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  1. Zinserhöhung der EZB: Ein datenbasierter Ansatz, der die Daten ignoriert
  2. Rheinmetall steigt offenbar ins Wärmepumpengeschäft ein
  3. Graichen-Affäre: Wie grünes US-Kapital das Wirtschaftsministerium “penetriert” hat
  4. Russland: Der traurige Tag des Sieges
  5. So kann – mit Hilfe Russlands – eine neue, friedlichere Weltordnung zustandekommen
  6. Ukraine-Krieg: Welzer wirft Leitmedien Aktivismus vor
  7. Naher Osten hat wieder nicht nach dem „amerikanischen Drehbuch“ gespielt
  8. Assad ist wieder da: Fiasko der US-Hegemonialpolitik
  9. Bei den Wahlen in der Türkei geht es um die Demokratie an sich
  10. Hochqualifizierte Fachkräfte: Sie kommen nicht, sondern gehen
  11. Nach 40 Jahren bekommen Versicherte im Schnitt 1370 Euro Rente – im Osten ist es noch weniger
  12. Beijing macht dicht
  13. Neues Rechtsgutachten: Chatkontrolle kommt zunehmend unter Druck
  14. Böhmermann und der Quellenschutz

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zinserhöhung der EZB: Ein datenbasierter Ansatz, der die Daten ignoriert
    Basierend auf dem, was sie einen datenbasierten Ansatz nennt, hat die EZB am 4. Mai 2023 noch einmal die Zinsen erhöht. Dieses Mal sind es zwar „nur“ 0,25 Prozentpunkte, aber die EZB betont in ihrem Statement, dass es „ongoing high inflation pressures“ (anhaltend hohen Inflationsdruck) gebe, die sie zwängen, so zu handeln. Am gleichen Tag veröffentlichte Eurostat die Werte für die Veränderung der Erzeugerpreise in der Industrie auf dem Inlandsmarkt. Im März 2023 lagen die Erzeugerpreise zwar noch um 5,6 Prozent über ihrem Wert vom Vorjahr, sind aber zum wiederholten Male im Vergleich zum jeweiligen Vormonatswert gefallen.
    Man fragt sich, was anhaltend hoher Inflationsdruck sein soll, wenn die Preise auf der wichtigsten Vorstufe absolut fallen. Betrachtet man die europäischen Erzeugerpreise in der üblichen Berechnungsweise, nämlich als Veränderungsrate gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres, wird unmittelbar klar, dass von einem anhaltenden Inflationsdruck nicht mehr die Rede sein kann (Abbildung 1). Im Gegenteil, viel schneller als der Inflationsdruck aufgebaut wurde (schon vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine Ende Februar 2022 war bei den europäischen Erzeugerpreisen eine Zuwachsrate von 30 Prozent erreicht worden), wird er wieder abgebaut.
    Gleiches gilt für Deutschland (Abbildung 2). Hier sind auch die Großhandelspreise eingezeichnet, die ebenfalls eindeutig auf eine stark nachlassende Inflationsdynamik hindeuten.
    Man muss sich einmal vor Augen führen, was die herrschende neoliberale Lehre im vergangenen Jahr zur Bedeutung der Erzeugerpreise gesagt hat. Hans-Werner Sinn stellte im September vergangenen Jahres fest, dass im August 2022 „die gewerblichen Erzeugerpreise, die das Geschehen auf den Vorstufen der Industrieproduktion messen, um sage und schreibe 46% höher als im Vorjahresmonat, nach einem Plus von 37% im Juli“. Ziehe man, so Sinn weiter, „die langfristige Korrelation zwischen den Preissteigerungsraten der gewerblichen Erzeugerpreise und der Konsumgüter zu Rate“, stecke in den 46% für Deutschland (im August) eine Konsumgüterinflation von bis zu 14% für den November (2022) in der Pipeline.
    Bekanntlich ist es anders gekommen und man fragt sich, was Herr Sinn wohl dazu sagt, dass der Zuwachs auf der Erzeugerstufe nunmehr auf fast fünf Prozent gesunken ist und selbst bei nicht weiter fallenden Preisen in wenigen Monaten eine negative Vorjahresrate erreicht wird? Sagt er dann auch vorher, dass sich das auf der Verbraucherstufe mit einiger Verzögerung bemerkbar machen wird?
    Ich bezweifle es.
    Quelle: Heiner Flassbeck in Relevante Ökonomik
  2. Rheinmetall steigt offenbar ins Wärmepumpengeschäft ein
    Der deutsche Rüstungs- und Autozulieferkonzern Rheinmetall erschließt sich laut einer Meldung des »Handelsblatts« ein neues Geschäftsfeld: den boomenden Markt für Wärmepumpen. Der Konzern wird einen führenden deutschen Heizungshersteller mit einer zentralen Wärmepumpen-Komponente beliefern, mit Verdichtern. Das hätten Konzern-Kreise der Zeitung bestätigt.
    Rheinmetall hat einen Großauftrag für die Herstellung von Kältemittelverdichtern im Volumen von 770 Millionen Euro erhalten. Das hat das Unternehmen selbst Ende Dezember 2022 bekannt gegeben. Offen blieb bislang, wofür die Verdichter genau gebaut werden sollten.
    Verdichter, auch Kompressoren genannt, komprimieren in der Wärmepumpe ein Kältemittel und erzeugen so die Wärme. Sie sind entscheidend für die Qualität einer Wärmepumpe, wie ein Motor für ein Auto. So drücken es mehrere Vertreter der Heizungsbranche aus. Sie gelten als Herzstück der Geräte.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu: Industrie meldet Ansturm auf Öl- und Gasheizungen
    Die Heizungshersteller in Deutschland haben im ersten Quartal so viele Heizungen verkauft wie schon lange nicht mehr in einem Frühjahr. Die Verkaufszahlen im Wärmeerzeuger-Markt seien im Vergleich zum Vorjahresquartal um 38 Prozent auf 306.500 verkaufte Anlagen gestiegen, teilte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) am Dienstag in Köln mit. Besonders stark sei der Boom bei den Verkäufen von Wärmepumpen gewesen, wo die Verkaufszahlen um 111 Prozent auf 96.500 verkaufte Anlagen stiegen.
    Nach 980.000 verkauften Heizungen im gesamten Jahr 2022 hält der Verband in diesem Jahr mehr als eine Million verkaufte Anlagen für möglich. Dies wären laut BDH-Abteilungsleiter Ralf Kiryk so viele wie zuletzt Mitte der Neunzigerjahre.
    Quelle: DER SPIEGEL

  3. Graichen-Affäre: Wie grünes US-Kapital das Wirtschaftsministerium “penetriert” hat
    2008 gründete Harvey seine eigene Stiftung, die ClimateWorks Foundation (nicht: Climate Work Foundation). Das nötige Kapital stammte wiederum von anderen Stiftungen, darunter Bezos Earth Fund (von Jeff Bezos, Amazon), Chan Zuckerberg Initiative (Mark Zuckerberg, Meta) und Gates Ventures (Bill Gates, Microsoft), also von Gründern einiger der mächtigsten und umsatzstärksten Konzerne auf dem Planeten. […]
    Zehn Jahre und einige Stiftungsgründungen später. Harvey spricht auf der Konferenz der Stiftung Klimaneutralität am 21. Mai 2021 in Berlin. Das Motto: “Was jetzt zu tun ist. Deutschlands Weg zur Klimaneutralität”. Ein Blick auf die Rednerliste zeigt: Die Klimaagenda ist längst kein Spleen der grünen Partei mehr. Hohe Tiere aus der Industrie, dem Stiftungssumpf und der Bundespolitik. Rainer Baake, bis 2014 Direktor von Agora Energiewende, seit 2020 Direktor der Stiftung Klimaneutralität, Felix Matthes vom Öko-Institut, Christian Bruch, Vorstandsvorsitzender der Siemens Energy AG, Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstands von Thyssenkrupp Europa, und Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG.
    Quelle: Björn Kawecki auf RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Es dürfte nicht wirklich überraschen, dass sich der frühere Bundesfinanzminister und amtierende Bundeskanzler für die Interessen sehr Vermögender einsetzt. Schließlich ist Herr Scholz ein Bilderberger und powered by Goldman Sachs. Bitte lesen Sie zum Thema auch “Grüner Filz” im Habeck-Ministerium: Firma von Graichen-Mitarbeiter wird mit 700.000 Euro gefördert sowie “Bananenministerium”: Phoenix und ARD streichen scharfe Kritik an Habeck-Haus aus Interview und dazu: Nächster Aufreger um Habecks Staatssekretär – Union fordert Scholz-Reaktion mit Anmerkungen.

  4. Russland: Der traurige Tag des Sieges
    Am 9. Mai feiert Russland den Tag des Sieges. Neben einer Militärparade auf dem Roten Platz und einer Rede von Wladimir Putin findet normalerweise parallel zu dieser Veranstaltung der Marsch des Unsterblichen Regiments statt. Nicht so in diesem Jahr. (…)
    Im Jahr 2023 wird es keinen Marsch des Unsterblichen Regiments geben. Die Veranstalter haben Sicherheitsbedenken angeführt und bekanntgegeben, dass es in diesem Jahr alternative Formen der Veranstaltung gibt. Dies soll im Wesentlichen auf digitaler Ebene passieren.
    Meine Gespräche haben gezeigt, dass die Russen sehr traurig wegen dieser Absage sind. Der Gang durch Moskau ist ein hochemotionaler Moment, der der russischen Seele tief unter die Haut geht. Gleichwohl ist die Absage nachvollziehbar, denn eine so große Masse an Menschen, die ungeschützt durch Moskau gehen, ist ein attraktives Ziel für mögliche Angriffe bzw. Anschläge.
    Die Absage des Marsches ist jedoch mehr als nur ein trauriger Moment. Man muss sie in den größeren Zusammenhang mit dem allgemeinen Russenhass bringen. Sei es die Anklage gegen Putin vor dem Internationalen Gerichtshof, sei es das russophobe Verhalten gegenüber russischen Sportlern, Künstlern und andere Leidtragenden, sei es die aktive Unterstützung des Regimes in Kiew, das so offen feindselig agiert, wie es kaum noch deutlicher möglich wäre.
    Russland hat sich vom Westen abgewendet. Was jahrzehntelang nicht möglich erschien, ist nun bittere Wirklichkeit geworden. Man muss sich bewusst machen, dass beispielsweise das Gas immer zuverlässig zu den vereinbarten Konditionen geliefert wurde, und das, obwohl die Hetze gegen Russland schon viele Jahre dauert. Vertragstreue war für Russland immer selbstverständlich, man betrachtete das gewissermaßen pragmatisch.
    Das ist nun vorbei, und es ist nicht absehbar, ob die zerrüttete Beziehung je wieder repariert werden kann.
    Quelle: Tom J. Wellbrock auf RT DE

    dazu auch: Sirenen gegen russischen Botschafter: Weltkriegsgedenken in Polen
    Ehrenmal blockiert: Ukraine-Aktivisten und Ex-Geheimdienstler nutzen Gedenktag in Warschau für Anti-Russland-Protest. Nicht alle teilen dort ihr Geschichtsbild.
    Der “Tag des Sieges”, der Feiertag, den die Russische Föderation von der Sowjetunion zum Gedenken an den Sieg über Nazi-Deutschland übernommen hat, war in Warschau durch antirussische Proteste gekennzeichnet.
    An diesem Dienstag heulten in Warschau um sechs Uhr morgens die Sirenen, Schüsse knallten und Detonationen waren zu hören. Mittels dieser Geräusch-Collage aus Lautsprechern weckten ukrainische Aktivisten die Angehörigen der russischen Botschaft im Viertel Mokotow – ein Gruß zum 9. Mai. .
    Hinter der lauten Aktion steckt “Euromajdan Warszawa” eine Gruppe von Ukrainern, die sich bereits während der Kiewer Proteste 2014 in Polen gebildet hatte. “Schickt diese Diplomaten weg von Polen, sie haben nichts mit der zivilisierten Welt zu tun”, so ihre Pressemitteilung.
    Aktivisten dieser Organisation blockierten auch am Vormittag das sowjetische Ehrenmal in der polnischen Hauptstadt, um zu verhindern, dass der russische Botschafter einen Kranz niederlegen konnte.
    Dabei verwandelten sie den Zugang zum Friedhof in ein improvisiertes ukrainisches Gräberfeld mit blutverschmierten Kreuzen und den blau-gelben ukrainischen Fahnen und ließen wieder die Lautsprecher mit den Sirenen jaulen.
    Quelle: Telepolis

    und: 9. Mai: Zu den Siegern des Zweiten Weltkrieges
    und wie uns der Ukraine-Konflikt an die Schwelle eines Dritten Weltkrieges führt
    „Es gibt nichts Ganzeres als ein gebrochenes Herz.“
    (Rabbi Nachman, 1772-1810)
    Legion, Kanadas militärhistorisches Magazin, stellte 2018 die Frage, wer den Zweiten Weltkrieg gewann.
    legionmagazine.com/en/who-won-the-war-in-europe-historians-weigh-in/
    Der Artikel machte zunächst darauf aufmerksam, dass die Sichtweisen darauf höchst unterschiedlich sind und sich im Verlauf der Zeit offenbar auch änderten.
    Yougov befragte dazu 2018 Amerikaner, Briten, Franzosen und Deutsche. 50 Prozent der befragten Briten glaubten, ihr Widerstand wäre entscheidend für den Kriegsausgang gewesen. Damit standen sie allerdings allein auf weiter Flur. 56 Prozent der Franzosen glaubten, die USA hätten den Schlüsselbeitrag geleistet und 46 Prozent der Amerikaner dachten ebenso. In Deutschland waren es 34 Prozent.
    22 Prozent der befragten Deutschen billigten der Sowjetunion die entscheidende Rolle beim Sieg über den Hitlerfaschismus zu.
    yougov.co.uk/topics/international/articles-reports/2018/05/08/half-britons-think-britain-did-more-us-and-russia-
    Der Artikel notierte ebenfalls, dass Franzosen 1945 mit großer Mehrheit (57 Prozent) der Sowjetunion die Hauptrolle unter den Alliierten bei der Zerschlagung von Nazi-Deutschland zugewiesen hatten.
    Offenbar hatte ein dramatisches Umdenken stattgefunden.
    Quelle: Petra Erler

  5. So kann – mit Hilfe Russlands – eine neue, friedlichere Weltordnung zustandekommen
    Während in der EU die Diskussion fast nur noch darum geht, welche Waffen und welche Munition und aus welchem Land in die Ukraine geliefert werden sollen, gibt es nicht zuletzt auf russischer Seite auch Politologen und Wirtschaftsexperten, die sich um die Zukunft von Russland im Innern und speziell auch um die künftige russische Außenpolitik Gedanken machen. Dmitri Trenin gehört zu ihnen; Globalbridge.ch hat schon mehrmals Analysen von ihm – im deutschsprachigen Raum exklusiv – publiziert, siehe unten. Auch seine neueste geopolitische und geoökonomische Analyse zeigt Russlands mögliche Perspektiven in den nächsten Jahrzehnten – die so negativ nicht sind. (cm)
    Quelle: Globalbridge
  6. Ukraine-Krieg: Welzer wirft Leitmedien Aktivismus vor
    Neue Inhaltsanalyse des Soziologen bestätigt dessen These von Einseitigkeiten der Berichterstattung. Kritiker schäumen. Welzer fürchtet Herbeischreiben einer Eskalation.
    In einem Punkt trifft Harald Welzer voll ins Schwarze. Da geben ihm auch seine Kritiker Recht. Wer abweichende Lesarten veröffentlicht oder versucht, “den beschränkten Diskurs zu erweitern”, riskiert, “mit einer geradezu schäumenden Diskreditierung belegt” zu werden, schreibt der Soziologe und Autor einem Beitrag über die deutsche Medienberichterstattung zum Ukrainekrieg.
    Ende April wurden Kritiker Welzers auf seine “Inhaltsanalyse”, erschienen in der Zeitschrift Neue Rundschau des Fischer Verlags, aufmerksam. “Wir können es kurz machen”, kommentierte das Leitmedium FAZ: “Es ist nicht mehr als die Karikatur einer Studie.”
    Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München, bekannt als engagierter Befürworter der Waffenhilfe für die Ukraine, hält Welzer Laientum, Unkenntnis, Ignoranz, Abkanzeln vor. Dessen Zeitschriftenbeitrag sei ein “weiteres, relativ mieses Stück der ad hominem Verleumdung”.
    Welzer liefere eine “Pseudo-Studie” voller Methodenfehler, die geradezu in einer Unverschämtheit gegenüber dem Journalismus gipfele, kommentiert der frühere ZDF-heute-Mitarbeiter und Politikberater (u.a. Wahlkampfmanager der Europäischen Grünen Partei) Johannes Hillje.
    Ein Ausschnitt nur; wer sucht, findet noch mehr solcher Reaktionen. Was führt dazu?
    Quelle: Telepolis
  7. Naher Osten hat wieder nicht nach dem „amerikanischen Drehbuch“ gespielt
    Nach 12 Jahren der Isolation ist Syrien endlich in die Familie der Arabischen Liga zurückgekehrt. Die Außenminister der Arabischen Liga hat am Sonntag auf einer Sondersitzung beschlossen, „die syrische Regierungsdelegation mit sofortiger Wirkung wieder in die Sitzungen des Rates der Liga und aller ihrer Organisationen und Gremien aufzunehmen“. Nach dem Handschlag zwischen Saudi-Arabien und dem Iran in Beijing wird dies als ein weiterer Meilenstein im Versöhnungsprozess im Nahen Osten angesehen.
    Syrien wurde 2011, als die Syrienkrise ausbrach, aus der Liga ausgeschlossen. Dadurch geriet Syrien in eine relative diplomatische Isolation und wurde von den USA und dem Westen mit weiteren Sanktionen belegt.
    Es ist keine Überraschung, dass Syrien nach 12 Jahren in die Familie der Arabischen Liga zurückkehren konnte. Betrachtet man die Entwicklung der Lage im Nahen Osten aus einer breiteren Perspektive, so haben der saudi-iranische Handschlag die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga unmittelbar erleichtert. Da die beiden Länder in der Syrienkrise unterschiedliche politische Kräfte unterstützen, hat die saudi-iranische Annäherung zweifelsohne eine Gelegenheit geschaffen, die Beziehungen zwischen Syrien und den Ländern der Arabischen Liga zu erleichtern.
    Die internationale Gemeinschaft hat die Wiederaufnahme der Liga in Syrien allgemein begrüßt. Analysten sind der Meinung, dass dieser kluge Schritt Syrien helfen wird, die regionale Zusammenarbeit zu stärken, seine Wirtschaft zu verbessern und sich nach dem Krieg wieder aufzubauen; er wird den arabischen Ländern helfen, eine politische Koalition zu bilden und eine wichtigere Rolle auf der internationalen Bühne zu spielen; er wird auch dazu beitragen, einen Konsens über eine politische Lösung der syrischen Krise zu schmieden und die weitere Entspannung der Lage im Nahen Osten zu fördern.
    Am selben Tag, an dem die Arabische Liga die Wiederaufnahme Syriens in die Liga bekannt gab, besuchte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, Saudi-Arabien. Bloomberg ist der Ansicht, dass die Entscheidung der Liga, die die USA ignoriert hat, den schwindenden Einfluss Washingtons in der Erdöl exportierenden Region widerspiegelt.
    In der Tat hat Washington schon seit einiger Zeit Schritte unternommen, um einem Nahen Osten zu begegnen, der nicht mehr nach dem „amerikanischen Drehbuch“ spielen will. Diese haben jedoch die Dynamik der Versöhnung im Nahen Osten nicht aufgehalten. Mit dem saudi-iranischen Handschlag und der Rückkehr Syriens in die Arabische Liga haben die Länder des Nahen Ostens klare Signale ausgesandt – sie wollen Frieden, sie wollen Entwicklung und sie wollen ihren eigenen Weg gehen.
    Die aktuelle Welle der „Versöhnung“ im Nahen Osten erinnert die USA daran, dass die Zeiten tatsächlich anders sind.
    Quelle: CRI online
  8. Assad ist wieder da: Fiasko der US-Hegemonialpolitik
    Die vielzitierte Zeitenwende begann nicht 2022 in der Ukraine. Sondern mit dem Scheitern des Regimewechsels in Syrien.
    Die arabischen Länder haben die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga beschlossen. Damit endet die Isolation der syrischen Regierung, die 2011 aus der Organisation ausgeschlossen wurde. Es ist nur der letzte formale Schritt eines Comebacks, das sich seit Jahren schrittweise vollzogen hat. Bereits 2018 hatten die Vereinigten Arabischen Emirate wieder Botschafter nach Damaskus entsandt. Im März 2022 wurde Assad bereits der rote Teppich bei seinem Staatsbesuch in Dubai und Abu Dhabi ausgerollt. Gleichzeitig wurde damals auch der syrische Aussenminister im saudischen Riad empfangen.
    Die USA und ihre NATO-Verbündeten schlucken jetzt die bittere Pille der neuen Realität. Die Pille heisst: Assad is back. Und im Beipackpackzettel steht zu den toxischen Nebenwirkungen: Die geopolitische Strategie der USA im Nahen und Mittleren Osten ist gescheitert.
    Da ist vor etwa zehn Jahren ein langsamer Erdrutsch in Gang gekommen, der die postsowjetische Weltordnung über den Haufen wirft, die aus der Optik von Washington hätte Teil einer natürlichen Evolution sein sollen. Auch wenn die Pressestelle des Weissen Hauses es nicht so formuliert, es ist ein Schock: Die Araber machen, was sie wollen.
    Quelle: Infosperber
  9. Bei den Wahlen in der Türkei geht es um die Demokratie an sich
    Schon vor dem Erdbeben im Februar war Präsident Recep Tayyip Erdoğan für viele Katastrophen in der Türkei verantwortlich. Wenn sich das Land von einer dauerhaften autoritären Herrschaft abwenden will, muss er bei den Wahlen am 14. Mai abgewählt werden.
    Die Menschen trauern um ihre Hinterbliebenen. Das Erdbeben im Februar forderte 50.000 Menschenleben im ganzen Land.
    Mehr als je zuvor in den letzten zwei Jahrzehnten steht die Türkei an einem Wendepunkt. Am 14. Mai wird das Land ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten wählen. Der autokratische Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan, der seine zunehmend autoritäre Regierung in den letzten einundzwanzig Jahren gefestigt hat, führt den Wahlkampf mit Hilfe aller von ihm kontrollierten staatlichen Institutionen. Es bleibt abzuwarten, ob die Kurdinnen und Kurden und die Opposition trotz Erdoğans Bemühungen, sich an die Macht zu klammern und einen demokratischen Übergang zu vereiteln, sich Gehör verschaffen können.
    »Bei diesen Wahlen treten nicht nur [türkische] Bündnisse und Kandidaten gegeneinander an«, erklärte Erdoğan am 13. April auf einer Kundgebung in Malatya nach dem tödlichen Erdbeben, das nach offiziellen Angaben landesweit mehr als fünfzigtausend Menschen das Leben kostete: »Der Westen gibt bei diesen Wahlen Anweisungen. Es konkurrieren zudem zwei verschiedene Mentalitäten, zwei verschiedene Ziele für die Türkei.« Er fuhr fort: »Diese Wahlen werden nicht nur über die nächsten fünf Jahre entscheiden, sondern auch das nächste Vierteljahrhundert, das nächste halbe Jahrhundert unseres Landes und unserer Nation.«
    Quelle: Jacobin
  10. Hochqualifizierte Fachkräfte: Sie kommen nicht, sondern gehen
    Personalmangel im unattraktiven Deutschland: Was falsch läuft und was zu ändern wäre. Ein Gastbeitrag.
    Der Personalmangel in Deutschland verschärft sich kontinuierlich. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen hat Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht davon aus, dass in Deutschland rund zwei Millionen Arbeitsplätze vakant bleiben und das bei über 2,6 Millionen Arbeitslosen.
    Bereits 2022 fehlten in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – kurz: MINT – mehr als 340.000 Arbeitskräfte. Dem Branchenverband Bitkom zur Folge fehlt für die Digitalisierung der Wirtschaft immer mehr Personal.
    Branchenübergreifend fehlen IT-Fachkräfte. Anfang 2022 berichtete Bitkom von 96.000 offenen Stellen für IT-Fachkräfte. Ende 2022 waren es Statista zufolge bereits 137.000 IT-Fachkräfte. Die Boston Consulting Group erwartet unter Bezugnahme auf den Future of Jobs-Report, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 1,1 Millionen Fachkräfte in Informatik und Mathematik fehlen werden.
    Ohne Fachkräfte gibt es keine Energiewende und obendrein droht ein massiver Wirtschaftseinbruch, ein Verlust an Wertschöpfung und Wohlstand.
    Deutschland benötigt dringend Fachkräfte, doch um eben diese ist ein globaler Wettbewerb entbrannt.
    Quelle: Telepolis

    dazu: „Die können alle nichts mehr”. Bildungspolitische Perspektiven auf den Arbeitskräftebedarf
    Die Debatte um die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften hat in diesem Jahr volle Fahrt aufgenommen. Berichte von Branchenvertreter:innen zeigen regelmäßig auf, wie schwierig es sei, derzeit offene Stellen – vor allem mit jungen Arbeitnehmer:innen – zu besetzen. Behauptet wird: „Der Arbeitsmarkt ist leergefegt“. Ein weiteres Argument, das wiederholt von Unternehmen vorgebracht wird, ist, dass das Bildungsniveau – besonders der Lehrstellenbewerber:innen – in den letzten Jahren gesunken sei und die Jugendlichen nicht genügend Kompetenzen aus der Schule mitbringen, um in den Lehrberuf einzusteigen.
    „Die Hypothese, der immer schlechter qualifizierten Schulabgänger:innen ist aber ebenso wenig zu halten, wie jene des leergefegten Arbeitsmarkts. Denn, in den letzten Jahren hat sich der Qualifizierungsgrad der Jugendlichen in Österreich durch die sogenannte Bildungsexpansion substanziell erhöht und die Zahl der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger verringert. Zudem wird das Potential an qualifizierten Arbeitskräften, die bereits in Österreich leben, nicht vollständig ausgeschöpft. Aus den bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen und Statistiken lassen sich Wege ableiten, wie mit der anhaltend hohen Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften umgegangen werden kann.
    Quelle: A&W blog

  11. Nach 40 Jahren bekommen Versicherte im Schnitt 1370 Euro Rente – im Osten ist es noch weniger
    Langjährig Versicherte bekommen den aktuellsten Berechnungen zufolge 1370 Euro Rente im Monat. Die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind dabei weiterhin deutlich: Langjährig Versicherte in den alten Bundesländern bekamen zum Jahresende 2021 im Ruhestand durchschnittlich 1423 Euro, in den neuen Bundesländern lediglich 1255 Euro.
    Über eine entsprechende Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Als langjährig Versicherter gilt, wer mindestens 40 Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Stichtag der vom Ministerium mitgeteilten Zahlen war der 31. Dezember 2021, aktuellere Zahlen aus dem Jahr 2022 lagen demnach noch nicht vor.
    Der Linken-Bundestagsabgeordnete und Ostbeauftrage seiner Fraktion, Sören Pellmann, kritisierte die Renten als viel zu niedrig. „Im Schnitt 1370 Euro Rente für mindestens 40 Jahre Maloche! Das ist ein skandalös geringer Betrag“, sagte Pellmann. Das Rentensystem sei defekt und brauche eine Generalüberholung.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Die Folgen von mehr als 30 Jahren neoliberaler Politik und der proftigetriebenen Zerstörung des Rentensystems. Aber, was soll’s, es gibt wichtigeres, wie die flächendeckende Installation von Wärmepumpen in Deutschland. Dafür scheint dann Geld in Hülle und Fülle vorhanden zu sein.

  12. Beijing macht dicht
    Steil abwärts: Das ist die Richtung, in die sich die Beziehungen von Deutschland und China schon bald bewegen könnten, sofern Berlin und Brüssel jene Maßnahmen umsetzen, die sie gegenwärtig planen. Die EU-Kommission will neue Sanktionen gegen Unternehmen aus der Volksrepublik verhängen – zum ersten Mal wegen angeblicher oder tatsächlicher Lieferungen an russische Rüstungsunternehmen. Man plant darüber hinaus Beschränkungen für Konzerne aus dem EU-Gebiet bei Hightechinvestitionen in China. Die Bundeswehr wird im Juli in Australien die Asien-Pazifik-Manöver für Marine und Luftwaffe fortsetzen; der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich für regelmäßige Patrouillen von Kriegsschiffen aus EU-Staaten in der Taiwanstraße ausgesprochen. Den Hintergrund für das alles machen US-Versuche, Chinas Hightechindustrie mit umfassenden Halbleitersanktionen zu ruinieren und die Volksrepublik mit einer dramatischen Aufrüstung der ersten Inselkette vor ihren Küsten militärisch zu bedrohen. Die Lage ist ernst.
    Sie ist der Anlass dafür, dass Chinas Außenminister Qin Gang nach einem Treffen mit dem US-Botschafter am Montag in Beijing jetzt in Europa Gespräche führt – am Dienstag in Berlin, am Mittwoch in Paris, am Freitag in Oslo. Die entscheidende Frage lautet: Werden die europäischen Staaten den US-Eskalationskurs in vollem Umfang mittragen?
    Quelle: junge Welt
  13. Neues Rechtsgutachten: Chatkontrolle kommt zunehmend unter Druck
    Immer mehr Rechtsexpert:innen bezweifeln, dass die sogenannte Chatkontrolle mit EU-Recht vereinbar ist. Der Kritik schließt sich nun der Juristische Dienst des EU-Ministerrats an. Doch an der Kommission perlt die Kritik bislang ab.
    Ein heute bekannt gewordenes Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes des EU-Ministerrats äußert Zweifel an der Vereinbarkeit der geplanten Chatkontrolle mit EU-Recht. So lasse etwa der bewusst technologieoffen und breit gestaltete Vorschlag der Kommission zu viel Interpretationsspielraum, um die Bedenken in Hinblick auf Grundrechte ausreichend einzuschätzen.
    Dies stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), dem zufolge etwaige Vorgaben für Überwachung klar formuliert und zielgerichtet sein müssten. Dies sei im Gesetzentwurf nicht gegeben, denn der Anwendungsbereich von Anordnungen sei „weiter gefasst als die Aufdeckung krimineller Handlungen“, heißt es unter anderem im Gutachten.
    Quelle: netzpolitik.org
  14. Böhmermann und der Quellenschutz
    Jan Böhmermann steht in der Kritik, vor einigen Jahren den Quellenschutz verletzt zu haben. Mehrere Medien, darunter auch CORRECTIV, bekamen nun Post von seinem Anwalt. Er habe dem Macher des Ibiza-Videos keine Vertraulichkeit zugesagt. Warum der Quellenschutz besonders wichtig ist. […]
    Im Journalismus ist der Quellenschutz ein hohes Gut, weil die Person, die Hinweise gibt, besonderen Schutz verdient. Im Pressekodex des Presserates ist das so ausdrücklich in der Richtlinie 5.1 erwähnt: „Hat der Informant die Verwertung seiner Mitteilung davon abhängig gemacht, dass er als Quelle unerkennbar oder ungefährdet bleibt, so ist diese Bedingung zu respektieren.“ Für eine solche Vertraulichkeit braucht es keinen Vertrag oder eine besondere Absprache. Informantinnen oder Informanten müssen nur deutlich machen, dass sie Quellenschutz beanspruchen.
    Mit der Aussage seines Anwalts zieht sich Böhmermann auf eine juristische Ebene zurück, was sein gutes Recht ist: Wer keine Vertraulichkeit zusagt, muss sich grundsätzlich auch nicht daran halten. Er dreht den Schutz damit zu seinen Gunsten um. Der Quellenschutz im Journalismus ist allerdings kein juristischer Vorgang, sondern ein ethischer Maßstab, um Vertrauen gegenüber Informanten zu gewährleisten – egal wie undurchsichtig ein Mensch sein mag, der Informationen mitteilt.
    Dieser Vertrauensraum ist im Journalismus streng geschützt. Das ist der Grund, warum Journalisten auch ein Zeugnisverweigerungsrecht – wie Anwälte zum Beispiel – haben. Redaktionen müssen den Quellenschutz immer gewährleisten können, um mit vertraulichen Informationen und mit Informanten arbeiten zu können.
    Selbst wenn es Zweifel gibt, wie deutlich die Quelle ihr Schutzbedürfnis formuliert hat, kann sie sich darauf verlassen, dass sie nicht gefährdet wird. Ist eine Information brisant, ist allen, die den journalistischen Beruf ernst nehmen, klar, dass sie sich um den Schutz der Person zu kümmern haben.
    Quelle: Correctiv

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