Trumps letzte Entscheidung zum Krieg in Jemen ist viel schlimmer als der „Sturm auf das Kapitol“

Trumps letzte Entscheidung zum Krieg in Jemen ist viel schlimmer als der „Sturm auf das Kapitol“

Trumps letzte Entscheidung zum Krieg in Jemen ist viel schlimmer als der „Sturm auf das Kapitol“

Ein Artikel von: Redaktion

In Zeiten massenmedialer Dauerberieselung ist die Aufmerksamkeit des Publikums ein knappes Gut. Die gilt es, sich zu sichern, wenn man eine Agenda durchsetzen will. Im Zentrum der Aufmerksamkeit ist derzeit der „Sturm auf das Kapitol“. Anderes geht völlig unter, zum Beispiel der Krieg im Jemen: Dort sind 80 Prozent der Menschen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen, Millionen vom Hungertod bedroht. Jetzt hat US-Außenminister Pompeo in seinen letzten Amtstagen eine Entscheidung getroffen, die die Lage der Menschen im Jemen weiter verschärfen wird, schreibt Caitlin Johnstone. Übersetzung: Susanne Hofmann.

Während Politik und Medien die Randale am Kapitol hysterisch mit Pearl Harbor und der Kristallnacht vergleichen, hat die Trump-Administration etwas getan, das weit, weit schlimmer ist, aber weit, weit weniger Aufmerksamkeit bekommt.

Das US-Außenministerium hat offiziell seine Absicht erklärt, die Huthis im Jemen auf die Terrorliste zu setzen. Davor war schon von vielen Seiten gewarnt worden. Humanitäre Organisationen verurteilen den Schritt, weil er Hilfe für die Bevölkerung weiter erschweren wird, die bereits Opfer der brutalsten Gräueltaten der Welt ist – Gräueltaten vonseiten der Saudis, die ohne die Hilfe der westlichen Macht-Allianz nicht möglich wären. Einige Folgen dieser Bezeichnung als Terroristen sind bereits zu erkennen.

Dave DeCamp von Antiwar berichtet Folgendes:

Der Terror-Stempel wird die Bemühungen internationaler Wohltätigkeitsorganisationen behindern, die Nahrungsmittel in die von den Huthis kontrollierten Gebiete bringen, wo 70 Prozent des jemenitischen Volkes leben und wo Unterernährung am weitesten verbreitet ist.

Hilfsorganisationen befürchten, dass ihre Arbeit im Nord-Jemen nunmehr kriminalisiert wird, da die Huthis dort das Sagen haben und die Organisationen sich mit ihnen bei der Abwicklung ihrer Hilfslieferungen verständigen müssen. Die Einstufung als Terroristen durch die USA ebnet Sanktionen gegen Personen oder Gruppen den Weg, die mit jenen Geschäftsbeziehungen unterhalten, die Washington als Terroristen brandmarkt.

Pompeo sagte zwar, es würden Ausnahmen für humanitäre Güter gemacht. Doch jede zusätzliche Straßensperre, die Hilfsorganisationen überwinden müssen, werden mehr Leid im Jemen verursachen, da die Lage dort so aussichtslos ist. „Selbst wenn es Ausnahmen gibt, werden die Hilfslieferungen darunter leiden“, sagte Janti Soeripto, der Präsident von Save the Children laut AP News.

Laut konservativen Schätzungen der Vereinten Nationen sind rund 233.000 Jemeniten im Krieg zwischen den Huthis und der von den USA unterstützten und von den Saudis angeführten Koalition getötet worden, vor allem durch „indirekte Ursachen“, wie sie es nennen. Darunter fallen Krankheit und Hunger aufgrund „der schlimmsten Hungersnot, die die Welt seit Jahrzehnten gesehen hat“, wie sie UN-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnet.

Wenn man das Wort „Hungersnot“ hört, denkt man für gewöhnlich an Massen-Hunger, der durch Dürre oder andere natürliche Phänomene erzeugt wird. Doch in Wirklichkeit verhungern die Menschen im Jemen, darunter sehr viele Kinder unter fünf Jahren, aufgrund von Umständen, die keinen Deut natürlicher sind als eine mittelalterliche Belagerung, bei der ebenfalls Menschen verhungerten. Die Menschen im Jemen sterben aufgrund von Blockaden durch die saudische Koalition und ihren absichtlichen Beschuss von Bauernhöfen, Fischerbooten, Marktplätzen, Lebensmittellagern und Cholera-Behandlungszentren. Durch Luftangriffe will man die von den Huthis kontrollierten Gebiete im Jemen so schwächen und ins Elend stürzen, dass sie aufgeben.

Mit anderen Worten: Die USA und ihre Verbündeten haben Saudi-Arabien dabei geholfen, absichtlich massenhaft Kinder und andere Zivilisten zu töten, um ein politisches Ziel zu erreichen. Das wäre natürlich ein perfektes Beispiel für jede gängige Definition von Terrorismus. Dass das unfassbar barbarische und blutrünstige US-Imperium die Huthis als Terrororganisation bezeichnet, ist der schlechteste Witz aller Zeiten.

Dieser Schritt ist quantifizierbar deutlich schlimmer als alles, was Trump möglicherweise hätte tun können, um den Aufstand im Kapitol anzustacheln, da er weitaus mehr Menschen töten wird. Doch die Massenmedien konzentrieren sich auf die eine Nachricht, während sie die andere praktisch ignorieren. Das liegt daran, dass die Story vom Kapitol-Aufstand parteiischen Narrativen entspricht und Zustimmung für autoritäre Terrorismus-Gesetze im Landesinneren generiert. Die Jemen-Story dagegen beleuchtet schlaglichtartig die Verkommenheit des US-Imperialismus. Die Medien, die Plutokraten gehören, existieren nicht, um uns die Welt so zu zeigen, wie sie ist. Es gibt sie vielmehr, um das Imperium am Laufen zu halten.

Es herrscht ein seltsames Tabu zu sagen, dass einige Dinge schlimmer als andere sind, insbesondere, wenn es sich dabei um Dinge dreht, von denen uns die Massenmedien eintrichtern, dass sie von überragender Bedeutsamkeit sind. Da heulen Leute auf: “Warum redest du den Angriff auf das Kapitol klein??“ Und „Warum ziehst du Vergleiche? Das ist doch kein verdammter Wettstreit!“ Das ist dämlich. Alle Dinge sind nicht allen anderen gleich, und herauszufinden, in welcher Hinsicht die Berichterstattung unverhältnismäßig ist und die Realität nicht widerspiegelt, ist ein sehr wichtiger Teil des Versuchs, die Welt zu verstehen.

Jetzt wird den Amerikanern also ständig eingetrichtert, dass von Trumps radikalisierter Basis eine Gefahr für People of Color ausgehe. Gleichzeitig ignoriert man aber die Tatsache, dass Trump aktuell Maßnahmen umsetzt, welche das Abschlachten von People of Color erleichtern. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich Letzteres verborgen in geografischer Distanz vollzieht und weitaus entsetzlicher ist.

Es spielt eine Rolle, dass die Massenmedien nicht ausgewogen berichten. Es spielt eine Rolle, dass sie den Blick der Öffentlichkeit von den Gräueln des Imperiums ablenken und ihren Realitätssinn grob verzerren. Das ist nicht bloß eine müßige „Querdenker-Auffassung“. Das ist bedeutsam.

In den vergangenen Jahrhunderten haben wir eine Entwicklung durchgemacht. Während wir früher erwartet haben, dass unsere Anführer Menschen mit brauner Hautfarbe töten und sich rassistisch äußern, erwarten wir heute, dass unsere Anführer Menschen mit brauner Hautfarbe töten und zugleich den Rassismus anprangern. Das Ermorden ist geblieben und der Rassismus auch. Verändert haben sich bloß die Normen der Umsetzung.

Das ist bedeutsam.

Titelbild: akramalrasny/shutterstock.com

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