Hinweise des Tages II

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  1. Die Rezession verschärft sich
  2. Tariflöhne steigen 2023 nach den bislang vorliegenden Abschlüssen nominal um 5,6 Prozent – Angesichts anhaltend hoher Inflationsraten kommt es nach wie vor zu Reallohnverlusten
  3. Ampel-Koalition: Eine Regierung für woke Besserverdiener
  4. Scheitert der „Green Deal“?
  5. Habeck-Ministerium legt ernüchternde Studie zum Heiz-Gesetz vor
  6. Stromerzeugung im 1. Halbjahr 2023: 11,4 % weniger Strom als im Vorjahreszeitraum
  7. Ukrainische Agrarexporte: Kiew droht EU mit Gang zum Schiedsgericht
  8. Die Rolle der Schweiz im geopolitischen Wandel
  9. Jeffrey D. Sachs: Der Wirtschaftskrieg der USA gegen China
  10. Offener Brief: Frau Baerbock, verhandeln Sie für die Freiheit von Julian Assange!
  11. “Ich will Menschen ermutigen”
  12. Immer mehr Kinder leben auf der Straße
  13. Entlarvende Innenansichten – Die Macht einer Minderheit beim Genderzwang
  14. Zu guter Letzt: Exhippie des Tages: Anton Gerhard Hofreiter

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Rezession verschärft sich
    Die Talfahrt der deutschen Wirtschaft geht weiter. Produktion und Auftragseingang in der deutschen Industrie sind auch im ersten Monat des dritten Quartals auf Rezessionskurs. Die jüngsten Stimmungsindikatoren wie der ifo-Index und der PMI-Markit, die im August erhoben wurden, zeigen deutlich nach unten. Es ist also nicht mehr auszuschließen, dass die Rezession weit größere Ausmaße annimmt.
    Der Bundeswirtschaftsminister hält die Situation für „anspruchsvoll“, aber er wird ihr keineswegs gerecht, wenn er lediglich von einer gegenwärtigen konjunkturellen Schwächephase spricht und davor warnt, den Wirtschaftsstandort Deutschland schlecht zu reden. Regierung wie Opposition glauben noch immer, mit einer wilden Mischung aus den unterschiedlichsten Maßnahmen (vom Bundeskanzler zuletzt „Deutschlandpakt“ genannt) der gewaltigen Herausforderung begegnen zu können, die in der verfehlten Zinspolitik der EZB ihren Ursprung hat (wie zuletzt hiererklärt). Das ist der grundlegende Irrtum.
    Der Auftragseingang bei der deutschen Industrie ist von hoher Volatilität gekennzeichnet (Abbildung 1), weil immer wieder Großaufträge, die mit den Rüstungsaufträgen der öffentlichen Hand zu tun haben dürften, die nach unten gerichtete konjunkturelle Grundtendenz überlagern.
    Quelle: Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker auf Relevante Ökonomik

    dazu auch: Produktion im Juli 2023:-0,8 % zum Vormonat
    Die reale (preisbereinigte) Produktion im Produzierenden Gewerbe ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Juli 2023 gegenüber Juni 2023 saison- und kalenderbereinigt um 0,8 % gesunken. Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich war die Produktion von Mai bis Juli 2023 um 1,9 % niedriger als in den drei Monaten zuvor. Im Juni 2023 sank die Produktion nach Revision der vorläufigen Ergebnisse um 1,4 % gegenüber Mai 2023 (vorläufiger Wert: -1,5 %).
    Die Industrieproduktion (Produzierendes Gewerbe ohne Energie und Baugewerbe) nahm im Juli 2023 gegenüber Juni 2023 saison- und kalenderbereinigt um 1,8 % ab. Die Produktion von Investitionsgütern ging um 2,9 % zurück, die Produktion von Konsumgütern sank um 1,0 % und die Produktion von Vorleistungsgütern um 0,7 %. Außerhalb der Industrie stieg die Energieerzeugung im Juli 2023 um 2,2 % und die Bauproduktion um 2,6 %.
    Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2022 war die Produktion im Produzierenden Gewerbe im Juli 2023 kalenderbereinigt 2,1 % niedriger. Die Industrieproduktion sank im gleichen Zeitraum um 1,3 %.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung Christian Reimann: Und dennoch suggeriert die Ampelkoalition den Eindruck als sei alles in Ordnung. Der Bundeswirtschaftsminister warnt im Deutschen Bundestag vor dem Schlechtreden des Standorts Deutschland. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Habeck ist nicht inkompetent, er hat einfach nur mit dem Denken aufgehört sowie Deutschland ist Schlusslicht bei IWF-Konjunkturprognose und Robert Habeck sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.

  2. Tariflöhne steigen 2023 nach den bislang vorliegenden Abschlüssen nominal um 5,6 Prozent – Angesichts anhaltend hoher Inflationsraten kommt es nach wie vor zu Reallohnverlusten
    Unter Berücksichtigung der im 1. Halbjahr 2023 getätigten Neuabschlüsse und der in den Vorjahren für 2023 bereits vereinbarten Tarifverträge steigen die Tariflöhne in diesem Jahr nominal um durchschnittlich 5,6 Prozent. Vor dem Hintergrund der weiter sehr hohen Preissteigerungen im 1. Halbjahr 2023 ergibt sich hieraus real ein Rückgang von durchschnittlich 1,7 Prozent. In dieser Berechnung kann die Wirkung der steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien allerdings nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden, weil diese, je nach individuellem Steuersatz, unterschiedlich ist. Bei einem Teil der Beschäftigten dürfte der Reallohnverlust daher deutlich kleiner ausfallen. In vielen Tarifbereichen tragen die vereinbarten Prämien zur Kaufkraftsicherung bei (mehr unten). Generell ist für den weiteren Jahresverlauf eine positivere Tendenz bei der realen Tariflohnentwicklung absehbar, weil die Inflation dann spürbar sinken dürfte. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Halbjahresbilanz, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.
    Für gut 9,2 Millionen Beschäftigte werden im Laufe des Jahres 2023 Tariferhöhungen wirksam, die bereits 2022 oder früher in Tarifverträgen mit mehrjähriger Laufzeit festgelegt wurden. Hierzu gehören auch große Tarifbranchen wie z. B. die Metall- und Elektroindustrie oder die Chemische Industrie, deren in diesem Jahr wirksame Tariferhöhungen bereits im Herbst 2022 vereinbart wurden. Hinzu kommen im 1. Halbjahr 2023 neue Tarifvereinbarungen für weitere 4,4 Millionen Beschäftigte, darunter die Deutsche Post AG und der Öffentliche Dienst (Bund und Gemeinden). Werden lediglich die Tarifabschlüsse aus den Jahren 2022 und früher berücksichtigt, so ergibt sich ein durchschnittlicher Zuwachs von 5,1 Prozent. Die Neuabschlüsse aus dem 1. Halbjahr 2023 liegen hingegen bei einer durchschnittlichen Tariferhöhung von 6,6 Prozent. Insgesamt gilt für etwa die Hälfte der rund 34 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ein Tarifvertrag.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  3. Ampel-Koalition: Eine Regierung für woke Besserverdiener
    Die rot-grün-gelbe „Fortschrittskoalition“ kümmert sich lieber um woke Symbolpolitik, als die soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Dieser „progressive Neoliberalismus“ ist einer der Gründe für den vielfach zu beobachtenden Rechtsruck.
    Fortschritt – welch wohlklingendes Wort. Fortschritt, das klingt nach Erneuerung, nach Zukunft, nach einem Abschütteln alter Dogmen. Es ist kein Zufall, dass die Ampel-Koalition sich nach 16 Jahren Merkel-Muff den Anstrich der „Fortschrittskoalition“ gab. Neben der gesellschaftlichen Erneuerung wollte die Koalition mit zwei (theoretisch) Mitte-Links-Parteien auch das Thema soziale Ungleichheit angehen.
    Zur Mitte der Legislatur-Periode ist nun aber deutlich geworden: Vermeintlichen Fortschritt gibt es nur in der Gesellschaftspolitik, garniert mit einer schwer zu verdauenden Portion Wokeness. Die soziale Ungleichheit hat sich unter der Ampel-Koalition nicht nur konsolidiert, sondern sogar verschärft.
    […]
    Woke Anliegen schmiegen sich eng an die Interessen des Kapitals an. Großunternehmen, die mit „Black Lives Matter“ werben und gleichzeitig ihre schwarze Belegschaft drangsalieren. Diversitätsbekenntnisse von Politikern, die nichts an den ökonomischen Ungleichheiten von Minderheiten ändern wollen, als deren Mitstreiter sie sich präsentieren.
    Genau wie die US-Demokraten haben SPD und Grüne die Prinzipien des Neoliberalismus längst übernommen. Schuldenbremse, Absage an Steuererhöhungen für Unternehmen und Superreiche, ein oppressiver Sozialstaat. All diese Probleme gehen zu erheblichen Teilen auf die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder zurück und nicht auf die bürgerlichen Parteien FDP und CDU.
    In Ermangelung klassenkämpferischer Ideale bleibt den ökonomisch sorglosen Akademikern in den „linken“ Parteien nur der heroische Einsatz gegen Diskriminierung, um sich trotz der Übernahme neoliberaler Überzeugungen als „fortschrittlich“ zu inszenieren. Der Vorteil liegt auf der Hand: Progressive Gesellschaftspolitik kostet meist nichts – und deshalb muss man sich nicht mit mächtigen Lobbys anlegen, die sich gegen die Umverteilung ihres Wohlstands effektiv zu wehren wissen.
    Quelle: Welt Online
  4. Scheitert der „Green Deal“?
    Europas „Klimazar“ Frans Timmermans hat der EU-Kommission in Brüssel den Rücken gekehrt, um bei der Parlamentswahl in Den Haag anzutreten. Er hinterlässt ein schwieriges Erbe. Deutschland verfehlt die Klimaziele, der politische Konsens bröckelt.
    Es wird einsam um die deutsche EU-Chefin Ursula von der Leyen. Ihre beiden wichtigsten Stützen – der niederländische Klimakommissar Frans Timmermans und die dänische Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager – haben der EU-Kommission vorzeitig den Rücken gekehrt. Beide galten als politische Schwergewichte, beide haben wichtige EU-Gesetze auf den Weg gebracht. Doch vor allem Timmermans hinterlässt ein schwieriges Erbe.
    Der „European Green Deal“, den der prominente Sozialdemokrat verantwortet hat, soll Europa bis 2050 klimaneutral machen. Timmermans umfangreiches Gesetzeswerk wird die EU also noch Jahre nach seinem Abgang nach Den Haag beschäftigen, wo er bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Herbst antritt. Kein Grund zur Sorge, beteuert der „Klimazar“: Die meisten EU-Gesetze seien unter Dach und Fach, der Green Deal bereits irreversibel.
    Doch so einfach ist es nicht.
    Quelle: Eric Bonse auf Makroskop
  5. Habeck-Ministerium legt ernüchternde Studie zum Heiz-Gesetz vor
    Um das Heizungsgesetz wird seit mehreren Monaten in der Koalition gerungen. Einen Tag vor dem Bundestagsbeschluss legt Robert Habecks Ministerium eine neue Schätzung zum Klimaeffekt vor. Diese ist geringer als angenommen. […]
    Wie das Ministerium am Donnerstag mitteilte, wird mit Blick auf den ursprünglichen Gesetzentwurf davon ausgegangen, dass in der neuen Fassung rund drei Viertel der eigentlich geplanten Treibhausgasminderung bis 2030 möglich sind – „vielleicht etwas mehr, vielleicht weniger“. Diese neue Schätzung basiere auf einer Berechnung des Öko-Instituts. […]
    Für den im April vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf rechnete das Ministerium mit einer Einsparung bis 2030 von rund 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Zum Vergleich: 2022 lagen im Gebäudesektor die CO2-Emissionen bei rund 112 Millionen Tonnen. Damit wurden gesetzliche Vorgaben verfehlt.
    Auch von 2030 bis 2040 werde der Klimaschutzeffekt des GEG mit der jetzigen Novelle etwas geringer ausfallen als bisher angenommen, teilte das Ministerium mit. „Der CO2-Minderungseffekt, also die Einsparung an CO2, wird im Zeitverlauf aber immer stärker werden.“
    Quelle: Focus Online
  6. Stromerzeugung im 1. Halbjahr 2023: 11,4 % weniger Strom als im Vorjahreszeitraum
    Im 1. Halbjahr 2023 wurden in Deutschland 233,9 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und in das Netz eingespeist. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 11,4 % weniger Strom als im 1. Halbjahr 2022. Aufgrund deutlich gestiegener Importe (+30,8 %) und gesunkener Exporte (-18,1 %) sank die insgesamt im Netz verfügbare Strommenge allerdings nur um 6,9 % und damit schwächer als die inländische Stromerzeugung. Dennoch überstiegen die deutschen Stromexporte (32,6 Milliarden Kilowattstunden) auch im 1. Halbjahr 2023 die Stromimporte (30,6 Milliarden Kilowattstunden).
    Gründe für den Rückgang der insgesamt verfügbaren Strommenge waren Einsparbemühungen wegen hoher Energiepreise und eine konjunkturelle Abschwächung, insbesondere in den energieintensiven Industriezweigen. Der im Vergleich zur insgesamt verfügbaren Strommenge stärkere Rückgang inländischen Stromerzeugung hängt zudem mit der Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke zum 15. April 2023 zusammen. Der Wegfall der Kernenergie wurde vor allem durch vermehrte Stromimporte ausgeglichen, während die Stromerzeugung aus Kohle deutlich sank.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung Christian Reimann: Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung steigt. Damit – und das wird leider nicht erwähnt – steigen auch die Redispatch-Maßnahmen und deren Kosten. Insbesondere für Dunkelflaute-Phasen werden fossile Energieträger weiterhin benötigt, denn es gibt viel zu wenig Speicher für Strom aus Sonne und Wind. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Hohe Förderung für Solarstrom vom Dach für E-Autos mit einer Anmerkung.

  7. Ukrainische Agrarexporte: Kiew droht EU mit Gang zum Schiedsgericht
    Spannungen zwischen Polen und Ukraine nehmen zu. Kiew verbietet Abgeordneten Reise zum Wirtschaftsforum. Warum die EU bislang keine gemeinsame Linie findet.
    In einer Woche laufen die Einfuhrbeschränkungen für Getreide und andere Agrarprodukte aus der Ukraine aus. Polen, Ungarn und die Slowakei haben nun angekündigt, die Importe auch gegen den Willen der Europäischen Union unterbinden zu wollen, berichtet der Wirtschaftsdienst Bloomberg. Die drei Länder warnen demnach vor Störungen auf ihren Binnenmärkten.
    Die Frage ist noch offen, ob sie die anderen EU-Länder von ihren Interessen überzeugen können oder ob sie in den nächsten Monaten einseitige Maßnahmen ergreifen werden. EU-Diplomaten erklärten gegenüber Politico, dass 22 von 27 EU-Länder eine Verlängerung des Einfuhrverbots über Mitte September hinaus ablehnen oder kritisch sehen.
    Und Bloomberg hat erfahren, dass dreizehn Mitgliedsstaaten gegen eine Verlängerung sind, darunter Frankreich, Deutschland und Österreich.
    Der Streit um die Getreideexporte belastet bereits seit Monaten die Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen – und diese könnten sich weiter verschlechtern. Wie euractiv.de am Mittwoch berichtete, hat der ukrainische Ministerrat Abgeordneten verboten, zum Wirtschaftsforum nach Karpacz in Polen zu reisen.
    Mit dem Verbot will die Regierung in Kiew offenbar gegen das Importverbot protestieren. Der ukrainische Botschafter in Polen, Vasyl Zvarych, erklärte dem Bericht zufolge, für Kiew sei eine Verlängerung des Embargos nur “schwer zu akzeptieren”.
    Quelle: Telepolis
  8. Die Rolle der Schweiz im geopolitischen Wandel
    Der folgende Beitrag des Militär-Experten Ralph Bosshard ist die Zusammenfassung seines Referates und seiner Beantwortungen auf Fragen aus dem Publikum anlässlich der Tagung «Mut zur Ethik» am 2. September in Sirnach in der Schweiz.
    Anlässlich meines Antrittsbesuchs in der Generalstabsakademie der russischen Streitkräfte im Mai 2013 hatte ich ein ähnliches Erlebnis wie Scott Ritter auf seiner Inspektionsreise in der damaligen Sowjetunion: Ich stellte fest, dass russische Obristen, Generale und Admirale ganz normale Leute sind und so gar nicht dem Image entsprechen, das derzeit in der deutschsprachigen Presse gestrickt wird. In den darauffolgenden 14 Monaten überlegten wir uns, wie Russland gegen eine Invasion zu verteidigen sei und stellten fest, dass dies mit einer Armee von damals 900’000 Mann eine herausfordernde Aufgabe wäre. Die Ausbildung in Moskau unterschied sich in dieser Hinsicht von jener, die ich in zahlreichen NATO-Kursen genossen hatte: Dort übten wir unter der Losung „foster peace and stability“ immer das Niederschlagen von Aufständen irgendwo auf fiktiven Inseln in den Weltmeeren.
    Quelle: Globalbridge
  9. Jeffrey D. Sachs: Der Wirtschaftskrieg der USA gegen China
    Die chinesische Ökonomie schwächt sich ab. Das liegt insbesondere an den USA, die Beijing als Handelsrivalen bekämpfen. Wie es dazu kam und warum das China-Bashing wohl scheitern wird.
    Chinas Wirtschaft verlangsamt sich. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass Chinas BIP-Wachstum im Jahr 2023 weniger als fünf Prozent betragen wird, was unter den Prognosen des letzten Jahres und weit unter den hohen Wachstumsraten liegt, die China bis Ende der 2010er-Jahre verzeichnete.
    Die westliche Presse ist voll von Chinas angeblichen Verfehlungen: eine Finanzkrise auf dem Immobilienmarkt, ein allgemein zu hoher Schuldenstand und andere Übel. Doch ein Großteil der Verlangsamung ist das Ergebnis von US-Maßnahmen, die darauf abzielen, Chinas Wachstum zu bremsen.
    Eine solche US-Politik verstößt gegen die Regeln der Welthandelsorganisation und ist eine Gefahr für den weltweiten Wohlstand. Die chinafeindlichen Maßnahmen entstammen dem bekannten Regelwerk der US-Politik.
    Ziel ist es, den wirtschaftlichen und technologischen Wettbewerb mit einem großen Rivalen zu verhindern. Die erste und offensichtlichste Anwendung dieses Konzepts war die Technologieblockade, die die USA während des Kalten Krieges gegen die Sowjetunion verhängten. Die Sowjetunion war Amerikas erklärter Feind und die US-Politik zielte darauf ab, den sowjetischen Zugang zu fortschrittlichen Technologien zu blockieren.
    Quelle: Telepolis
  10. Offener Brief: Frau Baerbock, verhandeln Sie für die Freiheit von Julian Assange!
    Kurz vor Annalena Baerbocks Reise in die USA fordern u.a. Politiker und Journalisten in einem offenen Brief die Außenministerin auf, sich für die Presse- und Meinungsfreiheit einzusetzen.
    Mitte September beginnt in New York die hochrangige Woche der UN-Generalversammlung. Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock reisen in die USA, um gemeinsam mit vielen Staats- und Regierungschefs daran teilzunehmen.
    Kurz bevor das Ereignis in den Mittelpunkt rückt, drängt die Biden-Regierung darauf, den seit 2019 in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis inhaftierten Wikileaks-Co-Gründer Julian Assange strafrechtlich zu verfolgen. „Die Taten, die ihm vorgeworfen werden, haben unsere nationale Sicherheit dem Risiko ernsthaften Schaden ausgesetzt – zum Vorteil unserer Gegner – und menschliche Informationsquellen in große Gefahr gebracht“, sagte US-Außenminister Antony Blinken in Australien.
    Mehrere prominente deutsche Persönlichkeiten, darunter Politiker und Journalisten, unterzeichnen einen von dem Journalisten Günter Wallraff verfassten offenen Brief an Annalena Baerbock, in dem sie die Ministerin auffordern, sich für Assange und damit letztlich auch für die Meinungsfreiheit einzusetzen.
    Wir dokumentieren den Brief im Wortlaut.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. “Ich will Menschen ermutigen”
    Sie gehört zu den Pazifist:innen, denen zugehört wird. Margot Käßmann, einstige Bischöfin und Vorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, ist bekannt für ihr Engagement auch in sozialen Fragen. Am kommenden Sonntag spricht sie auf der Friedenskundgebung in Stuttgart.
    Frau Käßmann, Sie engagieren sich seit Jahrzehnten gegen Kriegslogik und Waffenlieferungen. Nun führt Russland seit anderthalb Jahren Krieg gegen die Ukraine. Kommendes Wochenende sind Sie in Stuttgart zu Gast und werden auf einer Antikriegs-Demo sprechen. Sind Sie es nicht langsam leid?
    Ich halte es für wichtig, das zu tun, aus drei Gründen: Wir müssen es endlich schaffen, unsere Welt friedlich zu gestalten. Diese ständige Aufrüstung ist eine derartige Verschwendung von Ressourcen und in der Klimafrage eine Belastung. Zweitens: Ich bin Christin und ich denke, dass Christen sich immer engagiert für den Frieden einsetzen müssen. Und das Dritte ist: Ich habe sieben Enkelkinder, und wenn ich an die Kinder dieser Welt denke, dann ist es für ihre Zukunft wichtig, dass wir uns für Frieden engagieren.
    Ausgerechnet jetzt, wo wir den Ukrainekrieg haben, scheint die Friedensbewegung sich sehr schwerzutun.
    Ich erlebe die Friedensbewegung als ziemlich aktiv. Die Ostermärsche dieses Jahr waren gut besucht. Es gibt allerdings keine große Demonstration wie 2003, als allein in Berlin mehr als 500.000 gegen den Irakkrieg auf die Straße gingen. Das stimmt. Ich denke, das liegt auch daran, dass es eine große Ambivalenz gibt angesichts dieses Kriegs und auch eine Ratlosigkeit. Weil wir ja gehofft hatten, dass wir – nach Gorbatschow – in einem “Haus Europa” mit Russland leben können. Das alles scheint nun in Frage gestellt zu sein.
    Für Sie nicht?
    Klar ist: Putin ist Aggressor und Kriegsverbrecher. Aber es wird eine Zukunft geben in Europa, in dem wir mit Russland leben werden. Einem Russland nach Putin. Aus unserer Geschichte heraus können wir ja nicht sagen, dass Russland nicht zu Europa gehört. Da müssen Sie ja nur mal nach Sankt Petersburg fahren oder Tolstoi lesen – das ist für uns eine vertraute Kultur.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  12. Immer mehr Kinder leben auf der Straße
    Auf einer Parkbank oder unter einer Brücke die Nacht verbringen. Wochenlang mal bei dem einen, mal bei dem anderen auf dem Sofa schlafen. Keinen Kontakt zu den Eltern haben, Geldnot, im schlimmsten Fall Drogenkonsum und Prostitution: Wenn Jugendliche auf der Straße landen, wird es für sie schwer, ihr Leben zu meistern. (…) Markus Seidel hat vor 30 Jahren die Stiftung “Off Road Kids” gegründet. Er geht mit Blick auf die Wohnungslosenstatistik bundesweit von bis zu 38.000 Minderjährigen und jungen Erwachsenen unter 27 Jahren in offener oder versteckter Wohnungslosigkeit aus – Tendenz steigend. Als eine Ursache sieht der Vorstandssprecher der Stiftung auch die Corona-Pandemie. Seitdem hätten sich die Beratungszahlen vervierfacht. “In den Familien, in denen es vorher schon gebrodelt hat, brodelt es jetzt richtig”, sagt er. Zudem gebe es immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Die jungen Menschen landeten entsprechend schneller auf der Straße.
    Quelle: ZDF

    Anmerkung unseres Lesers A.S.: Als eine Ursache wird die Corona-Pandemie genannt und nicht die ergriffenen Maßnahmen wie Lockdowns etc. Dadurch lenkt man ganz einfach von der Verantwortung der Politik ab.

  13. Entlarvende Innenansichten – Die Macht einer Minderheit beim Genderzwang
    Ein Argument der Befürworter „geschlechtergerechter Sprache“ lautet, niemand müsse gendern. Die Realität sieht für Mitarbeiter von Universitäten, Unternehmen und Organisationen anders aus. Für sie wird Genderzwang angeordnet. Viele kritisieren das. Aber nur anonym. Dann sprechen sie von ihrer Angst. […]
    Ich habe mich lange gefragt, wie es sein kann, dass das Gendern in immer mehr Institutionen Fuß fassen konnte, obwohl der Großteil der Bevölkerung laut Umfragen nichts davon hält. Seit ich diese E-Mails gelesen habe, ist mir klar warum: Wenn aus Angst vor Konflikten ausgerechnet die Sprachexperten, die Kommunikationsprofis und die Journalisten schweigen, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich das Gendern durchsetzt. Dann fehlen die fähigsten Anwälte, die die Sprache dagegen verteidigen könnten.
    Quelle: Welt Online
  14. Zu guter Letzt: Exhippie des Tages: Anton Gerhard Hofreiter
    Allein, sein Image wollte nicht wie er. Man hat einem Gerd Bastian den Pazifisten nicht abgekauft und einem Hofreiter nicht den Bellizisten. Also muss Klarheit über die Biographie her. Trotz Skepsis gegen militärische Interventionen sei er zu keiner Zeit Pazifist gewesen, verriet Hofreiter der Zeit am Mittwoch. Eine Schusswaffe habe er zwar nie in der Hand gehalten, doch als Student der Botanik schon mal eine Machete. Auch will er den Dienst an der Waffe nicht verweigert haben. Ausgemustert hatte man ihn aufgrund eines Beckenschiefstands. Ganze vier Zentimeter war das rechte Bein kürzer als das linke, was seine spätere Neigung nach rechts erklären mag. »Sie können ja nicht einmal gerade stehen«, sagte der Musterungsoffizier damals.
    Und sollte recht behalten.
    Quelle: junge Welt

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