Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die Rente, die Demographie und der Zins
  2. In Zukunft investieren!
  3. In den Schulden liegt der Streit
  4. “Corona ändert den Blick auf das Öffentliche und den Staat”
  5. Jenseits des Geld-Manager-Kapitalismus
  6. Ampel oder Jamaika: alle Wege führen in die Irre
  7. Amazon frisst uns mit Haut und Haar
  8. PandoraPapers zeigen: Der karibische Briefkasten ist immer noch in Betrieb
  9. Zur Modellierung der Corona-Pandemie – Eine Streitschrift
  10. “Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen” – Vierzig Jahre Bonner Friedensdemonstration

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Rente, die Demographie und der Zins
    Dass die Riester-Rente ein totaler Flop war, weiß heute fast jeder. Dennoch kam schon vor der Regierungsbildung bei einigen Parteien wieder eine Diskussion hoch über die Möglichkeit einer kapitalgedeckten Rente. In den Koalitionsverhandlungen wird die FDP darauf beharren, es müsse eine zweite angesparte Säule der Rentenversicherung geben wegen Demographie – und so wie es aussieht, wird niemand daraus einen Knackpunkt machen. Die SPD ist offen und die Grünen haben das auch schon einmal selbst mit der Idee eines Staatsfonds ventiliert.
    Diesmal soll der Staat mit einem neu geschaffenen Fonds einspringen, weil man immerhin eingesehen hat, dass beim Riester-Modell letztlich nur die Versicherungen profitiert haben.
    Dennoch ist die Rückkehr zu dieser alten Idee mehr als erstaunlich, wenn man bedenkt, wie sich die Bedingungen an den Kapitalmärkten der Welt seitdem verändert haben.
    Zu Beginn des Jahrhunderts wurde argumentiert, die Verzinsung des angesparten Kapitals sei bei einer Kapitalmarktanlage höher als die implizite Verzinsung beim Umlageverfahren. Bei positiven Realzinsen könne man sogar damit rechnen, die Rente zu finanzieren, ohne das Kapital selbst zum Zeitpunkt des Rentenbezuges verbrauchen zu müssen.
    Nach zehn Jahren eines weltweiten Nullzinsregimes müsste man allerdings doch stutzig werden. Derzeit spricht wenig dafür, dass sich das Zinsniveau in einem überschaubaren Zeitraum auf Werte einpendelt, wie sie vor zwanzig Jahren noch gang und gäbe waren. Man muss sich ja gerade als liberaler Politiker oder neoklassischer Ökonom die Frage stellen, warum das Zinsniveau so niedrig ist und was das für die Hoffnungen heißt, die man mit einer angesparten Rente verbindet.
    Dass es immer noch große Konfusion um die Rente gibt, liegt vermutlich daran, dass Deutschland seit Beginn des Jahrhunderts hohe Leistungsbilanzüberschüsse aufweist. Daher ist der einfache und absolut richtige Satz, dass die Volkswirtschaft nicht sparen kann, den Deutschen fremd geblieben.
    Quelle: Relevante Ökonomik
  2. In Zukunft investieren!
    Den sozial-ökologischen Wandel gibt es nicht zum Nulltarif: Wir brauchen massive Investitionen in eine klimaverträgliche Stromerzeugung, in den öffentlichen Verkehr, in die energetische Gebäudesanierung und vieles mehr. Hinzu kommen ungedeckte Bedarfe etwa in Pflege und Gesundheit, bei schnellen Datennetzen, in Bildung und Forschung sowie beim bezahlbaren Wohnen.
    Hier muss die zukünftige Bundesregierung dringend handeln – sie muss die Investitionen in Zukunft ausweiten und verstetigen! Es ist deshalb nicht die Zeit für steuerliche Entlastungen der Reichen. Und es ist nicht die Zeit für ein ideologisches Festklammern an schwarzer Null und Schuldenbremse.
    Wer investieren will, muss die Bremse(n) lösen: Die Schuldenregeln im Grundgesetz sind flexibler zu gestalten – Investitionen müssen von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Denn nur so lassen sich die notwendigen Finanzmittel beschaffen. Und dank Negativzinsen verdient Deutschland an seinen Schulden sogar gutes Geld!
    Was aber, wenn sich für eine Lockerung der Schuldenbremse keine Mehrheiten finden? Dann kann und muss die Bundesregierung die Kreditaufnahme aus dem Bundeshaushalt in eine öffentliche Investitionsgesellschaft auslagern. Denn klar ist: Wenn wir nicht heute die Weichen für mehr Zukunftsinvestitionen stellen, zahlen wir morgen die Zeche!
    Quelle: ver.di Wirtschaftspolitik

    dazu: Klassenkampf mit der Notenpresse?
    Manche Linke machen es sich schwerer, als sie müssten. Wie die Modern Monetary Theory helfen kann. […]
    Da der Staat unter anderen Bedingungen agiert als ein Währungsnutzer, sind seine Ausgaben nicht etwa durch die Höhe der Steuereinnahmen begrenzt, sondern durch reale Ressourcen, die in staatlicher Währung zum Verkauf stehen, und durch eigens auferlegte politische Regelungen wie etwa die Schuldenbremse. Ein Staat kann in der eigenen Währung auch nicht pleite gehen und ist weder von den Finanzmärkten und noch vom Geld der Superreichen abhängig. Auch das Preisniveau und die Arbeitslosenquote werden maßgeblich durch den Staat beeinflusst. […]
    Superreiche sollten besteuert werden, weil ihr Reichtum nicht auf eigener Leistung beruht, sondern das Ergebnis von Mehrwertaneignung ist. Ihr Reichtum bedeutet politische Macht, ist eine Zumutung für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Staat braucht ihr Geld aber nicht. Denn staatliche Währung wächst nicht auf reichen Menschen, sondern in der Excel-Tabelle der Zentralbank – und zwar auf Knopfdruck! Anders als häufig angenommen, ist diese Einsicht kein Argument gegen eine höhere Besteuerung von großen Vermögen – das Gegenteil ist der Fall. Vielmehr eröffnet uns diese Perspektive den Handlungsspielraum für viel weitreichendere Forderungen. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass wir die massive Ungleichheit nicht mit ein paar Prozent Vermögensteuer lösen können. Die Superreichen werden auch dann noch genauso viel konsumieren, lobbyieren und korrumpieren können wie zuvor. Doch genau zu dieser moderaten Forderung kommen Sozialistinnen und Sozialisten aber, wenn sie glauben, sie seien von privatem Kapital abhängig, weil dort die Investitionen, die Jobs und die Steuereinnahmen herkommen.
    Quelle: Maurice Höfgen auf Jacobin

  3. In den Schulden liegt der Streit
    Klima, Pflege, Schulen: Der Staat muss in Zukunft massiv investieren. Wie soll das mit einer FDP funktionieren, die sich an die Schuldenbremse klammert?
    Die Sondierungen einer möglichen Ampel-Koalition kommen in die kritische Phase. Einerseits ist der politische Druck groß, das Bündnis auf die Kette zu bekommen. Andererseits sind die Gräben tief – insbesondere in der Finanzpolitik. FDP-Chef Christian Lindner sprach im Wahlkampf immer davon, dass ihm für eine Ampel-Koalition die Kreativität fehle. Grünen-Chef Robert Habeck hingegen betont gerade jetzt, dass Kreativität nötig sei. Absehbar ist, dass Lindner wohl die größten Chancen auf das Amt des Finanzministers hat und dieses in den Sondierungen auch beansprucht. Die Kompromisslinien in Sachen Finanzpolitik sind eine Herausforderung. Gerade bei der Schuldenbremse werden die ideologischen Gräben deutlich.
    Bis weit in den ökonomischen Mainstream ist klar, dass die Schuldenbremse auf den OP-Tisch kommt. Während einige sie aus rein ideologischen Gründen weiter eisern verteidigen, suchen selbst ordoliberale Mainstream-Ökonomen wie Clemens Fuest vom Ifo-Institut nach minimalinvasiven Operationseingriffen. […]
    Doch auch ohne Reform der Schuldenbremse gibt es Spielräume. Häufig werden diese Spielräume als „Umgehung“ geziehen, dabei kann nichts umgangen werden, was nicht von der Schuldenbremse geregelt ist. Oft fallen Progressive hier auf das Framing der Konservativen herein. Doch von beiden Seiten gibt es Vorschläge.
    Quelle: Lukas Scholle in der Freitag
  4. „Corona ändert den Blick auf das Öffentliche und den Staat“
    Zwischen 1991 und 2008 wurde ein Drittel des Personals im öffentlichen Dienst abgebaut. Das belegt anschaulich der DGB Personalreport. Im Interview spricht der Soziologe Berthold Vogel über die Folgen des Sparkurses und die mangelnde Unterstützung der Politik für den öffentlichen Sektor.
    Berthold Vogel: Es gab ja in der Bundesrepublik zunächst eine lange Aufbauphase bis in die frühen Achtzigerjahre, der öffentliche Sektor wurde deutlich gestärkt. Danach drehte sich der Wind, die neuen Schlagworte lauteten Bürokratieabbau und Effizienz. Der Staat müsse schlanker und schneller werden, der Verwaltungsapparat sei zu groß, hieß es bis in die Zweitausenderjahre hinein. Es wurde Personal gekürzt…
    Die sehr übersichtliche und geordnete Laufbahnen-Welt wurde ziemlich durchgeschüttelt, so dass im öffentlichen Sektor heute sehr unterschiedliche Arbeitswelten nebeneinander stehen. Die geordnete Welt gibt es noch, sie besteht fort. Daneben gibt es aber viele öffentlich Bedienstete, die befristete Verträge haben oder schlechter bezahlt werden…
    (…) Sieht die Gesellschaft durch Corona nun anders auf den öffentlichen Dienst und die öffentliche Infrastruktur? Ja, Corona verändert den Blick auf das Öffentliche und den Staat. So schrecklich diese Pandemie ist, hier zeigt sich tatsächlich ein Effekt innerhalb der Debatten. Auch weil wir nicht abstrakt über „den Staat“ oder „die Ämter“ sprechen, sondern die Personen wahrnehmen, die sich dahinter verbergen. Durch diesen Perspektivwechsel rücken andere Fragen nach vorne: Was sind systemrelevante Berufe und gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen? Wie statten wir diese aus? Die Pandemie macht deutlich, wofür wir diese öffentliche Infrastruktur brauchen.
    Quelle: Gegenblende
  5. Jenseits des Geld-Manager-Kapitalismus
    Die Regierung hat viel Geld, um Probleme zu lösen. Das war auch bei der Corona-Krise der Fall. Warum also wird jetzt, angesichts der Klima- und Wohnungskrise, nichts unternommen?
    (…) Jetzt, wo die Corona-Maßnahmen auslaufen, wird immer deutlicher, dass das größte Hindernis für die Nachhaltigkeit in den Niederlanden nicht die Probleme – Viehzucht, Flugverkehr, der Gasverbrauch – sind, sondern die Suche nach Lösungen…
    Trotz schöner Worte über starke Schultern, die die schwersten Lasten tragen sollen, holt uns die Realität bereits ein. Steigende Energiekosten werden vor allem die unteren Einkommensgruppen relativ viel Geld kosten. Wenn das ein Vorgeschmack ist, auf das was kommen wird, dann werden Straßenbenutzungsgebühren, CO2-Bepreisung und ein fairer Preis für Fleisch auf massiven Widerstand stoßen. Die berüchtigten Gelbwesten sind dann zur Stelle.
    Um einen solchen Widerstand zu vermeiden, brauchen wir nichts weniger als einen Paradigmenwechsel bei der Verwendung unserer finanziellen Mittel…
    Quelle: Makroskop
  6. Ampel oder Jamaika: alle Wege führen in die Irre
    In Berlin wird sondiert, um dann zu verhandeln. Gleich, ob Ampel oder Jamaika – ist das wirklich ein Ringen um die Zukunft des Landes? Oder wird da ausgehandelt, wer den Vertrag über den Abriss erhält? Eine Zukunftsperspektive ist jedenfalls nicht wirklich im Angebot. […]
    Die Flut im Ahrtal liegt bald drei Monate zurück. Und jetzt steht schon fest, dass Teile der Region frühestens im März wieder eine funktionierende Gasversorgung haben werden. Wie die Menschen über den Winter kommen? Offensichtlich keine staatliche Aufgabe, so wenig, wie es die Warnung vor der Flut war. So wenig, wie es die Aufräumarbeiten danach waren. Gäbe es noch so etwas wie Verantwortung in der Politik, hätten über diesem Ereignis zwei Landesregierungen stürzen müssen. Stattdessen wurde ein Landrat zum Bauernopfer. Wer sich fragt, wie diese Republik mit einem Blackout zurechtkäme, muss nur einen Blick ins Ahrtal werfen. […]
    Die politische Klasse in Berlin verhält sich wie eine Partygesellschaft im Penthouse eines Hochhauses, die sich gegenseitig zuprostet und den tollen Ausblick preist, während im Keller das Fundament zusammenbricht.
    Keine der eventuell an der Regierungsbildung beteiligten Parteien hat irgendeine Distanz zur NATO. Seit die Linke an dieser Stelle unter Muskelschwund leidet, gibt es im ganzen Bundestag keine NATO-Gegner mehr. Im Gegenteil, mit einer Regierungsbeteiligung der grünen transatlantischen Eiferer ist sichergestellt, dass die gute alte deutsche Untugend der Nibelungentreue zu neuen Höhen strebt.
    Dabei ist die Sachlage für jeden, der die geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre beobachtet hat, glasklar. Die Macht der westlichen Allianz ist bereits gebrochen und wäre nur um den Preis eines globalen Infernos zu retten; auch für die deutsche Machtpolitik wäre Rückzug angesagt. Aber in den in Berlin versammelten Haufen schließt man lieber fest die Augen und macht weiter wie bisher.
    Dabei dürfte die Macht, anderen Ländern Freihandelsverträge aufzuzwingen, bald der Vergangenheit angehören, selbst wenn das Konstrukt EU stabil bleiben sollte (was nicht garantiert ist). Die Fantasien über eine EU-Armee, die einige in der Berliner Politik hegen, werden an diesem Sachverhalt nichts ändern. Wäre es da nicht an der Zeit, sich ein paar Gedanken über Binnenmarkt und -nachfrage zu machen, statt weiter einseitig auf Rekordexporte zu setzen?
    Quelle: RT DE
  7. Amazon frisst uns mit Haut und Haar
    Während hierzulande Kassierer- und Kassiererinnen noch die Regel sind, der Begriff Smart aus einer fernen Welt zu kommen scheint und man sperrige Einkaufswagen durch die Gänge von Rewe, ­Aldi, Lidl und Edeka bugsiert, erobert in China und in Amerika die Digitalisierung den Supermarkt.
    JD.com, hinter Alibaba die Nummer zwei im chinesischen Onlineversandhandel, baut seine Macht im Reich der Mitte unaufhörlich aus. Die Zielgruppe für ihre Supermärkte „7 Fresh“: hypervernetzte, wohlhabende Kunden. Bereits heute liegt die Quote der Onlinebestellungen bei fünfzig Prozent. Geliefert wird über das autonom fahrende Elektrofahrzeug, das mehrere Kunden hintereinander ansteuern kann. Wer den Gang in den Supermarkt nicht scheut, jedoch wenig Lust hat, sein Steak zu Hause selbst rosa zu braten, lässt diese Aufgabe einfach den Kochservice vor Ort erledigen.
    In Amerika heißt der größte Player bekanntlich Amazon, jenes nimmersatte Unternehmen, das angetreten ist, seine Kunden mit sämtlichen wichtigen (und unwichtigen) Gütern zu versorgen sowie maximal zu durchleuchten. 2017 erschüttert Jeff Bezos die Lebensmittelbranche mit dem 13,7-Milliarden-Dollar-Kauf der Supermarktkette Whole Foods. Bereits ein Jahr früher hatte Amazon in Seattle den ersten mit einer Just-Walk-Out-Technologie ausgestatteten Laden eröffnet, der die Kunden mit dem Versprechen der Effizienz lockt. Denn der mit Sensoren versehene Einkaufswagen und die ­smarten Regale ersparen dem stets unter dem Gefühl des Gehetztseins leidenden modernen Menschen das Warten an der Kasse. Die Abbuchung des Preises für den Einkauf erledigt eine App. […]
    Den Preis aber, den der Konsument tatsächlich bezahlt, beziffert keine App. Stacy ­Mitchell, Marktforscherin des Institute for Local Self-Reliance, bringt es auf den Punkt: „Amazon will so viel wie möglich über uns wissen. Was wir essen und wie wir Lebensmittel einkaufen verrät eine Menge.“
    Geht es um den leichtfertigen Umgang mit den eigenen, teilweise intimen Daten, lautet eine der beliebtesten und naivsten Aussagen: „Ich habe nichts zu verbergen.“ Dass jeder Onlineeinkauf, jedes verschriebene Medikament, jede in den smarten Einkaufswagen gelegte Flasche Wein und Tüte Chips mit unzähligen anderen persönlichen Daten kombiniert wird, fällt dabei der Verdrängung anheim. Doch niemand kann heute sagen, welche irgendwo gespeicherten Informationen einem morgen Türen verschließen.
    Quelle 1: FAZ
    Quelle 2: arte
  8. PandoraPapers zeigen: Der karibische Briefkasten ist immer noch in Betrieb
    Auch nach 30 Jahren Geldwäschebekämpfung und fünf Jahre nach den PanamaPapers betreiben Dienstleister aus Panama und der ganzen Welt weiterhin hunderttausende anonyme Briefkästen. Mit ihrer Hilfe entziehen sich Politiker der Rechenschaft gegenüber ihrer Bevölkerung und sie ermöglichen kriminelle Geschäfte aller Art.
    In Deutschland diskutieren Politik und Öffentlichkeit seit einiger Zeit intensiv über Geldwäsche. Oft geht es dabei um die Bargeldtüten des Straßendealers oder windigen Unternehmers, die im Kofferraum oder am Flughafen sichergestellt werden und meistens problemlos gewaschen werden können. Die PandoraPapers zeigen: Mit karibischen Briefkästen und den dazugehörigen Bankkonten fließt das Geld weiterhin genauso anonym um die Welt. Cash ist King – Finanzkonto ist Kaiser, zeigt auch unsere Studie zur Geldwäschebekämpfung in Deutschland. Weil Steuerdaten genauso wie Immobilieneigentum nicht einmal für die Forschung umfassend zugänglich sind, wissen wir viel zu wenig über die Entwicklung anonymen Vermögens in Deutschland. Und weil den Steuer- und Strafverfolgungsbehörden Personal und Spezialisierung fehlen, um komplexe Eigentümerketten offenzulegen, bleibt das anonyme Konto fast immer unangetastet.
    An den 27.000 Briefkastengesellschaften aus den Pandora Papers waren etwa 550 Deutsche beteiligt. Aber kaum Prominente und Politiker über die in der Presse berichtet werden darf. Das heißt aber nicht, dass die deutsche Politik die Schattenfinanzplätze komplett meidet. Leaks und Steuer-CDs aus Liechtenstein, Schweiz oder Luxemburg enthalten regelmäßig auch Links zur deutschen Politik und auch bei einem der Maskenskandale aus dem letzten Jahr gab es Links zu einem karibischen Briefkasten (und Konten aus Liechtenstein). Deutsche haben nach unseren Schätzungen nach wie vor mehr als 125 Milliarden Euro anonym im Ausland gelagert und hinterziehen so jährlich 5 bis 15 Milliarden Euro Steuern (eine Studie der EU kommt auf knapp 7 Milliarden Euro).
    Quelle: Netzwerk Steuergerechtigkeit

    dazu: Wir wollten eine Briefkastenfirma gründen – und haben es fast geschafft. Woran wir schliesslich gescheitert sind
    Die Pandora Papers zeigen, wie Politiker weltweit Steuern optimieren. Immer wieder werden dazu Sitzgesellschaften eingesetzt. Also haben wir versucht, mitzumachen. (…)
    Unser Selbstversuch zeigt: Eine Briefkastenfirma zu gründen, scheint etwa so schwierig, wie ein doppelt gekauftes Zugticket zurückzugeben. Man tippt dazu «Offshore Firma gründen» in das Google-Suchfeld und überspringt die Anzeigen. Der erste Link, den man vorgeschlagen bekommt, führt zur Kanzlei EMS, «Ihr kompetenter und zuverlässiger Partner für Firmengründungen im In- & Ausland».
    Dort hat man die Wahl, wo die Firma domiziliert sein soll: in den USA, in Costa Rica, Singapur oder auf den Seychellen? Aus dem Angebot von 21 Ländern wählen wir Dubai, «ein Offshore-Standort mit Zukunft». In den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es keine Devisenkontrollen, also sind Ausfuhren von Kapital und Gewinnen erlaubt. Weiter dürfen Firmen in Dubai zu 100% in ausländischem Besitz sein. Ausserdem kommt uns entgegen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz und Deutschland haben, also müssten wir allfällige Gewinne nicht doppelt versteuern.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Enthüllung? Gezielt vorbei. Wer bei den Pandora-Papers fehlt.

  9. Zur Modellierung der Corona-Pandemie – Eine Streitschrift
    Wissenschaftliche Modellierung hat in Corona-Zeiten Hochkonjunktur. Wer seine Karriere damit verbracht hat, mithilfe von Modellen astrophysikalischen Phänomenen zu entlocken, was direkten Beobachtungen verborgen bleibt, der sollte sich, so möchte man meinen, darüber freuen können. Doch leider erleben wir in der Corona-Pandemie Modellierung nicht von ihrer besten Seite. Selten gab es in der Geschichte der Wissenschaft eine größere Spannung zwischen dem Geltungsanspruch und der politischen Wirkmächtigkeit von Vorhersagen und dem bemerkenswerten Mangel an Offenheit und Selbstkritik, wenn Vorhersagen sich nicht erfüllten. Diese Einsicht hat allerdings einen schweren Stand, denn es wäre zu peinlich, wenn eminente wissenschaftliche Journale, Wissenschaftsorganisationen, Wissenschaftsjournalisten und nicht zuletzt politische Entscheidungsträger einräumen würden, dass man dem Publikum möglicherweise “Ramschware” verkauft hat. Gewiss, nicht jeder hat sich von naiven Modellvorhersagen blenden lassen, und viele haben mit ihrer Kritik nicht hinterm Zaun gehalten. Es scheint mir an der Zeit, eine noch offensivere Aufarbeitung der Missstände anzustoßen. Denn erstens hat die Öffentlichkeit von uns Wissenschaftlern ein Recht auf schonungslose Ehrlichkeit, und zweitens tun wir gut daran Fehler zu benennen, um nicht in einigen Jahren kollektiv als Quacksalber dazustehen und das Vertrauen der Menschen zu verlieren.
    Quelle: Prof. Bernhard Müller – ein Addendum zu Thesenpapier 8 via Info-Plattform Corona
  10. “Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen” – Vierzig Jahre Bonner Friedensdemonstration
    Die Bundesrepublik, Mitte Oktober. Hunderttausende von Bürgern kommen an einem Samstag aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt, um für Frieden, Abrüstung und ein atomwaffenfreies Europa zu demonstrieren. Und es ist ein breites buntes Bündnis, wie es das Land noch nicht gesehen hat: Kommunisten neben Christen, Gewerkschafter neben Umweltschützern, Kriegsdienstverweigerer und Reservisten, Esoteriker und Antifaschisten, Friedensinitiativen der verschiedensten Berufsgruppen bis hin zu Soldaten, sehr viele junge Menschen zusammen mit einigen Älteren, die eine Initiative “Kriegsgeneration gegen Kriegsrüstung” ins Leben gerufen haben.
    Schon im Vorfeld wurde von vielen Leitmedien massiv Stimmung gemacht. Der Vorwurf, die Demonstranten seien naiv, ihre Bewegung sei eine “Angstbewegung” – und “Angst”, so heißt es postwendend, “ist ein schlechter Ratgeber!” –, war noch der harmloseste. Schwerer wog schon die Diffamierung, die Friedensbewegung sei “von Moskau unterwandert und gesteuert”, ihre Protagonisten bestenfalls “nützliche Idioten”, um “den Westen zu spalten”. Trotzdem lassen sich 300.000 Menschen nicht davon abschrecken, an der Demonstration teilzunehmen.
    Auf der zentralen Kundgebung sprechen weltbekannte Schriftsteller, Wissenschaftler, Bürgerrechtler, Theologen, aber auch einige prominente Dissidenten der führenden Regierungspartei und ein pensionierter hoher Bundeswehrgeneral. Allen Unkenrufen zum Trotz bleibt die Demonstration friedlich, ja, trotz des ernsten Themas und der großen Besorgnis, die die Menschen auf die Straßen getrieben hat, herrscht eine entspannte Atmosphäre. Einige Transparente und Slogans beweisen sogar eine Menge Witz und Esprit.
    Zukunftsmusik? – Nein, tiefste Vergangenheit!
    Die Rede war, Sie ahnen es bereits dunkel, von der Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten vom 10. Oktober 1981, die mittlerweile genau vierzig Jahre zurückliegt. Vergegenwärtigen wir uns noch mal den damaligen historischen Kontext, um von dort aus einen Blick auf die Gegenwart zu werfen! (…)
    Von einem solch qualifizierten Problembewusstsein, von einer solch weitverbreiteten Handlungsbereitschaft, die sogar Wirkung zeitigte – Michail Gorbatschow 2017: “Ich erinnere mich gut an die lautstarke Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen in den 1980er Jahren. Diese Stimme wurde gehört!” –, kann man heute nur träumen! (…)
    Dass Fridays for Future auf dem rüstungspolitischen Auge blind ist, ist längst eine Binse. Aber wo sind eigentlich die Aktivisten von damals? Sie können doch noch nicht alle tot oder pflegebedürftig sein!
    Oder meinen sie etwa, sie hätten mit ihrem damaligen Engagement ihr friedenspolitisches Soll für den Rest ihres Lebens abgeleistet?
    Quelle: Leo Ensel in RT DE

    dazu: Bricht die Linkspartei mit der Friedensbewegung?
    Von Karl-Heinz Peil
    (Karl-Heinz Peil gehört zu den Mitverfassern der Erklärung von Frieden-Links: Das Debakel war vorauszusehen – was lernen wir daraus?)
    In einer Reaktion auf die Wahlanalyse des Netzwerkes Frieden-Links hat Telepolis-Autor Stephan Schleim mit zwei Grundsatzfragen reagiert:
    Er fragt zum einen, ob Die Linke ihre Position zur Nato aufgegeben und darum so viele Wählerstimmen verloren habe. Damit verbunden sei die Relevanz des Friedensthemas in der Bevölkerung bzw. der öffentlichen Wahrnehmung. Und zweitens, ob die sozial-ökologischen Probleme lösbar wären, wenn man die Militärausgaben senkt.
    Die Antworten auf beide Fragen sind komplex, aber einfacher zu beantworten, wenn man zunächst nach dem grundsätzlichen Anspruch einer Partei fragt, die sich als links bezeichnet…
    (…) “Landesverteidigung” kann heute nur noch gegen global gemeinsam auftretende Folgewirkungen des Kapitalismus und insbesondere seinen neoliberalen Ausprägungen erfolgen. Diese heißen vor allem: Unvermittelt auftretende Umweltkatastrophen durch Wetterextreme, schleichende Umweltzerstörungen und soziale Verwerfungen.
    Die globale Friedensfrage ist hierfür nach wie vor die Schlüsselfunktion. “Ohne Frieden ist alles nichts” stand sogar als Zwischenüberschrift im ausführlichen Wahlprogramm der Linken. Offen bleibt aber, für wen und für welchen Zweck dieses Wahlprogramm verfasst wurde.
    Quelle: Telepolis

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