Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Widerstand ist nötig
  2. Ukraine: Schießen oder verhandeln?
  3. „Ein vertrauenswürdiger Partner”
  4. Baerbocks gefährliches Pathos: Auswärtige Kulturpolitik als Weltverbesserungsmission
  5. Von Preisdeckeln und Selbstbetrug
  6. Na, schon Brennholz für den kalten Winter gehamstert? Dem Klima gefällt das nicht
  7. Hinter dem E-Auto-Boom steckt ein schmutziges Geschäft
  8. Experte über Masken gegen Corona: „Für eine FFP2-Pflicht fehlen die Belege“
  9. Marode Schulen und Kitas: Deutschlands vergessene Kinder
  10. Ein Bonus, der nie ankam

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Widerstand ist nötig
    Die Ampel steuert unser Land in eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe. Jeder dritte Betrieb ist existenzgefährdet, selbst ein Blackout beim Strom ist nicht mehr ausgeschlossen, und während Öl- und Rüstungskonzerne Rekordgewinne vermelden, sollen Verbraucher in Deutschland über eine Gasumlage, die sich Wirtschaftsminister Habeck von der Energielobby diktieren ließ, noch zusätzlich blechen.
    Europa und insbesondere Deutschland haben im Sanktionspoker mit Russland ein schlechtes Blatt. Es wäre verrückt, damit weiter zu reizen, bis womöglich noch China ins Spiel eingreift. Und was hilft es den Menschen in der Ukraine, wenn hierzulande Familien verarmen und unsere Industrie ruiniert wird? Davon abgesehen hat es auch nichts mit Solidarität zu tun, wenn wir die ukrainische Führung durch Waffenlieferungen ermuntern, die eigene Bevölkerung für unrealistische Kriegsziele wie die Rückeroberung der Krim zu verheizen.
    Wer in der Konsequenz einen Ausstieg aus der Sanktionsspirale und Verhandlungen mit Russland fordert, läuft allerdings Gefahr, als Kremlpropagandist diffamiert und in die rechte Ecke gestellt zu werden. Die Debatte ist wirklich krank: Wer für Frieden ist, ist rechts, wer militärische Härte befürwortet, links? Und warum werden Linke als AfD-nah denunziert, wenn sie die Aufhebung von Russland-Sanktionen fordern, nicht aber ein Herr Merz, wenn er – im Einklang mit der neoliberalen AfD – schärfere Sanktionen für Erwerbslose fordert?
    Quelle: Sahra Wagenknecht in junge Welt

    dazu: Sahra Wagenknecht: „Was denn? Die hat doch Recht“
    Linkspartei Sahra Wagenknecht stellt im Bundestag Offensichtliches fest und die Russland-Sanktionen in Frage. Wegen dreier Worte schäumen einige Genossen – kurz nach der ersten erfolgreichen Demo seit langem geht es wieder in Richtung Partei-Exitus […]
    Wagenknechts Kritikerinnen richten ihren Blick lieber auf anderes als das eklatante sozial- und wirtschaftspolitische Versagen der Ampel-Koalition. Stein des Anstoßes ist folgender Satz Wagenknechts in Richtung Regierungsbank: „Das größte Problem ist Ihre grandiose Idee, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen.“
    Was Bernd Riexinger schreibt
    Streitbares findet sich in diesem Satz allemal, aber man muss erst einmal darauf kommen, dieses Streitbare dort zu suchen, wo es der ehemalige Linken-Parteivorsitzende Bernd Riexinger entdeckte. Er schrieb in Reaktion auf Wagenknechts Rede: „Es gibt keinen ,Wirtschaftskrieg gegen Russland’.“ Dass selbst die, die ihn führen, ihn so nennen – etwa Robert Habeck – scheint Riexinger entgangen zu sein. Man kann auch vom „Energiekrieg“ sprechen, wie ihn Le monde diplomatique im Juni äußerst lesenswert analysierte.
    Vielleicht interessiert sich Riexinger nicht für die dort beschriebene Verschiebung weltwirtschaftlicher Macht zulasten Europas und zugunsten der USA, wie sie Wagenknecht thematisierte, unter Verweis auf Flüssiggas, an dem die USA mit nur einem in Richtung Europa entsandten Tanker 200 Millionen Euro verdienen („Make America Great Again“). Die Ökologie aber liegt dem Mann eigentlich zurecht sehr am Herzen. Wie kann man da über Umstände wie die folgenden hinwegsehen? „Bei Produktion und Transport von LNG aus den USA entsteht ein doppelt so großer CO₂-Fußabdruck wie beim konventionellen russischen Gas.“ Das sind, neben der Rekord-Inflation und der wachsenden Existenzangst von Menschen und Unternehmen hierzulande, die ganz realen Folgen der Sanktionspolitik gegenüber Russland. Sich eine Bestrafung von dessen brutalem Überfall der Ukraine zu wünschen, ist allzu verständlich. Zu beschweigen aber, dass die moralisch motivierte Art dieser Bestrafung realistisch komplett kontraproduktiv weil völlig undurchdacht, nicht zielführend und zu Lasten der Ärmsten ausfällt, kann keine Option sein – vor allem nicht für eine Oppositionspartei.
    Quelle: der Freitag

    dazu auch: Ich finde die Rede von Sahra Wagenknecht gut!
    Wählerinnen und Wähler, Sympathisantinnen und Sympathisanten und Mitglieder der LINKEN erklären zur Bundestagsrede am 8. September 2022:
    Ich finde die Rede von Sahra Wagenknecht gut! Sie hat den verbrecherischen Ukraine-Krieg klar verurteilt, nicht verharmlost! Ich bin für eine starke LINKE. Ich bin für eine kraftvolle soziale Opposition gegen die Verarmungspolitik der Ampelkoalition. Wir danken der Fraktion DIE LINKE, dass Sahra Wagenknecht gegen die unsoziale Politik von Wirtschaftsminister Habeck reden durfte! DIE LINKE muss in diesen Zeiten kraftvolle linke Opposition sein, keine angepasste! Reißt euch zusammen und kämpft für uns!
    Wir sind Menschen, die ein großes Interesse an einer starken Partei DIE LINKE haben. Wir wollen zeigen, dass viele Linke hinter Sahra Wagenknecht stehen. Sie ist eine der bekanntesten Abgeordneten der Partei DIE LINKE, sie kann linke Politik gut erklären und kraftvoll die Regierung attackieren. Deshalb wird sie über die Medien angegriffen. So wie nach der Rede am 8. September 2022 im Bundestag.
    Wir laden euch und Sie ein, diese Petition an die Parteispitze und an die Bundestagsfraktion zu unterstützen.
    Quelle: openPetition

  2. Ukraine: Schießen oder verhandeln?
    Nach mehr als sechs Monaten Krieg in der Ukraine scheint ein Ende in weite Ferne gerückt. Washington und Brüssel steigern die Waffenlieferungen an Kiew, und der Wirtschaftskrieg wird immer dramatischer. Doch es mehren sich Stimmen, die für Verhandlungen plädieren. Noch gelten sie als unrealistisch und unmoralisch.
    Mehrere Versuche gab es in den letzten Monaten, um die Gegner an den Verhandlungstisch zu bringen: angefangen bei der Initiative Mario Draghis, über Appelle des UN-Generalsekretärs bis zur Erklärung der internationalen Arbeitsgruppe um Romani Prodi und Jeffrey Sachs. Doch all diese Bemühungen schafften es nicht, eine öffentliche Diskussion loszutreten, sofern sie von den großen Medien überhaupt wahrgenommen wurden. Dort sind Alternativen zur militärischen Logik unerwünscht. Sie könnten das neue TINA-Prinzip in Frage stellen: there is no alternative to Waffenlieferungen und Sanktionen.
    Wer dann doch in der Tagesschau, FAZ oder taz vorkommt, wie etwa der von Alice Schwarzer initiierte Promi-Brief an Olaf Scholz, wird als Lumpenpazifist beleidigt, mit Nazi-Vergleichen eingedeckt und gilt als „fünfte Kolonne Moskaus“. „Defätisten“ wollten „einen Waffenstillstand von Putins Gnaden herbeireden,“ so die FAZ am 5. September, und selbst der Chef des Vatikans wurde ganz in diesem Propagandasound aus Blut und Eisen zu „Putins Papst“ ernannt (FAZ 25.8.).
    Komplementäres Gegenstück zur Diskreditierung von Kritikern der kriegerischen Politik ist die Selbsterhöhung der Anhänger von Waffenlieferungen und Durchhalteparolen. Sie halten sich für die Inkarnation moralischer Überlegenheit.
    Die moralische Diskreditierung von Kritik am offiziellen Kurs soll einschüchtern und ist nicht völlig wirkungslos. Selbst bis in Teile der gesellschaftlichen Linken und der Friedensbewegung ist sie spürbar. Daher sollte sie etwas genauer unter die Lupe genommen werden.
    Quelle: Peter Wahl auf Makroskop

    dazu auch: Die Grünen und die FDP wollen eine neue Panzerschlacht um den Donbass führen
    Meinung Von Omid Nouripour bis Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Das Trommeln für die Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine wird lauter. Ausgerechnet ein Auslaufmodell der Kriegsführung soll die Lage weiter eskalieren […]
    Bei Charkiw und Kursk kam es schließlich 1943 zu den größten Panzerschlachten der Geschichte. Es war Hitlers letzte Großoffensive vor der endgültigen Niederlage. Bei Kursk starben über 150.000 Mann auf sowjetischer und 50.000 Mann auf deutscher Seite. Etwa 3.000 Panzer blieben zerschossen liegen.
    Jetzt, fast 80 Jahre später, möchten die Schreibtischhelden von FDP und Grünen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Johannes Vogel, Omid Nouripour und Toni Hofreiter eine neue Panzerschlacht um den Donbass führen. Also drängen sie auf die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine. […]
    Die überraschende Offensive der Ukraine bei Charkiw, sagen sie, sei die erhoffte Gelegenheit, den Krieg durch massive Waffenlieferungen entscheidend abzukürzen. Doch mehr als Spekulation ist das nicht. Genauso gut könnte der Krieg durch neue Lieferungen verlängert werden. Sicher ist nur, dass die Übergabe westlicher Kampfpanzer den Krieg erst einmal eskalieren würde. Putin wird den allabendlichen Video-Spott Selenskyjs über die russische Versager-Armee kaum hinnehmen. Und die NATO? Applaudiert, statt die Euphorie zu dämpfen. Stufe um Stufe wird so der Krieg ausgeweitet. Bereits eingefrorene Konflikte – auf dem Balkan oder im Kaukasus – flammen wieder auf, die (mutwillige) Zerrüttung der westlichen Wirtschaften gibt rechten Parteien überall Auftrieb.
    Natürlich setzen die USA und die Ukraine auf einen baldigen Sieg, am besten noch vor dem Winter. In den USA könnten rasche Erfolge die Zwischenwahlen positiv beeinflussen und die Energiemärkte entspannen. Der Ukraine aber steht ein harter Winter bevor. Die einzige Siegchance des überfallenen Landes ist es, den Westen immer tiefer in den Krieg zu ziehen.
    Quelle: Wolfgang Michal in der Freitag

    und: Krieg in der Ukraine: Der Westen treibt die Eskalation auf die Spitze
    Der in Brüssel ansäßige Beobachter der geopolitischen Lage Gilbert Doctorow analysiert die Reaktionen Russlands auf das Treffen der sogenannten „Ukraine-Kontaktgruppe“ auf der US Air Base Ramstein in Deutschland und dessen unter Leitung des US-amerikanischen Aussenministers Antony Blinken zustande gekommenen – erneut äusserst provokativen – Beschlüsse. Ein Atomkrieg wird immer wahrscheinlicher. […]
    Die Russen könnten aufgrund des Verlaufs der Militäraktionen vor Ort gezwungen sein, den Köder zu schlucken. Wie jetzt deutlich wird, haben sie in den letzten Tagen bei sehr schweren Boden- und Artilleriekämpfen um Charkow einige Verluste erlitten. Die ukrainischen Erfolge wurden durch die vor kurzem aus den NATO-Ländern eingetroffenen hochmodernen Waffen, durch die von den USA gelieferten Zieldaten und durch taktische Anweisungen von NATO-Offizieren aus dem Off begünstigt. Mit „den Köder schlucken“ meine ich, dass die Russen zu einem totalen Krieg gegen die Ukraine eskalieren könnten. Diese Frage spielte gestern in den wichtigsten Nachrichten und politischen Talkshows des russischen Staatsfernsehens eine wichtige Rolle. Ich werde im Folgenden etwas ausführlicher auf diese Fragen eingehen.
    Bedauerlicherweise zwingt mich all das Vorstehende auch dazu, auf die Kritik einzugehen, die ich vor einigen Wochen an dem jüngsten Aufsatz von John Mearsheimer in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ veröffentlicht habe. Seine übergreifende Botschaft über die Gefahren, dass wir in einen Atomkrieg stolpern, wird durch die jüngsten Entwicklungen besser untermauert, auch wenn ich glaube, dass Mearsheimer es versäumt hat, die verschiedenen aufeinanderfolgenden Schritte zu erkennen, die vor uns liegen, bevor wir uns in einem solchen Krieg wiederfinden. Mearsheimer hat die russischen Möglichkeiten, mit Rückschlägen am Boden umzugehen, zu sehr vereinfacht. Dies wird auch ein zentrales Thema meiner folgenden Ausführungen sein.
    Quelle: Gilbert Doctorow in Globalbridge

  3. „Ein vertrauenswürdiger Partner”
    Aserbaidschan, ein „vertrauenswürdiger Partner“ (Ursula von der Leyen) der EU, droht mit Angriffen auf den Nachbarstaat Armenien einen neuen Krieg im Südkaukasus zu entfesseln. Bei den Angriffen in der Nacht zum Dienstag, darunter der Beschuss mehrerer armenischer Städte, kamen fast 50 Armenier ums Leben. Die Kämpfe flauten am Dienstagvormittag zunächst wieder ab. Aserbaidschan wird in Deutschland und der EU als wichtiger Erdgaslieferant betrachtet, der mit neuen Exporten dazu beitragen soll, die Union von russischem Erdgas unabhängig zu machen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stufte das Land beim Abschluss einer Liefervereinbarung am 18. Juli explizit als „verlässlich“ und „vertrauenswürdig“ ein. Für die EU und die Bundesrepublik sind die neuen aserbaidschanischen Angriffe auf Armenien auch deshalb unangenehm, weil es ihnen trotz jahrzehntelanger Anstrengungen nicht gelungen ist, sich im Südkaukasus als Ordnungsmacht zu positionieren. Diese Position haben seit 2020 Russland und die Türkei inne. Auf deren Intervention ging auch die Einstellung der Kampfhandlungen am gestrigen Dienstag zurück.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: “Zur EU fällt mir nichts (mehr) ein…” – 60 Sekunden zur Lage der Union
    Eine 62,5-Sekunden-Rede zur Lage der EU in 60 Sekunden herunterleyern – das soll mir erst mal einer nachmachen. Kommissionspräsidentin vonderLeyen hat sich jedenfalls hinterher beim EU-Parlament ordentlich für alles bedankt… Smiley
    Quelle: Martin Sonneborn via YouTube

    dazu auch: Dünner Inhalt
    Umverteilung zur Entlastung: EU-Chefin von der Leyen schlägt viel vor, unternimmt praktisch aber wenig
    Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hat am Mittwoch im Strasbourger EU-Parlament den alljährlich fälligen »Bericht zur Lage der Union« vorgetragen. Die deutsche Politikerin nutzte die Gelegenheit vor allem, um gegen die weitverbreitete »Kriegsmüdigkeit« zu mobilisieren und Begeisterung für »unsere Helden« an der Front gegen Russland zu verbreiten. Offen erkennbar ist die Absicht, künftig noch stärker und systematischer als bisher an der Schaffung eines Europapatriotismus mit deutlich chauvinistischen Zügen zu arbeiten. Dementsprechend schloss von der Leyen ihre Ansprache mit dem Ruf »Long live Europe!« Schon vorher hatte sie verkündet: »Putin wird scheitern, Europa wird siegen!«.
    Über praktische Maßnahmen gegen die mit hohen Energiepreisen, ausufernder Inflation und allgemeiner Wirtschaftskrise einhergehende Massenverelendung sprach die Kommissionspräsidentin nur am Rande und oberflächlich. Die staatstreuen Medien behalfen sich, indem sie den dünnen Inhalt mit Informationen aus Entwürfen für Verordnungen andickten, die ihnen offenbar gezielt zugeleitet worden waren.
    Quelle: junge Welt

  4. Baerbocks gefährliches Pathos: Auswärtige Kulturpolitik als Weltverbesserungsmission
    Von den Kürzungsplänen im Auswärtigen Amt ist auch die westlich-islamische Dialogplattform Qantara betroffen. Eine schlechte Idee, findet Islamwissenschaftler Stefan Weidner: Baerbocks Außenpolitik setzt insgesamt eher auf Konfrontation statt Dialog.
    Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wirft seine Schatten auch auf die Kulturpolitik, besonders die auswärtige. Das Goethe-Institut soll nächstes Jahr 26 Millionen Euro weniger bekommen. Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst wird mit kräftigen Einbußen konfrontiert.
    Am härtesten trifft es die Webseite qantara.de. Qantara mit Q, wie das arabische Wort für Brücke, wurde in Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 gegründet. Die auf Deutsch, Arabisch und Englisch erscheinende Seite ist im Lauf von zwei Jahrzehnten zum Leitmedium für Infos und vertieften Gedankenaustausch zwischen Westen und Islam, Mitteleuropa und der arabischen Welt geworden. Die Redaktion ist unabhängig und kann aus Deutschland Beiträge in die arabische Welt hineinspielen, die sonst nie dort erscheinen würden. Der Etat beläuft sich zwar nur auf 380.000 Euro. Aber während Goethe-Institut und der DAAD die Kürzungen überleben werden, wird qantara.de wohl eingestellt werden müssen.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  5. Von Preisdeckeln und Selbstbetrug
    Der Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen Höchstpreis für russisches Erdgas einzuführen, steht vor dem Scheitern. Von der Leyen hatte einen solchen Höchstpreis (Preisdeckel) in der vergangenen Woche angekündigt, um Moskaus Einnahmen aus dem Erdgasverkauf auf ein Minimum zu reduzieren. Die EU-Energieminister haben dem Plan am Freitag – zumindest vorläufig – eine Absage erteilt. Hintergrund ist, dass mit einem kompletten russischen Lieferstopp zu rechnen wäre und die EU ihre Versorgung dann nicht mehr sicherstellen könnte. Zu den Staaten, denen gewaltige Mengen an Erdgas zu fehlen drohen, gehört Polen, dessen ehrgeizige Pläne, sich von russischem Erdgas unabhängig zu machen, nicht aufgegangen sind. Zudem betreibt die EU mit der Behauptung, sie beziehe statt einst 40 Prozent nur noch 9 Prozent ihres Erdgases aus russischen Pipelines, Selbstbetrug: Größere Teile ihres Flüssiggasimports etwa aus China hängen indirekt von russischen Lieferungen ab. Anders als die EU hat sich Japan geweigert, russisches Erdgas in den Wirtschaftskrieg einzubeziehen; es bezieht weiter zuverlässige Lieferungen zu günstigen Konditionen. […]
    Bei ihren Planungen ging von der Leyen offenkundig davon aus, Moskau könne sich einen Totalausfall seiner Einkünfte aus dem Erdgasexport nach Europa nicht leisten und werde sich deshalb einem Höchstpreis, bei dem es zwar nicht mehr so viel wie zuletzt, aber doch zumindest etwas verdiene, nicht verweigern. Das hat sich als Fehleinschätzung erwiesen: Russlands Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, allen Staaten, die einen Höchstpreis einführen, überhaupt keine Energieträger mehr zu liefern.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Uniper plant bisher kein Sparprogramm – und feiert Gas-Sause in Italien
    Die Regierung rettet den Energiekonzern Uniper mit Milliardenhilfen vor der Pleite. Doch der Konzern hat kein Sparprogramm. In Italien finanzierte er gerade eine Gala. Das Wirtschaftsministerium muss zuschauen.
    Diese Woche hatte Klaus-Dieter Maubach keine guten Nachrichten für Deutschland: „Das Schlimmste kommt erst noch“, warnte der Vorstandsvorsitzende des angeschlagenen Energiekonzerns Uniper. Die Preise seien bereits heute 20 mal so hoch wie vor zwei Jahren, auch für Gas würden sie so schnell nicht sinken. Für Verbraucher und die Industrie sei das eine „große Belastung“, sagte Maubach im Interview mit dem Fernsehsender CNBC. Doch während er erklärte, wie hart der Winter für Deutschland wird, wirkt sein Konzern trotz staatlicher Milliardenhilfen nicht besonders belastet.
    Als sogenannter Platinum-Sponsor finanzierte Uniper gerade die Gastech, die größte Gasmesse der Welt, mit. Rund 38.000 Besucher besuchten die Konferenz vergangene Woche in Mailand, auf der Bühne diskutierten etwa die Energieminister aus Indien, Ägypten und Abu Dhabi sowie Ex-Bundeswirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) über den Weg „in eine bessere Energiezukunft“.
    Quelle: WirtschaftsWoche

  6. Na, schon Brennholz für den kalten Winter gehamstert? Dem Klima gefällt das nicht
    Forst und Wüste Immer mehr Menschen wollen offenbar im Winter Holz verfeuern, wenn andere Energiequellen nicht ausreichend zur Verfügung stehen – der Markt ist leergefegt. Sogar Bäume in Schutzgebieten werden abgeholzt
    Bäume pflanzen: Das ist die Lösung für alles und die Legitimation dafür, alles weiter so machen zu können wie bisher. Fliegen, Auto fahren, Billigstrom beziehen – pflanzt man halt einen Baum. Also nicht selbst. Man bezahlt Unternehmen wie „Yes, we plant“ oder „Grow my tree“ dafür. Und dann, so wird einem dort versprochen, wird man zum „Climate Rockstar“. Yeah, schöne neue Welt!
    Dass das Konzept nicht ganz schlüssig ist, darauf kann man mit ein bisschen Nachdenken selbst kommen. Denn so ein Baum bindet CO2 ja nicht sofort als winzig kleiner Setzling, sondern erst, wenn er über Jahre wächst und ganz eifrig Photosynthese betreibt. Eine Buche braucht zum Beispiel ihr ganzes Leben, um eine Tonne CO2 zu binden, wenn ihr vorher nichts passiert. Was könnte das sein? Ein Waldbrand, Schädlingsbefall, Dürre – oder Abholzung. Absägen muss noch nicht so schlimm sein, wenn man zum Beispiel Möbel oder Häuser aus dem Holz baut, dann bleibt das CO2 da weiter drin. Wenn man die Bäume aber verbrennt, dann ist alles wieder wie vorher, also das CO2 in der Atmosphäre und der Baum weg.
    Bäume werden verbrannt, um damit Strom zu erzeugen. „In der aktuellen Holznutzung entfällt in Deutschland nahezu die Hälfte auf die energetische Nutzung“, schreibt das Umweltbundesamt. Das betrifft auch Bäume aus Schutzgebieten. Greenpeace hat recherchiert, dass zwar 67 Prozent der deutschen Wälder in Schutzgebieten liegen, nur 2,8 Prozent davon sind aber tatsächlich vor Holzeinschlag geschützt. Auch in Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Schutzgebieten darf abgeholzt werden, die sollen eigentlich wildlebende Arten und ihre Lebensräume schützen. Und dieses Jahr hat Greenpeace mal Peilsender an ein paar Baumstämmen installiert, um zu verfolgen, was mit ihnen passiert. Und siehe da, nicht wenige von ihnen landeten dann tatsächlich auf direktem Weg in einem Biomassekraftwerk der Stadtwerke Leipzig, um dort verbrannt zu werden. Aus Holz Strom oder Wärme zu erzeugen ist klimatisch gesehen die dümmste Idee, denn dabei entstehen noch höhere CO2-Emissionen als bei Kohle oder Gas.
    Quelle: der Freitag
  7. Hinter dem E-Auto-Boom steckt ein schmutziges Geschäft
    Tesla lässt sich vom “grünen Goldrausch” mitreißen und plant eine Raffinerie für Lithiumhydroxid in Texas. Nur: Umweltfreundlich ist der angeblich grüne Rausch nicht. […]
    Lithium wird für die Herstellung von Autobatterien benötigt. Nicht nur für Tesla werden die Kosten für den Rohstoff zunehmend zum Problem. Vor Kurzem hatte Ford gemeldet, man werde wegen der gestiegenen Batteriekosten für den Mustang Mach-E bis zu 8.000 Dollar mehr verlangen müssen. Wer die neue Elektroausgabe des US-Sportwagens besitzen will, muss dann zwischen 47.000 und 70.000 Dollar hinblättern. Die hohen Preise bringen vor allem Start-ups ins Schleudern, die anders als Ford und Tesla bereits jede Menge Kapital brauchen, um überhaupt ihre Produktion zum Laufen zu bringen. Und das ist erst der Anfang. Die Lithiumknappheit wird sich mit zunehmender Elektrifizierung nur noch steigern.
    So ist es wenig verwunderlich, dass Profiteure das große Geschäft wittern. Von einem “grünen Goldrausch” ist gar die Rede. Grün dürfte sich dabei allerdings vor allem auf die Farbe der US-Dollarscheine beziehen. Denn die Förderung von Lithium ist alles andere als umweltfreundlich. Die Minen verschmutzen Luft und Wasser in den Abbaugebieten.
    Quelle: Zeit Online
  8. Experte über Masken gegen Corona: „Für eine FFP2-Pflicht fehlen die Belege“
    Masken können schützen, sind aber für den größten Teil der Bevölkerung überflüssig, sagt Peter Walger von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene.
    Er erklärt, wann Masken gut schützen, warum sie trotzdem für die meisten überflüssig sind – und warum bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Maske nicht richtig sitzt.
    Herr Walger, Deutschlands Krankenhäuser haben in zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie reichlich Erfahrung mit Masken gesammelt. Wie gut schützen sie vor dem Virus?
    Medizinische Masken sind eine der besten Maßnahmen zum Schutz vor Ansteckung, und zwar sowohl für sich selbst als auch für das Gegenüber. Es gibt klare Regeln für das medizinische Personal. Masken gehören zum Standard in jedem Krankenhaus. Dort wird überwiegend die sogenannte OP-Maske, der chirurgische Mund-Nasen-Schutz, getragen und in besonderen Situationen mit erhöhter Ansteckungsgefahr auch die FFP2-Maske. Unter experimentellen Bedingungen filtert die FFP2-Maske einen höheren Anteil von Aerosolen und damit auch von Viren aus. In der Echtzeitwelt gilt das aber nur, wenn die optimal sitzt und auf Dichtigkeit geprüft wurde.
    Quelle: Berliner Zeitung
  9. Marode Schulen und Kitas: Deutschlands vergessene Kinder
    Aus den Sommerferien in die Bruchbude: In vielen Schulen bröckelt der Putz, Unterricht fällt aus, auch Kitas sind vernachlässigt und kaputtgespart. Warum regt sich darüber kaum jemand auf?
    18 Euro mehr Kindergeld, das ist eine der wenigen konkreten Summen aus dem großen Entlastungspaket der Bundesregierung. Und es ist symptomatisch für die Art und Weise, wie Politik für Kinder gemacht wird. Bisschen Geld zum Ruhigstellen im Gießkannenprinzip verteilen. Bei den Ärmsten – den Hartz-4-Empfängern – kommt die Erhöhung gar nicht an, da das Kindergeld auf die Sätze angerechnet wird. Die Institutionen, die sich um Kinder kümmern und sie betreuen, verfallen unterdessen immer mehr und werden weiter ausgezehrt.
    Man merkt es besonders zum Schulanfang, wenn die schlechten Nachrichten eintreffen: Die Klassenlehrerin ist auf unabsehbare Zeit krank, Ersatz unklar, mehrere Fächer fallen wegen Personalmangels aus, Arbeitsgemeinschaften können wegen Raum- und Personalmangels nicht angeboten werden. In Berlin platzen die Schulen aus allen Nähten, weil 20.000 Schulplätze fehlen, die Kinder und Jugendlichen aber trotzdem untergebracht werden müssen . Weil – Überraschung – Kinder, die geboren worden sind, später auch einen Schulplatz brauchen. In Deutschland hat ein Kind zwei Wochen nach der Geburt eine Steuernummer, aber sechs Jahre danach ist man überrascht, wenn das Baby plötzlich vor der Schultür steht.
    Quelle: DER SPIEGEL
  10. Ein Bonus, der nie ankam
    Das war gut gedacht, auch vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Aber schlecht gemacht. Der Bundesrechnungshof (BRH) hat die Corona-Prämien für Pflegeeinrichtungen geprüft. Die bittere Erkenntnis der Kontrollbehörde für die Staatsfinanzen: Das Verfahren für die Auszahlung der Prämien sei “fehler- und missbrauchsanfällig” gewesen. So steht es in einem aktuellen Prüfbericht des BRH, der dieser Tage an den Bundestag ging. Der Report liegt der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR vor. (…)
    In diesem Jahr sollen Pflegekräfte in Heimen und Kliniken erneut einen Corona-Bonus bekommen, für den Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) eine Milliarde Euro aufwenden will. Pflegekräfte sorgten “mit ihrem besonderen Einsatz dafür, dass Deutschland bisher die Pandemie bewältigen konnte”, sagt Lauterbach. (…)
    Die Auszahlungen der Prämie an die 1,2 Millionen Beschäftigten soll nach dem gleichen Muster erfolgen wie beim ersten Corona-Bonus. Der Rechnungshof befürchtet, “dass sich damit die Anfälligkeit des bisherigen Verfahrens für Fehler und Missbrauch” beim Pflegebonus fortsetzt. Der BRH zieht überhaupt ein düsteres Fazit bei Corona-Hilfsmaßnahmen des Staates für Krankenhäuser, für Pflegekräfte und mit den kostenlosen Schnelltests für die Bürgerinnen und Bürger. “In weiten Teilen wurde und wird absehbarem Missbrauch bei der Mittelverwendung nicht durch Verfahrensregelungen effektiv gegengesteuert.” Die Kritik trifft Spahn ebenso wie Lauterbach. (…)
    Und dann sind da noch die vom Staat erst ganz und jetzt noch weitgehend bezahlten Corona-Schnelltests in privaten Teststationen. Hier gab und gibt es offenbar immer noch massenweisen Betrug: Stationsbetreiber rechnen mehr Tests ab, als tatsächlich vorgenommen wurden. Der Rechnungshof verweist auf Angaben von Ermittlungsbehörden, wonach hier teilweise organisierter Kriminalität vorliege, die banden- und gewerbsmäßig begangen werde. Lauterbach will dem mit einer neuen Testverordnung ein Ende bereiten.
    Lauterbachs neues Modell sieht eine dreistufige, aber ziemlich komplizierte Prüfung vor. Nach Ansicht des BRH sei so eine “wirkungsvolle Betrugsbekämpfung” allerdings “kaum möglich”.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung Christian Reimann: Eine “schallende Ohrfeige” für den amtierenden Bundesgesundheitsminister und seinen Vorgänger – also für zwei Pharmalobbyisten.