Leserbriefe zu „Sorgen die BRICS dafür, dass die USA sich nicht verschulden können?“

Ein Artikel von:

Jens Berger hinterfragt in diesem Beitrag die These, nach der einzelne BRICS-Staaten zum „Finanz-Angriff“ auf die USA geblasen hätten, schon bald der Kollaps der US-Staatsverschuldung drohe und die USA keine neuen Schulden mehr aufnehmen könnten. Meldungen dieser Art seien nicht neu und würden jeglicher finanzökonomischen Grundlage entbehren. Wir haben hierzu interessante Zuschriften bekommen. Danke dafür. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

vielen Dank, das war eine sehr verständliche Erklärung. Ich hatte keine fundierte Ahnung von dieser Thematik, nur ein “vages ungutes Gefühl” bei diesem Krypto-Hype.

Danke!

Ihnen beste Grüße
Andrea Wolf-Schuler


2. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

wie immer, sehr fundiert und kompetent begründet. Ich glaube, die Erklärung ist sogar noch etwas banaler: Die USA haben für sich bereits die Modern-Money-Theory (MMT) realisiert. Deren Kernsatz da lautet: Ein Staat kann in seiner eigenen Währung nicht Pleite gehen – solange die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Beschäftigung, Kapital, Ressourcen, Wirtschaftswachstum, Vertrauen in die Währung) positiv sind. Erst, wenn er Schulden in fremder Währung bedienen muss, kann es kritisch werden. Da die USA aber keine Schulden in Fremdwährung haben (weil stets Dollar-basiert), greift hier der für andere Währungen geltende Marktmechanismus nicht.

Die USA haben über Jahrzehnte dafür gesorgt, dass ihre Währung weltweit als einzige der Maßstab aller Währungen ist. Wie Sie schon richtig sagen – eine Verschuldung der USA in Dollar ist ohne Belang und folgenlos, solange dem Dollar vertraut wird und keine andere Volkswirtschaft (oder Gruppe) eine adäquate Alternative zum Dollar schafft. Der EURO ist keine – dafür ist er zu begrenzt und zu schwach. Und gegenüber anderen ‘Währungs-Emporkömmlingen’ wird der ‘Weltmeister des friedvollen Zusammenlebens’ garantiert ein Gegenmittel in Stellung bringen – gern auch mit Waffengewalt und unter Bruch des Völkerrechts.

Ulrich Herbst


3. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

Ich habe Ihren Beitrag mit Interesse gelesen. Wenn Sie recht haben, wäre es auch völlig irrelevant, ob der US-Dollar Weltleitwährung ist oder nicht. Dann hätte es auch keinen Sinn gemacht, dass die USA Saddam Hussein und den libyschen Präsidenten Gaddafi ermordeten, weil sie die Dollar-Dominanz in Frage stellten (Ölverkäufe in Euro bzw. ein mit Gold gedeckter panafrikanischer Dinar) .

Der Dollar ist der Anker des US-Imperiums. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Erkenntnis mit Ihren Einwänden in Einklang bringen könnten. Ist es denn tatsächlich irrelevant, ob Ausländer Dollar-Anleihen halten?

Beste Grüße 
Rainer Kromarek

Anmerkung Jens Berger: Lieber Herr Kromarek,

natürlich ist es nicht irrelevant, ob der US-Dollar Weltleitwährung ist. Aber das schreibe ich im Artikel doch auch ausführlich. Sich selbst in Dollar zu verschulden oder der USA Dollar zu leihen ist im Grunde das genaue Gegenteil.

Wie kommen Sie übrigens darauf, dass Gaddafi ermordet wurde, weil er „die Dollardominanz in Frage gestellt hat“? Das sind doch auch solche Anekdoten aus Finanzblogs, die nicht schlüssig sind.

Beste Grüße
Jens Berger


4. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich finde, der Wert einer Währung entspricht der Verschuldensfähigkeit des Landes und die wiederum der Wirtschaftskraft des Landes welches diese Währung herausgibt.
 
Herr Prof. Dr. Flassbeck führt ja immer wieder aus…”jemand muß halt Schulden machen”…,was er aber nie dazu sagt, dass der Schuldner verschuldensfähig sein muß.
 
Das BSP Amerikas resultiert zu über 50% aus der Herstellung von Rüstungsgütern. Die Verwendung dieser Güter ergibt sich zwangsläufig. Der Werteverfall dieser Währung seit der Rücknahme der Golddeckung durch Nixon im Jahre 1970 beläuft sich auf ca. 95%. Der Zwang Rohstoffe immer nur in US Dollar zu fakturieren konnte die inflationäre Geldentwertung durch die expansive Gelddruckerei der Amerikaner immer wieder exportiert werden.
 
Sollte es jetzt tatsächlich eine wie auch immer gedeckte Handelswährung der Rohstofflieferanten geben bekommen die Amerikaner mit ihrer Währung Probleme. Da helfen auch die ganzen Buchhaltertricks nicht mehr weiter. Auch das sogen. “out of budget” (verstecken von Schulden außerhalb des Haushalts) wird immer schwieriger.
 
Der Unterhalt von ca. 800 Militärstützpunkten weltweit, der Betrieb von 10 Flugzeugträgern und der ganze Militär und Rüstungskram benötigen enorme Finanzmittel die seitens der amerikanischen Volkswirtschaft niemals erwirtschaftet werden. Das geht nun mal nur mit Verschuldung (verniedlichend “Staatsanleihen”) genannt.
 
Den Vorteil werden die rohstoffreichen Länder haben die möglicherweise schon in naher Zukunft den immer schneller wertlos werdenden US Dollar als Zahlungsmittel nicht mehr akzeptieren werden.
 
Auch die linksgrün ideologisierte Politik in Deutschland zum Kauf völlig überteuertem und umweltschädlichem fracking Gas ist kein Ausweg aus dem amerikanischen Schuldensumpf. Das funktioniert momentan nur weil ökonomisch völlig unbeleckte Politiker bei uns am Ruder sitzen. Dies hat aber auch seine Zeit.
 
Mit freundlichen Grüßen
P. Ehrental

Anmerkung Jens Berger: Sehr geehrter Herr Ehrental,

dass der Rüstungssektor 50% des US-BIPs ausmachen würde, ist falsch. Es sind aktuell vielmehr um die drei Prozent – in den 1960ern waren es übrigens noch über neun Prozent. Es gibt auch keinen Zwang, Rohstoffe in US-Dollar zu „fakturieren“. Wo haben Sie das denn her? Dazu hatte ich übrigens mal einen Artikel geschrieben

Beste Grüße
Jens Berger


5. Leserbrief

Der Autor erörtert detailliert die Schuldensituation, lässt aber die zweite Seite der Gleichung unter den Tisch fallen: Verschuldung dient schließlich zu etwas, nämlich einer Bezahlung. Nun haben die USA seit Jahrzehnten ein Außendefizit. Das Leistungsbilanzdefizit beträgt derzeit etwa 3 bis 4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Grund hierfür ist vor allem das hohe Volumen an Warenimporten in die USA. Da die Wirtschaftsleistung in den USA überwiegend aus Dienstleistungen und nur zu knapp 20 Prozent aus Warenproduktion besteht, bedeutet das: Grob geschätzt ein Fünftel aller Waren, die in den USA konsumiert beziehungsweise für Investitionen verwendet werden, werden über Neuverschuldung mit dem Ausland finanziert! Wenn diese ausbleibt, haben die USA sehr wohl ein Problem.

Das Defizit-Schema gegenüber dem Ausland hat übrigens 1967 der US-Regierungsberater Francis Bator vorangetrieben, wie aus später veröffentlichten Dokumenten hervorgeht. Er nannte es „Dollarstandard“. Es sollte vor allem der Finanzierung des US-Militärs im Ausland dienen. Bereits 1972 wurde es in „Super Imperialism“ von Michael Hudson beschrieben. In späteren Werken, darunter „Geheime Goldpolitik“ und „Die Größte Finanz-Blase aller Zeiten“ von mir, wurde es zusammen mit den späteren Ergänzungen wie dem 1974 in einem Geheimabkommen beschlossene Petrodollar-System behandelt. Die „zweite Seite der Gleichung“ ist also seit langem bekannt.

Schulden sind kein neutrales, isoliert bestehendes Abstraktum; sie dienen hier einem Erwerb, der ansonsten so nicht möglich wäre. Indem die Staaten des BRICS-Bunds und weitere die Auslands-Neuverschuldung der USA erschweren, reduzieren sie den (illegitim erworbenen) Zusatz-Wohlstand der USA zu ihren eigenen Gunsten.

Dimitri Speck


6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Ihre Überlegungen erfassen nicht den Umfang des Möglichen. Es nützt nichts, Zukünftiges aus Vergangenem abzuleiten, weil vielleicht immer alles – gerade noch mal – gut gegangen ist. Sie unterschätzen taktische und strategische Fähigkeiten der Chinesen, indem Sie lediglich in Erwägung ziehen, China könne Dollars vielleicht in Renminbi tauschen. Das ist nun nicht gerade besonders einfallsreich.

George Soros hatte schon vor 31 Jahren mit seiner Wette gegen die Bank of England und das britische Pfund vorgemacht, wie es funktioniert. Im Gegensatz zu China besaß er noch nicht einmal größere eigene Reserven der angegriffenen Währung, denn es reichte, sie sich zu leihen. What ever works.

Sollte China größere Dollar-Pakete auf den internationalen Devisenmarkt werfen, könnte durchaus ein Domino-Effekt ausgelöst werden. Glauben Sie denn, dass Japan und der Rest der Welt tatenlos zusehen würden, wie ihre Vermögenswerte in Luft aufgelöst werden? Wohl kaum. Die Devise wird wie immer lauten: “Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.” Und die FED wäre machtlos. Es würde überhaupt nichts nützen, die paar Goldreserven gegen die Massen des von ihr selbst bedruckten Papiers zu tauschen. Man wäre erstaunt, wie schnell der Wert puren Goldes verpuffen kann. Und wie sollte es im Anschluss an ein solches Finale der FED mit der FED weitergehen? Nein, das würde sie nie machen.

Also wäre die Folge ein massiver internationaler Kaufkraftverlust des Dollars. Die USA könnten aufgrund ihres beträchtlichen Handelsbilanzdefizits nicht wirklich Kapital daraus schlagen, das Gegenteil wäre der Fall. Eine steigende nationale Inflation würde dazu führen, dass US-Bürger und Unternehmen gezwungen wären, Aktien und ETFs zu verkaufen. Das würde Blackrock & Co. in große Bedrängnis bringen. Der Rest der Welt würde gebannt zusehen, wie die FED den Einsturz des größten Kartenhauses der Welt verhindern wollte. Kann sie nicht, kann niemand auf der Welt.

Bereits Corona und der Ukrainekonflikt dienten keinem anderen Zweck, als eine bevorstehende Entwertung des Dollars hinauszuschieben. Für das eigene Überleben reicht es den USA, wenn andere Länder höhere volkswirtschaftliche Verluste zu verzeichnen haben als sie selbst. Und was soll in dieser Hinsicht als nächstes kommen?

Die Lage ist sehr ernst. Die Gelassenheit, von der Ihre Analysen geleitet sind, Herr Berger, kann ich nicht teilen. Zurecht bezeichnen Sie Kryptowährungen als Schneeballsystem. Beim Dollar wäre jedoch vergleichsweise Lawinenwarnung angebracht. Es gilt zu bedenken: Der Antiwesten wird mit der Sprengung der Lawine auf den strategisch günstigsten Zeitpunkt warten. Werden die USA zuvor bereit sein, unter Aufgabe ihres unipolaren Weltmachtanspruches zu verhandeln, um Schaden zu begrenzen? Oder werden sie ihre letzte Karte, die atomare, ausspielen?

Mit freundlichen Grüßen
Lutz Herzer


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