„Wir“ gegen „die anderen“, „russische Narrative“ und ein nicht sehr überzeugendes Dementi

„Wir“ gegen „die anderen“, „russische Narrative“ und ein nicht sehr überzeugendes Dementi

„Wir“ gegen „die anderen“, „russische Narrative“ und ein nicht sehr überzeugendes Dementi

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Am Montag hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf die Frage eines Deutsche-Welle-Journalisten nach möglichen Zahlungen der Bundesregierung an die ukrainische Fremdenlegion erklärt: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich.“ Anschließend riet er den Journalisten, zukünftig ihre Fragen „vorsichtiger“ zu formulieren. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, auf wen sich der Kanzlersprecher konkret mit seiner Aussage bezogen hatte und ob er vollumfänglich ausschließen könne, dass deutsche Steuergelder in die Finanzierung der ukrainischen Fremdenlegion geflossen sind. Die Antworten gerieten in beiden Fällen nicht sehr überzeugend. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund: Hebestreits ‚Wir versus die Anderen‘-Narrativ

Am 11. März hatte der Deutsche-Welle-Journalist Nikita Jolkver Regierungssprecher Steffen Hebestreit gefragt, ob sich die Bundesregierung „in welcher Form auch immer“ an der Finanzierung der ukrainischen Fremdenlegion (offizieller Titel „Internationale Legion“) beteiligt. Daraus entspann sich folgender „Dialog“:

Regierungssprecher Hebestreit:

„Ich weiß nicht, wen Sie ansprechen. Mir sind solche Zahlungen nicht bekannt. Ich wäre auch vorsichtig, solche Behauptungen in den Raum zu stellen.“

Jolkver:

„Ich behaupte nicht. Ich frage.“

Daraufhin erwiderte der Regierungssprecher:

„Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich. Insofern wäre ich immer vorsichtig, solche Behauptungen hier ungeprüft und ungeschützt zu äußern.“

„Wir haben große russische Desinformationserfahrungen. Man kann Dinge sehr unterschiedlich formulieren. Sie können das machen, wie Sie wollen. Ich rate nur dazu, sehr vorsichtig zu formulieren, um nicht Dinge in den Raum zu stellen, die so nicht stimmen.“

Die NachDenkSeiten griffen dann bei der Bundespressekonferenz am 13. März diese unbeantwortet gebliebene Frage der Kollegen von der Deutschen Welle erneut auf. Und im Gegensatz zur „Antwort“ an den deutschen Auslandssender, der finanziell direkt dem Bundeskanzleramt untersteht, gab es diesmal eine recht klare Aussage. Allerdings bezeugen Mimik und stockender Sprachfluss, dass das Dementi, dem sonst doch recht eloquenten Regierungssprecher nicht so leicht über die Lippen kam. Zudem ist fraglich, ob die von ihm getroffene Aussage so haltbar ist.

Nachgewiesen: Geld und NATO-Waffen für rechtsradikale Söldner in der ukrainischen Fremdenlegion

Die ukrainische Fremdenlegion wird von zwei verschiedenen Kommandostellen geleitet. Ein Teil des Verbandes wird von der ukrainischen Armee geführt, finanziert und ausgerüstet, der andere Teil vom ukrainischen Militärgeheimdienst HUR. Letzterer zeichnet in diesem Zusammenhang verantwortlich für das rechtsextreme „Russische Freiwilligenkorps“ unter Führung von Denis Kapustin sowie die Legion „Freiheit Russlands“, die offiziell Teil der ukrainischen Fremdenlegion ist. Beide Einheiten griffen bereits mehrfach, nachweislich mit Waffen aus NATO-Beständen ausgerüstet, russisches Territorium an. Darüber berichteten unter anderem die Washington Post (WP) und DER SPIEGEL. Beim Blatt aus Hamburg heißt es dazu:

„Die Ukraine lässt rechtsextreme Kämpfer ins russische Grenzgebiet vordringen – wohl auch mit Fahrzeugen und Waffen aus Nato-Ländern. Toleriert der Westen das?“

Ein von der WP in dem genannten Artikel präsentiertes Video trägt folgende Beschriftung:

„Ein am 22. Mai vom Russischen Freiwilligenkorps, einer Anti-Putin-Miliz mit Neonazi-Anleihen, veröffentlichtes Video zeigt Kämpfer und einen MRAP nahe der Grenze zu Belgorod.“

MRAP steht für „Minen widerstehendes und Hinterhalt-geschütztes Fahrzeug“ und wurde auf Betreiben des United States Marine Corps entwickelt.

Weiter führt der Bericht aus, dass die WP die zu dem Überfall kursierenden Videos und Fotos ausgewertet und verifiziert hat:

Den von der Washington Post überprüften Fotos zufolge trugen die Kämpfer auch Gewehre aus Belgien und der Tschechischen Republik sowie mindestens eine AT-4-Panzerabwehrwaffe, die von den US-amerikanischen und westlichen Truppen häufig eingesetzt wird.“

Auch Mitglieder der deutschen Neonazi-Partei III. Weg sollen nach derzeitiger Informationslage in der „Internationalen Legion“ tätig sein.

Fazit

Angesichts der massiven Finanzhilfen durch die Bundesregierung (und die EU) an die Ukraine und der damit geleisteten Querfinanzierung der ukrainischen Armee und deren Geheimdiensten ist zumindest eine indirekte Finanzierung und Bewaffnung der ukrainischen Fremdenlegion und damit auch der dort tätigen Kämpfer aus dem rechtsradikalen Milieu durch bundesdeutsche Steuergelder kaum „vollumfänglich“ auszuschließen.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 13. März 2023

Warweg
Herr Hebestreit, ich war geradezu geschockt, als ich im Protokoll vom Montag nachlesen musste, wie Sie mit dem armen russischen Kollegen von der Deutschen Welle umgegangen sind. Den haben Sie ja behandelt, als würde er für die NachDenkSeiten fragen. In diesem Kontext hätte ich noch eine Verständnisfrage. Sie sagten: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum.“ Anschließend rieten Sie den Journalisten noch, entsprechend vorsichtiger zu formulieren. Da würde mich interessieren: Auf wen bezogen Sie sich konkret mit „Wir sind … unter uns“, und wer sind Ihrem Verständnis nach diejenigen, die an diesem Tag nicht in der BPK waren?

Regierungssprecher Hebestreit
Ach – ich glaube, alle, die im Raum waren, haben das genau verstanden. Wenn russische Narrative in diesem Raum unterbreitet werden und in dieser Phase dann über das Internet weiterverbreitet werden, dann ist das eine Phase, die man in einer freiheitlichen Demokratie aushalten muss, die man aber nicht befördern muss. Das sehen Sie sicherlich ganz genauso wie wir alle auch.

Warweg
Wie wir alle auch

Zusatzfrage Warweg
Dann möchte ich doch noch die Frage des Kollegen von der Deutschen Welle aufgreifen. Die entsprechende ukrainische bzw. internationale Legion bzw. die ukrainische Fremdlegion untersteht zu einem Teil dem militärischen Oberkommando und zum anderen dem Kommando des ukrainischen Geheimdienstes. Da würde mich interessieren: Können Sie vollumfänglich ausschließen, dass tatsächlich keine deutschen Steuergelder in die Finanzierung ausländischer Söldner in der Ukraine geflossen sind?

Hebestreit
Es werden keine deutschen Steuergelder in die Finanzierung ausländischer Söldner ge…gelenkt.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 13.03.2024