Interview mit dem belarussischen Außenminister: Kooperation im Schatten des Krieges

Interview mit dem belarussischen Außenminister: Kooperation im Schatten des Krieges

Interview mit dem belarussischen Außenminister: Kooperation im Schatten des Krieges

Gábor Stier
Ein Artikel von Gábor Stier

Trotz des Krieges in der Ukraine hat sich die Beziehung zwischen Belarus und Ungarn aufrechterhalten. Ein rationaler und vernünftiger Ansatz beim Aufbau bilateraler Beziehungen, basierend auf gesundem Menschenverstand, wurde durch die Abhaltung der Sitzung der Ungarisch-Belarussischen Regierungskommission für Wirtschaftliche Zusammenarbeit in Minsk symbolisiert, ungeachtet der angespannten internationalen Lage. Gábor Stier sprach mit dem belarussischen Außenminister Maxim Ryzhenkov über den Krieg in der Nachbarschaft, die Rolle und Außenpolitik von Belarus sowie die bilateralen Beziehungen in einem Interview für die Wochenzeitung Demokrata und das Portal #Moszkvatér. Aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.

Gábor Stier: Der Krieg in der Nachbarschaft von Belarus dauert seit über drei Jahren an, während das Land seit fünf Jahren harten westlichen Sanktionen ausgesetzt ist. Trotzdem ist die Regierung stabil, das Land ist ruhig, aber der außenpolitische Spielraum hat sich verringert …

Maxim Ryzhenkov: Lassen Sie mich gleich klarstellen, dass Belarus nicht seit fünf, sondern seit fast 30 Jahren unter westlichen Sanktionen steht – und zwar, seitdem es begonnen hat, eine unabhängige, souveräne Politik zu verfolgen. Während es damals noch relativ isolierte Beschränkungen waren, gibt es heute Hunderte solcher Sanktionen. Der Plan der westlichen Länder, die belarussische Wirtschaft zu untergraben, ist jedoch gescheitert und hat ihnen selbst Milliardenverluste beschert. Aber das können Sie selbst beurteilen. Zum Beispiel war das Wachstum unserer Exporte in den Westen zwischen 2020 und 2024 etwa doppelt so hoch wie das Wachstum der Warenlieferungen aus der Europäischen Union auf die Weltmärkte.

Diese paradoxe Situation irritiert die europäischen Beamten zutiefst, aber es ist eine Tatsache, dass es weder gelungen ist, Belarus noch Russland zu isolieren. Sie haben sich selbst bestraft, indem sie die Lieferketten von Gütern und Dienstleistungen zu den weiten Märkten im Osten unterbrochen haben.

Die direkten jährlichen Verluste der litauischen Wirtschaft, die sich aus dem Abbruch der Beziehungen zu Belarus ergeben, werden beispielsweise auf etwa eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Aber das ist noch nicht alles. Die Ersetzung westlicher Produkte durch Waren aus den sogenannten Schwellenländern hat sowohl in Belarus als auch in Russland zum Wirtschaftswachstum beigetragen. Die Maßnahmen der Europäischen Union haben also das Produktionswachstum angeregt, weshalb ich nicht von einer Verringerung des belarussischen außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Spielraums sprechen kann. Belarus handelt weiterhin mit 200 Ländern und Regionen, erweitert seine Absatzmärkte und gewinnt neue Partner. In den vorherigen vier Jahren sind die Exporte nach Asien, in den Nahen Osten, nach Afrika und Lateinamerika um das 2,2-Fache gestiegen, und ihr Anteil am Gesamtexport hat heute 20 Prozent erreicht. Trotz aller Beschränkungen entwickelt sich die unsere Wirtschaft schneller als die europäische und die globale. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist 2023 und 2024 um vier Prozent gestiegen, während das Wirtschaftswachstum in der EU auf ein Prozent gesunken ist.

Wo sehen Sie die Rolle von Belarus in dieser Situation, wie würden Sie die Richtung und die Bestrebungen seiner Außenpolitik beschreiben?

Unsere Außenpolitik hat sich nicht grundlegend geändert. Sie bleibt auf mehrere Richtungen ausgerichtet und zeichnet sich durch Offenheit, Berechenbarkeit sowie die Prinzipien der Gleichheit, des gegenseitigen Nutzens und der Nichteinmischung aus. Wir vertiefen weiterhin unsere Allianzbeziehungen zu Russland und die strategische Partnerschaft mit China, parallel zum Ausbau unserer Beziehungen zu den Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.

Wir pflegen intensive Beziehungen auf hohem Niveau zu vielen europäischen Ländern – vor allem zu Ungarn. Ich bin der Führung des Landes dankbar für ihre Unterstützung und ihren Widerstand gegen den Druck aus Brüssel.

Belarus beteiligt sich zunehmend an der Arbeit regionaler und interregionaler Integrationsbündnisse. Im Juli 2024 wurde das Land Vollmitglied einer der größten und einflussreichsten regionalen Strukturen, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Außerdem ist es seit Oktober 2024 BRICS-Partner. Das Wichtigste ist, dass wir in dieser äußerst schwierigen geopolitischen Lage den Frieden und die wirtschaftliche Stabilität bewahrt und unseren Bürgern einen anständigen Lebensstandard gesichert haben.

Inwieweit könnte sich diese Situation mit einem zukünftigen Friedensabkommen in der Ukraine ändern?

Wir sind uns der Risiken, die mit dem anhaltenden Konflikt in der Ukraine verbunden sind, sehr bewusst. Aus diesem Grund begrüßt und unterstützt Minsk alle Initiativen zur Deeskalation und zur friedlichen Beilegung des Konflikts.

Von Beginn an hat die belarussische Seite zur Stabilisierung der Situation beigetragen und setzt dies fort. Wir haben bereits umfassende Erfahrung in der Organisation von Friedensprozessen, wie die Arbeit der Trilateralen Kontaktgruppe im Rahmen des Minsker Prozesses von 2014 bis 2022 belegt.

Nach dem Ausbruch des militärischen Konflikts fanden die ersten drei Runden der russisch-ukrainischen Verhandlungen in Belarus statt. Zudem erleichtern wir den Austausch von Toten und Kriegsgefangenen, wo dies möglich ist.

Obwohl Belarus keine Vermittlerrolle anstrebt, sind wir bereit, diese Mission zu übernehmen und den Prozess mit voller Verantwortung zu organisieren, falls unsere Nachbarn dies zum Wohle des Friedens wünschen.

Was unternimmt Belarus, um nicht direkt in den Krieg verwickelt zu werden?

Die Umrisse einer Lösung für den Ukraine-Konflikt wurden von Donald Trump und Wladimir Putin abgesteckt. Obwohl der Gipfel in Anchorage offiziell ein bilaterales Treffen war, fungierte Aljaksandr Lukaschenka de facto als dritte Partei in den Verhandlungen. Sowohl Putin als auch Trump hatten vor dem Treffen mit ihm telefoniert, was nicht überrascht: Das Engagement des belarussischen Präsidenten für eine friedliche Beilegung von Konflikten und die Wiederherstellung eines gerechten Gleichgewichts in der internationalen Sicherheit ist bekannt.

Im Zuge der belarussischen Friedensbemühungen haben wir 2023 und 2024 bereits zwei internationale Konferenzen zur eurasischen Sicherheit in Minsk ausgerichtet. Eine dritte ist für diesen Oktober geplant. Wir erwarten erneut eine hochrangige Vertretung Ungarns, dessen Standpunkt für uns – und nicht nur für uns – von großer Bedeutung ist.

Was ist Ihrer Meinung nach das größte Hindernis für die Beendigung des Krieges? Gibt es eine realistische Chance dafür in absehbarer Zeit, vielleicht noch im Jahr 2025?

Trotz der aggressiven, revanchistischen Rhetorik einiger europäischer Mächte und der Versuche, die Abkommen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin zu sabotieren, bin ich überzeugt, dass langfristig der gesunde Menschenverstand siegen wird, Moskau und Kiew sich einigen werden und die Konfrontation endet. Es ist nur eine Frage der Zeit und des politischen Willens.

Der Krieg und die aktuelle Lage binden Belarus noch stärker an Russland. Ihre Bürger können nun auch bei den russischen Wahlen abstimmen. Wie sollen wir das interpretieren?

Die strategische Partnerschaft zwischen Belarus und Russland hat derzeit ihren Höhepunkt erreicht. Tatsächlich können wir dem Westen in gewisser Weise dankbar sein: Der externe Druck und die Gegner haben uns gezwungen, eine qualitativ neue Ebene der wirtschaftlichen Integration zu erreichen. Dies hat die Schaffung technologischer Souveränität und einheitlicher Energiemärkte in unseren Ländern beschleunigt.

Heute genießen die Bürger beider Staaten gleiche Rechte in Bezug auf Freizügigkeit, Sozial- und Rentenversicherung, Bildung, Aufenthalt und Beschäftigung. Kürzlich wurde sogar das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen für Belarussen und Russen, die im jeweils anderen Land leben, eingeführt. All diese Schritte fördern eine effektive und echte Integration in den verschiedensten Bereichen des staatlichen und öffentlichen Lebens.

Wie weit ist der Aufbau des belarussisch-russischen Unionsstaates derzeit fortgeschritten?

Unter den derzeitigen schwierigen Umständen stärken sich Minsk und Moskau gegenseitig. Meiner Meinung nach bleiben andere Integrationsprojekte, an denen Belarus und Russland beteiligt sind, in Bezug auf die erzielten Ergebnisse deutlich hinter dem Unionsstaat zurück.

Gleichzeitig lassen sich die Belarussen nicht auf eine künstliche „Entweder-oder“-Wahl ein und spielen nicht nach den Regeln anderer. Ich möchte betonen, dass der Begriff „sekundärer Partner“ im Vokabular belarussischer Diplomaten nicht existiert.

Wir sind offen für die Zusammenarbeit mit jedem Land, das zu einem gleichberechtigten, ehrlichen und respektvollen Dialog bereit ist.

An der gemeinsamen Grenze von Belarus mit Polen und Litauen wird ein Zaun gebaut, was auch symbolisch die Blockbildung der Welt signalisiert. Ob gewollt oder nicht, diese Situation drängt Belarus zum sogenannten Globalen Süden.

Der von den polnischen und litauischen Behörden an der belarussischen Grenze errichtete Zaun ist nicht nur ein Symbol der Ohnmacht und unbegründeter Phobien, sondern auch ein Zeichen dafür, dass die Führungen einiger europäischer Länder unfähig sind, eine eigenständige Außenpolitik zu betreiben. Ganz zu schweigen von den finanziellen Problemen, die den Erfindern des „goldenen Zauns“ entstehen.

Jeder vernünftige Mensch versteht, dass das eigentliche Ziel der polnischen und litauischen Eliten darin besteht, in der eigenen Bevölkerung und bei den europäischen Partnern eine ständige Angst und Bedrohung aufrechtzuerhalten. Dieses Bestreben führt zu immer mehr neuen Militärprojekten, die anschließend aus den Haushalten der EU und der NATO finanziert werden sollen.

Gleichzeitig ignorieren Warschau und Vilnius die offensichtlichen Ursachen der Situation. Die überwiegende Mehrheit der Migranten stammt aus Ländern, in denen die sogenannten Kräfte des kollektiven Westens Militäroperationen durchführten, die die Bedingungen und Infrastruktur für ein normales Leben zerstörten und Zivilisten töteten. All dies hat eine massive Flüchtlingswelle ausgelöst.

Die Folgen der gescheiterten Migrationspolitik der EU sind bereits für die polnischen Behörden spürbar, die gezwungen sind, die Grenzkontrollen zu Deutschland wieder einzuführen. In jüngster Zeit hat sich die westliche Richtung zu einer der gefährlichsten Routen für illegale Migration nach Warschau entwickelt.

Warschau sieht in Belarus eine Sicherheitsherausforderung nicht nur wegen der russischen Präsenz, sondern auch wegen der Migration, die seiner Meinung nach als Hybridwaffe genutzt wird. Wie geht Minsk mit der Einwanderungsfrage um?

Sehen Sie, die Europäische Union hat die Zusammenarbeit mit Belarus im Kampf gegen die illegale Migration eingestellt, unfaire und illegale Sanktionen gegen unser Land verhängt und grenzüberschreitende Projekte eingefroren. Hier ist es sehr passend, an die kürzlich geäußerten Worte von Präsident Lukaschenka zu erinnern, dass Belarus nicht mit einer Schlinge um den Hals die Interessen der Polen und Balten verteidigen wird.

Ein separates Thema ist die Tätigkeit von organisierten kriminellen Gruppen in Polen, die in Absprache mit lokalen Beamten Migranten gegen Geld bei der illegalen Einreise nach Polen helfen. Es ist sehr bequem, sich hinter dem Popanz des „hybriden Krieges“ zu verstecken, um mit den Flüchtlingen Geld zu verdienen, die versuchen, aus der hoffnungslosen Lage in ihren Ländern zu entkommen.

In diesem Zusammenhang muss der Visa-Skandal erwähnt werden, der die polnische Öffentlichkeit zutiefst schockiert hat. Polnische Auslandsvertretungen haben lange Zeit gegen Bestechung großzügig Visa an die ärmsten Länder des „Globalen Südens“ vergeben. Mehr als 360.000 Visa wurden allein an Migranten aus muslimischen Ländern „ausgestellt“. Wir haben oft gesagt, dass der Kampf gegen die illegale Migration gemeinsam geführt werden muss. In der Praxis sind wir jedoch leider weit davon entfernt. Es war besonders vielsagend, dass die polnischen Behörden die Teilnahme an der internationalen Konferenz zur Bekämpfung der illegalen Migration, die im November 2024 in Minsk stattfand, abgelehnt haben. 150 Personen aus mehr als 30 Ländern kamen zusammen. Aber Polen interessierte das nicht.

Welche Chancen hat Ihrer Meinung nach die nicht-westliche Welt in der entstehenden neuen Weltordnung?

Es ist klar, dass der „Globale Süden“ bereits jetzt zu einer wichtigen wirtschaftlichen Kraft geworden ist und seine Rolle im globalen Koordinatensystem in Zukunft noch entscheidender sein wird. Die Wirtschaften mehrerer dieser Länder wachsen schneller als die der entwickelten nördlichen Staaten. All dies hat logischerweise dazu geführt, dass sich die weltweiten Handels-, Finanz- und Investitionszentren nach Asien verlagert haben. Während sich der Westen zunehmend von den Prinzipien des Freihandels entfernt, unterstützen die Länder des „Globalen Südens“ weiterhin aktiv die globale wirtschaftliche Integration unter gleichen Bedingungen.

Trotz der objektiven Unterschiede verbindet die meisten von ihnen eine ähnliche Einschätzung der aktuellen globalen Prozesse und der Wunsch nach einer gerechten und nachhaltigen Weltordnung.

Der Bedarf an einer Institutionalisierung der Zusammenarbeit, an der Stärkung und Erweiterung regionaler und interregionaler Organisationen wie der Afrikanischen Union, der ASEAN (Verband Südostasiatischer Nationen), der CELAC (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten), der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und der BRICS wächst. Die Länder des „Globalen Südens“, die bereits die globale Mehrheit bilden, setzen sich für die Aufrechterhaltung der internationalen Sicherheit auf der Grundlage der UN-Charta ein und betonen die Bedeutung der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten. Belarus teilt die Prinzipien und Ansichten der sogenannten globalen Mehrheit, betrachtet sich als integralen Bestandteil dieses Blocks und beteiligt sich aktiv an der Gestaltung einer neuen Weltordnung. Ich bin überzeugt, dass die weitere Entwicklung der westlichen Länder in hohem Maße davon abhängt, ob sie in der Lage sind, sich in die neue Realität zu integrieren, sich von veralteten Dogmen und Stereotypen zu lösen und langfristige, gleichberechtigte und respektvolle Beziehungen zum „Globalen Süden“ aufzubauen.

Russische Atomwaffen wurden auf belarussischem Territorium stationiert. Inwieweit stärkt das die Sicherheit des Landes? Haben Sie keine Angst vor dem in letzter Zeit so oft erwähnten Atomkrieg?

Belarus hat wiederholt vor der provokativen Annäherung der NATO-Militärinfrastruktur an die Grenzen des russisch-belarussischen Unionsstaates gewarnt. Die ungezügelte Militarisierung Europas, die das Machtgleichgewicht untergräbt, gibt uns Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Wir beabsichtigen nicht, gedankenlos teure Waffen zu kaufen und unsere Armee auf das Vielfache aufzustocken. Wir wollen Belarus nicht in ein Waffenlager verwandeln. Angesichts der aktuellen Lage sind wir jedoch gezwungen, defensive Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes zu stärken.

Dabei zählen wir selbstverständlich auf die Unterstützung unseres engsten Verbündeten Russland. Im Dezember 2024 unterzeichneten die Präsidenten beider Länder ein Abkommen über Sicherheitsgarantien innerhalb des Unionsstaates. Dieses besagt, dass der russische „nukleare Schirm“ Belarus genauso schützt, wie Russland zum Schutz seiner eigenen Interessen reagieren würde. Ich möchte betonen, dass das Abkommen den Einsatz taktischer Atomwaffen nur als äußerste und erzwungene Gegenmaßnahme erlaubt.

Präsident Lukaschenka sagte kürzlich, es sei „völlig natürlich, dass die Belarussen unter den gegenwärtigen Umständen zusätzliche Garantien benötigen; dies fordern unsere nationalen Interessen. Aus diesem Grund wurden taktische Atomwaffen in der Republik Belarus stationiert.“

Auch die russischen ballistischen Mittelstreckenraketen vom Typ Oreschnik werden ausschließlich zu Verteidigungszwecken auf dem Territorium von Belarus stationiert. All dies sind wichtige Elemente der strategischen Abschreckung.

Weder in Minsk noch in Moskau will jemand eine nukleare Konfrontation. Wie Präsident Lukaschenka wiederholt erklärt hat, ist der Besitz von Atomwaffen eine große Verantwortung. Wir werden niemals die Ersten sein, die solche Waffen einsetzen. Wir betrachten ihre Präsenz in unserem Verteidigungsarsenal in erster Linie als Abschreckung und als Garantie für die Sicherheit unseres Landes.

Trotz des Drucks auf Belarus unterhält Budapest weiterhin pragmatische Beziehungen zu Minsk. Welche Bedeutung und welche Botschaft können diese Beziehung in einer so zugespitzten internationalen Lage haben?

Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem außenpolitischen Konzept Ungarns, das Offenheit sowohl nach Osten als auch nach Süden voraussetzt. Dieses Prinzip ähnelt in vielerlei Hinsicht der multivektoriellen Diplomatie von Belarus. Der Wunsch nach einer gegenseitig vorteilhaften und respektvollen Zusammenarbeit mit einer breiten Palette von Partnern ist jedoch nicht das Einzige, was unsere Länder verbindet. Ähnlichkeiten im Verständnis von Souveränität als Grundwert, der Wunsch, nationale Interessen zu schützen und die Identität zu bewahren, sowie die Ablehnung der Politik illegaler Sanktionen, die von einigen Ländern des sogenannten kollektiven Westens verhängt wurden, sind wichtige Verbindungspunkte, die zur Entwicklung der belarussisch-ungarischen Zusammenarbeit beitragen.

Ähnlich wie Belarus ist auch Ungarn an der Wahrung von Frieden und Harmonie im gemeinsamen eurasischen Raum interessiert und unternimmt erhebliche Anstrengungen, um dies zu erreichen.

Wir schätzen die Teilnahme von Außenminister Péter Szijjártó an den Internationalen Konferenzen zur Eurasischen Sicherheit 2023 und 2024 in Minsk. Vor einem Jahr hat mein hochgeschätzter Kollege nicht nur die Teilnehmer und Gäste der Konferenz mit seiner Rede in russischer Sprache beeindruckt, sondern auch den Standpunkt Budapests zu globalen Sicherheitsfragen erneut detailliert und lebhaft dargelegt. Ich bin überzeugt, dass unsere Länder gemeinsam dazu beitragen können, die Sicherheitsarchitektur unserer Region zu stärken und die strategische Stabilität aufrechtzuerhalten. Während also einige nur darüber reden, tun andere etwas dafür. Belarus und Ungarn haben tatsächlich viele Gemeinsamkeiten, die es uns ermöglichen, die freundschaftlichen Beziehungen auch unter den gegenwärtig schwierigen Umständen zu pflegen und eine für unsere Länder und Völker gegenseitig vorteilhafte Partnerschaft aufzubauen. In dieser Zusammenarbeit liegt ein erhebliches Potenzial – unter anderem in den Bereichen Atomenergie, Landwirtschaft, humanitäre Zusammenarbeit und internationale Organisationen –, das wir noch nicht vollständig ausgeschöpft haben.

Können wir trotz Sanktionen und in der Nachbarschaft des Krieges überhaupt von funktionierenden Wirtschaftsbeziehungen sprechen?

Die Zusammenarbeit zwischen Belarus und Ungarn richtet sich gegen niemanden. Sie dient den Interessen der Völker und Volkswirtschaften beider Länder und entwickelt sich auch unter den derzeitigen, außerordentlich schwierigen Umständen recht effizient.

In den letzten Jahren fanden zahlreiche gegenseitige Besuche auf der Ebene der Außenminister statt. Die bilaterale Wirtschaftskommission und die sektoralen Arbeitsgruppen konnten ihre Arbeit in Form von persönlichen Treffen wieder aufnehmen. In den Jahren 2023 und 2024 fanden in Budapest und Minsk zwei bilaterale Geschäftsforen und ein Investitionsforum mit über 200 belarussischen und ungarischen Unternehmen statt. Zuletzt hielten wir die 13. Sitzung der belarussisch-ungarischen Regierungskommission und ein bilaterales Geschäftsforum in Minsk ab.

Was kann Belarus derzeit anbieten, und was erwartet es von Ungarn?

Leider ist eine echte Zusammenarbeit heute nur in Bereichen möglich, die nicht unter Sanktionen fallen. Belarus ist an der Zusammenarbeit mit Ungarn in vielen Bereichen interessiert. So bleibt es ein wichtiger Partner beim Bau der beiden Blöcke des Kernkraftwerks Paks II. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Belarus Kernkraftwerk (Anm. Red.: eines der größten gemeinsamen Projekte von Rosatom und der Republik Belarus) auch eine Referenz für Paks darstellt – ebenso, wie Belarus auch Teil der Ost-West-Energie-Transit-Infrastruktur ist. Ungarische Unternehmen zeigen zudem traditionell Interesse am Erwerb hochwertiger Produkte der belarussischen Maschinenindustrie, insbesondere von Landmaschinen. Es gibt ernsthafte Möglichkeiten im Bereich der Landwirtschaft. Ungarische Partner sind daran interessiert, die Lieferung von belarussischem Kaliumdünger wieder aufzunehmen. Aber auch ungarische Waren haben längst ihren Weg auf unseren Markt gefunden, und ihr Angebot – wie Wein und Erfrischungsgetränke, Saatgut, Geflügelprodukte, Medikamente – wächst stetig. Selbst inmitten des beispiellosen externen Drucks haben Belarus und Ungarn nicht nur eine Möglichkeit zum Dialog gefunden, sondern bauen auch aktiv eine gegenseitig vorteilhafte Partnerschaft auf. Anstelle einer spaltenden Rhetorik wählen unsere Länder den Weg des Pragmatismus und des gegenseitigen Respekts. Diese Zusammenarbeit ist ein klarer Beweis dafür, dass eine echte Freundschaft selbst in den verworrensten politischen Labyrinthen einen Weg finden kann.

Der Beitrag ist auf Ungarisch auf dem Portal #Moszkvater erschienen.

Titelbild: Moszkvater