Bringt Außenminister Wadephul die 225 getöteten Journalisten in Gaza bei Israel-Besuch zur Sprache?

Bringt Außenminister Wadephul die 225 getöteten Journalisten in Gaza bei Israel-Besuch zur Sprache?

Bringt Außenminister Wadephul die 225 getöteten Journalisten in Gaza bei Israel-Besuch zur Sprache?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Im Rahmen der Reise von Bundesaußenminister Johann Wadephul nach Israel fragten die NachDenkSeiten in der Bundespressekonferenz nach, ob sich der Minister auch um einen Besuch des Gazastreifens bemüht habe. Die Antwort wollte der Sprecher des Auswärtigen Amtes nur „unter 3“, also als vertrauliche, nicht zitierfähige Hintergrundinformation geben. Ebenso kam die Frage auf, ob Wadephul die bis Stichtag 25. Juni erfolgte Tötung von 225 Journalisten in Gaza durch die IDF (seit dem 30. Juli sind es laut UN-Angaben mittlerweile 229) sowie die durch Israel verhängte Medienblockade, die verhindert, dass internationale Journalisten aus Gaza berichten, bei seinem Besuch zur Sprache bringen wird. Von Florian Warweg.

Hintergrund

Seit Oktober 2023 bis Stichtag 30. Juli 2025 hat die israelische Armee im Gazastreifen laut Angaben des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN-OCHA) 229 Journalisten getötet. Eine nicht nur für das 21. Jahrhundert historisch einmalige Zahl.

Zum Vergleich: Dem Journalistenverband der Ukraine zufolge wurden bislang (Stichtag 25. März 2025) 28 Journalisten auf der ukrainischen Seite der Front getötet. Davon 18 ukrainische sowie ausländische Berichterstatter während ihrer Berichterstattung, zehn weitere Journalisten fielen laut dieser Quelle in ihrer arbeitsfreien Zeit Raketen- und anderweitigem Beschuss zum Opfer.

Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) mit Verweis auf eine Übersicht der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass berichtet, sind durch ukrainischen Beschuss „mehr als ein Dutzend“ russischer Journalisten getötet worden:

„Seit dem Einmarsch Russlands in das Nachbarland im Februar 2022 sind (…) mehr als ein Dutzend russische Journalisten im Einsatz getötet worden“.

Die anhaltende Medienblockade Israels

Israel hat mit Beginn seiner sogenannten „Militäroperation Eiserne Schwerter“ am 7. Oktober 2023 eine bis heute anhaltende komplette Medienblockade und ein damit verbundenes Einreiseverbot für alle ausländischen Journalisten verhängt.

Weltweiter Appell: „Wir fordern Zugang nach Gaza“

Das heißt, ausländischen Journalisten wird es seit mehr als 20 Monaten unmöglich gemacht, sich selbst ein Bild über die Lage in Gaza zu machen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichten 130 Medien und Pressefreiheitsorganisationen aus aller Welt am 5. Juni 2025 einen weltweiten Aufruf, initiiert von Reporter ohne Grenzen (RoG) und dem Committee to Protect Journalists (CPJ), der freien Zugang für Journalisten nach Gaza fordert.

Hierzu erklärte die RoG-Geschäftsführerin Anja Osterhaus:

„Wir sehen in der fortgesetzten Medienblockade des Gazastreifens den systematischen Versuch der israelischen Seite, Fakten zu verschleiern, Informationen aus dem Krieg zu unterdrücken und die palästinensische Presse und Bevölkerung zu isolieren. Wir fordern Regierungen, Institutionen und Staatschefs auf der ganzen Welt auf, ihr Schweigen zu beenden. Sonst machen sie sich mitschuldig. Nach dem humanitären Völkerrecht ist die Tötung eines Journalisten ein Kriegsverbrechen.”

Dieser Aufruf verhallte bisher in Tel Aviv ebenso ungehört wie in Berlin. Unter den insgesamt 136 Unterzeichnern findet sich bezeichnenderweise ein einziges deutsches Medium. Das wiederum ist beinahe erstaunlich, die taz. Aus Frankreich gibt es beispielsweise neun prominente Unterzeichner, darunter das dpa-Pendant Agence France-Presse sowie das Pendant zur Deutschen Welle, France24.

Die Foreign Press Association (FPA – Interessenvertretung der ausländischen Journalisten, die aus und über Israel und die besetzten palästinensischen Gebiete berichten) hat sich bereits mehrfach an das Oberste Gericht in Israel gewandt und freien Zugang nach Gaza gefordert. Noch nie zuvor, so die FPA, habe der israelische Staat eine so lange und strenge Informationssperre verhängt. Das Gericht hat eine Entscheidung jedoch bis jetzt immer wieder mit oft fadenscheiniger Begründung verschoben.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 30. Juli 2025

Giese (AA)

Ich habe eine Reiseankündigung zu machen. Außenminister Johann Wadephul reist von morgen bis Freitag nach Israel und in die palästinensischen Gebiete. In Israel wird er unter anderem mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Sa’ar Gespräche führen. Im Zentrum der Gespräche wird die humanitäre Katastrophe in Gaza stehen. Am Freitag wird der Außenminister Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Vereinten Nationen in Jerusalem führen, die ihn vor allem zur humanitären Lage in Gaza und ihrem Engagement vor Ort briefen werden. In Ramallah wird er Vertreter der palästinensischen Behörde treffen.

Ziel der Reise ist es, genau wie vom Sicherheitskabinett vereinbart, die intensive Diplomatie in der Region fortzusetzen, um Wege auszuloten, wie die Lage in Gaza verbessert werden kann, alle Bemühungen für einen Waffenstillstand zu unterstützen und Planungen für den Tag danach in Gaza voranzutreiben. Auch die sich zuspitzende Lage im Westjordanland und die drohenden Annexionspläne Israels werden im Fokus der Reise stehen.

Frage Warweg

Herr Giese, Sie hatten jetzt bei den Besuchsplänen zum einen die Westbank und dann Israel erwähnt. Hat der Minister denn zumindest versucht, auch nach Gaza zu kommen? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

Giese (AA)

Die Reiseplanung ist so, wie ich es Ihnen gesagt habe.

Vorsitzende Hamberger

Wollen Sie „unter drei“ gehen?

— Teil „unter drei“ —

Anmerkung Redaktion: Der Ausdruck „unter drei“ bezeichnet im journalistischen Jargon im deutschsprachigen Raum, dass eine Aussage gegenüber Journalisten von diesen nur als Hintergrundinformation verwendet werden darf. Das Geäußerte ist somit vertraulich und darf weder per Kamera aufgezeichnet noch zitiert werden.

Vorsitzende Hamberger

Dann würde ich jetzt wieder „unter eins“ gehen, und alle halten sich bitte an die entsprechenden Regeln.

Zusatzfrage Warweg

Ich habe noch eine Nachfrage „unter eins“, was die Themen angeht. Laut UN-Angaben sind mittlerweile ja mehr als 225 Journalisten im Gazastreifen durch die IDF getötet worden. Internationale Journalisten dürfen bis zum heutigen Tage nicht nach Gaza, um von dort zu berichten. Ist denn diese Art des Umgangs mit Journalisten und auch die entsprechende Medienblockade gegenüber internationalen Journalisten ein Thema, das der Minister ansprechen will?

Giese (AA)

Es gab ja schon Fragen zu den Themenbereichen, die wir ansprechen werden. Ich will, wie gesagt, die Gespräche jetzt auch nicht vorzeichnen bzw. Gesprächsinhalte nicht vorwegnehmen. Aber es wird natürlich darum gehen, wie die Zustände in Gaza sind, dass es da sehr, sehr viele zivile Opfer gibt, dass die humanitären Zustände unerträglich sind, dass da viel zu viele Menschen sterben. Dabei würde ich es vielleicht belassen. Das beinhaltet natürlich auch den Umgang mit Journalistinnen und Journalisten, klar.

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