Scott Hortons Meisterwerk „Enough Already“ zeigt, wie die USA und ihre Verbündeten Verwüstung in Irak, Afghanistan, Syrien, Jemen, Libyen, Somalia und Pakistan verbreiteten, indem sie Despoten stützten und Extremisten bewaffneten. Die endgültige Bilanz: zwei Millionen Tote, 37 Millionen Vertriebene und eine Welt, die gefährlicher geworden ist als zuvor. Eine Rezension von Michael Holmes.
Scott Horton, Chefredakteur von Antiwar.com, gehört zu den profundesten Kritikern der US-amerikanischen Außenpolitik seit 9/11. Sein faktenreiches Buch „Enough Already: Time to End the War on Terror“ (2021) ist eine der umfassendsten Abrechnungen mit dem sogenannten Krieg gegen den Terror: In präziser Chronologie zeigt Horton, wie die USA und ihre Verbündeten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eine globale Interventionsspirale entfesselten, die nicht nur Millionen Opfer forderte, sondern oft selbst „Kriege für den Terror“ hervorbrachte – durch die Unterstützung radikaler Islamisten in Syrien und anderswo. Im Interview analysiert Horton die zahlreichen Verbrechen der USA und ihrer Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten. Das Gespräch führte Michael Holmes.
José Pepe Mujica bewegte bis zuletzt die Menschen mit seinen Ansprachen, die von der Weisheit seines langen Lebens geprägt waren. Er wollte bis zum 20. Mai, seinem 90. Geburtstag, leben, aber Uruguays ehemaliger Präsident ging eine Woche früher und hinterläßt eine Legende wegen der Bescheidenheit, in der er mit seiner Frau und Mitstreiterin Lucía Topolansky lebte und Blumen züchtete. Und ebenso für seine Entscheidung, an dem Ort begraben zu werden, den er auch während seiner Schritte in der Politik nie verlassen hat, als er Abgeordneter, Senator und Minister für Viehzucht und Kultur in der Frente-Amplio-Regierung unter Tabaré Vázquez war. Ein Nachruf von Stella Calloni.
Ein weiteres Denkmal erschütternder Unmenschlichkeit und Dummheit der US-Weltmacht-Politik ist enthüllt: die rauchenden Trümmer Syriens, darunter liegend eine halbe Million Tote. Das Ergebnis 13 Jahre andauernder Bemühungen, die überkonfessionelle Regierung in Damaskus zu stürzen. Vorgeschobene Begründung: „Machthaber“ Assad sei ein brutaler Gewaltherrscher. Wahrscheinlich war er das tatsächlich, ob willentlich oder nicht. Tatsache ist aber auch, dass seine Dämonisierung dazu diente, die geostrategischen und energiepolitischen Interessen des „Wertewestens“ an Syriens Unterwerfung zu verschleiern. Das Land ist jetzt dazu bestimmt, im gleichen Chaos zu versinken wie Libyen, nachdem es Barack Obama und Hillary Clinton 2011 von Gaddafi „befreit“ hatten. Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam.
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Die palästinensische Journalistin Ashira Darwish, die bereits mehrmals wegen ihrer Arbeit inhaftiert wurde, lebt nun aus Gründen der eigenen Sicherheit in den USA. Ashira Darwish hat 15 Jahre als Radio- und Fernsehjournalistin sowie investigativ in Palästina gearbeitet, u.a. für die BBC, Amnesty International und Human Rights Watch. Sie ist Gründerin eines Therapieprojekts für Traumatisierte namens Catharsis Holistic Healing und Hauptfigur im Dokumentarfilm „Where Olive Trees Weep“ (2024), der vom Kampf und der Widerstandskraft der Palästinenser unter israelischer Besatzung erzählt. Rolf-Henning Hintze hat Ashira Darwish für die NachDenkSeiten interviewt.
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Alberto Fujimori, Präsident und Diktator von 1990 bis 2000, ist am Mittwoch im Alter von 86 Jahren an einem Krebsleiden gestorben. Wie seine Tochter Keiko Fujimori über X mitteilte, ist er bis zum heutigen Samstag im Nationalmuseum in der Hauptstadt aufgebahrt und wird dann auf den Friedhof Campo Fe in Huachipa überführt. Die anhaltende polarisierende Wirkung Fujimoris zeigte sich in den Meinungsäußerungen politischer Persönlichkeiten und auf den Titelseiten peruanischer Zeitungen. Von Prensa Latina.
Der Rechtsanwalt, Menschenrechtsverteidiger und Präsident der Stiftung Lazos de Dignidad, Gustavo Gallardo, verteidigt ehemalige Farc-Guerilleros, sogenannte Friedensunterzeichner, vor der JEP, der Sonderjustiz für den Frieden (Jurisdicción Especial para la Paz). Diese Gerichtsbarkeit ist aus dem Friedensvertrag von 2016 zwischen der Guerilla Farc-EP und der damaligen Regierung von Juan Manuel Santos hervorgegangen. Mit Gallardo sprechen wir darüber, wie sie funktioniert, welche Ziele sie verfolgt, mit welchen Problemen sie konfrontiert ist und welche Vorwürfe die Friedensunterzeichner gegen sie richten. Das Interview führte Christine Siebert.
Sommerzeit ist Sommerkinozeit. Im Fernsehen laufen interessante Streifen vielerlei Genres, in den Mediatheken lässt sich gut stöbern. Ich wurde fündig, aber anders als gedacht. Der Film „Der Mauretanier“, den der Bayerische Rundfunk (BR) angeboten hatte, beeindruckte auf eine überaus tiefgreifende wie bedrückende Art. Das Drama erzählt die leidvolle Geschichte eines der (allesamt nicht angeklagten) Häftlinge von Guantánamo, dem schlimmes Unrecht zuteilwird. Dieser Ort Guantánamo ist ein unsäglicher rechtsfreier Raum, den die Weltmacht USA auf dem von ihr gepachteten Teil der Insel Kuba installiert hat, um dort ihre anmaßende und menschenverachtende „Welt-Macht“ ungestört sowie mit aller Konsequenz und Unnachgiebigkeit fern von US-amerikanischer Rechtsstaatlichkeit auszuüben. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.
Am 20. Februar begann in London die wohl letzte Anhörung im Fall des seit fast fünf Jahren eingekerkerten Journalisten und WikiLeaks-Gründers Julian Assange. Ende 2021, kurz vor Amtsantritt als Außenministerin, forderte Annalena Baerbock öffentlich die „sofortige Freilassung von Julian Assange“ und begründete dies damals mit Verweis auf „schwerwiegende Verstöße gegen das Verbot von Folter, gegen das Recht auf ein faires Verfahren und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten“. Die NachDenkSeiten wollten auf der BPK vor diesem Hintergrund wissen, ob die Außenministerin weiterhin die damals von ihr angeführten schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße gegen Assange gegeben sieht. Das Auswärtige Amt reagierte sichtlich genervt. Von Florian Warweg.
Der US-amerikanische Journalist Gonzalo Lira ist in einem ukrainischen Gefängnis gestorben. Sein „Verbrechen“ bestand darin, dass er mit der Politik der Ukraine und der Vereinigten Staaten nicht einverstanden war. Washington hat keinen Finger gerührt, um ihn zu befreien, obwohl es hätte es tun können. Der Fall lässt daran zweifeln, wie aufrichtig die Empörung und die Besorgnis des Weißen Hauses über die russischen Gesetze ist, die diejenigen betreffen, die sich gegen den Krieg und die Verhaftung von US-Journalisten in Russland aussprechen. Von Gábor Stier, Übersetzung von Éva Péli.
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Vor genau 22 Jahren, am 11. Januar 2002, verschleppten US-Militärs die ersten der von ihnen des Terrors verdächtigten Menschen vor allem aus Afghanistan nach Kuba, in „ihren“ Marinestützpunkt Guantánamo. Nach einem Jahr Erfahrung konstatierte Erwin Chermerinsky, Rechtsprofessor an der Staatsuniversität von Kalifornien: „Diese inhaftierten Individuen sind aus ihrem Land ausgeflogen worden, ihnen wurden die Augen verbunden, sie wurden unter Drogen gesetzt, geknebelt und in Käfige gesteckt. Es muss sich jetzt jemand um ihre Rechte kümmern.“ Diese Art des Kümmerns aber geschah nicht durch die US-Regierung und ihre Behörden, denn sie nahmen sich ihre Freiheit und interpretierten den Marinestützpunkt als Territorium, in welchem US-Recht nicht gelten würde und in dem sie und ihr Personal nach eigenem Belieben mit den Gefangenen ihre Ängste, Rache, Wut, Langeweile sowie ihren Puritanismus und Sadismus ausagieren könnten. Von Edgar Göll.
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Die NachDenkSeiten veröffentlichen hiermit ein Interview, das die promovierte Fachärztin und Palästinakennerin Gabi Weber mit Dr. Siba Irsheid, LL.M., Rechtsanwältin und Syndikus-Abogada (EuRAG), geführt hat. Dieses Interview unterscheidet sich grundlegend von den meisten in Deutschland publizierten Texten zur Situation in Palästina und Israel. Im Interview werden Vorgänge angesprochen, die in den meisten deutschen Medien tabu sind. Albrecht Müller.
Neue Recherchen haben die Rolle deutscher Alt-Nazis beim Putsch von General Augusto Pinochet gegen die Regierung von Salvador Allende am 11. September 1973 bekannt gemacht. Eine Reihe von Zeugnissen beleuchtet dabei das Wirken des damals als Kriegsverbrecher gesuchten ehemaligen SS-Standartenführers Walter Rauff und der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad. Walter war bis Mitte der 1970er-Jahre für den Bundesnachrichtendienst in Chile tätig. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat die Erkenntnisse vor wenigen Tagen mit einem Feature von Wilfried Huismann gesendet. Von Marta Andujo.
Fünf Tage lang bombardierte die israelische Luftwaffe den Gazastreifen im Rahmen der Operation „Schild und Pfeil”. Über dreißig Palästinenserinnen und Palästinenser, darunter sechs Kinder, eine Israelin und ein Gastarbeiter wurden getötet. Die deutschen Medien berichteten über diese Brutalität als „Konflikt“ ohne Kontext oder Analyse. – Am 2. Mai starb Khader Adnan im israelischen Gefängnis Magen-Nizan. Adnan ist in Deutschland nicht sehr bekannt, aber sehr bekannt unter Palästinenserinnen und Palästinensern. Von Shir Hever.
Heute jährt sich die Verschleppung von Julian Assange aus seinem Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London zum vierten Mal. Seitdem verschleppen die Behörden der beteiligten Länder seinen Fall. „Aktuell“, das heißt seit Ende August letzten Jahres, wartet Julian Assange in seiner 6 m² kleinen Zelle darauf, dass ein namenloser britischer Richter entscheidet, ob seine zwei Berufungsanträge am Londoner High Court angenommen werden. Stella Assange hat erst letzte Woche wieder von der Dringlichkeit des Falls gesprochen, weil es mit der Gesundheit ihres Mannes tagtäglich bergab geht. Der ehemalige UN-Sonderbeauftragte Nils Melzer bemerkte schon 2019 Anzeichen von Folter bei Julian Assange. Heute finden weltweit Mahnwachen für Julian Assange statt. Unter anderem in Berlin, Frankfurt, Ulm, Leipzig, Köln und London. Nachfolgend auch ein Grußwort von Sahra Wagenknecht zum heutigen traurigen Jubiläum und ein Offener Brief an die Regierende Bürgermeisterin Berlins. Zusammengestellt von Moritz Müller.