Gerade hat Kanzler Friedrich Merz an einer Videokonferenz zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine teilgenommen. Derweil prescht sein Parteikollege Roderich Kiesewetter nach vorne und fordert: Deutsche Soldaten sollen als Teil der Sicherheitsgarantien in die Ukraine. Das wäre eine katastrophale politische Entscheidung. Ohnehin braucht die Ukraine nur eine Sicherheitsgarantie – nämlich, dass die westliche Machtpolitik ihre Finger von dem Land lässt. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.
„Sicherheitsgarantien“ – das ist wieder so ein Wort, das plötzlich in den Medien auftaucht und von Politikern, Journalisten und Experten hoch und runter gebetet wird. Sicherheitsgarantien – damit Russland es nach einem Friedensabschluss nicht noch einmal wagt, die Ukraine zu überfallen. So nachvollziehbar das klingt: Vorsicht! Falle! Die Verdrehung von Ursachen und Wirkung ist, was den Ukraine-Krieg angeht, allgegenwärtig und Bestandteil der Propaganda. Ohne die massiven politischen Einflüsse des Westens in der Ukraine würde es diesen Krieg nicht geben. Das – wohlgemerkt! – ist keine Rechtfertigung für den russischen Angriff, aber die geostrategischen Interessen des Westens im Hinblick auf die Entstehung des Krieges dürfen auch nicht ausgeblendet werden.
Nun reden sie also von Sicherheitsgarantien – ganz so, als ob Russland die Ukraine aus purem imperialistischen Gehabe überfallen hätte. Bei Lichte betrachtet braucht die Ukraine genau eine Sicherheitsgarantie, nämlich: Die westliche Geo- und Tiefenpolitik soll ihre Finger von dem Land lassen. Dann wird in dem geschundenen Land auch wieder Frieden einkehren. Passiert das nicht, wird das Land vermutlich zwischen den geostrategischen Interessen Russlands und des Westens zerrieben werden.
Daran werden auch die nun in den Raum gestellten „Sicherheitsgarantien“ nichts ändern. Im Gegenteil: Wenn passiert, was gerade diskutiert wird, nämlich, dass westliche Soldaten in die Ukraine zur „Friedenssicherung“ gehen, dann dürfte das einer Zündschnur gleichkommen, die bereits vom ersten Tag an am Glimmen ist. Vieles spricht dafür: Unter dem Deckmantel der „Sicherheitsgarantien“ versuchen jene westlichen Kräfte, die die Entstehung dieses Krieges mit zu verantworten haben, weiterhin Zugriff auf das Land zu haben.
Vor allem dann, wenn die im Raum stehenden Sicherheitsgarantien nicht mit einer Politik der Annäherung, der Entspannung und vor allem auch eines Kurswechsels in Sachen „Kriegstüchtigkeit“ einhergehen, besteht die große Gefahr, dass es sich um einen strategischen, faulen Frieden handelt. Die Gefahr eines großen Krieges in Europa ist dadurch nicht gebannt. Da nichts nach einem Kurswechsel in der Konfrontationspolitik gegenüber Russland aussieht – im Gegenteil –, ist davon auszugehen, dass Sicherheitsgarantien, wenn sie europäische Truppen auf dem Boden der Ukraine beinhalten, wie Dynamit sein werden.
„Zu dem Beistandspakt gehört ja auch eine Absicherung eines möglichen Waffenstillstands – und die Absicherung geht nur mit Bodentruppen“, sagt aktuell der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter.
Deutsche Soldaten auf ukrainischem Boden? Deutsche Soldaten, die dort direkt Russland gegenüberstehen? Nach allem, was passiert ist? Die Politik der historischen Asozialität gegenüber Russland soll wohl fortgesetzt werden. Gegenüber Russland wäre ein solcher Schritt eine Zumutung und für Deutschland birgt er große Gefahren. Der Wind weht jedenfalls in diese Richtung.
Die EU und die USA sind sich einig: „Frieden braucht starke Sicherheitsgarantien für (die) Ukraine. Dazu sind wir gemeinsam bereit“, so Wadephul in einem Tweet auf der Plattform X. „Starke“ Sicherheitsgarantien – der Weg wird vorbereitet. Friedrich Merz hatte ebenfalls auf X verkündet, dass mit den europäischen Partnern zu den Sicherheitsgarantien beraten werde. Der fatale politische Kurs wird beibehalten.
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