Beliebtheitsskala stets vor Macron liegt, ist nicht Mitglied der Präsidentenpartei LREM. Er war als Mitglied der UMP, der Partei von Chirac und Sarkozy, zum Bürgermeister von Havre gewählt worden. 2015 wurde die UMP in „Republikanische Partei“ umbenannt. Nach seiner Berufung zum Ministerpräsidenten 2017 wurde Philippe aus der Partei ausgeschlossen, seitdem ist er parteilos.

Schlussfolgerungen

Mit einer deutlichen Rechtswende seit Beginn seiner Amtszeit stieß Macron den progressiven Teil seiner Anhängerschaft vor den Kopf. Davon konnten die Grünen nun profitieren. Macrons Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2017 verdankt er nicht zuletzt auch der Tatsache, dass die Linken in der Stichwahl gegen Marine Le Pen für ihn stimmten, um eine rechtsextreme Präsidentin zu verhindern.

Eine Linkswende bedeutet der Ausgang der Kommunalwahlen für Frankreich darum kaum. Über die Grünen sollte man sich in Frankreich genau so wenig Illusionen machen wie in Deutschland. Die EElV ist auch im Europaparlament vertreten und dort Mitglied der Europäischen Grünen Partei, deren Vorsitzender bis 2019 der stramm konservative Transatlantiker und Ex-Maoist, der deutsche Grüne Reinhard Bütikofer war, der sich jetzt an die Spitze der Diffamierungskampagne gegen China gestellt hat.

Angesichts der Wahlerfolge der Grünen muss Macron jedoch nun reagieren. Schien es bis vor Kurzem noch ausgemacht, dass bei der Präsidentschaftswahl 2022 für die LREM der Hauptgegner wieder einmal der rechtsextreme RN sein werde, verändert der Vorstoß der Grünen das Spiel. Macron und seine Truppen müssen nun auch vor dem Aufkommen der Umweltbewegung im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen auf der Hut sein. Linke zusammen mit Umweltschützern könnten, so die Befürchtungen in den Reihen der LREM, eine Chance haben, zu einem Dreierwettbewerb zur zweiten Runde zu werden.

Die Diskussionen darüber, wie man mit der Umweltbewegung umgehen soll, laufen in der LREM schon seit Längerem. Die Konservativen dort betrachten die Grünen als Wassermelonen: Außen grün, innen rot, und sie wollen keine Kompromisse mit ihnen eingehen. Die Gemäßigten schlagen vor, auf die Grünen zuzugehen und ihr Programm zu verwässern. Es wird wohl am Ende ein pragmatischer Mittelweg sein, den die Macronisten in ihrem Verhältnis zu den Grünen einschlagen werden: Zugeständnisse, die vor allem aber nur wenig kosten dürfen. Man hat ja bereits genug Erfahrung, auch mit den Gewerkschaften, auf diesem Gebiet.

Die politische und gesellschaftliche Basis des Präsidenten hat sich seit Beginn der Amtszeit von Macron nach rechts verschoben, er muss jetzt um die Wiedereroberung der linken Mitte kämpfen. Am Montag plädierte Macron für „eine Ökologie im Herzen des Produktivmodells“. Bei einem Empfang für die Mitglieder der Bürgerklimakonvention schlug er einen Plan für die Umwelt vor. Das Staatsoberhaupt kündigte an, dass bis Ende des Sommers ein Gesetzentwurf mit fast allen 149 Vorschlägen des Konvents vorgelegt werden soll, und versprach 15 Milliarden Euro über zwei Jahre für die Umstellung der Wirtschaft.

Emmanuel Macron will zu seiner „Hyperpräsidentschaft“ zurückkehren …

So titelt die Zeitung „Le Monde“ am 27. Juni, am Tag vor den Kommunalwahlen.

Gerüchte einer Regierungsumbildung nach den Kommunalwahlen häufen sich. Nach den Kommunalwahlen will Macron nun eine Kabinettsumbildung nutzen, um sich auf das Jahr 2022 vorzubereiten, indem er für eine Neugewichtung der Kräfte vor den Präsidentschaftswahlen sorgt und durch die Absetzung des Premierministers die Kontrolle über die Exekutive zurückerlangt. Nachdem der Staatschef seinen Premierminister Edouard Philippe während der gesamten Rentendebatte und dann während der Krise wegen des Coronavirus an die Front geschickt hat, will er nach Ansicht der ihm Nahestehenden seine Vorrangstellung zurückgewinnen. Die Option, Edouard Philippe beizubehalten, bleibt jedoch offen, nachdem er in Le Havre wiedergewählt wurde und er bei Rechts und Mitte-Rechts beliebt ist.

Für den letzten Abschnitt seiner Amtszeit bis April 2022 möchte Macron nochmal neue Akzente setzen und vor allem ungehindert seine Rentenreform, die ganz Frankreich in Aufruhr versetzt hat, durchsetzen. Die Zeit des Lockdowns war nur eine Pause. „Wir können nicht ohne eine Rentenreform auskommen. Wir werden es tun, aber besänftigt“, versicherte das Staatsoberhaupt am Dienstag bei einem Mittagessen mit Senatoren. Das „finanzielle Gleichgewicht“, sprich, dass der Staat demnächst nichts mehr zur Rente zuschießen wird, und das Punktesystem, ohne das es dabei kaum geht, will er auf alle Fälle beibehalten.

„Der Präsident hat den Willen, sich innerhalb der nächsten zwei Jahre selbst zu regieren. Er will Herr seines Schicksals und seiner Wiederwahl sein“, sagt ein Macronist. Die vor einigen Wochen angekündigte Regierungsumbildung, die von Emmanuel Macron geplant ist, soll bis zum 8. Juli stattfinden, mit Sicherheit, wenn überhaupt, aber bis zum 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag.

Wenn Emmanuel Macron beabsichtigt, die Kontrolle über die Regierung zurückzugewinnen, will er die Umbildung auch zu einem Sprungbrett machen, um seine Wahlbasis zu verbreitern und sich auf die Präsidentschaftswahlen 2022 vorzubereiten. Ein gefährliches Manöver für die geschwächte Regierung, die jetzt zu versuchen scheint, alles auf eine Karte zu setzen.

Macron beabsichtigt, einem symbolischen sozialen Wandel das Wort zu reden. Seine neuen Reden zur Ökologie werden Macron nicht daran hindern, seine Rentenreform und zumindest einen Teil der Reform der Arbeitslosenversicherung, zwei antisoziale Maßnahmen, durchzusetzen, koste es, was es wolle. In diesem Sinne könnte der Präsident die Umbesetzung nutzen, um neue Persönlichkeiten von rechts mit Ämtern zu bedienen.

Unabhängig von den Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Umbildung getroffen werden, werden sie auf keinen Fall die neoliberale Linie ändern, die die Regierung seit Beginn ihrer Amtseinführung verfolgt und die mit der wirtschaftsfreundlichen Bewältigung der Epidemie nachdrücklich zum Ausdruck gebracht wurde. Vor dem Hintergrund einer tiefen Wirtschaftskrise hat Emmanuel Macron Großunternehmen mit Milliardenhilfen, garantierten Krediten oder Unterstützungsmaßnahmen wie Teilarbeitslosigkeit überschüttet. Die hochstilisierten arbeitenden HeldInnen warten noch bis heute auf ihre versprochenen Entschädigungen.

2. Juli 2020

Aktualisierung 3. Juli 2020:

Während Emmanuel Macron am heutigen Freitag in einem Interview mit der regionalen Presse ankündigte, dass es ein neues Regierungsteam geben werde, beschleunigten sich die Ereignisse. Premierminister Edouard Philippe übergab den Rücktritt seiner Regierung an Emmanuel Macron, der ihn akzeptierte und gegen 9.30 Uhr im Élysée-Palast ankündigte.

In der vom Élysée-Palast herausgegebenen kurzen Pressemitteilung heißt es: „Herr Édouard Philippe überreichte heute den Rücktritt der Regierung an den Präsidenten der Republik, der ihn akzeptierte. Gemeinsam mit den Regierungsmitgliedern ist er bis zur Ernennung der neuen Regierung für die Abwicklung des Tagesgeschäfts zuständig. In den kommenden Stunden wird ein neuer Premierminister ernannt.“

Der Nachfolger von Philippe steht bereits fest. Emmanuel Macron hat Jean Castex zum Premierminister ernannt und mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Castex, 55 Jahre als, war bereits Mitarbeiter von Nicolas Sarkozy und Bürgermeister LR von Prades (Pyrénées-Orientales). Seit April war er als interministerieller Delegierter für die Maßnahmen zum Beenden des Lockdowns zuständig. Castex gilt als stramm rechts stehend und regierungstreu.

Während eines Treffens am Donnerstag legten „der Präsident der Republik und der Premierminister eine gemeinsame Einschätzung der Notwendigkeit einer neuen Regierung fest, um eine neue Etappe der fünfjährigen Amtszeit, einen neuen Weg, zu verkörpern”, sagte der Élysée.

Die Debatten in der Nationalversammlung werden bis zur Bildung einer neuen Regierung ausgesetzt, auch die Sitzungen des Verteidigungsrates und des Ministerrates sind abgesagt.

Emmanuel Macron will „ab dem Sommer“ die Arbeit an den Renten wieder aufnehmen. „Der Kurs, den ich mir für 2017 gesetzt habe, bleibt bestehen“, bekräftigte er am Donnerstag in einem Interview.

Titelbild: Frederic Legrand – COMEO/shutterstock.com

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