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Strategien der Meinungsmache

Wer über viel Geld oder/und publizistische Macht verfügt, versucht die politischen Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen. Durch Lobbyarbeit und durch Meinungsmache. Meinungsmache wird strategisch und professionell geplant. Die NachDenkSeiten beschreiben und analysieren solche Strategien.

Für oder gegen Tsipras – eine Polemik

Der griechische Ministerpräsident hat alles falsch gemacht. Ein Verräter! Er hat alles richtig gemacht, meinen andere. Und dann auch noch diese Kommunisten und Marxisten! Die Polemik gegen sie gründet auf der Gefühlswelt der Fünfzigerjahre. – Im Netz und sonst wo tobt die Debatte. Und zwar ganz schön nach dem Schema links/rechts. Und ganz Schlaue wie der Nobelpreisträger Krugmann beklagen sich, Tsipras hätte nicht gesagt, dass er keinen Plan B hat. Hätte Herr Krugman ihn ja fragen können, er hat ihn ja persönlich getroffen. – Plan B, ein ominöses Wort, aber in aller Munde. Wäre ja ganz gut gewesen, so etwas zu haben. Aber so einfach, wie sich das manche Kritiker vorstellen, ist es nicht. – Mir scheint, es gibt einen gravierenden Fehler des Chefs von Syriza und der griechischen Regierung: Er hat den Zynismus und die Menschenverachtung der auf europäischer – maßgeblich deutscher – Seite handelnden Personen weit unterschätzt. Und er hat vor allem nicht wahrgenommen, dass Personen wie Merkel, Schäuble und die Verantwortlichen bei der EU das totale Scheitern Griechenlands brauchen, um sich und ihre Länder vor dem Hintergrund der düsteren griechischen Wirklichkeit umso glanzvoller darzustellen und damit vergessen zu machen, wie laienhaft und fehlerhaft ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik ist. Albrecht Müller.

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Verschweigen als Methode zur Meinungsmache (2)

Am 26. Juni 2015 hatte ich mit dem Beitrag „Wie kann man sich vor Manipulation und Meinungsmache schützen?“ mit einer Serie von Skizzen der Methoden begonnen. Großen Dank für die vielen interessanten Mails. Sie werden noch ausgewertet und dokumentiert. Heute komme ich als Nr. 2 auf das systematische Verschweigen von Vorgängen und Informationen zu sprechen, die zur Meinungsbildung wichtig wären. Als Belege werden herangezogen: das Schweigen über die Ursachen des Flüchtlingselends; der Versuch, den Ukraine-Konflikt mit der Annexion der Krim beginnen zu lassen; das Verschweigen der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Menschen; das Verschweigen des Stresses in den Betrieben; das Verschweigen der US-Debatte zu 9/11, das Schweigen über Schäubles Spendenaffäre … . Es ist interessant, wie durch Verschweigen oder Herunterspielen die Grundlage künftiger falscher Geschichtsschreibung gelegt wird. Damit fangen wir an. Albrecht Müller

„Sozialausgaben auf Rekordhoch gestiegen“ – Lügen mit Zahlen

Sozialausgaben erreichten 2014 mit 849,2 Milliarden Euro eine „Rekordmarke“, einen „historischen Höchststand“ oder ein „Rekordhoch“. Mit solchen Superlativen wurde gestern in vielen Medien eine Meldung aus der Bild-Zeitung kritiklos übernommen. Um 3,8 Prozent seien die Sozialausgaben seit 2013 (damals 818 Milliarden Euro) gestiegen. Die Botschaft solcher Rekordmeldungen in Springers Bild sollte wohl sein: Der Sozialstaat in Deutschland wird immer teurer, ja sogar unbezahlbar.
Zum Alarmschlagen besteht jedoch keinerlei Anlass. Ob das Leistungsniveau „hoch“ ist, lässt sich sowohl in der Zeitabfolge als auch im Vergleich zu anderen Ländern sinnvoller Weise nur beurteilen, wenn man die Sozialleistungen in Beziehung zum zentralen Indikator für die Leistungskraft eines Landes setzt, nämlich dem Bruttoinlandsprodukt. Gemessen am BIP machten die Sozialausgaben im Jahre 2014 einen Anteil von 29,2 Prozent aus. Seit der Neuberechnung des Sozialbudgets im Jahre 2009 ist in Wirklichkeit der Anteil gesunken – so auch im Jahr 2014. Im Übrigen werden die Sozialausgaben zu nahezu zwei Dritteln aus Sozialbeiträgen an die Versicherungsträger finanziert und nur zu einem guten Drittel aus Staatszuschüssen. Von Wolfgang Lieb

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Von „faulen Griechen“ und „fleißigen Deutschen“

Rainer Schreiber

Was steckt eigentlich hinter dem Denken vom „Wir“ und „den Anderen“, das aktuell unter anderem in der Rede von „faulen Griechen“ und „fleißigen Deutschen“ kumuliert? Eine Art “fiktiver Kollektividentität“, die stets anfällig für Feindbildprojektionen ist, meint der Soziologe und Publizist Rainer Schreiber im Gespräch mit Jens Wernicke.

Das Rätsel der „freiwilligen Knechtschaft“

Als Nachtrag zu meinem Text “Von Grillen und Ameisen” gehe ich der Frage nach, wie man es sich erklären kann, dass Massen von Menschen politischen Kräften folgen, die ihnen Schaden zufügen. Die Dressur zum Gehorsam in der frühen Kindheit und die ein Leben lang wirksame „Identifikation mit dem Aggressor“ verhindern die Entwicklung der Fähigkeit zu Mitgefühl und Solidarität– mit uns und anderen. Von Götz Eisenberg.

Kampfbegriff „Putin-Versteher“ – Eine Dokumentation von Peter Munkelt

Dank Griechenland ist es still geworden um die Konflikte in der Ukraine. Natürlich gäbe es weiterhin darüber genug zu berichten. Beispielhaft wird jedoch erneut demonstriert: Leitmedien samt Kampfpresse bestimmen inzwischen Hauptthemen und Richtung öffentlicher Meinungsbildung. Die Instrumentarien werden bei allen Kampagnen vergleichbar eingesetzt, so bei der ersten Hetzjagd gegen Griechenland 2011/12, so bei Desinformationen zur NSA-Affäre und beim Freihandelsabkommen TTIP. Albrecht Müller

Warum schweigen die Lämmer? – Demokratie, Psychologie und Empörungsmanagement.

Hinter diesem Titel verbirgt sich der bemerkenswerte Vortrag des Kieler Psychologieprofessors Dr. Rainer Mausfeld. Es lohnt sich, diesen Vortrag anzuhören/anzuschauen, und es empfiehlt sich, Freunde, Nachbarn und Familie zur Diskussion einzuladen. Mausfeld nimmt uns, soweit noch vorhanden, die letzten Illusionen zum Zustand der Demokratie, zum Missbrauch unserer Sympathie für Demokratie und zur Gewalttätigkeit unserer westlichen „Werte“gemeinschaft. Desillusionierung schadet nicht. Außerdem: Der Vortrag ist aktuell – wegen Griechenland, wegen der spürbaren Bereitschaft zu militärischen Auseinandersetzungen, wegen der alltäglichen Gewalt. Wir bieten Ihnen nicht nur die Links zum Vortrag, auf die anschließende Diskussion und auf ein Interview mit Professor Mausfeld bei Phoenix – zum leichteren und nachhaltigen Umgang mit dem Vortrag bieten wir hier [PDF – 352 KB] auch noch eine Zusammenfassung und Handreichung, die die NachDenkSeiten-Leserin S.H. dankenswerter Weise zusammengestellt hat. Albrecht Müller.

Von Grillen und Ameisen – Sozialpsychologische Aspekte des Griechenland-Bashings und der Sparpolitik

Wer hart arbeiten und sich ständig am Riemen reißen muss, droht zu einem Menschen des Ressentiments zu werden. Die Gewalt, die nötig war, um Menschen in Arbeitswesen zu verwandeln, wird in der Wut spürbar, mit welcher der arbeitende Mensch auf diejenigen reagiert, die es real oder vermeintlich besser haben. Es geht im Folgenden um die sozialpsychologischen Aspekte der Auseinandersetzung zumal der Deutschen in der Europäischen Union mit ihrem Außenseiter Griechenland und der dortigen Regierung. Was spielt sich unterhalb der Ebene der offiziellen Texte ab? Von welchen unbewussten psychischen Energien und emotionalen Kräften werden die Debatten angetrieben? Von Götz Eisenberg.

Designierter US-Generalstabschef hält Russland für die größte Bedrohung. Damit ist unserer Vorstellung von gemeinsamer Sicherheit in Europa der Boden entzogen.

Bei einer Anhörung im US-Kongress hat Joseph Dunford vor Russland gewarnt. Siehe dazu diese [PDF] kleine Meldung in der Süddeutschen Zeitung und weitere Meldungen in der Washington Times und anderen Medien. Siehe Anhang. Willy Wimmer hat dazu einen Beitrag unter dem Titel „Yankee, stay home“ geschrieben. Siehe hier [PDF]. Willy Wimmer warnt davor, solche Äußerungen würden jene Kräfte in Moskau nach oben spülen, die ähnlich denken wie Dunford. Und daraus folgten tödliche Gefahren. Der russische Außenminister Lawrow warnt laut Süddeutscher Zeitung vor der damit „künstlich erzeugten Atmosphäre der Feindseligkeit“, die nichts mit der Wirklichkeit, den Plänen und Handlungen Russlands zu tun habe. Albrecht Müller

„Zerstörtes Vertrauen“

„Zerstörtes Vertrauen“, das ist seit letzten Samstag das vom deutschen Finanzminister Schäuble ausgegebene Losungswort, das alle Hardliner in der Euro-Gruppe, aber auch alle deutschen Fernsehjournalisten nachplappern, von Sigmund Gottlieb und natürlich Rolf-Dieter Krause in der ARD bis Claus Kleber und Elmar Theveßen im ZDF. Es ist als habe man es in der Politik und in den Leitmedien fast nur noch mit Papageien zu tun.

Da wagt Alexis Tsipras den „Ritt auf der Rasierklinge“ und legt den „Partnern“ in Brüssel fristgemäß am letzten Donnerstagabend solche Vorschläge vor, die diese selbst am 26. Juni als letztes Angebot an Athen sogar öffentlich bekannt gegeben haben. Trotz des mit 62 Prozent überwältigenden Neins der Griechen erkämpft sich der griechische Ministerpräsident – dem Zwang der Realitäten unterliegend – eine breite Zustimmung für dieses Entgegenkommen (manche sprachen sogar von einer Kapitulation) gegenüber der Euro-Gruppe im Parlament – sogar gegen den energischen Widerstand innerhalb der Syriza, seiner eigenen Partei.

Das half ihm nichts, Schäuble und Merkel drehen das Würgeisen am Hals der Griechen nur fester zu. Von Wolfgang Lieb.

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Hinter der Griechenland-Krise werden allerhand Sauereien verborgen, unter anderem im Zusammenhang mit dem West Ost-Konflikt

Der Krieg in der Ost-Ukraine geht weiter. Die USA betrachten die Ukraine als ihr eigenes Spielfeld. Sie bezahlen die Beamten des aus Georgien zugewanderten ehemaligen Präsidenten Saakaschwili, der sich in einer zentralen Konflikt-Region der Ukraine als Gouverneur betätigt. Der Westen verschifft schweres Kriegsgerät nach Osteuropa, auch über deutsche Häfen. Die Bundeswehr beteiligt sich an Manövern in der Ukraine. In den meisten Medien wird weiter aufgerüstet – wie auch im Konflikt zwischen Griechenland und dem Rest Europas. Die Ukraine bekommt Geld, ohne reformerische Vorleistungen. Der Hintergrund: mit der rechtskonservativen ukrainischen Regierung hat man keine Probleme, mit der Regierung in Athen hat man sie. Was in den nächsten Stunden und Tagen folgt – die kalte Ablehnung einer Einigung mit Griechenland, es sei denn, die griechische Regierung kriecht total zu Kreuze – war vorhersehbar. Und diese Linie wird durchgehalten, auch wenn deshalb wie schon in der Vergangenheit nicht nur die Existenz, sondern auch das Leben vieler Menschen ausgelöscht wird. Wir lernen so, „Wertegemeinschaft“ neu und realistisch zu definieren. Albrecht Müller.

„Das Deutschland-Prinzip“: Die merkwürdige wirtschaftspolitische Rezeptur der INSM

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die sich selbst als „überparteiliches Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft“ zur Werbung für die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft bezeichnet und von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert wird, hat ein neues Buch mit dem Titel „Das Deutschland-Prinzip. Was uns stark macht“ vorgestellt. Das Buch versteht sich laut INSM als „Impuls für die zentrale Debatte über die richtigen Weichenstellungen, die Deutschlands Erfolg und Wohlstand auch in Zukunft sichern sollen“ und will die „Prinzipien… der Erfolgsgeschichte“ der deutschen Volkswirtschaft hervorheben. Kai van de Loo unterzieht die wirtschaftspolitische Rezeptur des „Deutschland-Prinzips“ dieser PR-Organisation der Arbeitgeber einer kritischen Analyse.

Claus Kleber enthüllt… sich selbst

Am 2. Juni 2015 hielt der heute-journal Moderator Dr. Claus Kleber seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Auf die Frage im Titel der Vorlesung „Rettet den Journalismus! Wozu?“ blieb Kleber eine klare Antwort schuldig, ebenso auf die Frage des Wie. Während er mit einer zum großen Teil altertümlich anmutenden Power-Point-Präsentation, die vor allem Zwischentitel einblendete, einige Knackpunkte moderner Medientechnik problematisierte und sich damit seinem jungen Studierendenpublikum als Ansprechpartner anbot, ließ er Aussagen zu seinem eigentlichen Kerngeschäft – journalistische Recherche und Aufbereitung fürs Fernsehen – vermissen. Dabei ist es genau seine Praxiserfahrung im journalistischen Handwerk, wovon sich die Universität am meisten verspricht. Vermutlich wird auch sein Zugriff auf die Archive des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschätzt, denn diese sind dem normalsterblichen Wissenschaftler nicht ohne Weiteres zugänglich. Auf welch dünnem Eis sich „Professor“ Kleber allerdings sowohl in Sachen Recherche als auch Neue Medien bewegt, wird an einigen Stellen in der Vorlesung deutlich, auf die im Folgenden besonders eingegangen wird. Von Sabine Schiffer.

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Gabriel sprintet in Richtung 20 % für die SPD. Die Suche nach einer erfolgreichen Strategie wäre einfach.

Die SPD hätte mit Beginn der Finanzkrise und speziell in der jetzigen Krise um Griechenland die Chance gehabt, sich ihrer früheren makroökonomischen Kompetenz zu entsinnen und in der Auseinandersetzung mit der Austeritätspolitik von Schäuble in der Sache und publizistisch Punkte zu machen. Gabriel hat diese Chance nicht ergriffen, im Gegenteil. Er und Schulz versuchen in der Aggression gegen die griechische Regierung die CDU rechts zu überholen. Damit hat Gabriel die Besinnung auf einen anderen Kurs verbaut. Er hat die Medien ermuntert, ihre völker- und menschenverachtende Kampagne gegen die Griechen fortzusetzen und zu verstärken. Der Platz von Herrn Schäuble, von Frau Merkel und jener, die in der Union rechts von ihnen stehen, ist aber besetzt. Da kann Gabriel keinen Blumentopf gewinnen. Er hat eine falsche politische Strategie, eine erfolglose Wahlkampfstrategie. Sieht er das nicht oder ist er fremdbestimmt? Ich will nicht polemisieren, ich will beschreiben, welche wichtigen Erkenntnisse eine erfolgreiche Strategie berücksichtigen müsste. Albrecht Müller.

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NSA-Ermittler mit Maulkorb

Das Verfahren bei der Einsetzung eines Sonderermittlers für den NSA-Untersuchungsausschuss und vor allem die Tatsache, dass er seine Erkenntnisse nur in enger Absprache mit der Regierung den Parlamentariern erläutern darf, ist ein Beispiel dafür, wie CSU/CDU und SPD freiwillig ihre parlamentarischen Kontrollrechte beschneiden. Zu Recht bereitet die Linke eine Verfassungsklage vor.
Die Art und Weise, wie die Regierung bislang mit den Ausspähaktionen der Geheimdienste, zumal der NSA umgegangen ist, lässt sich nur noch mit den Begriffen „tarnen“ und „täuschen“ beschreiben, um vor den misstrauischen und überwachungsfreudigen „Freunden“ zu Kreuze zu kriechen. Einen „Ermittler“, der nur das ermitteln und dem Parlament mitteilen darf, was die Regierung erlaubt, kann man sich nach deren bisherigen Vertuschungs- und Beschwichtigungsverhalten ersparen.
Man kann nur darauf hoffen, dass der Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung weiteres Wikileak-Material auswertet. Von Wolfgang Lieb