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  1. Die NATO schweigt zu ihrer Katastrophe bei Lwiw in der Ukraine
  2. Die Getreide-Lüge
  3. Nie wieder – Steinmeier im Warschauer Ghetto
  4. Zum G7-Außenministertreffen: Team Krieg
  5. Ex-Sberbank-Manager: Großer Fehler des Westens, auch die wirtschaftsliberalen Kräfte zu sanktionieren
  6. Merz-Inkasso: CDU/CSU und Steuerbetrug.
  7. Christian Lindners Finanzpolitik: Teures Spardiktat
  8. Inflationsrate sinkt, doch soziale Spreizung weiter groß
  9. Mit dem Mut der Verzweiflung: Ich gehe zur Tafel
  10. Alarm am Bau
  11. Impfstoff-Deal mit Pfizer: Erste Klage gegen Ursula von der Leyen
  12. Zur Zerschlagung der Bahn: Lösung wird verhindert
  13. »Form der kollektiven Bestrafung«
  14. Mathias-Döpfner-Bashing: Wir Ostdeutsche sind noch viel Schlimmeres gewohnt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die NATO schweigt zu ihrer Katastrophe bei Lwiw in der Ukraine
    In der russischen Zeitung «Komsomolskaya Pravda» erschien vor wenigen Tagen ein Artikel des russischen Militärspezialisten Victor Baranets, in dem beschrieben steht, wie die russische Armee einen geheimen unterirdischen Bunker in der Nähe von Lwiw mit einer Kinschal-Rakete zerstört habe. Dieser Bunker sei ein ukrainisches Kommando-Zentrum gewesen und sei, weil mehr als 100 Meter unter der Oberfläche, für absolut unzerstörbar gehalten worden. Und als pikantes Detail: Darin hätten sich auch zahlreiche hohe Militärs aus verschiedenen NATO-Ländern befunden. – Globalbridge.ch hat bei der NATO eine formelle Medienanfrage eingereicht, ob dort, auf ukrainischem Boden, wirklich NATO-Angehörige getroffen worden seien. Die NATO gab keine Antwort – wobei keine Antwort ja auch eine Antwort ist. – Bemerkenswert ist vor allem auch der Schlussabschnitt des Artikels von Victor Baranets. (cm)
    Die USA, UK, Polen und einige andere NATO-Länder ziehen es vor, kein Wort über das zu verlieren, was Anfang März in der Nähe von Lwiw (früher Lemberg) geschah. Wenn Journalisten, die von dem schrecklichen Notfall erfahren haben, die Generäle und Politiker danach fragen, lautet die Antwort entweder „kein Kommentar“ oder ein verschmitzter Hinweis auf „Unwissenheit“ über den Vorfall. Aber dennoch kommt die Katze langsam aus dem Sack. Verschiedene Quellen in der westlichen und ukrainischen Presse sowie in den sozialen Medien lassen zunehmend Informationen durchsickern, deren Details, richtig zusammengesetzt, ein glaubwürdiges Szenario eines äußerst schmerzhaften Dramas (sogar einer Tragödie) für die NATO und ihre Verbündeten ergeben.
    Quelle: Globalbridge
  2. Die Getreide-Lüge
    Die russischen Agrarprodukte, einschließlich dringend benötigter Düngemittel, werden weiterhin durch das undurchschaubare Sanktionsnetz der USA und der EU behindert. Das bedeutet nichts anderes als daß tatsächlich der »Wertewesten« den Hunger als Waffe benutzt, um einerseits Rußland zu schaden und um andererseits jene Staaten, die sich nicht am Wirtschaftskrieg gegen Rußland beteiligen, zum Einschwenken auf die westliche Linie zu nötigen. Durch massive Proteste von Landwirten in Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wurde nun noch aufgedeckt, daß das ganze Theater auch in den Ländern der EU immensen Schaden anrichtet. Nachdem die EU die Zölle auf ukrainische Agrarprodukte aufgehoben hat, werden vor allem die angrenzenden Länder damit geradezu überschwemmt. Das führt nicht nur dazu, daß einheimische Agrarproduzenten, die an Auflagen der EU gebunden sind, ruiniert werden, sondern daß außerdem Produkte in die EU gelangen, die mit Chemikalien behandelt wurden, die in der EU nicht zugelassen sind. Vor allem aber ist nun für jeden aufmerksamen Beobachter deutlich sichtbar, daß die Kiewer Führung, und deren getreue Verbündete in den westlichen Hauptstädten nicht die Bekämpfung des Hungers in der Welt im Sinn hatten, sondern lediglich als leicht durchschaubare Behauptung in die Welt posaunten. Den Nutzen von diesem Getreide-Abkommen haben wieder einmal Banken, Versicherungen, Spediteure und die Kiewer Kriegskasse. Die Kosten tragen wir, die Steuerzahler im Westen, und die Hungernden in der Welt werden davon nicht satt.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  3. Nie wieder – Steinmeier im Warschauer Ghetto
    Bundespräsident Steinmeier wurde zur Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto eingeladen. Er gedachte der Opfer, bat um Vergebung und feierte das „Wunderwerk der Versöhnung“. Er sagte auch: „Die wichtigste Lehre aus unserer Geschichte lautet: Nie wieder! Nie wieder Rassenwahn, nie wieder entfesselter Nationalismus, nie wieder ein barbarischer Angriffskrieg.“ Dann folgte die einseitige Schuldzuweisung an Wladimir Putin für den von den USA provozierten Krieg in der Ukraine. Er habe die Werte von Freiheit und Demokratie verhöhnt, das Völkerrecht gebrochen, Grenzen infrage gestellt und Landraub begangen. Vergessen hat Steinmeier das Versprechen, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, den von Joe Biden und Victoria Nuland finanzierten Putsch in Kiew, den jahrelangen Krieg der ukrainischen Präsidenten gegen die russisch-sprachige Bevölkerung in der Ost-Ukraine mit 14.000 Toten und das Minsker Abkommen, an dem er mitgewirkt hat und mit dem man nach Auskunft der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Putin bewusst getäuscht und betrogen hat.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
  4. Zum G7-Außenministertreffen: Team Krieg
    Ein „Krisenteam im Dauereinsatz“ seien die G7-Staaten, trötete Außenministerin Annalena Baerbock vor dem Treffen der Außenminister im japanischen Ferienort Karuizawa. Als solches hätten sie „Russlands Aggression eine Schranke nach der anderen entgegengesetzt“. In Japan sollten weitere Heldentaten folgen, „Nachschärfen“ wolle man. Nun hat Russland ja im vergangenen Jahr bewiesen, dass die Sanktionen, die Russland „ruinieren“ sollen, ein eher stumpfes Schwert sind, zumal der Wertewesten mit ihnen allein steht. Sei es drum, die „starke Unterstützung“ für die Ukraine wird fortgesetzt, so beschlossen es die G7-Außenminister, die Sanktionen werden sie nicht nur „koordinieren und umsetzen“, sondern auch „intensivieren“. Vor allem solle die Umgehungen der Sanktionen jetzt endlich verhindert werden – wie, verrieten die tagenden Außenminister nicht. Außen vor blieb wie immer die Kriegsbeteiligung des Westens. Bei Baerbocks Aufzählung der großen Taten des „Krisenteams“ fehlte ein Hinweis auf Waffenlieferung, Ausbildung ukrainischer Soldaten, Lieferung von Geheimdiensterkenntnissen und Luftaufklärungsdaten und nicht zuletzt die Anwesenheit von Spezialkräften verschiedener NATO-Staaten. Unter den Teppich gekehrt wurde in der beschaulichen Runde in Karuizewa auch der innerwestliche Streit um eine einheitliche China-Strategie. Frankreich ruderte nach Macrons Ausführungen nicht zurück, sondern Außenministerin Catherine Colonna bekräftigte seine Haltung. Im Ferienort sollte aber eitel Sonnenschein herrschen und der viel beschworene „Zusammenhalt“ demonstriert werden. Hinter den Kulissen dürfte es aber geknallt haben.
    Quelle: Melina Deymann in unsere zeit
  5. Ex-Sberbank-Manager: Großer Fehler des Westens, auch die wirtschaftsliberalen Kräfte zu sanktionieren
    Die russische Wirtschaft steht relativ stabil da, während Deutschland unter hohen Energiepreisen leidet, meint der Deutsche Oliver Kempkens, der bis zum Kriegsausbruch Topmanager in Russland war.
    Der Deutsche Oliver Kempkens (40) hatte engen Kontakt zur wirtschaftlichen Führung Russlands. Seit Jahren analysiert er die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Bis zum Kriegsausbruch war er im Vorstand der russischen Sberbank tätig. Die westlichen Sanktionen könnten ein Eigentor werden, warnt er. Wir erreichen ihn in London. […]
    Sie sind ein profunder Kenner des russischen Marktes. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage: Haben die westlichen Sanktionen zu großen Verwerfungen geführt?
    Ich denke, die Sanktionen haben ihren Zweck nicht erfüllt. Natürlich ist das Arbeiten für viele Konzerne schwieriger geworden, insbesondere im Bereich der Beschaffung. Eingebrochen ist die Automobil- und Luftfahrtindustrie, die Rüstung. Dort hat es die interne Logistik stark getroffen. Im Bereich der Hochtechnologie ist zwar etwas passiert, dort wurde schon seit Jahren versucht, fehlende Importe aus dem Westen zu substituieren, etwa über Korea, Japan oder China. Auch der Immobilienmarkt hat sich wieder erholt. Sicher befindet sich Russland in einem graduellen Abstieg, aber es wird keinen Paukenschlag geben. Es werden nicht die 1990er wieder anbrechen. Der russische Staat hat zum Teil wohl kalkuliert. Und es sieht so aus, dass Russland einen langen Atem hat. Wir sehen, dass in Deutschland die Energiepreise steigen und große Konzerne wie BASF ihre Werke in andere Länder verlagern. Der russische Staat könnte sich widerstandsfähig erweisen.
    Zahlreiche westliche Konzerne haben Russland den Rücken gekehrt. Wie hat es Russland geschafft, die Wirtschaft umzustellen?
    Noch immer sind 91 Prozent der westlichen Unternehmen in Russland.
    Quelle: Berliner Zeitung
  6. Merz-Inkasso: CDU/CSU und Steuerbetrug.
    Ordentliches Schuldeneintreiben beginnt heute mit Milliardenbeträgen, zum Beispiel bei den rund 1.000 deutschen Bankern, die sich vom Fiskus zugunsten ihrer reichen Kunden Steuern erstatten ließen, die nie gezahlt worden waren. Die Raubsumme soll allein in der Bundesrepublik mit den »Cum-Ex« und »Cum-Cum« genannten Betrügereien etwa 38 Milliarden Euro betragen. Am Donnerstag rechnete eine Rednerin im Bundestag vor, dass jede deutsche Schule ungefähr eine Million Euro erhalten könnte, wäre das Geld nicht weg. Falsch formuliert: Es verschwindet nicht, es wechselt nur den Besitzer. In diesem Fall wurde das eine Prozent der Bundesdeutschen, das über 90 Prozent des Privatvermögens verfügt, erheblich reicher – eine Episode aus dem gewöhnlichen Klassenkampf. Im internationalen Vergleich gilt diese Verteilung als etwas krass, aber auch als Bestandteil der natürlichen kapitalistischen Weltordnung. An der soll der Untersuchungsausschuss, den die CDU/CSU-Fraktion unter Führung von Friedrich Merz gewissermaßen als Inkassoorganisation am Donnerstag zum Hamburger Milliardärsidyll im Bundestag beantragte, nichts ändern. Ob Olaf Scholz dort politischer Schäfer oder Schaf war, ist Nebensache. Rechtlich sind seine Erinnerungslücken nicht zu beanstanden, die Schwarzen folgen ihm symbolisch. Realsatire ist, dass Merz Aufklärung inszeniert. Der deutsche Verwalter des US-Vermögensverwalters »Blackrock«, der geschätzt zehn Billionen US-Dollar betreut, weiß, was »Cum-Ex«-Ermittler ausrichten können: nichts, was im geringsten die real existierende Diktatur des Finanzkapitals berühren kann. Zu irgendwas muss Macht ja gut sein. Aber die nächste Bundestagswahl rückt näher, da tut parlamentarisches Dreckaufwirbeln gut.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  7. Christian Lindners Finanzpolitik: Teures Spardiktat
    Finanzminister Lindner schwört die Deutschen darauf ein, den Gürtel enger zu schnallen. Eine klimagerechte Wirtschaft passt mit Sparen nicht zusammen.
    Bevor FDP-Parteispitze und mehr als 600 Delegierte am kommenden Wochenende darüber beraten, wie die Liberalen Deutschland wieder auf den Wohlstandspfad führen könnten, schwört ihr Vorsitzender und Finanzminister Christian Lindner die Bevölkerung auf eine breite Kürzungsoffensive ein. Dabei schlittert Deutschland in diesem Jahr aller Voraussicht nach nur knapp an einer Rezession vorbei. Sparpolitik wäre Gift für die ohnehin schwächelnde Konjunktur.
    Entgegen jeglichem ökonomischen Sachverstand droht Lindner eine Krise herbeizusparen, statt vorausschauend zu investieren. Der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise und die Probleme in den globalen Lieferketten stellen unsere Wirtschaft und Gesellschaft vor Herausforderungen, die sich nicht einfach wegsparen lassen. Strikte Haushaltspolitik ist kein Ausdruck ökonomischer Kompetenz, im Gegenteil: Sie verhindert, dass notwendige Investitionen in Klimaschutz, Bildung und Gesundheit getätigt werden, und verschärft so die multiplen Krisen.
    Quelle: taz

    dazu: Wie Finanzminister Lindner umverteilt
    Christian Lindner will sparen. Der Finanzminister schnürt gerade ein 20 Milliarden Euro schweres Sparpaket. Der FDP-Chef klagt, dass die Ausgaben den Einnahmen davonlaufen. Das aktuelle Haushaltsloch hat Lindner aber selbst aufgerissen. Der oberste Kassenwart hat den Abbau der kalten Progression – Inflationsausgleichsgesetz – durchgesetzt. Diese Steuersenkung kostet dem Fiskus im laufenden Jahr stolze 19 Milliarden Euro.
    Die Methode Lindner ist eine seit Jahrzehnten bekannte neoliberale Praxis. Erst wird die staatliche Einnahmeseite durch Steuergeschenke geschwächt. Dann wird die leere Staatskasse zum Anlass genommen, um den Sozialstaat abzubauen. So geht Umverteilung von Unten nach Oben.
    Damit aber nicht genug. Lindners Finanzpolitik schadet auch der Konjunktur. Ein Staatshaushalt ist kein schwäbischer Privathaushalt. Aktuell schrumpft die heimische Wirtschaft. Die Unternehmen drosseln ihre Investitionen und die Verbraucher sparen beim Einkauf. Folglich schrumpft die Inlandsnachfrage. Wenn der Finanzminister nun versucht, hinter der Krise hinterher zu sparen, verschärft er den Abschwung. Diese konjunkturblinde Finanzpolitik wurde in der Finanzkrise und in der Pandemie eingemottet. In der Krise waren alle Keynesianer. Nicht alle! Lindner hat aus den jüngsten Krisen nichts gelernt.
    Quelle: Dierk Hirschel auf FR Online

  8. Inflationsrate sinkt, doch soziale Spreizung weiter groß
    Die Inflationsrate in Deutschland ist im März zwar spürbar gesunken, mit 7,4 Prozent war sie aber weiterhin sehr hoch, und die sozialen Unterschiede bei der Teuerung nach wie vor groß. Alleinlebende mit niedrigen Einkommen hatten im März mit 8,7 Prozent die höchste Inflationsbelastung zu tragen, Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen mit 6,3 Prozent die mit Abstand niedrigste. Die soziale Spreizung bei der haushaltsspezifischen Inflation ist somit gegenüber Februar nur geringfügig zurückgegangen – von 2,5 auf 2,4 Prozentpunkte. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Das IMK berechnet darin seit Anfang 2022 jeden Monat die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen. In der aktuellen Auswertung werfen IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien erstmals den Blick etwas weiter zurück und analysieren auch die haushaltsspezifische Teuerung zwischen Anfang 2019 und Ende 2021. Dabei zeigt sich, dass die Raten für die einzelnen Haushaltstypen zuletzt im Januar 2021 nahe beieinander lagen. Seitdem hat sich die Schere geöffnet, weil die größten Treiber des starken Inflationsschubs, Energie und Nahrungsmittel, als Güter des Grundbedarfs in den Warenkörben von einkommensschwächeren Haushalten ein besonders hohes Gewicht haben. Am größten war die Differenz im Oktober 2022 mit 3,1 Prozentpunkten.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  9. Mit dem Mut der Verzweiflung: Ich gehe zur Tafel
    Ob andere wissen sollten, dass sie zur Tafel geht, um sich dort Lebensmittel zu holen? Unsere Kolumnistin ist Kundin der Tafel und kämpfte lange mit sich
    Es hat zwei Jahre gebraucht, bis ich mich getraut habe, zur örtlichen Tafel zu gehen. Ich hatte Angst vor Ablehnung, mich geschämt, weil ich arm bin und mich für weniger wert hielt als meine Mitmenschen. „Die anderen Armutsbetroffenen brauchen das Essen viel mehr als du“, dachte ich, denn ich sorgte mich darüber, dass ich jemandem noch schlechter Gestelltem das Essen wegnehmen würde.
    Ich lieh mir Geld oder hungerte, damit ich nicht zur Tafel musste, aber irgendwann gingen meine Strategien nicht mehr auf: Die Leute, von denen ich Geld lieh, wurden selbst zu Armutsbetroffenen und der Verzicht auf Lebensmittel wurde gesundheitsgefährdend, sodass ich mich mit dem Mut der Verzweiflung zur Tafel begab. Mit dabei hatte ich zwei Leinenbeutel. Das war im März 1998.
    Die Tafelausgabe fand ironischerweise im Hinterhof unseres Arbeitsamtes statt. Dort konnte ich damals einmal in der Woche Lebensmittel gegen Vorlage meines Leistungsbescheides erhalten. Die Bedürftigkeitsprüfung gab es damals schon.
    Quelle: der Freitag
  10. Alarm am Bau
    Wohnungsbaugipfel: Bündnis fordert mehr Geld. Mietpreisexplosion durch Spekulation kein Thema.
    Alarmstimmung beim 14. Wohnungsbautag in Berlin: Ein aus Handwerk, Immobilienwirtschaft, Gewerkschaft und Mieterbund bestehendes Verbändebündnis Wohnungsbau hat am Donnerstag Mahnungen und Forderungen an die Politik präsentiert. Mit dem Rückenwind einer Studie des schleswig-holsteinischen Wohnungs- und Bauforschungsinstituts Arge verlangten die Verbandsvertreter unisono mehr Wohnungsbau, gesenkte Baustandards und erheblich mehr Steuergelder für die als erforderlich angesehenen 400.000 Einheiten pro Jahr. Dietmar Walberg, der für die Studie verantwortlich zeichnete, machte auf der Pressekonferenz folgende Rechnung auf: Angesichts von steigenden Grundstücks-, Material- und Personalkosten liege derzeit der Preis für Wohnungsneubau bei 5.000 Euro pro Quadratmeter. Das erfordere Mindestmieten von 17,50 Euro kalt. Da aber der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen der höchste sei, müsse der Staat erheblich mehr Steuergeld in die Subventionierung des Wohnungsbaus stecken – etwa 2.900 Euro pro Quadratmeter, um eine »sozialverträgliche« Miete von unter zehn Euro zu erhalten. Dem Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, war es vorbehalten, auf die Fehler der Vergangenheit hinzuweisen. Er verwies auf den Bedarf an rund 100.000 neuen Sozialwohnungen jährlich, von denen nur ein Viertel fertiggestellt werde. »Doch da zugleich erheblich mehr bestehende Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen, wächst der Bedarf noch schneller.« Arge-Professor Walberg befand, dass die derzeit existierenden Kapazitäten reichen würden, um pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Das allerdings nur unter der Voraussetzung, »dass das Bauen auch möglich ist: ohne lähmende Genehmigungsprozesse, ohne hemmende Vorschriften und Auflagen«. Und ergänzt um eine funktionierende Förderung durch Bund und Länder. (…)
    Außen vor blieben bei der Veranstaltung Hinweise zur rasanten Verteuerung des Wohnungsbestandes durch Umwandlung in Eigentum, Abriss bezahlbarer Mietwohnungen, spekulative Mehrfachverkäufe von Altbauten, Umwandlungen in Ferienwohnungen und weiterer Entwicklungen auf dem Mietwohnungsmarkt. Schließlich wäre vielleicht noch ein Satz zur Versiegelung durch Siedlungs- und Verkehrsflächen sinnvoll gewesen, die nach einer Vorgabe der Bundesregierung von 2002 bis 2030 auf 20 Hektar pro Tag sinken soll. Zwischen 2018 und 2021 lag der Wert laut Umweltbundesamt bei 55 Hektar. Auch das ein »Kipppunkt«.
    Quelle: junge Welt
  11. Impfstoff-Deal mit Pfizer: Erste Klage gegen Ursula von der Leyen
    Wegen der verschwundenen Pfizer-SMS hat ein Belgier Klage gegen die EU-Kommissionspräsidentin erhoben. Der Richter muss ermitteln.
    Der belgische Lobbyist Frédéric Baldan hat am 5. April beim erstinstanzlichen Gericht in Lüttich Klage eingereicht. Das melden Le Vif, Politicio und Euractiv sowie France Soir. Euractiv schreibt, Baldan sei der Ansicht, dass die mutmaßlichen Verstöße von der Leyens „die öffentlichen Finanzen seines Landes und das öffentliche Vertrauen untergraben haben“.
    In der Beschwerdeschrift wird dieses als „kollektives Vertrauen in den Staat als institutionelle Macht, die für das Gemeinwohl arbeitet“ definiert. Baldan wirft von der Leyen die Straftatbestände der Aneignung von Funktionen, der Vernichtung öffentlicher Urkunden und der Korruption vor. Ursula von der Leyen sei gar nicht autorisiert gewesen, mit Pfizer zu verhandeln, weil sie nicht Mitglied der dafür zuständigen Steuerungsgruppe gewesen sei.
    Quelle: Berliner Zeitung
  12. Zur Zerschlagung der Bahn: Lösung wird verhindert
    Mal wieder werden Zerschlagungspläne für die Deutsche Bahn präsentiert, aktuell von der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Die Bereiche Schienennetz, die Bahnhöfe und die Energiesparte sollen aus dem Bahn-Verbund herausgenommen und in einer neuen GmbH zusammengefasst werden. Der Bahn verblieben dann Teile des Nah- und Fernverkehrs sowie der Gütertransport. Der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange verkündet, dass die Zerschlagung des Bahnkonzerns dazu führen werde, dass die privaten Konkurrenten bessere Chancen bekämen, dem Marktführer Marktanteile abzujagen. Unterstützung für diese Pläne kommen aus den unterschiedlichsten Ecken: Wenig verwunderlich ist die Zustimmung aus den Reihen von FDP und Grünen, erstaunlich die aus den Reihen des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“ und entlarvend die der Lokführergewerkschaft GDL. Ihr Chef, Claus Weselsky, begrüßt die CDU-Pläne. Es sei richtig, die Infrastruktur herauszutrennen und so dafür zu sorgen, dass diese stärker vom Bund geführt und kontrolliert werden könne. Seit der Privatisierung der Bahn im Jahr 1994 wurde allein das Schienennetz um rund ein Fünftel verknappt. Neben dem teilweise maroden Zustand der Strecken ist auch deren Kapazität bei weitem nicht mehr ausreichend. Dies führt nun dazu, dass von der tatsächlich einmal sprichwörtlichen Pünktlichkeit der Bahn nichts übriggeblieben ist. Das schreckt potentielle Nutzer ab. Funktionierende Zugverbindungen und Anschlüsse kennen wir nur noch aus dem Ausland.
    Quelle: Werner Sarbok in unsere zeit
  13. »Form der kollektiven Bestrafung«
    UTL: Hetzkampagne gegen die palästinensische Bewegung
    Die Hetzkampagne gegen die palästinensische Bewegung in Deutschland nimmt kein Ende. In Berlin wurden am vergangenen Wochenende zwei Demonstrationen zum „Tag der palästinensischen politischen Gefangenen“ (17. April) verboten. In Köln wurde eine Demonstration zum gleichen Anlaß von der Polizei aufgelöst. Am Montag folgte das Verbot einer weiteren Kundgebung am Brandenburger Tor. Die Polizei begründete die Verbote mit der unbelegten Behauptung, daß »mit antisemitischen und volksverhetzenden Ausrufen zu rechnen« sei. Das Samidoun-Netzwerk für palästinensische Gefangene verurteilte die Angriffe auf das Demonstrationsrecht scharf als eine »Form der kollektiven Bestrafung«. Es handele sich um »eine fabrizierte Krise, die darauf abzielt, einen Vorwand für das andauernde Verbot von Demonstrationen für Palästina und die freie Meinungsäußerung der palästinensischen Gemeinschaft und der Unterstützer Palästinas zu schaffen«. Hintergrund der Verbotsdebatten ist das Video einer propalästinensischen Demonstration am Samstag vor Ostern in Berlin. Darauf war eine unbekannte Einzelperson mit einer antisemitischen Parole zu hören, die unter den Teilnehmenden keinen Anklang fand. Die Person sei nicht Teil der Organisation und habe auch nichts mit dem politischen Rahmen der Mobilisierung zu tun, erklärte Samidoun in einer Stellungnahme. Die gezeigte Aussage spiegele »nicht unsere klare antirassistische, antikoloniale Vision für ein befreites Palästina wider«.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  14. Mathias-Döpfner-Bashing: Wir Ostdeutsche sind noch viel Schlimmeres gewohnt
    Ist die Aufregung zur Causa Döpfner heuchlerisch? Unsere Autorin erinnert daran, welches Magazin einst schrieb, dass Ostdeutsche einen „permanenten Akt geistiger Vergewaltigung“ erlebt hätten.
    Es würde sich nicht lohnen, auf dieses unterirdische SMS-Geschwätz zu reagieren, wenn die Debatte nicht von großer Scheinheiligkeit wäre.
    Die ganze Empörung erwächst aus dem Umstand, dass es hier um einen der einflussreichsten Medien-Bosse des Landes geht, Chef und Eigentümer nicht nur des Springer-Konzerns, sondern auch langjähriger Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger.
    Der nun vom Blatt der konkurrierenden Holtzbrinck-Konzerne durch selektive Veröffentlichung mehr oder weniger privater Kommunikation an den Pranger gestellt wird. Nicht, dass man diesem Anprangerer vom Dienst die Pein nicht gönnt. Aber wirklich überraschen können die Enthüllungen über die Denkweise der Führung in diesem Tendenzmedium nicht.
    Letztlich bestimmen genau diese Inhalte seit Jahrzehnten ohne größeren Widerspruch nicht nur die internen Botschaften im Hause Springer, sondern oft auch die veröffentlichten. Und nicht nur dort. Scheinheilig ist die Debatte, weil sowohl die Aufregung über die Vorwürfe wie auch die Entschuldigung unglaubwürdig sind. Um von den Verleumdungen hier nur die herauszugreifen, mit der ich mich am besten auskenne: Dass die Ostdeutschen allesamt geistig deformiert und deshalb demokratieuntauglich sind, war jahrelang prominent gesetzte Indoktrination.
    Quelle: Daniela Dahn in der Berliner Zeitung

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