Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Ende der Beziehung
- Assange-Demo in Berlin – Solidarität mit Julian Assange!
- Krankenhäuser reduzieren Betten für Covid-Erkrankte
- Willy Wimmer zum Fall Nawalny: “Brüssel dreht nicht das große Rad, Brüssel dreht durch”
- Wieso das BGE-Pilotprojekt die Missverständnisse zum Grundeinkommen noch vergrößert
- Scheinheilig und verlogen: Die Debatte um Nordstream II
- Sozialgarantie garantiert unsozial
- Geballte Wut
- Die Stadt der Reichen
- Wegwerfware Mitarbeiter
- Warum der Hartz-IV-Satz eigentlich bei 644 Euro liegen müsste
- Feststellung einer epidemischer Lage von nationaler Tragweite bleibt
- Ungleichheit in der Corona-Gesellschaft: Vertiefung der Kluft zwischen Arm und Reich
- Bundesrat verabschiedet Klöckner-Reform: Weniger Lebensmittelkontrollen in Risiko-Betrieben
- Unser Haus brennt
- „Ein Werbetrick, um gezielt Minderjährige als Soldaten anzuwerben“
- Geplantes Anti-Hass-Gesetz „nicht verfassungskonform“
- Sind Sie unzufrieden mit den Medien? Dann kommen Sie zum Dialog mit der FR
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ende der Beziehung
Der Fall Nawalny beendet Deutschlands Partnerschaft mit Russland – die geopolitischen Konsequenzen sehen düster aus. Eine Sicht aus Moskau.
Die Vergiftung des Oppositionellen Alexej Nawalny ist eine Zäsur in den russisch-deutschen Beziehungen. Die genauen Umstände des Vorfalls sind noch weitgehend ungeklärt, aber eines ist schon jetzt gewiss: Der Giftanschlag hat ein grundsätzliches Umdenken in der deutschen Außenpolitik bewirkt. Künftig wird Deutschland gegenüber Russland keine Sonderpolitik mehr verfolgen und nicht länger versuchen, die Beweggründe der anderen Seite zu verstehen oder sich um gegenseitiges Verständnis oder auch nur um ein Mindestmaß an Zusammenarbeit zu bemühen. Auch wird Berlin gegenüber dem Westen nicht mehr als Erklärer der politischen Positionen Russlands auftreten oder Moskau die Standpunkte seiner Verbündeten vermitteln.
Die Sonderrolle, die Deutschland und seine Kanzlerin in den vergangenen Jahren gespielt haben, ist somit Geschichte. Deutschland wird gegenüber Russland von nun an die gleiche Haltung wie alle anderen Länder Westeuropas einnehmen. Auf rhetorischer Ebene heißt dies, dass Berlin der Außen- und Innenpolitik des Kreml entschlossen widersprechen, das konkrete Handeln Moskaus harsch kritisieren und sich dezidiert mit den Ländern Osteuropas solidarisieren wird. Auf wirtschaftlichem Gebiet erwarten viele, dass das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 nun ad acta gelegt wird. Und was die Diplomatie betrifft, werden die offiziellen Kontakte wohl künftig stark zurückgefahren und der Dialog auf höchster Ebene ganz ausgesetzt. (…)
Auch Russland schlägt ein neues Kapitel auf. Vor dreißig Jahren galt die deutsche Wiedervereinigung nicht nur als historischer Akt der Versöhnung, sondern auch als Garant für künftige freundschaftliche Beziehungen und enge Kooperation zwischen den beiden Völkern und Staaten. Auch damit ist es nun vorbei.
Indessen klingen in diesen Tagen Töne an, von denen alle dachten, sie würde ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. Die russische Seite zeigte sich empört und verglich die von Deutschland erhobenen Anschuldigungen mit dem Brandanschlag der Nazis auf den Reichstag von 1933, der damals Moskau und der Komintern angelastet wurde. Der Kreml wird wohl nicht zu drastischen Sofortmaßnahmen greifen, aber Deutschland künftig als von den USA gesteuerten Staat betrachten.
Quelle: IPGAnmerkung Albrecht Müller: Ein sehr guter Artikel. Er bestätigt die schlimmsten Befürchtungen.
- Assange-Demo in Berlin – Solidarität mit Julian Assange!
Julian Assange steht in London vor Gericht. Doch wegen der Pandemie verläuft der Prozess in absurden Zügen. Die Medien sollten sich mit Assange solidarisieren. […]
Der Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit Julian Assange bleibt ein Problem. Obwohl aus ethischer Sicht klar sein sollte, dass der Australier mit seiner Veröffentlichung der Wikileaks-Daten einen Mut aufgebracht hat, den nur wenige Journalisten bereit sind zu investieren, eilt dem aktuell in London inhaftierten Mann immer noch ein schlechter Ruf voraus. …. Aktuell findet in London der Auslieferungsprozess gegen Julian Assange statt, dieser steht unter Spionageverdacht. Dabei haben die letzten Tage bewiesen: Der Ablauf der Anhörungen verläuft absurd und ist einer Demokratie unwürdig. Fast könnte man glauben, dass die Corona-Pandemie tatsächlich dafür instrumentalisiert wird, um Freiheitsrechte einzuschränken. Im Fall von Assange ist das mindestens zu vermuten: Beobachter dürfen den Prozess nur in einem Nebenraum verfolgen, die Anhörungen werden immer wieder wegen der Corona-Gefahr vertagt. Ein transparentes Verfahren kann so nicht stattfinden.
Quelle: Berliner Zeitungdazu: Julian Assange und die Politjustiz Ihrer Majestät
Das Auslieferungsverfahren gegen den WikiLeaks-Gründer in London erfüllt Merkmale eines politisch motivierten Prozesses
Das in London laufende Verfahren gegen Julian Assange, den Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, droht vollends zur Farce zu verkommen. Knapp zwei Wochen nach Beginn der Verhandlung über eine mögliche Auslieferung des 49-jährigen australischen Journalisten hat Richterin Vanessa Baraitser den Prozess mehrfach zu Ungunsten des Angeklagten beeinflusst. Beobachter sprechen inzwischen offen von einer politischen Abrechnung mit einem Journalisten, der schwere Kriegsverbrechen der USA im Irak und in Afghanistan öffentlich gemacht hat. Dabei steht für Assange viel auf dem Spiel: Die 18 Anklagepunkte der US-Justiz sehen 175 Jahre Haft vor. Selbst die Verhängung der Todesstrafe, sollte der WikiLeaks-Gründer in die Fänge der US-Behörden geraten, ist nicht ausgeschlossen.
Eines der Hauptprobleme der Unterstützer Assanges in diesen und möglicherweise folgenden Verfahren ist das Framing, das die juristische Diskussion um Vorgehen und Verantwortung des Angeklagten überdeckt. So hält sich – unterstützt von der US-Anklage – vehement die These, Assange habe durch seine Veröffentlichungen Menschen gefährdet oder gar Tötungsdelikte begünstigt. Dabei ist dieser Vorwurf bereits im Verfahren gegen die Whistleblowerin Chelsea Manning widerlegt worden.
Quelle: Harald Neuber auf Telepolis - Krankenhäuser reduzieren Betten für Covid-Erkrankte
Nur noch zehn Prozent der Intensivbetten werden künftig freigehalten: Ärzte befürchten bei einer zweiten Welle Engpässe in der Pflege. Der Präsident der Bundesärztekammer warnt davor, auf die Quotenregelung ganz zu verzichten.
ie deutschen Krankenhäuser halten trotz steigender Infektionszahlen immer weniger Betten auf ihren Intensivstationen für Patienten frei, die schwer am neuartigen Coronavirus erkrankt sind. Die baden-württembergische Landesregierung hat in dieser Woche entschieden, dass künftig statt 35 Prozent nur noch zehn Prozent der Betten für diese Patienten reserviert werden sollen. Sie folgte damit der Entwicklung in anderen Bundesländern. In Berlin sind bereits seit Juni nur noch zehn Prozent der Betten für Covid-Patienten reserviert, Niedersachsen folgte Mitte Juli.
In Bayern und Brandenburg müssen die Krankenhäuser seit dem Sommer gar keine Intensivbetten mehr für Covid-Patienten freihalten, Hamburg schaffte die Quote im August ab. Anfang September kippte auch Sachsen-Anhalt die Regelung ganz. Allein in Rheinland-Pfalz sind Krankenhäuser seit dem Frühjahr unverändert dazu angehalten, 20 Prozent ihrer Intensivbetten wegen Corona freizuhalten. Es sei nicht geplant, daran etwas zu ändern, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Mainz.
Quelle: FAZAnmerkung Jens Berger: Diese Entscheidung ist vollkommen nachvollziehbar. Stand heute sind 268 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt, 7.395 Betten sind frei.
- Willy Wimmer zum Fall Nawalny: “Brüssel dreht nicht das große Rad, Brüssel dreht durch”
Die Resolution wurde angenommen, aber erwarten Sie angesichts ihres unverbindlichen Charakters weitere ernsthafte Schritte gegen Russland?
Warum “ernsthafte Schritte” gegen Russland? Bislang liegen keine Beweise auf dem Tisch, die auf staatlicher Ebene ein deutsches oder westeuropäisches Vorgehen gegen Russland rechtfertigen würden. Selbst die BBC macht darauf aufmerksam, wie seltsam dieser “Fall” ist. Die Bundeskanzlerin muss sich fragen, ob sie an einer diplomatischen “Räuberpistole” beteiligt ist. Aufklärung sieht anders aus, und diplomatisches Verhalten schützt vor Politisierung. (…)
Das EU-Parlament hat den Koordinierungsrat von Belarus als vorübergehenden Regierungsvertreter, das Ergebnis der jüngsten Wahlen jedoch nicht anerkannt. Wie beurteilen Sie diesen Druck auf ein souveränes Land?
Nach dem Pompeo-Besuch vor einigen Wochen in Wien hat Österreichs Außenminister [Alexander; Anm. d. Red.] Schallenberg in Siegerlaune verkündet, dass man in den letzten Jahren nichts anderes getan habe, als Minsk aus der Nähe zu Moskau rauszubrechen. Das macht die Dimension deutlich. Das Europäische Parlament muss sich heute bereits fragen lassen, ob es nach der Anstiftung durch bestimmte Kräfte jetzt darum geht, diejenigen im Stich zu lassen, die man vorher mit Milliarden Dollar in Stimmung gebracht hatte. Die “roten Linien” sind klar, und so sehen die Stellungnahmen aus Brüssel auch aus.
Das EU-Parlament schlägt vor, “eine EU-Strategie zur Unterstützung russischer Dissidenten, Nichtregierungsorganisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft sowie unabhängiger Medien” zu verabschieden. Ist das Europäische Parlament daran interessiert, Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft zu unterstützen, die den EU-Mitgliedstaaten kritisch gegenüberstehen (z. B. die Gelbwesten)?
Brüssel dreht nicht das “große Rad”, Brüssel dreht durch. So sieht Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten und eine völlige Missachtung der Beziehungen zu anderen Staaten aus. Das ist die Fortsetzung der “Asselborn-Doktrin”, die gegen Ungarn und andere unliebsame Staaten selbst in der Europäischen Union angewendet wird. Das Europäische Parlament ist offenbar der verlängerte Arm der neuen Machtelite der volksfernen “Nichtregierungsorganisationen”. Doppelmoral ist westeuropäische “Staatsräson”.
Quelle: RT Deutsch - Wieso das BGE-Pilotprojekt die Missverständnisse zum Grundeinkommen noch vergrößert
Das Pilotprojekt Grundeinkommen hat den Anspruch, zum „Gewinn neuer Erkenntnisse“ über die Wirkungen eines BGE beizutragen. Doch es ist stark zu bezweifeln, dass die Studie dies leisten kann – im Gegenteil. […]
Das grundlegende Problem ist folgendes: Egal wie ein BGE und seine Finanzierung konkret aussehen würde, immer wäre es so, dass auf irgendeine Weise die über ein BGE verteilten Einkommen bzw. ihre Kaufkraft bei anderen Einkommen durch höhere Steuern oder Abgaben eingesammelt oder durch geringere Sozialleistungen und andere öffentliche Ausgaben kompensiert werden müssten. Eine Finanzierung eines dauerhaften BGE durch Kreditaufnahme oder Geldschöpfung ist in Anbetracht des Finanzvolumens völlig unmöglich bzw. würde hyperinflationäre Prozesse auslösen. Bei 1.200 Euro monatlich für Erwachsene und vielleicht die Hälfte für Kinder und Jugendliche müssten jährlich knapp 1,1 Billionen Euro ausgezahlt werden. Das entspricht knapp einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts und weit über 40% des Volkseinkommens. Das ist mehr als momentan für alle Sozialleistungen zusammen aufgewendet wird, von denen ein Großteil auch mit einem BGE weiterhin notwendig wäre und weitere nur in jahrzehntelangen Übergangsprozessen umgebaut werden könnten.
Es müssten also auf jeden Fall viele hunderte Milliarden Euro jährlich zusätzlich umverteilt werden. Viele Anhängerinnen und Anhänger der Idee eines BGE stellen sich vor, dieses könnte vollständig oder hauptsächlich zu Lasten der Reichen, der großen Konzerne oder des Finanzkapitals oder mit einer Finanztransaktionssteuer aufgebracht werden. Tatsächlich wäre das in Anbetracht der riesigen Finanzvolumina, die umverteilt werden müssten, selbst bei einer vollständigen Abschöpfung aller Profite nicht möglich.
Quelle: Ralf Krämer auf Makronom - Scheinheilig und verlogen: Die Debatte um Nordstream II
Nur noch ein Zehntel der neuen Gasleitung Nord Stream 2 fehlen bis zur Fertigstellung, 120 der 1230 Kilometer langen Pipeline, viele Milliarden Euro stecken bereits im Bau. Nun wurden die Arbeiten gestoppt, die USA bedrohen beteiligte Unternehmen und deren Mitarbeiter mit brachialen Sanktionen, die natürlich völkerrechtswidrig sind. Seit dem Attentat auf den russischen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny sind auch in Deutschland die Forderungen der Nord Stream Gegner noch einmal lauter geworden. Man müsse jetzt „Härte“ gegen Putin zeigen, für „Menschenrechte“ eintreten.
Nun ist ein versuchter Mordanschlag ein Verbrechen, keine Frage. Aber erstens sind die Hintergründe des Anschlags bisher überhaupt nicht geklärt. Und zweitens ist die Forderung, deshalb nun Nord Stream 2 zu stoppen, an Scheinheiligkeit und Verlogenheit kaum zu überbieten. Wann hat sich die Bundesregierung bei Rohstoffimporten je um Menschenrechte gekümmert? Wir importieren Öl aus Saudi-Arabien, dort werden Gegner des Regimes nicht nur von Geheimdiensten bedroht, ihnen drohen per Gesetz Strafen wie Auspeitschen oder Köpfen. Oder aus Lybien, wo Folter an der Tagesordnung ist. Und die USA? Über 1000 Unschuldige, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren, sind bisher allein dem vökerrechtswidrigen US-Drohnenkrieg zum Opfer gefallen. Sind das weniger wichtige Opfer als Herr Navalny?
Quelle: Sahra WagenknechtAnmerkung unseres Lesers U.D.: An Verlogenheit, Scheinheiligkeit und Machtwillkür ist dieses Verhalten der USA nur zu überbieten, durch das unterwürftige Verhalten von Olaf Scholz, der 1 Mrd. Euro den USA als Schweigegeld in Sachen Nord Stream 2 angboten haben soll.
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Nord Stream 2: Bundesregierung bietet eine Milliarde Euro zur Rettung der Pipeline mit einer Anmerkung.
- Sozialgarantie garantiert unsozial
Die Minister Jens Spahn und Olaf Scholz haben sich auf ein Maßnahmenpaket verständigt, mit dem die Bundesregierung das für 2021 prognostizierte 16,6 Milliarden-Euro-Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgleichen und eine drohende Verdopplung des Zusatzbeitrags auf 2,2 Prozent verhindern will. Der Vorschlag verfehlt sein Ziel und führt die Idee einer Sozialgarantie ad absurdum. (…)
Bestehende Finanzierungsprobleme werden damit nur teilweise und nicht langfristig angegangen. Hierzu einige Aspekte aus Sicht des DGB:- Die Kosten der Pandemie, aber insbesondere die Auswirkungen der Leistungsausweitungen durch die Gesetzgebungsverfahren der letzten 2 Jahre werden letztendlich auf die Beitragszahler (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) abgewälzt. Dies stellt eine erneute Belastung sowie soziale Ungerechtigkeit dar und ist schlicht unseriös.
- In die Finanzautonomie der sozialen Selbstverwaltung der Krankenkassen wird erneut eingegriffen. Das betrifft vor allem die Gestaltung des Haushalts neben den gesetzlich vorgeschriebenen Leistungsausgaben.
- Noch vorhandene Beitragsrücklagen vermitteln ein Zerrbild. Nicht berücksichtigt bleiben Folgekosten der Pandemie in den Jahren nach 2021 sowie Kostensteigerungen durch die weitere laufende Gesetzgebung (z. B. Krankenhauszukunftsgesetz, Kostenübernahme bei Corona-Impfstoffen) sowie fehlende Spielräume für Vertragsverhandlungen der Krankenkassen mit den Leistungserbringern.
Der DGB lehnt ein solches Maßnahmepaket ab. Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist und bleibt Aufgabe des Staates. Zu dieser Verantwortung muss die Bundesregierung stehen. Das geht nur durch eine deutliche Erhöhung des Bundeszuschusses mit mehr als den vereinbarten fünf Milliarden Euro, damit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen auch über 2020/2021 hinaus stabil bleibt und die Beitragszahler hier nicht auf den Kosten für die Corona-Pandemie sitzen gelassen werden.
Quelle: DGB - Geballte Wut
Zehntausende demonstrierten in Frankreich gegen Pläne der Regierung. Geschenke an die Konzerne soll es nicht geben
Massenentlassungen, Subventionen für Konzerne ohne Gegenleistung, Gehaltskürzungen und die Rückkehr zur Rentenreform. Für den ersten großen Aktionstag der Amtszeit des neuen französischen Premierministers Jean Castex hatten die Demonstranten genügend Gründe, ordentlich einzuheizen. Zehntausende folgten am Donnerstag in mehreren französischen Städten dem Aufruf eines von der »Confédération générale du travail« (CGT) angeführten Gewerkschaftsbündnisses, sich gegen die Zukunftspläne zu wehren, die die Regierung im Kontext der Pandemie schmiedet. (…)
Laut Gewerkschaften waren insgesamt mehr als 50.000 Menschen auf der Straße, in Paris waren es 10.000 und in Marseille sogar bis zu 15.000.
Obwohl die Maskenpflicht quasi ausnahmslos befolgt wurde und es keine Ausschreitungen gab, war die Polizeipräsenz vor allem in Paris bemerkenswert. Hat die Regierung etwa Angst, dass die durch die Pandemie im März ausgebremste Protestbewegung wieder an Fahrt gewinnt? Für Nathalie Verdeil, Vorstandsmitglied der CGT, ist klar: »Die Regierung will alles dafür tun, eine Wiederbelebung der Proteste zu verhindern. Sie hat Angst, dass ›Gelbwesten‹, Gewerkschaften und Klimabewegung wieder zusammenfinden«, sagte sie am Freitag gegenüber jW. »Doch das wahre Problem, gegen das wir ankämpfen müssen, ist die Zukunftsangst, die viele Beschäftigte nahezu paralysieren kann. (…)
Der aktuelle Präsident Emmanuel Macron, der von 2014 bis 2016 Hollands Wirtschaftsminister war, macht nun da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat: »Das am 3. September präsentierte 100 Milliarden Euro schwere Konjunkturpaket ›France Relance‹ ist ein Programm, das wieder nichts Konkretes durchblicken lässt, außer, dass den Unternehmen viel Geld zur Verfügung gestellt wird«, so Gewerkschafterin Verdeil zu jW. Als »Gegenleistung« sollen laut Regierung im Jahr 2021 160.000 neue Jobs geschaffen werden. Bei einem gleichzeitig angekündigten Abbau von 800.000 Stellen für 2020 bleibt es Macrons Geheimnis, wie diese Rechnung aufgehen soll.
Quelle: junge WeltAnmerkung Marco Wenzel: Obwohl sowohl die Rückkehr der Gelbwesten auf die politische Bühne am letzten Samstag als auch der Mobilisierungstag der Gewerkschaften am Donnerstag sehr wichtig und zu begrüßen sind, sind die Ergebnisse doch gemischt: nur die traditionellen Gewerkschaftsteams traten in den Streik, die Umzüge glichen einer Routineveranstaltung und mehrere Sektoren waren, obwohl sie an der Spitze der Gesundheits- und Wirtschaftskrise standen, fast gar nicht vertreten.
Der lauwarme Neuanfang nach der Sommerpause und nach dem erzwungenen Lockdown spiegelt jedoch nicht das Fehlen von Wut der Bevölkerung in Frankreich wider, sondern vielmehr die fehlende Perspektive für den Kampf und das Fehlen eines durchdachten Kampfplanes.
Dieser Tag der Mobilisierung wurde von den Gewerkschaften eher halbherzig organisiert. Es wurde nicht versucht, die Streikfront neu aufzubauen. Die Gewerkschaftsbosse, allen voran die CFDT und die FO, die gar nicht erst zu diesem Tag aufriefen, wollen lieber weiterhin die Schiene des “sozialen Dialogs” fahren, statt, angesichts der immer heftigeren Angriffe der Regierung und der Arbeitgeber, ein wirkliches Kräftegleichgewicht aufzubauen. Die Basis für einen solchen Dialog wird jedoch immer dünner, viel gibt es da nicht mehr zu verhandeln, wenn das Kräfteverhältnis nicht stimmt.
Die Zahl der Arbeitslosen steigt auch in Frankreich weiterhin an. Der Einbruch der französischen Wirtschaft wird dieses Jahr um die 10% liegen. Die Arbeitgeber haben bereits Milliarden an Staatshilfen kassiert, obwohl sie massenweise Entlassungen getätigt oder diese bereits angekündigt haben. Viele Beschäftigte in diesen von Entlassungen bedrohten Sektoren haben dann auch den Tag der Mobilisierung genutzt, um ihren Zorn zu zeigen.
Die Beschäftigten sollen die Zeche für die Wirtschaftskrise zahlen und die Regierung Macron will um jeden Preis eine explosive Wiederaufnahme des Kampfes vor den anstehenden Angriffen auf die Beschäftigten verhindern.
In dieser Perspektive ist eine Koordinierung und Überwindung der Spaltungen zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtgewerkschaftsmitgliedern, zwischen Festangestellten und Leiharbeitern, zwischen Subunternehmern und Auftraggebern, usw. das Gebot der Stunde, nicht nur in Frankreich. - Die Stadt der Reichen
Mit seiner Armut hat sich Berlin lange geschmückt – und das Problem Reichtum ignoriert. Den muss aber im Blick haben, wer soziale Gerechtigkeit will. (…)
Noch ungleicher als bei den Einkommen ist die Verteilung des Vermögens. Erst kürzlich kam eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu dem Ergebnis, dass die oberen zehn Prozent der deutschen Bevölkerung zwei Drittel des Gesamtvermögens besitzen; 45 Superreiche gar so viel besitzen wie die ärmere Bevölkerungshälfte. Wie viel Vermögen sich in Berlin wirklich ballt, ist unbekannt. Eine Schätzung aus dem Jahr 2014 rechnete mit etwa 20.000 Dollar-Millionär*innen in der Stadt, ihre Anzahl dürfte mittlerweile deutlich gestiegen sein – und nicht weit hinter den 50.000 Millionär*innen in Hamburg zurückliegen. (…)
Darüber zu reden – und die Umverteilung zu fordern und durchzusetzen, wie es an diesem Samstag Demos unter anderem in Berlin tun – ist weder anstößig noch hat es mit Neid zu tun. Es ist eine Notwendigkeit, will man den sozialen Frieden erhalten.
Quelle: taz - Wegwerfware Mitarbeiter
Millionen Menschen haben nur befristete Jobs. Sie können ihr Leben kaum planen, nur damit Arbeitgeber minimal Flexibilität gewinnen. Die SPD trat mit dem Versprechen an, Zeitverträge einzudämmen – und vergisst es jetzt. Es ist erbärmlich. (…)
Aus dem Haus von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil heißt es nun, im Moment gebe man Maßnahmen den Vorrang, die die Corona-Folgen eindämmen. Das Befristungsrecht gehört nicht dazu. Eine merkwürdige Kurzsichtigkeit: Denn gerade diese Krise mit Millionen Kurzarbeitern hat vielen erst verdeutlicht, wie schnell der Absturz, wie nah selbst in vermeintlich sicheren,unbefristeten Jobs die Kündigung sein kann. Da wäre es schön zu wissen, dass die nächste Stelle keine befristete ist.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Warum der Hartz-IV-Satz eigentlich bei 644 Euro liegen müsste
Die Bundesregierung will die Regelsätze in der Grundsicherung erhöhen, aber nur um bescheidene Summen. Der Paritätische Gesamtverband hält das Berechnungssystem für Trickserei – und fordert 212 Euro mehr. (…)
Der Wohlfahrtsverband hält dieses Prinzip für eine Verzerrung und legt seinen Berechnungen deshalb Durchschnittseinkommen knapp oberhalb der Armutsschwelle zugrunde. Zudem bezieht der Verband – anders als in der offiziellen Berechnung – auch einzelne Konsumausgaben wie etwa Tabak oder Reinigungsausgaben mit ein.
Auf dieser Grundlage müssten auch die weiteren Regelsätze deutlich angehoben werden:- für Ehegatten und Partner um 190 Euro von 389 Euro auf 580 Euro,
- für junge Erwachsene bis 25 Jahre um 170 Euro von 345 Euro auf 515 Euro,
- für 14- bis 17-jährige Kinder um 126 Euro von 328 Euro auf 454 Euro,
- für 6- bis 13-jährige Kinder um 71 Euro von 308 Euro auf 379 Euro,
- für bis zu 5-jährige Kinder um 68 Euro von 250 Euro auf 318 Euro.
Die jährlichen Mehrausgaben des Staates dafür würden laut Paritätischem Gesamtverband 14,5 Milliarden Euro betragen. Allerdings hätte sich aus Sicht des Verbands mit einer solchen Erhöhung auch das Problem relativer Armut faktisch erledigt.
Quelle: SpiegelAnmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch:
Den kompletten „Monitor“-Bericht können Sie hier nachlesen bzw. ansehen.
Dazu: Kinder, Jugendliche und Hartz IV: Kreis-, Großstadt- und Ländervergleich 2019 – neu berechnet
Die 401 Kreise von Gelsenkirchen bis Pfaffenhofen a.d.Ilm, die 15 Großstädte von Essen bis München und die 16 Länder von Bremen bis Bayern: Ein Kreis-, Großstadt- und Ländervergleich der vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) neu berechneten SGB II-Quoten (Hartz IV) – in sechs Altersgruppen (0 bis unter 3, 3 bis unter 6, 6 bis unter 15, 15 bis unter 18, 0 bis unter 15 und 0 bis unter 18 Jahre) – auf Grundlage der Bevölkerungsfortschreibung bis Ende 2019 und Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit.
In der Altersgruppe unter 18 Jahre reichten die SGB II-Quoten (hier immer: Anteil der unverheirateten Kinder und Jugendlichen, die in Familien – amtlich: Bedarfsgemeinschaften – lebten, die auf SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Hartz IV) angewiesen waren, an der altersgleichen Bevölkerung) Ende 2019 im Kreisvergleich von 41,0 Prozent in Gelsenkirchen und 35,0 Prozent in Bremerhaven bis 1,8 Prozent in Pfaffenhofen a.d.Ilm, im Großstadtvergleich von 32,7 Prozent in Essen bis 10,0 Prozent in München und im Ländervergleich von 31,4 Prozent im Land Bremen bis 6,3 Prozent in Bayern – bei einer SGB II-Quote in der Altersgruppe unter 18 Jahre von 13,7 Prozent im Bundesdurchschnitt. (Westdeutschland 13,0 Prozent; Ostdeutschland 16,8 Prozent; 15 Großstädte einschließlich Region Hannover 21,4 Prozent, „Bundesrepublik ohne Großstädte“ 12,0 Prozent).
Die SGB II-Quoten und Berechnungsgrundlagen für alle Kreise, Großstädte und Länder (Bevölkerungsstand, Kinder und Jugendliche in SGB II-Bedarfsgemeinschaften) finden Sie in den BIAJ-Materialien. (u.a. den Länder- und Großstadtvergleich Ende 2019 auf Seite 3 und Ende 2018 auf Seite 15; die 15 Kreise mit den höchsten bzw. niedrigsten SGB II-Quoten u18 auf Seite 27 und 28) Die gesamten BIAJ-Materialien vom 07. September 2020 finden Sie hier: Download_BIAJ20200907 (PDF: zwei Text- und 26 Tabellenseiten)
Auszug aus BIAJ-Tabelle 1 (Seite 3 im PDF-Download) und Tabelle 3 und 4 (Seite 27 und 28 im PDF-Download) siehe unten.
Quelle: BIAJ - Feststellung einer epidemischer Lage von nationaler Tragweite bleibt
Der Bundestag hat am Donnerstag, 17. September 2020, den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Weitergeltung von Rechtsverordnungen und Anordnungen aus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite angesichts der Covid-19-Pandemie (Covid-19-Rechtsverordnungsweitergeltungsgesetz, 19/20042) abgelehnt. Die Koalitionsfraktionen und die AfD stimmten dagegen, die Linksfraktion und die Grünen enthielten sich.
Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der FDP mit dem Titel „Epidemische Lage von nationaler Tragweite beenden – Bevölkerung weiter schützen, Parlamentsrechte wahren“ (19/20046). Nur die AfD stimmte mit der FDP, während die Koalitionsfraktionen den Antrag ablehnten und die Linksfraktion und die Grünen sich enthielten. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD fand zudem ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Einrichtung eines unabhängigen Pandemierates (19/20565) keine Mehrheit. Die FDP und die Linksfraktion hatten mit den Grünen für den Antrag gestimmt. Zu beiden Anträgen hatte der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/22597).
Quelle: Deutscher BundestagAnmerkung Christian Reimann: Besonders bedauerlich ist, dass sich zum linken, progressiven Lager verstehende Parlamentsmitglieder der Linie der Bundesregierung folgen. Sie sollten sich weniger auf die kumulierten, wenig aussagekräftigen Zahlen der Massenmedien verlassen.
Bitte lesen Sie dazu auch Covid-19 – ein europaweiter Zahlenvergleich zeigt, wie unbegründet und manipulativ der derzeitige Alarmismus ist und Covid-19 – erfreulich undramatische Daten rechtfertigen keine dramatischen Eingriffe. - Ungleichheit in der Corona-Gesellschaft: Vertiefung der Kluft zwischen Arm und Reich
Großunternehmen krisenresistenter Branchen wie Lebensmittel- und Versandhandel, Digitalwirtschaft und Pharmaindustrie realisierten Extraprofite. Die lange Liste jener Konzerne, die von der pandemischen Ausnahmesituation profitiert haben, reicht von A wie Amazon bis Z wie Zalando. Auch jene, denen ein Lieferservice, eine Drogerie oder ein Baumarkt gehörte, waren in einer günstigeren Position als BesitzerInnen eines Reisebüros.
Die durch das Coronavirus bewirkte Zerstörung von Lieferketten und Vertriebsstrukturen, der Verlust von Absatzmärkten sowie die als Reaktion auf die Pandemie behördlich verordnete Schließung von Geschäften, Gaststätten, Hotels, Clubs, Kinos, Theatern und anderen Einrichtungen hatten erhebliche wirtschaftliche Einbußen für die dort Tätigen, aber auch Konkurse und Kündigungen zur Folge. Unter dem Druck der Rezession kauften mehr Familien bei Lebensmittel-Discountern ein, wodurch die Besitzer von Ladenketten wie Aldi oder Hofer noch reicher geworden sind. Schon vor der Pandemie wurde das Privatvermögen von Dieter Schwartz, dem Eigentümer von Lidl und Kaufland, mit 41,5 Milliarden Euro veranschlagt.
Während des Lockdowns und der Rezession rutschten mehr Girokonten von GeringverdienerInnen ins Minus, weshalb gerade die ärmsten KontoinhaberInnen hohe Dispo- und Überziehungszinsen zahlen mussten, wodurch die Besitzer von Banken ihr Vermögen gemehrt haben. Vergleichbares gilt für die Kassen- bzw. Liquiditätskredite überschuldeter Gemeinden, die geringere Steuereinnahmen, aber höhere Sozialausgaben als vor der Covid-19-Pandemie hatten. Daher hat die öffentliche Armut zugenommen, während der private Reichtum weniger Hochvermögender gestiegen ist.
Quelle: Christoph Butterwegge in A&W blog - Bundesrat verabschiedet Klöckner-Reform: Weniger Lebensmittelkontrollen in Risiko-Betrieben
Schon jetzt sind die meisten Lebensmittelämter unterbesetzt. Etwa jede dritte vorgeschrieben Kontrolle in Lebensmittelunternehmen fällt aus. Doch statt den Personalstand den Aufgaben anzupassen, werden nun die Aufgaben der Ämter dem Personalmangel angepasst. Die personelle Situation wird sich dadurch noch weiter verschärfen: Denn wie viele Kontrolleurinnen und Kontrolleure eingestellt werden, hängt vor allem auch davon ab, wie viele Pflichtkontrollen vorgeschrieben sind. (…)
„Deutlich mehr Lebensmittelkontrollen“ insgesamt und eine „stärkere Ausrichtung der Kontrollen auf neuralgische Punkte“ durch zusätzliche Kontrollen in „Problembetrieben“ – mit diesen Versprechen hatten Julia Klöckner und ihr Ministerium für die Reform geworben. Doch diese Aussagen sind durch den Entwurf schlicht nicht gedeckt. Das hat auch ein juristisches Gutachten bestätigt: „Die Neuregelung würde im Gegensatz zu den Bekundungen der Bundesregierung aller Voraussicht nach zu einer deutlichen Reduzierung der Gesamtzahl an Kontrollen führen”, so Prof. Dr. Ekkehard Hofmann, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Trier, in seiner Analyse des Klöckner-Entwurfs.
Quelle: foodwatchDazu: „Gerade bei den Risikobetrieben werden Regelkontrollen zurückgefahren“
Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker wirft Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Zusammenhang mit der Reform der Lebensmittelüberwachung bewusste Täuschung der Öffentlichkeit vor. Die Reform werde nicht zu mehr, sondern zu weniger Kontrollen in Problembetrieben führen, sagte Rücker im Dlf.
Quelle: DeutschlandfunkAnmerkung Christian Reimann: Die Bundesregierung und insbesondere Bundesministerin Klöckner setzen sich offenbar weiterhin zugunsten von Konzernen – und zum Nachteil der Verbraucherschaft – ein. Bitte lesen Sie dazu auch Party im Stall! und Die Scheuer aus’m Landwirtschaftsministerium.
- Unser Haus brennt
Sind Ihnen in den letzten Spätsommer-Tagen auch schon mal die besonders kräftig strahlenden Sonnenuntergänge aufgefallen? Den Grund hierfür nennt im neuen “Spiegel” der Kollege Gerald Traufetter.
“Der Rauch der Waldbrände in Kalifornien zog in der Erdatmosphäre bis nach Deutschland … Das abendliche Schauspiel erinnert daran, warum die steigenden Temperaturen den Wasserkreislauf der Erde verändern und Wälder häufiger brennen. Und es zeigt uns, dass der Ausstoß von CO2 ein globales Problem ist. Ein Prüfung für die gesamte Menschheit.”
Man muss hier hinzufügen: Ein Prüfung vor allem für die reiche Menschheit, denn ein Europäer produziert etwa 20mal mehr CO2 als ein Afrikaner. […]
Verbrenner sind Oldtimer
Seit über 30 Jahren diskutiert die Welt die Probleme der Klimaerhitzung. Jetzt lässt sich das Thema nicht mehr länger verdrängen oder vertagen.
Es brennt jetzt. Das heißt konkret und praktisch:
Jetzt muss die CO2-Steuer von 25 Euro je Tonne deutlich erhöht werden,
jetzt müssen die Milliarden-Subventionen für klimaschädliches Wirtschaften und Verhalten gestrichen werden,
jetzt mit dem neuen EEG (Erneuerbares Energien-Gesetz) muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien um das Vierfache beschleunigt werden
jetzt muss der Kohleausstieg begonnen und bis 2030 abgeschlossen werden
jetzt müssen die Grenzwerte für Autoabgase von 90 auf 75 Gramm pro Tonne CO2 gesenkt werden. Verbrenner sind Oldtimer. Die Zukunft fährt elektrisch.
Das alles wird teuer?
Richtig. Aber das Nichtstun wird noch viel teurer.
Quelle: Franz Alt auf Telepolis - „Ein Werbetrick, um gezielt Minderjährige als Soldaten anzuwerben“
Mit ihrem neuen freiwilligen Wehrdienst will Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer die Zahl der Reservisten aufstocken. Kritiker sprechen von einem „Werbetrick“, um gezielt Minderjährige anzuwerben. Und sie warnen vor ernsten Gefahren für die Jugendlichen.
Es klingt nach Heimatverbundenheit, Engagement und Patriotismus: Das Pilotprojekt „Dein Jahr für Deutschland – freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz“ ist der Versuch von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), mehr junge Leute für die Bundeswehr zu interessieren – auch solche, die lieber keinen Auslandseinsatz riskieren wollen.
Quelle: WeltAnmerkung Christian Reimann: Es sollte der „christlichen“ Bundesministerin Kramp-Karrenbauer zu denken geben, wenn selbst das ihr nahestehende „Springer“-Medium diesen „Werbetrick“ sogar recht massiv anprangert.
- Geplantes Anti-Hass-Gesetz „nicht verfassungskonform“
Patrick Breyer, Politiker der Piratenpartei Deutschland, spricht sich gegen das geplante Anti-Hass-Gesetz aus. Die Internetnutzung Einzelner in weitem Umfang auszuspionieren ohne die Voraussetzung einer schweren Straftat sei verfassungswidrig, sagte er im Dlf. Es diene der Bekämpfung von Hass im Netz wenig.
Das geplante Gesetz gegen Hasskriminalität im Internet soll Behörden mehr Möglichkeiten geben, gegen Hasskriminalität vorzugehen. So müssen die Anbieter von Online-Plattformen in Zukunft die Kommentare von sich aus an das Bundeskriminalamt (BKA) melden müssen, inklusive der Daten der Nutzer. Nach Ansicht der Kritiker würde im weitem Umfang die Internetnutzung Einzelner „ausspioniert“ oder Daten von Menschen, die nicht direkt im Zusammenhang mit einer Straftat stünden, mit ausgewertet.
Zu den Klägern, die sich gegen zu weitgehende Zugriffsrechte der Ermittlungsbehörden wehren, gehört Patrick Breyer. Er ist Bürgerrechtler, Jurist und Politiker der Piratenpartei Deutschland.
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Diesen selbstkritischen Fragen müssen wir Medien uns stellen
Wie schon erwähnt: All dies bedeutet nicht, den Journalismus von jeder Mitverantwortung für die schwierige Beziehung zu Teilen seines Publikums freizusprechen. Es gibt eine Reihe von Fragen, denen wir Medien uns tatsächlich stellen müssen, und zwar stärker als bisher auch im Gespräch mit unseren Leserinnen und Lesern:- Ist die Beziehung zwischen Berichterstattenden und den „Gegenständen“ ihrer Berichterstattung – etwa Politikerinnen oder mächtigen Interessenvertretern – nicht wirklich manchmal zu eng?
- Besteht die Gefahr, dass das regelmäßige Geben und Nehmen (zum Beispiel im Zusammenhang mit Exklusiv-Informationen) zu unguter Vertraulichkeit und gemeinsamen Denkmustern führt?
- Könnte es sein, dass das auf Kosten der notwendigen Distanz zu gehen droht? Mindert es womöglich die Aufmerksamkeit für Meinungen beziehungsweise Akteurinnen und Akteure, die im etablierten Politikbetrieb (noch) nicht ernst genommen werden?
- Sind wir uns immer der Tatsache bewusst, dass wir nicht die reine Wahrheit kennen, sondern nur das Bild, das wir uns bei allem Bemühen um Wahrhaftigkeit von ihr machen? Und machen wir das den Leserinnen und Lesern ausreichend deutlich?
- Passen wir ausreichend auf, in der Konkurrenz um Auflagen, Klicks und Aufmerksamkeit nicht in Methoden des Boulevards zu verfallen, also etwa in übertriebenen Sensationalismus, übermäßige Personalisierung komplexer Themen oder unzulässige Vereinfachung?
- Gelingt es uns bei allem Anspruch trotzdem, die Balance zwischen Komplexität und guter Verständlichkeit zu wahren in der Art, wie wir berichten?
- Schließlich auch: Wie entkommen wir dem Spannungsverhältnis zwischen der privatwirtschaftlichen Organisation von (Print-)Medien und ihrer gesellschaftlichen Aufgabe als unabhängiger Kontrollinstanz? Sind betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten, also letztlich Sparzwänge, die irgendwann auf Kosten der Qualität gehen müssen, wirklich das letzte Wort?
Dieser Text, so hieß es am Anfang, ist ein Angebot. Ein Angebot, über die hier angerissenen Fragen eine offene Debatte zu führen – allerdings weder im Vorwurfs- noch im Verschwörungston, sondern in der gegenseitigen Anerkennung des wichtigsten Wunsches, den Medien mit ihren Nutzerinnen und Nutzern teilen sollten: Dass wir in dieser Gesellschaft zu einem Meinungsaustauch (zurück)finden, der auf der Wertschätzung unterschiedlicher Auffassungen und Sichtweisen gründet.
Quelle: Stephan Hebel in Frankfurter RundschauAnmerkung unserer Leserin U.P.: Das Beste an diesem Artikel sind die darin gestellten Fragen. Gut, die Gesprächseinladung, die längst überfällig ist.