Bundesregierung versucht, diplomatische Klatsche für Baerbock bei den UN als Erfolg zu verkaufen

Bundesregierung versucht, diplomatische Klatsche für Baerbock bei den UN als Erfolg zu verkaufen

Bundesregierung versucht, diplomatische Klatsche für Baerbock bei den UN als Erfolg zu verkaufen

Ein Artikel von: Redaktion

Die deutsche Außenministerin a. D. und Grünen-Politikerin Annalena Baerbock wurde am 2. Juni, ziemlich einmalig in der Geschichte der Vereinten Nationen, nicht wie sonst üblich einstimmig im Konsens zur neuen Präsidentin der UN-Generalversammlung gewählt, sondern mit zahlreichen Gegenstimmen und Enthaltungen. Sieben Staaten stimmten symbolisch sogar explizit gegen die deutsche Kandidatin und namentlich für die gar nicht zur Wahl stehende Helga Schmid, jene deutsche Spitzendiplomatin, die von Baerbock zuvor von diesem Posten weggemobbt wurde. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, auf welcher faktischen Grundlage die Bundesregierung die Wahl als Erfolg und Baerbock als Kandidatin des Konsens präsentierte und ob sie Berichte bestätigen kann, dass die Gegenstimmen vor allem von den BRICS-Staaten kamen, was hieße, dass 48 Prozent der Weltbevölkerung nicht hinter ihr stehen. Von Florian Warweg.

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Hintergrund

Normalerweise erfolgt die Wahl zum Vorsitz der UN-Vollversammlung ohne Gegenkandidaten im Konsens und ohne formelle Wahl. Das war diesmal anders.

Insbesondere Russland hatte in den Wochen vor der Wahl Baerbock wegen ihrer verbalen Ausfälle als ungeeignete Kandidatin bezeichnet und ihr „eklatante Voreingenommenheit“ vorgeworfen. Doch hinter den Kulissen soll es noch zahlreiche weitere Staaten gegeben haben, die Vorbehalte gegenüber der deutschen Kandidatin geäußert hatten. So sei beispielsweise von Staaten Asiens und Afrikas kritisch auf ihre unterstützende Rolle für Israels Vorgehen in Gaza verwiesen worden. Baerbock hatte als Außenministerin unter anderem die Bombardierung von Schulen und Krankenhäusern in Gaza durch das israelische Militär gerechtfertigt und damit einen Sturm der Entrüstung im Nahen Osten ausgelöst. Ihre konfrontative Haltung hatte auch in weiten Teilen Afrikas einen diplomatischen Scherbenhaufen hinterlassen (die NachDenkSeiten berichteten).

Das führte dazu, dass nur 167 von 193 Staaten für sie stimmten. Ein historisch schlechtes Ergebnis, das es in dieser Form nie zuvor bei einer Wahl zur Präsidentschaft der UN-Vollversammlung gegeben hatte.

Neben 14 Enthaltungen gab es, ebenso einmalig in der Geschichte der Vereinten Nationen, sieben Staaten, die in einer Art symbolischem Protest, auf den Abstimmungszettel den Namen der gar nicht zur Wahl stehenden deutschen Spitzendiplomatin Helga Schmid geschrieben hatten.

Diese war ursprünglich von der Bundesregierung für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung vorgesehen und auch explizit von Russland und China akzeptiert worden. Doch nach der für die Grünen verlorenen Bundestagswahl im Februar 2025 entschied sich Baerbock, gegen die allseits akzeptierte Kandidatin zu intrigieren und sich selbst auf diesen Posten zu setzen. Diese Entscheidung traf auf breite Kritik auch in Deutschland. So kritisierte unter anderem Christoph Heusgen, ehemaliger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz und UN-Vertreter Deutschlands, den Vorgang in scharfen Worten. Laut ihm sei es „eine Unverschämtheit, die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen“. Weiter führte er aus, dass es sich bei dem Widerruf der Nominierung der Spitzendiplomatin Helga Schmid zugunsten von Baerbock um eine „Aktion Abendrot“ handle. Mit diesem Begriff werden allgemein die Postenvergaben kurz vor Ablauf der Amtszeit an „verdiente“ Minister und Staatssekretäre benannt. Ein Beispiel in der Ära Merkel war beispielsweise die Vergabe des Postens des deutschen Botschafters in Israel an den Merkel-Sprecher und ehemaligen ZDF-Moderator Steffen Seibert (die NachDenkSeiten berichteten hier und hier).

„Das Verstörende an der Personalie Baerbock ist …“

Michael Bröcker, Chefredakteur von TABLE.BRIEFINGS, bezeichnete es vor diesem Hintergrund als „verstörend“, dass die damals noch amtierende Außenministerin seinen Informationen nach nicht einmal die Größe zeigte, Helga Schmid persönlich deren „spontane Demission“ zu Baerbocks eigenen Gunsten mitzuteilen, sondern die Spitzendiplomatin per Telefonanruf informieren ließ:

In diesem Zusammenhang sei auch nochmal daran erinnert, dass sich das Auswärtige Amt, von den NachDenkSeiten im März 2025 dazu befragt, nicht in der Lage zeigte, zu begründen, welche fachlichen Kompetenzen Baerbock für diesen Posten einbringt, die es rechtfertigen, dafür die eigentlich vorgesehene Kandidatin, die schon erwähnte deutsche Spitzendiplomatin Schmid, abzuservieren:

Vor diesem Hintergrund ist es ebenso vielsagend, dass der neue AA-Sprecher in der BPK, Josef Hinterseher, tatächlich die Chuzpe aufbrachte, in der aktuellen Regierungspressekonferenz zu behaupten:

„Frau Baerbock ist dafür aus unserer Sicht eine absolut geeignete und die beste Kandidatin gewesen.“

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 4. Juni 2025

Frage Warweg
Annalena Baerbock wurde am 2. Juni, ziemlich einmalig in der Geschichte der Vereinten Nationen, nicht per Akklamation, im Konsens und einstimmig zur neuen Präsidentin der UN-Generalversammlung gewählt, sondern mit 14 Enthaltungen, und sieben Staaten stimmten sogar symbolisch explizit gegen Baerbock und namentlich für die gar nicht zur Wahl stehende Helga Schmid – wir erinnern uns: jene deutsche Spitzendiplomatin, die von Frau Baerbock von diesem Posten wegintrigiert wurde. Vor diesem Hintergrund würde mich zunächst interessieren: Auf welcher faktischen Grundlage hat der aktuelle Außenminister, Herr Wadephul, Frau Baerbock nach der Wahl als Kandidatin des Konsenses und Fürsprecherin für 193 UN-Mitgliedstaaten im Sinne des Multilateralismus präsentiert?

Hinterseher (AA)
Wenn Sie sich das Wahlergebnis ansehen, dann sehen Sie, dass 167 von 193 Mitgliedstaaten, also 86 Prozent der Mitgliedstaaten, für Frau Baerbock gestimmt haben. Wir hatten keinen Zweifel daran, dass Frau Baerbock zur Präsidentin der VN-Generalversammlung für die 80. Sitzungsperiode gewählt wird. Diese sehr, sehr deutliche Mehrheit hat gezeigt, dass Frau Baerbock eben eine glasklare Mehrheit auf sich vereinen konnte und offenkundig höchstes Ansehen für dieses Amt genießt. Indem wir Frau Baerbock eben als international bestens vernetzte Politikerin, als vormalige Außenministerin und als erfahrene Politikerin nominiert haben, unterstreichen wir vor allem auch das deutsche Engagement für den Multilateralismus und die Vereinten Nationen in schwierigen Zeiten, in denen der Konsens in den Vereinten Nationen eben teilweise schwindet. Auf eine starke und vor allem neutrale politische Führung kommt es jetzt an, und Frau Baerbock ist dafür aus unserer Sicht eine absolut geeignete und die beste Kandidatin gewesen.

Frage Warweg
Es gibt Berichte, die besagen, dass die Enthaltungen und Gegenstimmen vor allem von den zehn BRICS-Staaten gekommen seien. Wenn sich das bestätigen würde, hieße das, dass rund die Hälfte der Weltbevölkerung – die BRICS-Staaten repräsentieren ja rund 48 Prozent der Weltbevölkerung – bzw. zumindest die Vertreter dieser Baerbock derzeit als Präsidentin der UNGA nicht unterstützen. Da würde mich interessieren: Wie ist denn diesbezüglich der Wissensstand des Auswärtigen Amtes, und was für Konsequenzen bedeutet das möglicherweise für die Autorität von Frau Baerbock in ihrer Funktion?

Hinterseher (AA)
Ich glaube, Ihre Aussage ist hoch spekulativ. Das war eine geheime Wahl. Ich weiß nicht, wo Sie diese Informationen herhaben. Ich kann das nicht bestätigen und weiß ehrlich gesagt nicht, wie Sie dazu kommen, das überhaupt anzunehmen.

Ich kann nur noch einmal auf das verweisen, was wir wissen, nämlich dass 167 von 193 Staaten für Frau Baerbock gestimmt haben, und das sind 86 Prozent aller VN-Staaten.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 04.06.2025