„Wie bekämpft man den „Reformwiderstand“? – Das ZEW-Mannheim als Psychodoktor“

Das ist der Titel eines interessanten Beitrags von Friedhelm Grützner. „Er ist länger geworden als ursprünglich geplant“, so Grützner, „aber die methodologische Unbedarftheit dieser sich selbst aufblasenden “Experten” (und deren teilweise richtig drollige Argumentation) hat bei mir das unwiderstehliche Bedürfnis hervorgerufen, hier mal in medias res zu gehen – und zwar weniger von der fachlichen wirtschaftswissenschaftlichen Seite her, sondern mehr unter sozialwissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten.“ Schwerer Stoff, aber sehr lesenswert. Ein großes Dankeschön geht an den Autor. Albrecht Müller.

Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes – Der Staat zieht sich zurück, der Wettbewerb steuert

Die Bundesregierung will das Hochschulrahmengesetz (HRG) aufheben und damit ein Signal geben, “die Hochschulen zugunsten von mehr Wettbewerb aus der staatlichen Detailsteuerung zu entlassen”. In einem Gesetzentwurf [PDF – 88 KB] schreibt sie weiter, mit der Reform seien unter anderem die Rahmengesetzgebungskompetenzen des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens und für die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen entfallen. Mit dem Pathos von „Freiheit und Autonomie“ werden nun die Hochschulen dem „unternehmerischen“ Wettbewerb auf dem Ausbildungs- und Wissenschaftsmarkt entlassen. Der Staat entledigt sich seiner grundgesetzlichen Pflicht die Freiheit der Wissenschaft der Wissenschaft zu garantieren. Wolfgang Lieb.

Nachtrag zu Altersvorsorge: Interessante Nachrichten aus der Slowakei.

In der Slowakei, die ich wegen ihrer früheren radikal-neoliberalen Ausrichtung eher skeptisch beobachtete, tut sich etwas. Der linke Ministerpräsident Robert Fico offenbart die Machenschaften von Pensionsfonds. So berichtet das Wiener Blatt “Die Presse” vom 10.8. 2007. Interessant dabei auch die Informationen über die Korruption von Journalisten. 11 Journalisten der prominentesten Medien hatten sich vom Pensionsfonds der Allianz Versicherung auf einen Ski-Urlaub einschließlich Schulung nach Österreich einladen lassen. Und Ähnliches soll es bei uns nicht geben? Die Performance prominenter Journalisten beim Thema Demographie und Altersvorsorge lässt auf anderes schließen. Albrecht Müller.

Betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung ist ein schlechtes Geschäft

Aufgrund unseres Hinweises Nr. 3 vom 9.8. „Kabinett beschließt Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltumwandlung über 2008 hinaus“, versehen mit einem Kommentar von Martin Betzwieser (siehe unten Anlage), hat der NachDenkSeiten-Leser Manfred Frieling gerechnet – hoffentlich richtig – und kommt zu dem Schluss, wie im erwähnten Hinweis schon angedeutet, dass diese betriebliche Altersversorgung ein schlechtes Geschäft, eine Mogelpackung ist.
Arbeitnehmer und Betriebsräte sollten sich diese Rechnung einmal anschauen. Albrecht Müller.

Die Alten leben auf Kosten der Jungen?

„Die Jungen zahlen ein, und die Alten sahnen ab“, schreibt BILD. Und: „Wer jünger ist als 45, zahlt drauf.“ … Professoren mit Neben(?)-Erwerb in der Versicherungsbranche, wie B. Raffelhüschen,. assistieren: „Rente – ein Verlustgeschäft für Junge“„Immer weniger Junge müssen die Renten von immer mehr Alten zahlen. Das kann nicht funktionieren.“
Das funktioniert sehr wohl, nämlich wenn auch die 3 Mio. Selbständigen, die Beamten und die Politiker für die Altersversicherung aller einzahlen würden – in eine allgemeine Erwerbstätigenversicherung! Ein Beitrag von Kurt Pittelkau, Arbeitskreis Alterssicherung ver.di-Berlin

Der Bologna-Prozess für einen „Europäischen Hochschulraum“ – oder wie ein europäischer Traum an der Wettbewerbsideologie zerplatzte

Der Aufsatz von Dieter Lemke „Lernen im Gleichschritt“ hat mich in meiner Kritik bestätigt, die ich seit längerer Zeit am Hochschulreformprozess hin zur „unternehmerischen“ Hochschule übe. Lemke endet mit dem Satz „Schade, dass der Name Bologna nun auch zum Symbol für das Begräbnis der Europäischen Universität geworden ist!“ So sehe ich das auch.
Die Bologna-Erklärung für einen „Europäischen Hochschulraum“ ist 1999 von 31 europäischen Bildungsministern unterzeichnet wurde. Ich war bis zum Jahre 2000 Staatssekretär im Nordrhein-Westfälischen Wissenschaftsministerium und habe deshalb die Diskussion um diese Erklärung mitverfolgt, ja sogar mitbegleitet. Aus heutiger Sicht muss ich enttäuscht feststellen, dass die Visionen und Hoffnungen, die ich zu Beginn damit verbunden habe, im Verlauf des Bologna-Prozesses geradezu pervertiert worden sind. Wolfgang Lieb

Die Deutschen glauben dem Fernsehen nicht mehr

Das Marktforschungsinstitut „Ipsos“ befragte im Auftrag der Programmzeitschrift „Hörzu“ 1000 Personen ab 14 Jahre. Ergebnis:

  • Mehr als die Hälfte aller Zuschauer (50,5 Prozent) glauben den TV-Berichten nicht mehr.
  • Knapp 60 Prozent finden, das Fernsehprogramm sei „dümmer“ geworden.
  • 57 Prozent halten das TV-Programm inzwischen für unüberschaubar.

Das meldet nun gerade die BILD-Zeitung. Erstaunlich sind die Umfragewerte aber nicht. Wolfgang Lieb

Lernen im Gleichschritt – die schöne neue Hochschulwelt

„Der Bolognaprozess mit seinen 45 Mitgliederstaaten setzt Standards, die auf der Ebene des jeweiligen Landes umgesetzt werden müssen“. Dies ist eine grotesk falsche Sachaussage, und man kann fast nicht annehmen, dass die Landesregierungsministerialen, die ja in der Regel Juristen sind, so blind gewesen sind, dies zu übersehen. Viel näher liegt da schon die Vermutung, dass die wahren Motive, die die Bundesländer zur zwingenden Durchsetzung der Bologna-Beschlüsse treiben, verdeckt werden sollen. Es ist also die Frage zu stellen: Welchen Vorteil haben die Bundesländer von der neuen Studienstruktur – einmal abgesehen von den hehren Phrasen zu Propagandazwecken? Die Antwort ist vor dem Hintergrund, dass fast alle Hochschulen seit zwei Jahrzehnten systematisch kaputt gespart worden sind, leicht zu finden: Es geht darum, Reformaktivität zu zeigen, ohne dass es etwas kostet, besser noch: dass die Reformaktivität sogar Argumente für weitere Einsparungen liefert.
Ein Beitrag von Dietrich Lemke, er ist als apl. Professor Schulpädagoge an der Universität Bielefeld.

Edmund Stoiber: Linke Mehrheit im Bundestag

„Wir haben mit SPD, Grüne und der ehemaligen PDS seit 1998 eine linke Mehrheit im Bundestag“, das sagte Edmund Stoiber in einem Bild-am-Sonntag-Sommergespräch vom 5. August 2007. Wo er Recht hat, hat er Recht. Das Problem ist nur, dass sich diese Linke Mehrheit in der Politik der Bundesregierung nicht abbildet. Im Bund regiert die Große Koalition mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Vielleicht liegt in diesem Widerspruch zwischen politischer Mehrheit und Regierungsmacht der eigentliche Grund, warum sich die Politik der Bundesregierung der Bevölkerung so schwer vermitteln lässt. Wolfgang Lieb.