Zur Entwicklung des Sterbegeschehens vor und nach Beginn der Coronaimpfung

Zur Entwicklung des Sterbegeschehens vor und nach Beginn der Coronaimpfung

Zur Entwicklung des Sterbegeschehens vor und nach Beginn der Coronaimpfung

Ein Artikel von Günter Eder

Am 9. März 2020 wurden dem Robert Koch-Institut die ersten Coronatoten gemeldet. Die Zahl der Todesfälle stieg bis zum Beginn der Impfkampagne am zweiten Weihnachtstag 2020 auf 38.000 an. Wie hat die Impfung das Sterbegeschehen beeinflusst? Ist die Zahl der Coronatoten danach spürbar zurückgegangen? Oder hat die Impfung das Sterbegeschehen in anderer Weise positiv oder negativ verändert? Diesen Fragen wird hier anhand der offiziellen Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes (StBA) und der Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) nachgegangen. Von Günter Eder.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Auswertung stützt sich zunächst auf die RKI-Angaben zur Zahl der Coronatoten. Später werden dann die allgemeinen Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes in die Analyse miteinbezogen.

Anzahl der Coronatoten

Im ersten Jahr der Pandemie gab es dem RKI zufolge 43.618 Coronatote. Im zweiten Jahr steigt die Zahl auf 70.271 an und geht 2022 wieder auf 46.318 zurück. Schon diese drei Zahlen werfen grundlegende Fragen auf. Warum sind im zweiten Coronajahr fast doppelt so viele Tote zu beklagen wie im ersten Jahr, obwohl mittlerweile ein Impfstoff zur Verfügung steht? Und warum sind im dritten Coronajahr, als die harmlosere Omikron-Variante das Infektionsgeschehen dominiert und die Pandemie als überwunden gilt, mehr Coronatote zu verzeichnen als im ersten Jahr? Befriedigende Antworten auf die Fragen stehen bisher aus.

AN oder MIT Corona gestorben

Als Coronatote gelten dem RKI alle Verstorbenen, für die ein positiver PCR-Test vorliegt, unabhängig davon, woran der Betroffene tatsächlich gestorben ist. Es wird nicht differenziert, ob jemand AN und MIT Corona verstorbenen ist. Das wird dem RKI vielfach vorgeworfen. Und die Kritik ist durchaus berechtigt, wird in ihrer Bedeutung jedoch meist überschätzt. Sicher wäre es vorteilhaft, wenn von allen Coronatoten bekannt wäre, ob sie ursächlich AN oder lediglich MIT Corona gestorben sind, doch muss man bedenken, dass die Todesursache häufig ungewiss ist und in vielen Fällen nur durch Obduktion der Verstorbenen zu ermitteln wäre. Und dann stellt sich die Frage, ob der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Erkenntnisgewinn steht. Was man dem RKI allerdings vorwerfen muss, ist, dass nicht deutlich darauf hingewiesen wurde, dass „Coronatote“ lediglich aufgrund eines positiven PCR-Tests als solche eingestuft werden und dass das nicht automatisch bedeutet, dass die Betroffenen ursächlich an der Infektion gestorben sind.

Um Aufschluss über möglichen Vorerkrankungen zu erhalten und in Erfahrung zu bringen, woran die Betroffenen letztlich gestorben sind, hätten stattdessen gezielt entsprechende Forschungsvorhaben durchgeführt werden müssen. Das ist viel zu wenig geschehen. Zum Glück hat sich Professor Püschel vom Universitätsklinikum Eppendorf nicht von der ablehnenden Haltung des RKI abschrecken lassen und Hunderte von Coronatote in Hamburg obduzieren lassen. So fand er heraus, dass fast alle Verstorbenen mit einer oder mehreren Vorerkrankungen belastet waren, der Tod also in den meisten Fällen nicht allein von der Coronainfektion herrührte, sondern das Resultat unterschiedlicher Krankheitsfaktoren war. [1]

Wenn man zudem bedenkt, dass 96,5 Prozent aller Coronatoten des Jahres 2020 älter als 60 Jahre waren, wird deutlich, dass vor allem vorerkrankte alte Menschen gefährdet waren, an einer Infektion zu sterben. Das Leben gesunder unter 60-Jähriger war durch Corona zu keinem Zeitpunkt besonders gefährdet. [2]

Damit soll nicht einer Verharmlosung von Corona das Wort geredet werdet. Die zahlreichen Long-Covid-Fälle, die nach Coronainfektionen aufgetreten sind, kann niemand leugnen, und sie zeigen, dass Corona alles andere als eine harmlose Krankheit ist. Aber das Risiko, an einer Covidinfektion zu sterben, ist für jüngere, gesunde Menschen nicht viel größer gewesen als bei einer Grippeinfektion [3] – und in vielen Fällen je nach Virusvariante auch deutlich darunter (z.B. bei der Omikron-Variante).

Zur Nicht-Erfassung des Impfstatus bei gemeldeten Coronatoten

Wesentlich schwerer als die fehlende Information, ob jemand AN oder MIT Corona gestorben ist, wiegt das Versäumnis des RKI, den Impfstatus der Coronatoten nicht miterfasst zu haben. Dabei hätte es keines besonderen Aufwandes bedurft, das Merkmal zu erheben, da behandelnde Ärzte in der Regel gewusst haben dürften, ob ihr Patient gegen Corona geimpft war oder nicht. Aufgrund der Nichterfassung des Impfstatus können viele statistische Auswertungen, die in einfacher und klarer Form Auskunft über positive oder negative Effekte der Impfung hätten geben können, nicht durchgeführt werden. Das betrifft beispielsweise die Frage, wie viele Todesfälle in Deutschland durch die Impfung vermieden worden sind. Wenn man heute an belastbaren Aussagen zur Wirksamkeit der Impfung interessiert ist, ist man gezwungen, auf statistisches Datenmaterial anderer Länder zurückzugreifen, zum Beispiel von Großbritannien, wo die UK Health Security Agency mehr Weitsicht und Klugheit bei der Datenerhebung bewiesen hat und den Impfstatus stets miterfasst hat. [4]

Die Nachlässigkeit des RKI ist noch viel weniger zu verstehen, wenn man bedenkt, dass es sich bei den mRNA-Impfstoffen um Vakzine handelt, die auf einem neuartigen gentherapeutischen Wirkprinzip beruhen, das außerhalb streng kontrollierter medizinischer Studien noch nie in der Praxis zur Anwendung gekommen ist, und dass die Entwicklung unter einem enormen Zeitdruck erfolgte. Vom ersten Auftreten eines Corona-Todesfalls bis zur Massenproduktion der mRNA-Impfstoffe vergingen nicht einmal zwölf Monate.

In der Vergangenheit benötigten Hersteller sechs, acht oder mehr Jahre, bevor sie für die Wirksamkeit und Sicherheit ihres Impfstoffs garantieren konnten. Bei den Coronavakzinen war folglich an eine reguläre Zulassung von vornherein nicht zu denken. Das Problem wurde von der Politik pragmatisch gelöst, indem die Vakzine lediglich bedingt zugelassen wurden und nationale Regierungen die Verantwortung und Haftung für auftretende Impfschäden übernahmen.

Meldung von Todesfällen nach der Impfung

Angesichts der Neuartigkeit der mRNA-Impfstoffe und der Kürze der Zeit, die für die Entwicklung zur Verfügung stand, war damit zu rechnen, dass mehr unerwartete Nebenwirkungen auftreten, als man es von den traditionellen Totimpfstoffen gewohnt war. Und tatsächlich wurden dem Paul-Ehrlich-Institut, das für die Erfassung und Bewertung von Impfnebenwirkungen in Deutschland zuständig ist, deutlich mehr Fälle gemeldet. Auf jede Nebenwirkungsmeldung in der Vergangenheit kommen mehr als 60 Meldungen nach der Verabreichung von mRNA-Vakzinen. Dabei reicht das Spektrum der Beschwerden von leichten Schmerzen an der Einstichstelle bis hin zu Todesfällen.

Von daher ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zahl gemeldeter Todesfälle stark zugenommen hat. Zwischen 2016 und 2020 sind dem PEI, trotz millionenfacher Impfungen, niemals mehr als 30 Todesfälle pro Jahr gemeldet worden. Mit Beginn der mRNA-Impfungen änderte sich das schlagartig. Allein für das Jahr 2021 sind 2.255 Todesfallmeldungen beim Paul-Ehrlich-Institut eingegangen. [5] Das ist eine absolute Horrorzahl, und man muss davon ausgehen, dass nicht einmal alle Impftoten als solche erkannt und der Behörde gemeldet worden sind. Aus Erfahrung weiß man, dass es hier eine hohe Dunkelziffer gibt.

Angesichts der vielen gemeldeten Todesfälle nach mRNA-Impfungen erstaunt es, dass dieser Aspekt in der Diskussion um das Für und Wider einer Impfpflicht überhaupt keine Rolle gespielt hat und Gesundheitsminister Lauterbach in der Anne-Will-Talkshow vom 13. Februar 2022 sogar unwidersprochen behaupten konnte, dass die Impfung „mehr oder weniger nebenwirkungsfrei“ sei. Warum ist der Tod vieler Menschen plötzlich kein Kriterium mehr, wenn es um die Beurteilung einer Gesundheitsmaßnahme wie der Impfung geht? Als man erkannte, dass der Impfstoff Pandemrix, der 2009/2010 gegen die Schweinegrippe eingesetzt wurde, in einigen Fällen Narkolepsie auslöste, reagierte die Europäische Arzneimittelagentur darauf und riet davon ab, das Vakzin weiterhin bei Personen unter 20 Jahre anzuwenden. Und eine Coronaimpfung, die möglicherweise Tausende von Toten zur Folge gehabt hat, gilt einem deutschen Gesundheitsminister als „mehr oder weniger nebenwirkungsfrei“? Was für eine verrückte Welt.

Die mRNA-Impfung bewirkt, dass von körpereigenen Zellen sogenannte Spikeproteine gebildet und in Umlauf gebracht werden. Diese sollen das Immunsystem anregen, Antikörper zu bilden und so die Abwehrkraft des Körpers gegen Covid-19 stärken. Da die Spikeproteine nicht, wie von den Impfstoffherstellern versichert, innerhalb kürzester Zeit abgebaut werden, sondern noch Monate nach der Impfung im Körper nachweisbar sind, und zudem der Verdacht besteht, dass die Spikes toxisch sind und unterschiedlichste Erkrankungen auslösen können, muss damit gerechnet werden, dass Folgeschäden nicht nur in zeitlicher Nähe zur Impfung auftreten, sondern auch zu späteren Zeitenpunkten. Ärzte werden solche zeitverzögert auftretenden Fälle, selbst wenn es sich um gravierende Erkrankungen handelt, selten mit der Impfung in Verbindung bringen und dies dem Paul-Ehrlich-Institut melden. Derartige Folgewirkungen können allenfalls bei späteren statistischen Auswertungen auffallen, wenn die Fallzahlen für bestimmte Erkrankungen oder für die Zahl der Todesfälle aus unerfindlichen Gründen stark ansteigen.

Coronatote und Übersterblichkeit (nach Kalenderjahren)

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht routinemäßig Daten zum allgemeinen Sterbegeschehen in Deutschland. Diese kann man nutzen, um die Plausibilität der Angaben des RKI zur Zahl der Coronatoten zu überprüfen. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, das Sterbegeschehen während der Coronazeit insgesamt besser zu verstehen. Die zentrale statistische Größe für komparative oder prospektive Auswertungen ist die Übersterblichkeit.

Übersterblichkeitswerte können auf unterschiedliche Weise aus den allgemeinen Sterbedaten abgeleitet werden. [6] Allgemeinverbindliche Vorschriften, wie die Übersterblichkeit zu berechnen ist, gibt es nicht. Für welches statistische Verfahren sich ein Anwender im Einzelfall entscheidet, ist ihm freigestellt. Übersterblichkeitswerte aus unterschiedlichen Studien sind folglich nur bedingt miteinander vergleichbar.

Für die vorliegende Auswertung ist die Übersterblichkeit bezogen auf ein Sterbegeschehen ermittelt worden, wie es ohne ausgeprägte Infektionswellen zu erwarten wäre. Das Sterbegeschehen in Grippe- oder Coronajahren ging folglich nicht in die Basislinie mit ein. Berücksichtigt wird hingegen, dass der Anteil alter Menschen in der Gesellschaft in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Zusammen mit den hohen Immigrationszahlen und der daraus resultierenden Zunahme der Gesamteinwohnerzahl hat die Alterung der Gesellschaft zu Folge, dass von Jahr zu Jahr mit mehr Sterbefällen zu rechnen ist. [7]

Die Übersterblichkeitswerte, die auf diese Weise ermittelt wurden, sind in Abbildung 1 den Coronasterbezahlen gegenübergestellt. Dass eine solche Gegenüberstellung überhaupt sinnvoll ist und zu neuen Erkenntnissen führen kann, liegt an den PCR-Tests, die während der Coronazeit in so großer Zahl durchgeführt wurden. Denn dadurch weiß man nun von nahezu allen Verstorbenen, ob sie mit Corona infiziert waren oder nicht. Das ist aus statistischer Sicht eine äußerst wertvolle Zusatzinformation.

Über vergleichbare Daten verfügte man in der Vergangenheit nicht. Folglich ließ sich auch die Zahl der Menschen, die während einer Grippeepidemie starben, nicht aus den medizinischen Daten allein ableiten. Um Schätzwerte für die Zahl der Grippetoten zu erhalten, musste das RKI auf die allgemeinen Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes zurückgreifen, also auf die Übersterblichkeit. Angesichts dieser Sachlage machte es in der Vergangenheit verständlicherweise wenig Sinn, die Sterbezahlen einander gegenüberzustellen und miteinander zu vergleichen.

Abbildung 1

Aus der Abbildung 1 ist zu ersehen, dass die Übersterblichkeit seit der Coronapandemie von Jahr zu Jahr ansteigt. Im ersten Coronajahr, als noch niemand geimpft war und die Menschen große Angst vor einer Infektion hatten, belief sie sich auf lediglich 3,1 Prozent. Das entspricht etwa der Übersterblichkeit von Jahren mit ausgeprägten Grippewellen. In den Grippejahren 2013 und 2015 lag die Übersterblichkeit beispielsweise bei 3,2 Prozent bzw. 3,8 Prozent und damit geringfügig über dem Wert des Coronajahres 2020. Im darauffolgenden Jahr 2021 steigt sie auf 5,8 Prozent an und im Jahr 2022 dann sogar auf 8,7 Prozent. Im Jahr 2022 sind damit 84.580 Menschen mehr gestorben, als unter normalen Umständen zu erwarten gewesen wäre. Eine derart hohe Übersterblichkeit hat es im Deutschland der Nachkriegszeit noch nicht gegeben.

Zum Teil kann man den Anstieg auf die gestiegene Zahl Coronatoter zurückführen. Das gilt beispielsweise für die Veränderung von 2020 nach 2021. Nicht zu erklären ist so jedoch der Übersterblichkeitsanstieg von 2021 nach 2022 (+28.891). In dieser Zeit nimmt die Zahl der Coronatoten nicht nur nicht zu, sondern geht sogar von 71.084 auf 46.426 zurück (-24.658). Wie ist das zu erklären?

Coronatote und Übersterblichkeit (saisonbezogene Ergebnisse)

Einer Antwort kommt man etwas näher, wenn man die Zeitstruktur der Sterbedaten berücksichtigt. Wenn Jahreswerte berechnet oder auswiesen werden, beziehen sich diese meist auf Kalenderjahre, also auf die Zeit von Januar bis Dezember. Das ist für die Beurteilung epidemiologischen Krankheitsgeschehens ein problematischer Zeitbezug, da Infektionswellen stets in der kalten Jahreszeit (November bis März) auftreten und die Gefahr besteht, dass zusammenhängendes Krankheitsgeschehen zerrissen wird, es also zum Teil dem Vorjahr und zum Teil dem Folgejahr zugeordnet wird. Dadurch können Effekte oder Zusammenhänge, die für die Beurteilung des Geschehens wichtig oder sogar zentral sind, überlagert werden oder ganz verloren gehen. Um das zu vermeiden, empfiehlt das RKI, Infektionsgeschehen grundsätzlich saisonbezogen zu betrachten, wobei die Saison in der infektionsarmen warmen Jahreszeit beginnen und enden sollte. Konsequenterweise liegen den Studien des RKI zur Epidemiologie der Influenza durchweg saisonale Zeitstrukturen zugrunde. [8]

Die für die Coronazeit ermittelten Saisonergebnisse können der Abbildung 2 entnommen werden. Die Saison beginnt jeweils in der 30. KW und endet in der 29. KW des Folgejahres. Die erste Coronawelle, die von der 11. KW bis zur 25. KW 2020 dauerte und die etwa 9.000 Todesfälle zur Folge hatte, ist in den saisonbezogenen Werten nicht enthalten.

Abbildung 2

Auffällig an dem Säulendiagramm in Abbildung 2 ist, dass plötzlich eine klare, wenn auch unerwartete Struktur in der Entwicklung der Sterbedaten zu erkennen ist: Die Zahl der Coronatoten geht kontinuierlich zurück, während die Übersterblichkeit immer weiter ansteigt.

Ersteres stellt keine Überraschung dar, da man grundsätzlich erwarten würde, dass Sterbezahlen nach dem Höhepunkt einer Epidemie zurückgehen. Dass der Effekt in der jahresbezogenen Darstellung nicht zu erkennen ist (vgl. Tab. 1), liegt daran, dass die zweite Coronawelle, die mit den meisten Coronatoten der gesamten Pandemie verbunden war, ihren Höhepunkt zwar im Jahr 2020 hat, die ausklingende Phase jedoch in das Jahr 2021 fällt. Dadurch werden etwa 30.000 Sterbefälle „fälschlicherweise“ nicht dem Jahr 2020 zugeordnet, sondern dem Folgejahr 2021, und heben den Wert für 2021 entsprechend stark an.

Ungewöhnlich an den Coronasterbezahlen ist eigentlich nur, dass die Zahl Coronatoter in der Saison 2022/2023 mit einem Wert von 29.170 immer noch so hoch ausfällt. Da die Pandemie in dieser Phase als überwunden gilt, sollte die Zahl der Fälle eigentlich nicht mehr bei fast 30.000 Toten pro Jahr liegen, denn das entspricht etwa der Anzahl Grippetoter in Jahren mit schwerer Grippewelle.

Wesentlich irritierender als die hohe Zahl Coronatoter ist jedoch die kontinuierliche Zunahme der Übersterblichkeit bei gleichzeitigem Rückgang der Coronasterbezahlen. Die Übersterblichkeit steigt von 52.717 Verstorbenen in der Saison 2020/2021 auf 81.308 Verstorbene in der Saison 2022/2023 an, während gleichzeitig die Coronasterbezahlen von 82.267 auf 29.170 zurückgehen. Wie ist das möglich?

Die Entwicklung der Sterbezahlen ist weit von dem entfernt, was Politiker und Mediziner erwartet und prognostiziert hatten. Die offizielle Sicht auf die Pandemie hat Kanzlerin Merkel am 8. November 2020 in der FAZ auf den Punkt gebracht, als sie ihrer Überzeugung Ausdruck verlieh, dass das Virus besiegt sei, „wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft seien oder eine Infektion durchgemacht hätten“. Wieso hat sich die Prognose nicht bewahrheitet? Wieso werden die Menschen immer noch aufgefordert, Masken zu tragen? Und welche Erklärung gibt es für die erschreckende Zunahme der Übersterblichkeit?

Grundsätzlich würde man erwarten, dass sich Übersterblichkeitswerte parallel zum Infektionsgeschehen verändern. Wenn viele Infektionstote zu verzeichnen sind, sollte die Übersterblichkeit ansteigen, anderenfalls sollte sie eher zurückgehen oder konstant bleiben. Zwischen der Zahl der Infektionstoten und der Höhe der Übersterblichkeit besteht allerdings keine einfache Eins-zu-eins-Beziehung, selbst dann nicht, wenn es keine anderen störenden Einflüsse gibt. Warum das so ist, mag eine einfache Überlegung verdeutlichen.

Wenn man aus wöchentlichen Übersterblichkeitswerten einen Schätzwert für die Gesamtzahl der Coronatoten eines Jahres oder einer Saison ableiten möchte und zu diesem Zweck die einzelnen Wochenwerte aufsummiert, so wird man die Zahl der Coronatoten, die vom RKI als solche ausgewiesen werden, systematisch unterschätzen. Das liegt daran, dass es sich bei den Coronaverstorbenen vielfach um alte, schwer kranke Menschen handelt, die auch ohne die zusätzliche Infektion nicht mehr lange gelebt hätten. Dieser Sachverhalt macht sich in der Verlaufskurve der Übersterblichkeit dadurch bemerkbar, dass auf eine Phase hoher Übersterblichkeit eine Phase mehr oder weniger ausgeprägter Untersterblichkeit folgt.

Summiert man die Einzelwerte auf, so heben sich Über- und Untersterblichkeit teilweise gegeneinander auf, und man erhält einen zu niedrigen Schätzwert für die Gesamtzahl der Coronatoten. Die Anzahl wird dabei umso stärker unterschätzt, je höher der Anteil alter und gesundheitlich stark vorbelasteter Menschen unter den Verstorbenen ist.

Im Grunde sieht man sich hier wieder mit dem Problem der Grenzziehung zwischen AN und MIT Corona verstorben konfrontiert. Während die Sterbezahlen des RKI alle positiv Getesteten umfassen, egal, ob sie AN oder MIT Corona gestorben sind, stellt sich die Situation bei der Summation der Übersterblichkeitswerte anders dar. Hier werden Menschen, die (unabhängig von Corona) aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen nur noch wenige Wochen oder Monate gelebt hätten, bei der Aufsummierung vielfach nicht mitgezählt. Damit umfassen die aus der Übersterblichkeit abgeleiteten Jahreswerte (im Idealfall) zwar alle AN Corona Verstorbenen, aber nur einen Teil der MIT Corona verstorbenen Personen.

Anmerkung: Da die Zahl der Grippetoten in der Vergangenheit stets aus der Übersterblichkeit abgeleitet wurde, muss man davon ausgehen, dass die RKI-Schätzwerte für die Zahl der Grippetoten durchweg zu niedrig liegen. [8] Hätte man bereits damals ein Testverfahren wie den PCR-Test zur Verfügung gehabt, um Grippeviren zu identifizieren, und hätte dies in vergleichbarem Umfang eingesetzt wie bei Corona, so hätte man vermutlich deutlich höhere Werte für die Zahl der Grippetoten erhalten. (vgl. Tab. 2 in [3]).

Betrachtet man mit diesem Hintergrundwissen noch einmal die Abbildung 2, so stellt man fest, dass die Sterbezahlen nur in der Saison 2020/2021 in einer Relation zueinander stehen, wie man es theoretisch erwarten würde. Nur in der Saison 2020/2021 ist die Zahl der Coronatoten größer als die durch Summation der Wochenwerte ermittelte Übersterblichkeit (82.267 zu 52.717). Ob eine Differenz von 29.550 Verstorbenen von der Höher her allerdings als normal oder als außergewöhnlich hoch einzustufen ist, lässt sich nicht sagen. Für eine solche Beurteilung fehlt es aufgrund der Neuartigkeit des PCR-Tests an Vergleichsstudien. Sollte die Differenz von 29.550 Verstorbenen das Geschehen korrekt widerspiegeln, deutet das darauf hin, dass ein hoher Anteil der vom RKI ausgewiesenen Coronatoten nicht AN, sondern lediglich MIT Corona gestorben ist.

In der nachfolgenden Saison 2021/2022 kehrt sich das Zahlenverhältnis dann um. Jetzt übertrifft die Übersterblichkeit die Zahl der Coronatoten um fast 10.000 Verstorbene. Die Differenz ist zwar nicht extrem hoch, doch ist das Faktum an sich schon beunruhigend, da es in der Zeit kein ausgeprägtes, über Corona hinausgehendes Infektionsgeschehen gab, das den Anstieg erklären könnte (vgl. [2]).

Und die Entwicklung setzt sich in der Saison 2022/2023 in dramatischer Weise fort. Gegenüber der Vorsaison steigt die Übersterblichkeit noch einmal um 19.117 Verstorbene auf 81.308 Todesfälle. Gleichzeitig geht die Zahl der Coronatoten um 23.798 Verstorbene auf 29.170 zurück. Und wie schon in der Vorsaison ist auch jetzt kein extremes Infektionsgeschehen dokumentiert, das die unterschiedliche Entwicklung der Sterbezahlen erklären könnte. Warum machen Coronatote in der Saison 2022/2023 nur noch gut ein Drittel der Übersterblichkeit aus, während sie in der Saison 2020/2021 die Übersterblichkeit weit übertreffen? Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Ansatzweise kann die Analyse der Verlaufskurven Hinweise auf mögliche Ursachen geben (vgl. hierzu die detaillierten Verlaufsanalysen in [9]). Aber die erforderlichen medizinischen Untersuchungen kann eine solche Auswertung kann nicht ersetzen.

Gedanken zu möglichen Ursachen für die hohe Übersterblichkeit

Vielfach wird auf die heißen Sommer als Erklärung für den Anstieg der Übersterblichkeit verwiesen. Und tatsächlich gab es 2022 bundesweit eine ungewöhnlich lange Hitzeperiode mit hohen bis sehr hohen Temperaturen. Einer Auswertung des RKI zufolge sind in dieser Zeit etwa 4.500 Personen wegen der Hitze gestorben. [10] Geht man von der Richtigkeit des Schätzwertes aus und reduziert die Übersterblichkeit zusätzlich um die Zahl der Coronatoten (29.170), so verbleiben knapp 48.000 Verstorbene, bei denen weiterhin ungeklärt ist, woran oder warum sie gestorben sind. Das entspricht der Bevölkerungszahl einer Stadt wie Cuxhaven.

48.000 unerwartet und überraschend Verstorbene innerhalb eines Jahres, und kaum jemand fragt nach den Ursachen. Wie ist das möglich? Warum hat die Klärung der Frage keine politische Priorität? Warum wird in den Medien nicht ausführlich und kritisch darüber berichtet? Warum hüllen sich Politiker, Journalisten und Mediziner in Schweigen? Zum Vergleich: Als im Frühjahr 2020 etwa 9.000 Coronatote zu beklagen waren, gab es landauf landab über Wochen und Monate politisch und medial kein anderes Thema. Aus immer wieder neuen und anderen Blickwinkeln wurde die Problematik beleuchtet und analysiert. Jetzt sterben aus unerfindlichen Gründen 48.000 Menschen, und niemanden scheint es zu interessieren.

Natürlich gibt es Vermutungen und Spekulationen, doch von den Ursachen, die dafür in Betracht gezogen worden sind, wurde bisher keine solide erforscht und wissenschaftlich belegt. Warum unternimmt das RKI nicht mehr, um die Hintergründe aufzudecken? Hält man den Sachverhalt für unwichtig? Oder ist den Mitarbeitern nicht aufgefallen, dass in den letzten Monaten des Jahres 2022 außergewöhnlich viele Menschen starben?

Die extreme Übersterblichkeit wirft Fragen grundsätzlicher Art auf, und man läuft Gefahr, sich angesichts der immensen Wissenslücken, die hier bestehen, in Spekulationen zu verlieren. Andererseits kann man ein solches Ergebnis nicht einfach so stehen lassen, ohne nicht zumindest einen Versuch der Einordnung unternommen zu haben.

In der Zeit, die hier betrachtet wird, hat es aus medizinischer Sicht zwei einschneidende Ereignisse gegeben. Zum einen die pandemische Ausbreitung einer neuartigen Variante des Coronavirus und zum anderen die massenhafte Impfung der Menschen mit einem neuartigen gentherapeutischen Vakzin.

Wie sich Coronainfektionen auf die Gesundheit der Menschen auswirken, ist in den letzten Jahren intensiv und umfassend erforscht worden. Daraus resultieren viele Erkenntnisse, die uns heute in der Lage versetzen, infizierten Menschen besser und wirksamer zu helfen als zu Beginn der Pandemie. Der Kenntnisstand kann insgesamt als durchaus zufriedenstellend eingestuft werden, auch wenn es immer noch viele offene Fragen gibt, insbesondere, was Long Covid betrifft. Eine schlüssige Erklärung für den kontinuierlichen Anstieg der Übersterblichkeit lässt sich aus den Studienergebnissen jedoch nicht ableiten.

Bei den Impfstoffen stellt sich die Situation ganz anders dar. Hier besteht ein krasses Missverhältnis zwischen gesicherten Erkenntnissen und offenen Fragen. Immer noch wird selbst von ärztlicher Seite vielfach bestritten, dass mRNA-Impfungen überhaupt gravierende Schäden für eine große Zahl von Menschen zur Folge haben können. Dabei genügt ein Blick auf die Nebenwirkungsstatistiken, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Die Zahl gemeldeter Nebenwirkungen nach mRNA-Impfungen liegt massiv über der von traditionellen Totimpfstoffen. Und die Meldungen beschränken sich nicht auf Schmerzen im Oberarm oder leichte Kopfschmerzen, sondern reichen bis zu schweren neurologischen Erkrankungen, die ein normales Leben, wie man es bis dahin geführt hat, unmöglich machen. Und auch Meldungen von Todesfällen nach der Impfung sind keine Seltenheit mehr, wie noch in der Vor-Coronazeit. Und betroffen von schwerwiegenden Impffolgen sind vielfach junge Menschen, die vor der Impfung sportlich aktiv und gesund waren.

Es ist an der Zeit, dass Politiker, Mediziner und Wissenschaftler diese Sachlage zur Kenntnis nehmen. Niemand kann einen möglichen Zusammenhang zwischen der hohen Übersterblichkeit und den Coronaimpfungen grundsätzlich ausschließen. Dafür konnten die Impfstoffe in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit bei Weitem nicht umfassend genug erforscht werden. Ob ein solcher Verdacht zu Recht besteht, kann nur geklärt werden, wenn die Frage von wissenschaftlicher Seite fundiert, seriös und ergebnisoffen untersucht wird. Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden, können Geschehenes nicht rückgängig machen, aber sie können helfen, das Sterbegeschehen während der Coronazeit besser zu verstehen und Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, in Zukunft zu vermeiden.

Titelbild: gnepphoto8/shutterstock.com